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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 17.12.2007
Aktenzeichen: 1 K 3187/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 7i
EStG §§ 10f
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HESSISCHES FINANZGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 1 K 3187/07

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Senat des Hessischen Finanzgerichts mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 17. Dezember 2007 unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Hessischen Finanzgericht des Richters am Hessischen Finanzgericht des Richters am Hessischen Finanzgericht des ehrenamtlichen Richters des ehrenamtlichen Richters

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger bei der Einkommensteuerveranlagung für die Jahre 2000-2003 ein Sonderausgabenabzug gem. §§ 10 f, 7 i Einkommensteuergesetz (EStG) zusteht.

Dem Rechtstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger erwarb durch notariellen Vertrag vom xx. Mai 1998 das mit einem Fachwerkhaus bebaute Grundstück ... in ... zu einem Kaufpreis von 10.000,-- DM von ... .

Für die Renovierung und Instandsetzung des Hauses wendete der Kläger insgesamt ... ca. 220.000,-- DM auf. Seit Ende 1999 wird das Haus vom Kläger eigen genutzt.

Nachdem die Beteiligten im Verfahren um die Gewährung von Eigenheimzulage zunächst von einer Förderung eines Altbaus ausgingen, ist nunmehr zwischen den Beteiligten nach einer Besichtigung des Objektes durch den Bausachverständigen des Finanzamtes ... unstreitig, dass es sich bei dem Haus des Klägers bautechnisch um einen Neubau handelt. Der Bausachverständige führt unter anderem aus, dass das Gebäude entkernt wurde, wesentliche tragfähige Bauteile wurden erneuert, verstärkt und neu gegründet. Die ursprünglich vorhandene Holzbalkendecke wurde durch eine neu eingebaute Füllkörperdecke ersetzt. Der vorhandene Schornstein wurde abgebrochen, die Dachkonstruktion insgesamt einschließlich Gaubenbau erneuert, die neuen Fachwerkgiebel wurden auf einen erhöhten neuen Sockel aufgesetzt. Ergänzend wird auf den Bericht des Bausachverständigen vom ... 2005 und die übersandten Fotos verwiesen.

Dem Kläger wurde daraufhin die Eigenheimzulage für einen Neubau in Höhe von 5.000,-- DM (5 % von 100.000,-- DM) gewährt.

Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14. November 2007 in dem Verfahren 1 K 3643/05 (Eigenheimzulage) verwiesen.

Ertragssteuerlich beantragte der Kläger mit Schreiben vom 2. Mai 2004 unter Vorlage einer Bescheinigung des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen vom ... Dezember 2003 die Steuervergünstigungen gemäß §§ 10 f, 7 i EStG. Die Bescheinigung wurde vom Kläger erst zu diesem Zeitpunkt vorgelegt, da er diese vor dem Verwaltungsgericht erstreiten musste. Mit der Bescheinigung wird bestätigt, dass es sich bei dem Objekt ... um ein Kulturdenkmal im Sinne von § 2 Abs. 1 des Hessischen Denkmalschutzgesetzes handelt und Aufwendungen in Höhe von ... über 80.000 EUR (xxx.xxx,-- DM) nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Kulturdenkmal erforderlich waren.

Mit Bescheid vom 2. Juni 2006 lehnte der Beklagte eine Änderung der Einkommensteuerbescheide unter Berücksichtigung eines Sonderausgabenabzugs nach §§ 10 f, 7 i EStG ab. Da es sich bei dem Objekt um einen Neubau handele, komme eine Steuervergünstigung nach diesen Vorschriften nicht in Betracht.

Voraussetzung dieser Steuervergünstigung sei nämlich, dass es sich bei den Aufwendungen um Herstellungskosten an einem Gebäude handeln müsse und nicht um Herstellungskosten für einen Neubau.

Der hiergegen gerichtete Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung vom 7. November 2005 als unbegründet zurück gewiesen.

Der Kläger hat daraufhin wegen der Versagung der Änderung der Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 Klage erhoben.

Er ist der Ansicht, die Vergünstigung nach §§ 10 f, 7 i EStG sei ihm zu gewähren, da die Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation Bindungswirkung für die steuerliche Begünstigung nach diesen Vorschriften entfalte. Dementsprechend habe der Bundesfinanzhof - BFH - in seiner Entscheidung vom 13. September 2001 IX R 62/98, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2003, 912 ausgeführt:

"erfasst die von der Denkmalschutzbehörde nach § 82 i Einkommensteuerdurchführungsverordnung (heute: § 7 i Abs. 2 EStG) erteilte Bescheinigung Tatbestandsmerkmale, die zugleich denkmalschutzrechtliche und steuerrechtliche Bedeutung haben, so ist die in der Bescheinigung zum Ausdruck kommende denkmalschutzrechtliche Beurteilung ....... auch steuerrechtlich bindend".

Andernfalls werde der Normzweck des § 7i EStG, denkmalschutzrechtliche erforderliche Investitionen zu begünstigen, durch eine abweichende steuerrechtliche Beurteilung der Finanzbehörden unterlaufen.

Zu Unrecht berufe sich der Beklagte auf die Entscheidung des BFH vom 14. Januar 2004 X R 19/02, BStBl II 2004, 711. In diesem Verfahren habe die Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde ausdrücklich festgelegt, dass die Bescheinigung nicht alleinige Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung sei und die Finanzbehörde weitere steuerrechtliche Voraussetzungen überprüfe. An einer solchen Einschränkung fehle es aber bei der von ihm vorgelegten Bescheinigung.

Nachdem von den Gesamtaufwendungen für das Haus i.H.v. ... ( ca. 220.000,-- DM ) durch die gewährte Eigenheimzulage bereits 100.000,-- DM steuerlich begünstigt wurden, beantragt der Kläger,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 7. November 2005 die Einkommensteuerbescheide 2000-2003 dahingehend zu ändern, dass gem. §§. 10 f, 7 i EStG ein Betrag von... 12.000 DM (10 % von ... ca. 120.000 DM = x.xxx,xx EUR) wie Sonderausgaben abgezogen werden,

hilfsweise für den Fall der Klageabweisung,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die begehrte Förderung nach §§ 10 f, 7 i EStG scheitere im vorliegenden Fall daran, dass es sich bei dem fraglichen Objekt um einen Neubau handele. Die Förderung könne jedoch nur für Investitionen an einem bestehenden Objekt gewährt werden. Eine Bindungswirkung gehe insoweit nicht von der Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde aus. Die steuerrechtlichen Voraussetzungen seien vielmehr von den Finanzbehörden in eigener Zuständigkeit zu überprüfen.

Dies habe der BFH in seiner Entscheidung vom 14. Januar 2004 X R 19/02 a.a.O. bestätigt.

Dem Gericht lagen die Einkommenssteuerakten des Klägers 2000 bis 2003 sowie ein Band Eigenheimzulage vor.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Zu Recht hat der Beklagte dem Kläger die Steuervergünstigung nach §§ 10 f, 7 i EStG versagt.

Da es sich bei dem Objekt des Klägers bautechnisch um einen Neubau handelt (so die Feststellung des Bausachverständigen, diese rechtliche Wertung ist zwischen den Verfahrensbeteiligten auch unstreitig) kommt eine Steuervergünstigung nach den genannten Vorschriften nicht in Betracht.

Nach § 10 f Abs. 1 EStG kann der Steuerpflichtige Aufwendungen "an einem eigenen Gebäude" im Kalenderjahr des Abschlusses der Baumaßnahme und in den neun folgenden Kalenderjahren jeweils bis zu 10% wie Sonderausgaben abziehen, wenn die Voraussetzungen des § 7 h oder des § 7 i EStG vorliegen.

Die Aufwendungen sind nur begünstigt, soweit der Steuerpflichtige das Gebäude in dem jeweiligen Kalenderjahr zu eigenen Wohnzwecken nutzt und die Aufwendungen nicht in die Bemessungsgrundlage nach § 10 e EStG oder dem Eigenheimzulagengesetz einbezogen hat (§ 10 f Abs. 1 S. 2 EStG). § 10 f Abs. 1 S. 2 Halbsatz 2 EStG schließt eine mehrfache Begünstigung derselben Aufwendungen aus. Die Vorschrift hindert jedoch nicht die gleichzeitige Inanspruchnahme unterschiedlicher steuerlicher Förderungsmöglichkeiten für dieselbe Baumaßnahme (vgl. Urteil des BFH vom 14. Januar 2004 X R 19/02 a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Daraus folgt, dass der Eigentümer nicht nur zwischen dem Sonderausgabenabzug nach § 10 f EStG und der Inanspruchnahme der Eigenheimzulage wählen kann. Bei einem Gebäude, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist, kann vielmehr auch durch entsprechende Zuordnung der Aufwendungen zu den beiden Fördermöglichkeiten eine optimale steuerliche Förderung erreicht werden (Ehrhard in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, § 10 f EStG Anm. 22; Stuhrmann in Bordewin/ Brandt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 10 f Anm. 25).

Die Begünstigung nach §§ 10 f, 7 i EStG setzt weiter voraus, dass es sich bei dem Gebäude nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften um ein Baudenkmal handelt und die Baumaßnahmen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind. Die Voraussetzungen des § 7 i EStG hat der Steuerpflichtige zudem durch eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nachzuweisen (§ 7 i Abs. 2 EStG).

Zwar hat der Kläger eine Bescheinigung des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen vom ... Dezember 2003 vorlegen können, gleichwohl steht ihm die Förderung nach §§ 10 f, 7 i EStG nicht zu.

Bei der Bescheinigung nach § 7 i Abs. 2 EStG handelt es sich um einen Grundlagenbescheid (§§ 171 Abs. 10, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Abgabenordnung), dessen verbindliche Feststellung sich jedoch ausschließlich auf die Tatbestände des zum Landesrecht gehörenden Denkmalrechts beschränken. Nach Ansicht des Senates ist diese Bescheinigung nur insoweit bindend, als sie den Nachweis der denkmalschutzrechtlichen Voraussetzungen des § 7 i EStG, nämlich die Denkmaleigenschaft des Gebäudes und die Erforderlichkeit von Aufwendungen zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal beziehungsweise zu einer sinnvollen Nutzung des Gebäudes, erbringt. Über das Vorliegen der übrigen Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Vorschriften des Steuerrechts haben dagegen die Finanzbehörden in eigener Zuständigkeit zu entscheiden (Urteil des BFH vom 14. Januar 2004 X R 19/02 a.a.O., Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichtes vom 10. Mai 2006 12 K 303/01, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2006, 660).

Aufgrund der Feststellungen des Bausachverständigen hat der Kläger durch die umfassende Renovierung und Instandsetzung des Objektes, auf die im Tatbestand aufgeführten Baumaßnahmen wird verwiesen, bautechnisch einen Neubau errichtet. Ein solcher kann jedoch nicht nach §§ 10 f, 7 i EStG gefördert werden, da nach dem eindeutigen Wortlaut des § 10 f EStG nur "Aufwendungen an einem eigenen Gebäude" begünstigt sind. Nach dieser Vorschrift sind somit nur Herstellungskosten an als Baudenkmal geschützten, bestehenden Gebäuden begünstigt, nicht hingegen der Neubau oder Wiederaufbau von Gebäuden (vgl. Siebenhüter in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuerund Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 7 i EStG Rdnr. 10, Lambrecht in Kirchhof, Kommentar zum EStG, 6. Auflage, § 7 i Rdnr. 2 m.w.H. und Urteil des BFH vom 14. Januar 2004 X R 19/02 a.a.O.).

Von einem Neubau ist auch dann auszugehen, wenn Baumaßnahmen so wie hier an einem bestehenden Gebäude vorgenommen werden, die einem Neubau gleichkommen. Dies ist immer dann der Fall, wenn das Gebäude aufgrund der Umbauarbeiten in bautechnischer Hinsicht neu ist (vgl. Urteile des BFH vom 14. Januar 2004 X R 19/02 a.a.O., vom 31. März 1992 IX R 175/87, BStBl II 1992, 808, zu § 7 Abs. 5 EStG und vom 15. Mai 2002 X R 36/99, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH 2002, 1158).

Entgegen der Auffassung des Klägers enthält die Bescheinigung der Denkmalbehörde insoweit keine bindende Wirkung, dass auch bei einem Neubau ohne eigene Prüfungskompetenz der Finanzbehörde die Steuervergünstigung gem. §§ 10 f, 7 i EStG zu gewähren ist. Wie bereits oben ausgeführt, entfaltet die Bescheinigung der Denkmalbehörde als Grundlagenbescheid nur hinsichtlich der denkmalschutzrechtlichen Gegebenheiten und somit hinsichtlich der denkmalschutzrechtlichen Voraussetzungen des § 7 i EStG Bindungswirkung (vgl. dazu auch Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 10. Mai 2005 12 K 303/01 a.a.O.). Über das Vorliegen der übrigen Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Vorschriften des Steuerrechts, hier über die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 f EStG, trifft die Denkmalbehörde keine bindenden Feststellungen.

In einem vergleichbaren, allerdings § 7 h EStG betreffenden Fall, hat das Finanzgericht des Saarlandes der Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde (§ 7 h Abs. 2 EStG) eine Bindungswirkung für in den Kompetenzbereich der Finanzbehörden fallende steuerrechtliche Fragen ebenfalls abgesprochen (vgl. Urteil des Finanzgerichtes des Saarlandes vom 13. November 2003 2 K 217/99, EFG 2004, 1201).

Da der IX. Senat des BFH sowohl in der vom Kläger zitierten Entscheidung IX R 62/98 vom 13. September 2003 als auch in der Entscheidung vom 22. September 2005 IX R 13/04, BStBl II 2007, 373, unter Aufhebung der Entscheidung des Finanzgerichtes des Saarlandes vom 13. November 2003 2 K 217/99 a.a.O., die Bindungswirkung der Bescheinigung der Denkmalbehörde anders beurteilt als der erkennende Senat und anders beurteilt als der X. Senat des BFH (vgl. Urteil des X. Senates des BFH vom 14. Januar 2004 X R 19/02 a.a.O. sowie Urteilsanmerkung hierzu von Bergkemper, juris-Praxisreport Steuerrecht 13/2004 Anm. 2 und Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 16. Mai 2007 BStBl I 475) ist auf der Grundlage des § 115 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) die Revision zuzulassen.

Als unterliegender Beteiligter hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 135 Abs. 1 FGO).

Ende der Entscheidung

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