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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 24.01.2006
Aktenzeichen: II 241/04
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 122 Abs. 1
AO § 125 Abs. 1
AO § 175 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte verpflichtet ist, Einkommensteuerbescheide, die als Folgebescheide eines geänderten Gewinnfeststellungsbescheides ergangen waren, zu ändern, wenn der Gewinnfeststellungsbescheid nicht wirksam bekannt gegeben wurde.

Die Kläger waren Gesellschafter der A GmbH & Co. KG, die im Jahre 1992 in Liquidation ging. Liquidatorin wurde die Verwaltungsgesellschaft A mbH. Die A GmbH & Co. KG i.L. unterlag für die Jahre 1992-1994 einer Betriebsprüfung. Im Rahmen der Betriebsprüfung wurden Entnahmewerte für Grundstücke streitig. Die Entnahmewerte wurden von der Betriebsprüfung höher angesetzt als sie von der Gesellschaft erklärt worden waren. Insbesondere war die Frage streitig, ob ein entnommenes Grundstück dem Anlagevermögen oder dem Umlaufvermögen der Gesellschaft zugeordnet werden musste.

Der Betriebsprüfung folgend erließ der Beklagte am 15.10.1998 einen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der A GmbH & Co. KG i.L. für das Jahr 1992 (Rb-Akte Bl. 5,6), der an die Liquidatorin adressiert war. Dieser Bescheid konnte wegen einer Postsperre nicht bekannt gegeben werden. Ebenfalls auf der Grundlage der Betriebsprüfungsfeststellungen und im Vorgriff auf die geänderte Gewinnfeststellung erließ der Beklagte am 30.09.1998 einen geänderten Einkommensteuerbescheid 1992 (FG-Akte Bl. 54).

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 30.10.1998 Einspruch ein (Rb-Akte Bl. 1). Ein Grundlagenbescheid, der die Änderungen stütze, sei noch nicht bekannt gegeben worden. Deshalb dürften auch die Einkommensteuerbescheide noch nicht geändert werden.

Mit Bescheid vom 25.11.1992 unternahm der Beklagte einen weiteren Zustellungsversuch und gab den geänderten Feststellungsbescheid 1992, adressiert an die A GmbH & Co. KG i.L., dem von der Liquidatorin bevollmächtigten Prozessbevollmächtigten bekannt, der dagegen mit Schreiben vom 26.11.1998 Einspruch einlegte (Rb-Akte A Bl. 20). Der Gewinnfeststellungsbescheid wurde nicht an die Liquidatorin weitergegeben.

Nachdem der Beklagte den Prozessbevollmächtigten mehrfach (vgl. Schreiben vom 13.09.99, 21.10.99 und 19.11.99) darauf hingewiesen hatte, dass wegen des nun bekannt gegebenen Feststellungsbescheides die Einsprüche gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 1992 unzulässig geworden seien (Rb-Akte Bl. 8,9,10), nahm der Prozessbevollmächtigte am 21.12.1999 den Einspruch zurück (Rb-Akte Bl 11). Der Beklagte setzte die streitigen Steuern in der Vollziehung aus.

Im Laufe des Rechtsbehelfsverfahrens stritt man sich vorwiegend um den Entnahmewert von Grundstücken. Am 10.01.2002 legte der Beklagte in einem Aktenvermerk dar, dass der Feststellungsbescheid 1992 fehlerhaft zugestellt sei, weil er nicht an die Liquidatorin bekannt gegeben worden war (Rb-Akte A Bl. 72). Mit Schreiben vom 14.02.2002 (Rb-Akte A Bl. 76) teilte der Beklagte dem Prozessbevollmächtigten mit: "der o.a. Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1992 vom 25.11.1998 ist nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben worden. Er wurde nicht der Komplementär-GmbH als Liquidator, sondern Ihnen aufgrund der Zustellungsvollmacht vom 20.10.1998 zugestellt. Damit hat der wirksam bekannt gegebene Bescheid über die die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1992 vom 12.09.1994 weiterhin Gültigkeit. Ihr Einspruch vom 26.11.1998 hat sich erledigt."

Der Beklagte widerrief die Aussetzung der Vollziehung der Folgebescheide (Rb-Akte Bl. 15-17).

Mit Schreiben vom 21.01.2003 beantragte der Prozessbevollmächtigte für die Kläger die Änderung der Einkommensteuerbescheide 1992 entsprechend den Feststellungen im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1992 vom 12.09.1994.

Mit Bescheid vom 03.05.2004 (Rb-Akte Bl. 45) wies der Beklagte den Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 1992 vom 30.09.1998 zurück. Der Bescheid sei nach Rücknahme des Einspruchs am 21.12.1999 bestandskräftig geworden. Änderungsvorschriften bestünden nicht. Insbesondere komme nicht § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zur Anwendung, denn ein Grundlagenbescheid sei nicht geändert oder aufgehoben worden. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1992 vom 25.11.1998 sei nicht wirksam bekannt gegeben worden. Die Mitteilung dieser Tatsache sei kein neuer Verwaltungsakt.

Dagegen legten die Kläger am 27.05.2004 Einspruch ein. Der Beklagte verletze seine Pflicht auf konsequentes und rechtmäßiges Handeln, wenn er nicht die Konsequenzen aus den Feststellungen des wirksamen Grundlagenbescheides ziehe (Rb-Akte Bl. 47). Vorsorglich wurde gleichzeitig ein Erlassantrag gestellt (Rb-Akte Bl. 49).

Mit Einspruchsentscheidung vom 16.07.2004 wurde der Einspruch gegen den abgelehnten Antrag auf Änderung zurück gewiesen. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1992 sei nicht geändert worden, weil er unwirksam gewesen sei. Deshalb existiere auch kein geänderter Grundlagenbescheid, in dessen Folge der Einkommensteuerbescheid 1992 hätte geändert werden können.

Mit der Klage vom 27.07.2004 (Eingang beim Gericht) verfolgen die Kläger weiterhin die Änderung des Einkommensteuerbescheides 1992. Die Kläger hätten einen Anspruch auf Beseitigung der Rechtsfolgen, die durch die unwirksame Bekanntgabe des Gewinnfeststellungsbescheides bei dem Folgebescheid eingetreten sei. Der Einspruch gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 1992 sei nur deshalb zurück genommen worden, weil der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1992 vom 15.11.1998 existierte. Im Hinblick darauf habe der Beklagte auch mehrfach zur Rücknahme des Einspruchs aufgefordert. Es sei unbillig, wenn nun der Beklagte nicht bereit sei, aus der unwirksamen Bekanntgabe auch die Konsequenzen für die Einkommensteuer zu ziehen.

Auch die Kläger seien der Ansicht, dass das Einspruchsverfahren gegen den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1992 seine Erledigung gefunden habe (FG-Akte Bl. 42). Die Mitteilung des Beklagten vom 14.02.2002 über die Erledigung des Einspruchs sei nicht nur ein "lautes Husten" gewesen. Der Prozessbevollmächtigte habe dieses Schreiben niemals nur als eine Meinungsäußerung angesehen. Insofern gebe der Aktenvermerk vom 20.04.04 (FG-Akte Bl. 46) die Verhandlungen im Finanzamt nicht ganz zutreffend wieder. Das Einspruchsverfahren habe sich erledigt, weil das Schreiben des Beklagten vom 14.02.2002 eine klare Aufhebung des angegriffenen Feststellungsbescheides darstelle, durch die der ursprüngliche Feststellungsbescheid vom 12.09.1994 wieder in Kraft gesetzt worden sei.

Der Beklagte sei gehalten, aus dem aufgrund des Schreibens vom 14.02.2002 erledigten Einspruch gegen den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1992 vom 25.11.1998 nun auch für die Einkommensteuer 1992 die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen und den Einkommensteuerbescheid 1992 vom 22.11.1994 wieder in Kraft zu setzen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, den Beklagten zu verpflichten, den geänderten Einkommensteuerbescheid 1992 vom 25.11.1998 und die Einspruchsentscheidung vom 16.07.2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung vom 16.07.2004. Die Änderung des Einkommensteuerbescheides sei zu Recht abgelehnt worden, weil aufgrund der unwirksamen Bekanntgabe des Feststellungsbescheides weder eine Änderung noch eine Aufhebung dieses Bescheides in Frage komme. Selbst wenn man davon auszugehen habe, dass eine solche Änderung noch möglich gewesen wäre, so könne sie nun aufgrund des Verhaltens auf Klägerseite nicht mehr vorgenommen werden, weil nicht nur durch das Finanzamt, sondern auch für die Kläger das Einspruchsverfahren gegen den Feststellungsbescheid für erledigt erklärt worden sei.

Dem Senat haben die für die Kläger beim Beklagten geführten Steuerakten StNr. ... und die Rechtsbehelfsakte der A GmbH & Co. KG i.L. vorgelegen, auf ihren Inhalt sowie das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten, die Protokolle über den Erörterungstermin vom 25.08.2005 und die mündliche Verhandlung vom 24.01.2006 wird Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Kläger sind durch die Ablehnung des beantragten Verwaltungsaktes nicht rechtswidrig in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 FGO). Die Kläger haben keinen Anspruch darauf, dass der Einkommensteuerbescheid 1992 vom 25.11.1998 aufgehoben wird, denn eine entsprechende Änderungs- oder Aufhebungsvorschrift fehlt.

I. Eine Änderung des angegriffenen Einkommensteuerbescheides gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO ist nicht möglich. Danach ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid im Sinne von § 171 Abs. 10 AO, dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird.

1. Ein Grundlagenbescheid in diesem Sinne ist, davon geht der Beklagte zutreffend aus, nicht wirksam bekannt gegeben worden. Gemäß § 122 Abs. 1 Satz 1 AO ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Im Regelfall ist dies der Steuerpflichtige als Inhaltsadressat selbst (s. Tipke/Kruse § 122 Tz 16; AEAO Tz 1.3, 1.4). Im Falle von Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ist jedoch nicht die Gesellschaft Inhaltsadressat, sondern sind es die Gesellschafter (vgl. Tipke/Kruse § 179 AO Tz. 8 m.w.N.). Die Gesellschaft selbst ist nur Bekanntgabeadressat. Befindet sich die Gesellschaft in Liquidation, so ist der Liquidator der Bekanntgabeadressat.

Nach dem insoweit unstreitigen Sachverhalt ist im Streitfall die A GmbH & Co. KG i.L. als Bekanntgabeadressat (das Finanzamt geht unzutreffend von der Gesellschaft als Inhaltsadressat aus) des Feststellungsbescheides benannt worden, sie konnte aber den Bescheid nicht wirksam in Empfang nehmen, weil sie während der laufenden Liquidation nicht im Sinne von § 79 Abs. 1 AO zur Vornahme von Verfahrenshandlungen befähigt war. Dazu war nur die GmbH als Liquidatorin in der Lage. Sie wurde aber als Adressat nicht benannt. Der Prozessbevollmächtigte war zwar von der Liquidatorin zur Empfangnahme von an sie gerichtete Schriftstücke bevollmächtigt, dadurch wurde aber der Mangel der Bekanntgabe nicht geheilt, denn er hat keinen Bescheid in Empfang genommen, der an die Liquidatorin gerichtet war. Eine eventuelle Heilung des Bekanntgabemangels durch Weitergabe des Feststellungsbescheides an die Liquidatorin ist nicht eingetreten, denn der Bescheid ist beim Prozessbevollmächtigten verblieben.

2. Insofern hat der Beklagte zutreffend das Einspruchsverfahren gegen den Feststellungsbescheid wegen unwirksamer Bekanntgabe für erledigt erklärt. Wobei im Streitfall nicht entschieden werden muss, ob ein Einspruchsverfahren durch das Finanzamt einseitig für erledigt erklärt werden kann (vgl. FG München, Urteil vom 24.09.2002, 6 K 3779/99, EFG 2003,136), denn ein materiell wirksamer Bescheid lag aufgrund des Bekanntgabemangels nicht vor.

Deshalb stellt diese Erledigungserklärung auch keine Aufhebung, Änderung oder den Erlass eines Grundlagenbescheides im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO dar und löst damit auch keine Folgewirkungen für die geänderten Einkommensteuerbescheide aus, die gegenüber den Gesellschaftern ergangen sind. Das verkennt der Prozessbevollmächtigte der Kläger, wenn er in dem Schreiben vom 14.02.2002 einen Aufhebungsbescheid sieht. In diesem Schreiben wird erkennbar davon ausgegangen, dass ein aufzuhebender Feststellungsbescheid nicht existiert und lediglich zusätzlich wird auf die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen hingewiesen, die auch ohne diesen Hinweis vorhanden waren.

3. Dieses Schreiben hat auch nicht dieselbe Wirkung wie ein Aufhebungsbescheid. Zwar wird verschiedentlich in Literatur und Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die behördliche Bestätigung der Nichtigkeit eines Grundlagenbescheides in Form eines Aufhebungsbescheides für die Folgebescheide die Wirkungen des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO herbeiführt (vgl. Finanzgericht Schleswig Holstein, Beschluss vom 14.03.2005, 2 V 420/04, EFG 2005, 1086; Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 22.06.1993, V 281/90, EFG 1994, 73; Tipke/Kruse § 175 Tz. 9), im Streitfall handelt es sich aber nur um einen unwirksamen Grundlagenbescheid, der zudem nicht durch einen förmlichen Verwaltungsakt beseitigt wurde.

Unabhängig davon bestehen für den erkennenden Senat erhebliche Zweifel daran, ob allein durch die Art und Weise, in der dem Empfänger eines Bescheides mitgeteilt wird, dass der Bescheid nichtig ist, Regelungen für Folgebescheide ausgelöst werden können, die durch den nichtigen Bescheid selbst nicht ausgelöst werden (vgl. insoweit auch BFH, Beschluss vom 21.06.2005, X B 72/05, BFH/NV 2005, 1490).

II. Die Kläger gehen zwar zutreffend davon aus, dass mit dem Einkommensteuerbescheid 1992 vom 30.09.1998 die Veranlagung nicht auf der Grundlage des ursprünglichen Feststellungsbescheides vom 12.09.1994 (Rb-Akte Bl. 32) erfolgt ist, dennoch ist dieser Einkommensteuerbescheid nicht aufzuheben, denn er ist aufgrund der Rücknahme des Einspruchs am 21.12.1999 (Rb-Akte Bl. 11) bestandskräftig geworden. Änderungsnormen, die zu Gunsten der Kläger eingreifen könnten, existieren nicht.

1. Von einer Nichtigkeit dieses Einkommensteuerbescheides ist nicht auszugehen. Nichtig im Sinne von § 125 Abs. 1 AO ist ein Verwaltungsakt, soweit er an einem besonders schwerwiegendem Mangel leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Derartige Mängel haften dem Einkommensteuerbescheid 1992 vom 30.09.1998 nicht an. Der Bescheid änderte lediglich den unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid 1992 vom 22.11.1994, er wurde im Vorgriff auf den zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bekannt gegebenen geänderten Feststellungsbescheid 1992 erlassen und ordnungsgemäß an jeden der Kläger bekannt gegeben. Dass er ohne geänderten Grundlagenbescheid den Feststellungen der Betriebsprüfung folgend erlassen wurde, ist kein Verstoß gegen das Verfahrensrecht, der wegen seiner Schwere zur Nichtigkeit führte. Dem geänderten Einkommensteuerbescheid 1992 ist ein Fehler, selbst unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, nicht anzusehen. Insbesondere deshalb nicht, weil gemäß § 155 Abs. 2 AO ein Steuerbescheid auch erteilt werden kann, wenn ein Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde. In diesen Fällen können gemäß § 162 Abs. 5 AO die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen für den Folgebescheid geschätzt werden.

2. Der Einkommensteuerbescheid leidet auch nicht an den Mängeln, die gemäß § 125 Abs. 2 AO den Verwaltungsakt wegen der dort aufgeführten Tatbestandsmerkmale nichtig machen. Er ist schriftlich erlassen worden, lässt die erlassende Behörde erkennen, ist vollziehbar und verstößt auch nicht gegen die guten Sitten.

3. Im Streitfall ist auch nicht ein gesonderter Feststellungsbescheid wegen Nichtigkeit aufgehoben worden (vgl. Tipke/Kruse § 175 AO Tz. 9; FG Hamburg, Urteil vom 22.06.1993, V 281/90, EFG 1994,73). Es wurde den Klägern lediglich mitgeteilt, dass der geänderte Feststellungsbescheid 1992 mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe unwirksam sei. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die förmliche Aufhebung eines nichtigen Bescheides tatsächlich eine behördliche Regelung darstellt, aufgrund derer die Änderungen in Folgebescheiden aufgehoben werden müssen, oder ob der Zwang zur Änderung des Folgebescheides nicht darauf beruht, dass in unverjährter Zeit die Rechtsgrundlage für die Änderung fortgefallen ist, denn auch die Anpassung an Grundlagenbescheide ist nur solange möglich, wie die Festsetzungsfrist nicht abgelaufen ist (vgl. Tipke/Kruse § 175 AO Tz. 10, 18). Nach Eintritt der Festsetzungsverjährung ist ein Folgebescheid weder zu Gunsten noch zu Lasten eines Steuerpflichtigen zu ändern (s. BFH, Urteil vom 19.08.1999, III R 57/98, BStBl. II 2000, 330f). Im Streitfall kommt auch aus diesem Grunde eine Änderung der Einkommensteuer 1992 nicht mehr in Betracht, denn zum Zeitpunkt der Erledigungserklärung am 14.02.2002 waren sowohl für den Feststellungsbescheid 1992 wie auch für die Einkommensteuer 1992 die Festsetzungsfristen abgelaufen.

III. Aber auch wenn man davon ausgehen wollte, dass der Feststellungsbescheid 1992 wirksam bekannt gegeben wurde, weil der Prozessbevollmächtigte als der Zustellungsbevollmächtigte der Liquidatorin, von der er bevollmächtigt worden war, tätig geworden ist und man deshalb zu Gunsten der Kläger davon ausgehen könnte, dass sich das Einspruchsverfahren gegen den Feststellungsbescheid allein auf Grund der Erledigungserklärung des Beklagten nicht erledigt hatte, so muss es inzwischen doch als erledigt betrachtet werden, weil nicht nur laut Aktenvermerk des Beklagten vom 20.04.2004 (FG-Akte Bl. 45) der Prozessbevollmächtigte der Kläger in der Besprechung im Finanzamt am selben Tage das Einspruchsverfahren ebenfalls für erledigt angesehen hat. Vielmehr bestätigt der Prozessbevollmächtigte auch im Finanzgerichtsverfahren (FG-Akte Bl. 46, 47), dass über den materiellen Regelungsgehalt des Feststellungsbescheides 1992 vom 12.09.1994 für die A GmbH & Co. KG i.L. nicht mehr verhandelt werden könne, weil wegen dessen Bestandskraft der Bescheid nicht mehr der Dispositionsbefugnis des Finanzamtes und des Finanzgerichts unterliege. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er mit dieser Stellungnahme nicht eine auf die Erledigung des Einspruchverfahrens gerichtete Erklärung abgeben wollte, er betrachte das Einspruchverfahren als erledigt, weil der Beklagte mit dem Schreiben vom 14.02.2002 den unwirksamen Feststellungsbescheid aufgehoben habe. Aber auch durch diese Erklärung hat der Prozessbevollmächtigte die Erledigung des Einspruchs gegen den Feststellungsbescheid 1992 bestätigt.

Ob sich diese, für die Kläger unbefriedigende Rechtsfolge im Wege des Erlasses korrigieren lässt, braucht hier nicht entschieden zu werden.

IV. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger als unterliegende Partei gemäß § 135 Abs. 1 FGO zu tragen. Die Revision war zuzulassen, weil die Wirkung von behördlichen Äußerungen über nichtige oder unwirksame Verwaltungsakte noch nicht abschließend geklärt ist (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

Anmerkung

Revision eingelegt (BFH III R 19/06)

Ende der Entscheidung

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