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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hessen
Gerichtsbescheid verkündet am 04.10.2007
Aktenzeichen: 10 K 1471/02
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 100 Abs. 1 S. 4
EStG § 19 Abs. 1
EStG § 41a Abs. 1
EStG § 38
EStG § 38a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HESSISCHES FINANZGERICHT IM NAMEN DES VOLKES GERICHTSBESCHEID

Geschäftsnummer: 10 K 1471/02

In dem Rechtsstreit

wegen Lohnsteuer-Anmeldung August 2001

hat der 10. Senat des Hessischen Finanzgerichts ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid am 4. Oktober 2007 unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Hessischen Finanzgericht der Richterin am Hessischen Finanzgericht des Richters am Hessischen Finanzgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob Ausgleichszahlungen, die die Klägerin wegen außerordentlicher Kündigung von Wandelschuldverschreibungen an einen Teil ihrer Führungskräfte geleistet hat, der Lohnsteuer zu unterwerfen waren.

Die Hauptversammlung ermächtigte den Vorstand der Klägerin mit Beschluss vom . .1998, mit Zustimmung des Aufsichtsrats bis zum . .2001 - einmalig oder mehrmals - verzinsliche Wandelschuldverschreibungen im Gesamtnennbetrag von bis zu Millionen DM zu begeben. Die Laufzeit betrug jeweils 5 Jahre. Die Wandelschuldverschreibungen durften ausschließlich einem näher definierten Kreis von Führungskräften des Unternehmens zum Erwerb angeboten werden, das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre wurde ausgeschlossen. Mit Ausgabe der jeweiligen Wandelschuldverschreibung erhielten die Inhaber das Recht, ihre Schuldverschreibungen ganz oder in Teilbeträgen in Aktien der Klägerin umzutauschen. Je 5 DM Nennbetrag der Wandelschuldverschreibung berechtigten zum Umtausch in eine auf den Inhaber lautende Aktie der Klägerin (im Nennwert von ebenfalls 5 DM).

Die Ausübung des Wandlungsrechts war an verschiedene Voraussetzungen geknüpft:

Das Wandlungsrecht konnte erstmalig nach Ablauf von drei Jahren nach Ausgabe der Schuldverschreibung ausgeübt werden. In den folgenden zwei Jahren waren Ausübung des Wandlungsrechts und Verkauf der dadurch erworbenen Aktien auf bestimmte, maximal vierwöchige Zeiträume nach der ordentlichen Hauptversammlung sowie nach Bekanntgabe von Quartals- bzw. Halbjahresberichten beschränkt.

Die Ausübung des Wandlungsrechts war zusätzlich an eine Performancehürde geknüpft. Die Wertentwicklung der Unternehmens-Aktie zwischen zwei genau bestimmten Referenzperioden musste besser sein als die Wertentwicklung des Performanceindex "Dow Jones STOXX(r)Unternehmen" (Unternehmens- Performanceindex). Andernfalls waren die Schuldverschreibungen innerhalb eines Monats nach Ablauf der dreijährigen Sperrfrist zum Nennbetrag zuzüglich aufgelaufener Zinsen zurückzuzahlen.

Der Wandlungspreis sollte aus einem näher definierten durchschnittlichen Börsenkurs der Unternehmens-Aktie abzüglich eines sogenannten Performanceabschlags ermittelt werden, der sich gegebenenfalls verdoppelte. Bei Ausübung des Wandlungsrechts war eine Barzuzahlung in Höhe des Differenzbetrags zwischen Wandlungspreis je Aktie und Nennbetrag der hierfür gewandelten Teilschuldverschreibung zu leisten.

Die Rechte aus der Schuldverschreibung waren nicht übertragbar; ihr Inhaber musste in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zum Unternehmens-Konzern stehen.

Zur Durchführung erfolgte eine bedingte Kapitalerhöhung des Grundkapitals der Klägerin um Millionen DM.

Laut Vorstandsbericht an die Hauptversammlung sollte sich das Angebot der Wandelschuldverschreibungen an einen engen Kreis von etwa 300 Führungskräften richten, für die dadurch ein besonderer Leistungsanreiz zur nachhaltigen Steigerung des Unternehmenswerts und eine zusätzliche Identifikation mit dem Unternehmen geschaffen werden sollte. Das bedingte Kapital von Millionen machte rund 1,6 % des Grundkapitals der Klägerin im Zeitpunkt der Beschlussfassung aus. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Punkt 11 der Tagesordnung der Hauptversammlung vom . .1998 (Bl. 9 ff. Lohnsteuer- Arbeitgeberakten) Bezug genommen. Auf der Grundlage dieser Ermächtigung begab die Klägerin zunächst am . .1998 im Rahmen einer Wandelanleihe, sogenannter "Long Term Incentive Plan 1998"(LTIP 1998), Wandelschuldverschreibungen an Führungskräfte. Für die lohnsteuerliche Behandlung holte die Klägerin eine Lohnsteuer-Anrufungsauskunft des damals zuständigen Finanzamts (Bl. 14 f. Lohnsteuer- Arbeitgeberakten) ein. Nach damals übereinstimmender Auffassung war der Erwerb der Schuldverschreibung ohne lohnsteuerliche Auswirkung und erst im Wandlungsfall ein entstehender geldwerter Vorteil als Arbeitslohn zu versteuern. Der LTIP 1998 wurde regulär beendet; Wandlungsrechte konnten nicht ausgeübt werden, weil die Performancehürde nicht erreicht wurde.

Für 1999 und 2000 wurden ebenfalls Long Term Incentive Pläne ausgegeben, der LTIP 1999 am . .1999 mit einem Volumen von Millionen DM und der LTIP 2000 am . .2000 mit einem Volumen von Millionen DM. Der im Rechtsstreit maßgebliche LTIP 2000 (Bl. 28 ff. Lohnsteuer-Arbeitgeberakten = Bl. 47 ff. FG-Akten) sah eine 4,5%ige jährliche Verzinsung vor. Die Wandelschuldverschreibungen waren mit Ausnahme des Erbfalls nicht übertragbar, § 5 LTIP 2000. Das Unternehmen war zur Kündigung berechtigt, falls der Anleihegläubiger verstarb oder das Arbeitsverhältnis aus anderen Gründen als Ruhestand, Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit endete, § 4 LTIP 2000. Von den 300 berechtigten Führungskräften zeichneten rund 250 die Wandelanleihe.

Die Übernahme der Unternehmens durch die Z-AG nahm die Klägerin im Jahr 2001 zum Anlass, das ihr gemäß § 10 Abs. 7 der Anleihebedingungen des LTIP 2000 zustehende Sonderkündigungsrecht auszuüben und die auf Grund des LTIP 2000 ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen zu kündigen. Den nach § 315 BGB zu zahlenden Ablösungsbetrag ermittelte intern die X mit dem 9,9-fachen des Nennbetrags der begebenen Anleihe. Die Bewertung wurde extern von AB in einem Bewertungs-Review (Bl. 49 ff. Lohnsteuer- Arbeitgeberakten = 57 ff. FG-Akten) bestätigt. AB ging für den LTIP 2000 von Wandelanleihen im Wert von Millionen DM, einem Bruttogesamtwert von DM und einem Nettogesamtwert von DM aus (Bl. 27 Bewertungs- Review, Bl. 84 FG-Akten). Für den LTIP 1999 machte die Klägerin den Berechtigten ein entsprechendes Ablösungsangebot; hier belief sich der Ablösungsbetrag auf das 14,8-fache des Nennwerts. Die Ablösungsbeträge für Ansprüche aus dem LTIP 2000 zahlte die Klägerin im August 2001 an die jeweiligen Arbeitnehmer aus.

In einem Antrag auf Erteilung einer weiteren Lohnsteuer-Anrufungsauskunft zur steuerlichen Behandlung der Ablösungszahlungen für die LTIP 1999 und 2000 vom 23.8.2001 vertrat die Klägerin nunmehr die Auffassung, maßgeblich für die Beurteilung, ob den Arbeitnehmern aufgrund der LTIPs Arbeitslohn zugeflossen sei, sei nicht der Zeitpunkt der Wandlung, sondern bereits der Zeitpunkt der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen. Deshalb seien auch die zu zahlenden Barbeträge zur Ablösung der Wandelschuldverschreibungen nicht steuerpflichtig; insbesondere handele es sich nicht um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern um die Barablösung eines Vermögensgegenstandes, die ausschließlich die private Vermögenssphäre betreffe. Das FA wies diese Auffassung zurück: Es ging weiterhin von der sogenannten Endbesteuerung bei Wandelschuldverschreibungen aus, so dass erst die bei der Wandlung erzielten geldwerten Vorteile als Arbeitslohn zu versteuern seien und ein Zufluss von Arbeitslohn auch bei der vorzeitigen Ablösung des Wandlungsrechts anzunehmen sei.

Mit der Lohnsteuer-Anmeldung August 2001 vom 4.9.2001 nahm die Klägerin auch für die zur Ablösung der Wandlungsrechte aus dem LTIP 2000 gezahlten Beträge eine Lohnversteuerung vor, legte jedoch mit Schreiben vom 2.10.2001 insoweit Einspruch gegen die Lohnsteuer-Anmeldung ein. Nach Auffassung der Klägerin handelte es sich bei den Ablösezahlungen nicht um Arbeitslohn.

Auch die Lohnsteuer-Anmeldungen der Monate September, Oktober und November 2001 enthalten Lohnsteuer, die auf Ablösezahlungen im Zusammenhang mit der Beendigung der LTIPs 1999 und 2000 entfällt; diese Lohnsteuer- Anmeldungen wurden ebenfalls mit Einspruch angegriffen. Wegen der betragsmäßigen Auswirkungen in den vier Monaten wird auf den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vom 10.1.2002 (Bl. 102 Lohnsteuer-Arbeitgeberakten) Bezug genommen.

Das FA wies den Einspruch gegen die Lohnsteuer-Anmeldung August 2001 am 21.3.2002 als unbegründet zurück. Die weiteren Einsprüche wurden nach telefonischer Auskunft des Beklagten noch nicht beschieden.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin weiterhin geltend, dass die Ablösezahlungen für den LTIP 2000 zu Unrecht der Lohnsteuer unterworfen wurden.

Die Anfechtungsklage sei zulässig. Wenn das Gericht jedoch wegen § 42b Abs. 3 Satz 1 EStG von einer Erledigung der Hauptsache durch Zeitablauf ausgehen sollte, sei eine Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Lohnsteuer-Anmeldung. Entsprechend dem Urteil des BFH vom 19.10.2001 VI R 131/00, BStBl II 2002, 300, genüge es, wenn die für die Veranlagung der Arbeitnehmer zuständigen Wohnsitzfinanzämter die Entscheidung des Gerichts voraussichtlich respektierten: Davon sei auch für das anhängige Verfahren auszugehen.

Einer Fortsetzungsfeststellungsklage komme eine erhebliche Konzentrationswirkung zu, da davon auszugehen sei, dass die Wohnsitzfinanzämter der Gläubiger der Wandelschuldverschreibungen bei Obsiegen der Klägerin die Ablösezahlungen nicht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erfassen und die anteilige Lohnsteuer erstatten würden. Zu einer vom Beklagten geltend gemachten Doppelerstattung könne es nicht kommen, denn der Hilfsantrag sei lediglich auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Lohnsteuer-Anmeldung gerichtet. Auch die Tatsache, dass - unstreitig - die im Streit stehende Lohnsteuer von der Klägerin angemeldet, einbehalten und abgeführt sowie auf den Lohnsteuerkarten der Arbeitnehmer bescheinigt wurde, lasse ein Feststellungsinteresse nicht entfallen.

Die Klage sei begründet; die Ablösezahlungen seien zu Unrecht der Lohnsteuer unterworfen worden. Die Zahlungen stellten keinen Arbeitslohn dar. Als Surrogatleistung unterlägen sie steuerlich denselben Regeln wie die Wandelschuldverschreibungen. Die Wandelschuldverschreibungen aber seien losgelöst von dem jeweiligen Arbeitsverhältnis zu sehen. Es handele sich um eigenständige Kapitalanlagen aus dem bereits versteuerten Einkommen der Arbeitnehmer; eine Veranlassung durch das jeweilige Dienstverhältnis sei dagegen nicht gegeben. So sei die Anleihe nicht von allen Berechtigten gezeichnet worden, trügen die Gläubiger das marktübliche Risiko und stünden Leistung und Gegenleistung im angemessenen Verhältnis. Für die Klägerin sei die Wandelanleihe ein eigenständiges Finanzierungsinstrument gewesen.

Steuerlich sei bei Wandelschuldverschreibungen der Erwerb, nicht aber die Ausübung des Wandlungsrechts maßgeblich. Ausgabe und Wandlung seien ein einheitlicher Vorgang; dies gelte auch bei fehlender Marktgängigkeit der Wandelschuldverschreibungen.

Dementsprechend bestehe bei Ausübung des Wandlungsrechts grundsätzlich keine Lohnsteuerpflicht.

Der Sachverhalt im anhängigen Verfahren sei nicht mit dem Sachverhalt zu vergleichen, der den Entscheidungen des BFH, Urteil vom 23.6.2005 VI R 124/99, BStBl II 2005, 766, und der Vorinstanz FG München, Urteil vom 24.6.1999 10 K 3851/94, zu Grunde gelegen habe:

Die von der Klägerin begebenen Wandelschuldverschreibungen seien beleihbar gewesen. Die Anleihe der Klägerin habe sich an einen viel größeren Adressatenkreis von gut 300 Personen gerichtet, von denen rund 250 eine eigenständige Investitionsentscheidung für die Wandelschuldverschreibung getroffen und damit ein eigenständiges Schuldverhältnis zur Klägerin begründet hätten. Es habe eben kein typisches Incentiveangebot vorgelegen. Das Volumen der Wandelanleihe verdeutliche, dass es sich nicht um einen Missbrauchsfall handele.

Vielmehr habe die Finanzierungsfunktion für die Klägerin große Bedeutung gehabt; sie habe Kapital zu günstigen Kosten erhalten. Sie habe die Anleihe zu marktüblichen Konditionen begeben, während im Fall des BFH ein überhöhter Zins gezahlt worden sei. Außerdem habe das Umtauschverhältnis (Teil-)Wandelschuldverschreibung - Aktie 1:1 und nicht 1:5 betragen. Der Sachverhalt sei somit eher mit dem Sachverhalt zu vergleichen, über den das FG Düsseldorf in dem Beschluss vom 11.4.2001 3 V 6028/00 A(L), EFG 2001, 968, zu entscheiden hatte. Das FG Düsseldorf habe den Zufluss eines geldwerten Vorteils im Zeitpunkt der Wandlung dort zu Recht verneint und den Tatsachen, dass die Wandelschuldverschreibung sich ausschließlich an Führungskräfte gerichtet habe, nicht übertragbar und nicht börsennotiert gewesen sei, keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. An ihrer zur Anrufungsauskunft 1998 vertretenen Rechtsauffassung müsse sich die Klägerin nicht festhalten lassen.

Weitergehend betont die Klägerin, dass ihren Arbeitnehmern gar kein geldwerter Vorteil durch die Ablösezahlungen zugeflossen sei. Die Zahlungen seien wie Schadensersatzzahlungen lediglich als angemessener Ausgleich für den Wegfall des Wandlungsrechts erfolgt. Mit der Sonderzahlung habe sich nur eine marktgerechte und daher nicht betrieblich veranlasste Gewinnchance aus der Wandelschuldverschreibung realisiert. Für eine betriebliche Veranlassung fehle es an die Arbeitnehmer begünstigenden Konditionen; Zins und Rendite seien nicht marktunüblich. Die Wandelschuldverschreibung habe - anders als in der Entscheidung des BFH, BStBl II 2005, 766 - mit Performancehürde und Wandlungskorridoren ein erhebliches Risiko enthalten, so dass die Sonderzahlung die Arbeitnehmer-Gläubiger nicht übermäßig bevorteile. Zudem sei die Unternehmens Aktie vor Ausgabe des LTIP 2000 regelmäßig ein Underperformer im Unternehmensindex gewesen. Erst das Hinzutreten eines Drittereignisses - Übernahme durch die Z-AG - habe zu dem starken Anstieg der Aktie der Klägerin geführt. Das sei aber im Zeitpunkt der Ausgabe der Wandelschuldverschreibungen nicht absehbar gewesen. Außerdem seien sowieso nur bei der Ausgabe der Wandelanleihe angelegte Vorteile zu berücksichtigen, da eine Ex-Post-Beurteilung nicht in Betracht komme.

Im Übrigen seien die Ablösezahlungen nicht durch das jeweilige Dienstverhältnis veranlasst. Eine vorhandene berufliche Veranlassung trete zumindest fast vollständig hinter den Gründen der Klägerin zur Ausgabe der Wandelanleihe zurück. Durch die Wandelanleihe sei ein eigenständiges Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und ihren Arbeitnehmern begründet worden. Die Arbeitnehmer hätten unter Berücksichtigung aller vorhandenen Risiken eine eigenständige Investitionsentscheidung treffen müssen. Anders als bei Incentiveleistungen hätten sie auch eine Gegenleistung erbringen müssen, während die überdurchschnittliche Rendite nicht absehbar gewesen sei, zumal eine Ex- Post-Betrachtung ohnehin nicht in Betracht komme. Die Bezeichnung der Wandelanleihe als LTIP mit dem Begriff "Incentive" besitze keine Aussagekraft, maßgeblich sei alleine der wirtschaftliche Gehalt. Auch aus der Wahl des Bewertungsstichtags, um die Höhe der Ablösezahlungen zu ermitteln, aus der Qualifizierung des LTIP als Stock Option und aus der Einschaltung des Aufsichtsrats ließen sich keine Argumente für eine Veranlassung durch das Dienstverhältnis herleiten.

Mit der Zeichnung der Wandelanleihe hätten die Gläubiger der Klägerin auch nicht etwa ein Darlehen gegeben, um ihre Arbeitsverhältnisse zu stabilisieren.

Wie im Urteil des BFH vom 5.4.2006 IX R 111/00, BStBl II 2006, 654, trete die berufliche Veranlassung hinter die sonstigen Investitionsabsichten zurück.

In dieser Entscheidung habe der BFH Schuldzinsen für ein Darlehen, das der Arbeitnehmer zum Erwerb von Gesellschaftsanteilen an seiner Arbeitgeberin aufnahm, um damit die arbeitsvertragliche Verpflichtung für die Erlangung einer höher dotierten Position zu erfüllen, als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen behandelt. Diese Grundsätze seien hier entsprechend anzuwenden.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

die Lohnsteuer-Anmeldung für August 2001 vom 4. September 2001 (Steuernummer ) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.3.2002 aufzuheben und die Lohnsteuer August 2001 auf DM und den Solidaritätszuschlag August 2001 auf DM festzusetzen;

hilfsweise,

festzustellen, dass die Lohnsteuer-Anmeldung für August 2001 insoweit rechtswidrig gewesen, als der Beklagte die von der Klägerin gezahlten Ablösebeträge, die sie aufgrund der außerordentlichen Kündigung der im Jahr 2000 ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen geleistet hat, der Besteuerung unterworfen hat;

äußerst hilfsweise,

die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und keine Revision zuzulassen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass der Hauptantrag unzulässig (geworden) sei. Wie in der Entscheidung BFH, BStBl II 2002, 300 sei die Klage durch Zeitablauf unzulässig geworden. Auch der Hilfsantrag sei unzulässig. Für eine Fortsetzungsfeststellungsklage fehle der Klägerin das Feststellungsinteresse, zumal es bei Klagestattgabe zur Doppelerstattung von Lohnsteuer kommen könne. Im Übrigen sei der LTIP 2000 beendet und eine Wiederholungsgefahr nicht zu erkennen.

In der Sache selbst sei die Klage unbegründet. Die Ablösezahlungen stellten Arbeitslohn dar und seien zu Recht lohnversteuert worden. Der Sachverhalt sei anders gelagert als der, der der Entscheidung des BFH, BStBl II 2005, 776 zu Grunde liege. Im Streitfall sei es nicht zur Ausübung der Wandlungsrechte und zum Bezug von Aktien gekommen. Vielmehr sei eine Sonderzahlung gemäß § 10 Abs. 7 LTIP 2000 erfolgt. Diese Sonderzahlung habe jedoch Entlohnungscharakter:

Durch die Ablösezahlungen sei den jeweiligen Arbeitnehmern ein geldwerter Vorteil zugeflossen. Nicht die Renditechancen, sondern der gesamte LTIP als solcher sei marktunüblich. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Performanceabschlag lediglich eine angemessene und marktgerechte Risikokompensation darstellen solle. Der - gestufte - Performanceabschlag habe die Führungskräfte motivieren sollen, sich für eine nachhaltige Wertsteigerung der Aktie der Klägerin zu engagieren. Einem Investor in eine kapitalmarktübliche Wandelschuldverschreibung werde kein Performanceabschlag eingeräumt. Im Übrigen sei für das Erreichen der Performancehürde unerheblich, worauf die Wertentwicklung der Aktie beruhe. Drittereignisse mit Einfluss auf die Kursentwicklung der Aktie besäßen daher keine Relevanz bei der steuerlichen Beurteilung.

Weiterhin seien die Zahlungen durch das jeweilige Arbeitsverhältnis veranlasst gewesen. Die Sonderzahlungen seien ausschließlich an Führungskräfte der Klägerin gegangen, für die der LTIP speziell aufgelegt worden sei.

Bereits die Bezeichnung der Wandelanleihe als "Long Term Incentive Plan" mit dem Hinweis auf die Anreizfunktion weise auf den Entlohnungscharakter hin.

Die Kündigungsregelungen belegten die enge Verknüpfung von LTIP und Arbeitsverhältnis.

Der LTIP sei nach Sinn und Zweck und von seiner Ausgestaltung her auf die Entlohnung ausgesuchter Führungskräfte gerichtet. Der LTIP sei als Stock Option Plan mit vorgeschalteter Wandelanleihe zu qualifizieren. Gerade Stock Options seien eine international verbreitete Vergütungskomponente. Die Regelungen des LTIP entsprächen z.T. bis ins Detail anderen Stock Option Plänen, so dass man von ungünstigen Konditionen bei der Wandelanleihe nicht sprechen könne.

Der LTIP habe nicht vorrangig der Kapitalbeschaffung gedient, auch wenn der Klägerin Liquidität zugeflossen sei. Das belegten bereits eindeutig der Beschluss der Hauptversammlung der Klägerin am . .1998 und die Begründung des Vorstandes für den Vorschlag zur Begebung der Wandelanleihe. Dort sei von einer Verschaffung von Kapital gar nicht die Rede gewesen. Die Klägerin habe darüber hinaus auch in Geschäftsberichten, z.B. dem Geschäftsbericht 2000 den Vergütungscharakter des LTIP betont.

Auch die Beschränkung auf einen engen Kreis von Berechtigten spreche gegen eine Kapitalbeschaffungsfunktion.

Soweit die Klägerin auf die ungünstigeren Konditionen gegenüber dem vom BFH entschiedenen Fall verweise, sei dies unerheblich. Der LTIP sei als Vergütungskomponente konzipiert worden mit durchaus üblichen Konditionen. AB weise auf Seite 29 des Bewertungs-Review ausdrücklich auf den relativ hohen Wert des LTIP 2000 bezogen auf den Nominalwert, bedingt durch die relativ lange Laufzeit, einen relativ geringen Basispreis und ein relativ hohes Bewertungsverhältnis, hin. Die Verzinsung liege nur wenig unter der für Schuldverschreibungen ohne Wandlungsrecht und sei insoweit als günstig einzustufen.

Die Beschränkung des Wandlungsrechts auf bestimmte Zeiträume ziele darauf ab, Insiderhandeln auszuschließen.

Auch die Bindung des Wandlungsrechts an eine Performancehürde verdeutliche den Entlohnungscharakter: Der LTIP veranlasse die Führungskräfte dazu, auf eine langfristige Wertsteigerung der Aktie hinzuarbeiten. Die Performancehürde schließe andere Faktoren, die für kurzfristige Kurssteigerungen sorgten, aus. Über die langfristige Wertsteigerung entscheide aber der vom LTIP angesprochene Kreis von Führungskräften, der die strategischen Entscheidungen treffe.

Ebenso verdeutliche die Absicht, die Wettbewerbsfähigkeit bei der Gewinnung qualifizierter Führungskräfte zu steigern, die enge Verknüpfung von LTIP und Dienstverhältnis.

Unerheblich sei, dass die Arbeitnehmer eine eigenständige Investitionsentscheidung zu treffen hatten, da dies nur die Hingabe von verzinslichem Kapital betreffe, ein nicht handelbares Bezugsrecht jeweils zusätzlich eingeräumt wurde. Die Trennung zwischen Verzinsung des eingesetzten Kapitals und dem Wandlungsrecht ergebe sich bereits aus der Konstruktion der Wandelanleihe. Zudem vermöge die erforderliche einheitliche Entscheidung über die Teilnahme am LTIP nicht den Bezug zum Dienstverhältnis aufzulösen.

Ein echtes Risiko hätten die Arbeitnehmer nie zu tragen gehabt. Immerhin hätten gut 250 der Berechtigten, mithin 83 %, die Wandelanleihe gezeichnet.

Auch die Wahl des Bewertungsstichtags für die Höhe der Ablösezahlungen nach § 10 Abs. 7 LTIP 2000 möglichst nah zum "Closing Date der Fusion" verdeutliche den Entlohnungscharakter der Zahlungen, worauf AB im Bewertungs-Review Seite 38 hinweise: Lediglich eine reibungslos durchgeführte Fusion schaffe Werte für die Aktionäre. Nur dann würden die Manager bis zum Schluss auch im eigenen Interesse auf die Fusion hinarbeiten; damit würde auch dem Grundgedanken des LTIP, für das Führungspersonal Anreize zur Steigerung des Unternehmenswerts zu schaffen, Rechnung getragen.

Während des Klageverfahrens ist auf Seiten des Beklagten die Zuständigkeit vom FA mit Wirkung vom 1.1.2004 auf das FA , ab 1.5.2004 auf das FA , den jetzigen Beklagten, übergegangen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid mit Revisionszulassung nach § 90a Finanzgerichtsordnung (FGO) einverstanden erklärt.

Dem Gericht lag bei seiner Entscheidung ein Band Lohnsteuer-Arbeitgeberakten vor.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht hat den Klageantrag im Interesse der Klägerin dahingehend ausgelegt, dass die Lohnsteuer-Anmeldung nur insoweit angegriffen wird, wie der Rechtsweg zum Hessischen Finanzgericht gegeben ist, und dass die (evangelische und katholische) Kirchenlohnsteuer nicht Gegenstand des Verfahrens ist, §§ 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO, 4 Abs. 2 AGFGO Hessen, 13 Abs. 1 Kirchensteuergesetz Hessen (vgl. Hessisches FG, Beschluss vom 18.6.1974 VI 73/94, EFG 1974, 535; Hessischer VGH, Urteil vom 5.7.1994 V UE 1747/90, NVwZ 1995, 815; BFH, Beschluss vom 18.12.1997 X S 22/96, BFH/NV 1997, 703).

Die zunächst gegen das FA erhobene Klage richtet sich nunmehr gegen den Beklagten. Gemäß § 4 Abs. 6 ZustVOFÄ Hessen (GVBl I 2003, 335) war ab 1.1.2004 das FA und ist seit dem 1.5.2004 das FA zuständig, § 4 Abs. 7 ZustVOFÄ Hessen (GVBl I 2004, 180) bzw. § 6 Abs. 4 ZustVOFÄ Hessen (i.d.F. vom 12.12.2006, GVBl I 2006, 774). Der während des Klageverfahrens eingetretene Zuständigkeitswechsel führt zu einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel (vgl. BFH, Urteil vom 12.1.2001 VI R 102/98, BStBl II 2003, 151, 152).

II. Die Klage hat keinen Erfolg.

Soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag die Abänderung der Lohnsteuer- Anmeldung August 2001 begehrt, ist die Klage unzulässig (geworden).

Die einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehende Lohnsteuer-Anmeldung August 2001 hat sich während des Klageverfahrens erledigt. Die von der Klägerin beantragte Herabsetzung der sich aus der Lohnsteuer-Anmeldung August 2001 ergebenden Lohnsteuer einschließlich Folgesteuern ist infolge Zeitablaufs nicht mehr möglich. Nach § 42b Abs. 3 Satz 1 EStG (in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung) darf der Arbeitgeber den Lohnsteuer-Jahresausgleich nicht später durchführen als bei der Lohnabrechnung für den Lohnzahlungszeitraum, der im Monat März des dem Ausgleichsjahr folgenden Kalenderjahrs endet. Damit kann die Klägerin hinsichtlich der im August 2001 an ihre Arbeitnehmer geleisteten Ablösezahlungen, die die Klägerin dem Lohnsteuerabzug unterworfen hat, nach Ablauf des Monats März 2002 keinen Lohnsteuer-Jahresausgleich mehr durchführen. Zudem hat die Klägerin ihren Arbeitnehmern Lohnbescheinigungen (§ 41b Abs. 1 Satz 2 EStG) für das Jahr 2001 erteilt, in denen auch die Lohnsteuer ausgewiesen ist, die die Klägerin auf die Ablösezahlungen an ihre Arbeitnehmer einbehalten und an das FA abgeführt hat. Diese Lohnbescheinigungen kann die Klägerin nicht mehr korrigieren (§ 41c Abs. 3 Satz 1 EStG). Die Lohnsteuer-Anmeldungsschuld der Klägerin besteht deshalb nach der Erteilung der Lohnbescheinigungen fort (vgl. BFH, Urteil vom 19.10.2001 VI R 131/00, BStBl II 2002, 300). Die vom Beklagten angeführte Möglichkeit, dass es u.U. zu Doppelerstattungen bei der Lohnsteuer kommen könnte, ist damit auf jeden Fall ausgeschlossen (vgl. auch Pust, Anmerkung zu BFH, BStBl II 2002, 300, HFR 2002, 114).

Die Klage ist jedoch zulässig, soweit die Klägerin hilfsweise einen Antrag nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO gestellt hat:

Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Lohnsteuer-Anmeldung August 2001 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21.3.2002 insoweit rechtswidrig gewesen ist, als die Klägerin die Ablösezahlungen an ihre Arbeitnehmer der Lohnsteuer unterworfen hat. Für das berechtigte Interesse genügt jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art (vgl. nur Gräber/von Groll, FGO, 6. Auflage 2006, § 100 Rz. 60 m.w.N. aus der Rechtsprechung). So genügt z.B. die Möglichkeit, dass das FA die Meinung, die das Gericht in einem erledigten Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren äußert, im anschließenden Veranlagungsverfahren respektiert (BFH, Beschluss vom 1.12.1993 X R 99/91 BStBl II 1994, 305 ), sofern der Sachverhalt unverändert bleibt. Unter diesem Gesichtspunkt bejaht der Senat ein Feststellungsinteresse i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO: Die Auffassung, die der erkennende Senat im Streitfall in der Frage vertritt, ob es sich bei den Ablösezahlungen um Arbeitslohn handelt, werden die für die Veranlagung der Arbeitnehmer der Klägerin zuständigen Finanzämter voraussichtlich respektieren (so auch zu einem vergleichbaren Sachverhalt BFH, BStBl II 2002, 300 mit insoweit kritischer Anmerkung Bergkemper, KFR Fach 6, § 19 EStG 1/02, KFR 4/2002, 126). Bestärkt fühlt sich der Senat in dieser Ansicht trotz der gegenteiligen Äußerung der OFD Frankfurt (Aktueller Hinweis zur Einkommensteuer vom 30.3.2006 - S 2334 B - , Bl. 306 FG-Akten) durch die verstärkten Anfragen zum Verfahrensstand, die auch von nichthessischen Finanzämtern erfolgten (zuletzt etwa FA ... vom 13.2.2007, Bl. 338 FG-Akten; FA ... vom 9.3.2007, Bl. 339 FG-Akten).

Die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist aber unbegründet. Die Lohnsteuer-Anmeldung August 2001 ist nicht rechtswidrig.

Die aufgrund von § 10 Abs. 7 LTIP 2000 erfolgten Ablösezahlungen der Klägerin sind zu Recht für August 2001 der Lohnsteuer unterworfen worden.

Nach § 41a Abs. 1 Satz 1 EStG hat der Arbeitgeber spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums dem FA, in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte befindet, eine Steuererklärung einzureichen, in der er die Summe der im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum einzubehaltenden und zu übernehmenden Lohnsteuer angibt. Bei sonstigen, nicht laufenden Bezügen wird gemäß §§ 38 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3; 38a Abs. 3 Satz 2; 39b Abs. 3 EStG die Lohnsteuer erhoben: Die auf die sonstigen Bezüge entfallende Lohnsteuer wird mit dem Unterschiedsbetrag erhoben, der sich bei Versteuerung des voraussichtlichen Jahresarbeitslohns zuzüglich sonstigem Bezug und des voraussichtlichen Jahresarbeitslohns ohne den sonstigen Bezug ergibt.

Dabei fällt die Lohnsteuer für den Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum an, in dem der sonstige Bezug zugeflossen ist, § 11 EStG.

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, bei denen nach § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 38a EStG die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben wird (Lohnsteuer), gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Ein Vorteil wird dann für eine Beschäftigung gewährt, wenn er durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst ist.

Das ist der Fall, wenn der Vorteil nur mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und wenn die Einnahme als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit anzusehen ist, also, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt etwa BFH, Beschluss vom 28.6.2006 VI B 23/07/98, BFH/NV 2007, 1870; ausdrücklich für Fälle der Wandelschuldverschreibung BFH, Urteil vom 23.6.2005 VI R 124/99, BStBl II 2005, 766; Beschluss vom 21.12.2006 VI B 24/06, BFH/NV 2007, 699; für den Fall eines Wandeldarlehens BFH, Urteil vom 23.6.2005 VI R 10/03, BStBl II 2005, 770).

Arbeitslohn liegt dagegen dann nicht vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird. Auch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer können neben dem Dienstverhältnis gesonderte Rechtsbeziehungen bestehen. Sie sind dann steuerlich grundsätzlich getrennt zu beurteilen. Einkünfte, die auf diesen Rechtsbeziehungen beruhen, sind der in Betracht kommenden Einkunftsart (§ 2 Abs. 1 EStG) zuzurechnen (BFH, BStBl II 2002, 300; BFH/NV 2007, 699, 1870).

Ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führt oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung steuerrechtlich anders zu behandeln ist, kann nur aufgrund einer Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles entschieden werden (BFH/NV 2007, 699, 1870); so stellt sich für das anhängige Verfahren die Frage, ob die Wandelschuldverschreibung lediglich - wie von der Klägerin behauptet - der Kapitalbeschaffung oder doch der Zuwendung von Lohn dient (vgl. Küttner/Thomas, Personalbuch 2007, <Aktienoptionen> Rz. 23).

Bei Übertragung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Ablösezahlungen den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen sind.

Adressaten des LTIP 2000 waren gemäß dem Hauptversammlungsbeschluss vom .1998 ausschließlich Führungskräfte des Unternehmens, nämlich Vorstandsmitglieder der Klägerin, Mitglieder der Geschäftsleitungen inländischer und ausländischer Konzerngesellschaften und Mitarbeiter in besonderen Führungs- oder Schlüsselfunktionen bei der Klägerin bzw. bei inländischen und ausländischen Konzerngesellschaften. Steuerrechtlich betrachtet handelt es sich dabei in allen Fällen um Arbeitnehmer der Klägerin bzw. des Konzerns.

Soweit diese Führungskräfte zum Kreis der Gläubiger der Wandelanleihe zählten, erlangten sie durch die Zahlung der Ablösungsbeträge geldwerte Vorteile.

Die Ablösungen beliefen sich auf das 9,9-fache des eingesetzten Betrags, so dass die jeweiligen Arbeitnehmer in Höhe des ermittelten, von AB bestätigten Nettowertes bereichert wurden. Die von der Klägerin gegen die Annahme eines geldwerten Vorteils vorgebrachten Argumente greifen dagegen nicht. Soweit die Klägerin sich mit Zustimmung des Beklagten gegen eine Ex- Post-Betrachtung wendet, übersieht sie dabei, dass es sich insoweit nur um die Realisierung einer bereits bei Zeichnung der Wandelanleihe angelegten Chance gehandelt hat. Die Ablösezahlungen waren von Anfang an in § 10 Abs. 7 LTIP 2000 für den besonderen Kündigungsfall vorgesehen. Die übrigen in diesem Zusammenhang erhobenen Einwände sind für die Frage, ob ein geldwerter Vorteil vorliegt, irrelevant; ihnen kommt allenfalls Bedeutung für die Frage zu, ob die Zahlungen durch das Dienstverhältnis veranlasst waren.

Die geldwerten Vorteile wurden den Arbeitnehmern auch für eine Beschäftigung im privaten Dienst gewährt. Sie stellen sich im Rahmen der vorzunehmenden wertenden Betrachtung im weitesten Sinn als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft dar; sie sind durch das jeweilige Dienstverhältnis veranlasst. Maßgeblich sind dabei nach Ansicht des Senats folgende Gesichtspunkte:

Die Ablösezahlungen stellen einen Wertausgleich für den Wegfall der Rechte und Chancen aus dem LTIP 2000 dar; bereits die Anleihebedingungen sahen diese Regelung in § 10 Abs. 7 LTIP 2000 vor. Der LTIP 2000 und damit auch die Ablösezahlungen sind durch das jeweilige Dienstverhältnis veranlasst. Die Rechte aus der Wandelschuldverschreibung wurden den näher bezeichneten Arbeitnehmern im wirtschaftlichen Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit gewährt. Laut Hauptversammlungsbeschluss vom . .1998 durften die Wandelschuldverschreibungen nur an einen eng begrenzten Kreis von Führungskräften begeben werden (Bl. 10 Lohnsteuer-Arbeitgeberakten). Diese Rechte waren nicht übertragbar und die Ausübung der Wandlungsrechte an ein ungekündigtes Dienstverhältnis gekoppelt (Bl. 11 Lohnsteuer-Arbeitgeberakten).

Dementsprechend sah § 4 LTIP 2000 für die Klägerin ein Kündigungsrecht der Wandelschuldverschreibung für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und auch für den Todesfall vor; ausgenommen waren lediglich die Fälle Ruhestand sowie Berufs- und/oder Erwerbsunfähigkeit. § 5 LTIP 2000 bestimmte außerdem, dass die Wandelschuldverschreibungen - mit Ausnahme des Todesfalls - nicht übertragbar waren. Die Wandelschuldverschreibung richtete sich mithin nicht an den freien Kapitalmarkt; erst recht erfolgte kein Börsenhandel. Sinn und Zweck des LTIP war es, in Anlehnung an die internationale Praxis für die berechtigten Führungskräfte einen besonderen Leistungsanreiz dafür zu schaffen, auf eine langfristige Wertsteigerung des Unternehmens der Klägerin hinzuarbeiten, und gleichzeitig bei der Gewinnung qualifizierter Führungskräfte eine gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen. Bereits diese Äußerungen im Pflichtbericht des Vorstandes nach §§ 221 Abs. 4, 186 Abs. 4, 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG (Bl. 11 Lohnsteuer-Arbeitgeberakten) belegen die Funktion des LTIP eindeutig: Mit dem LTIP sollte ein zusätzliches Vergütungselement für Führungskräfte geschaffen werden. Der Beklagte stellt den LTIP 2000 mithin zutreffend in eine Reihe mit anderen Stock Option Plänen, die insbesondere seit Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts als Mittel zur Schaffung eines variablen Vergütungssystems diskutiert wurden (....). Bestätigt wird diese Einordnung des LTIP - zumindest vorrangig - als Vergütungselement für Führungskräfte durch die zeitnahen Ausführungen des Vorstands der Klägerin in den Geschäftsberichten der Jahre 1999 und 2000: Dazu heißt es im Geschäftsbericht für 1999, Seite , unter "LTIP" wörtlich: "Die Arbeiten an einem neuen Long Term Incentive Plan auf Basis von virtuellen Optionen (Stock Appreciation Rights) für das Jahr 2000 unterstreichen die große Bedeutung dieses Instruments für eine wertorientierte Vergütung des Managements in unserem Unternehmen." Der Geschäftsbericht für 2000, Seite , führt dazu aus: "Im Geschäftsjahr 2000 haben wir den dritten Zyklus unseres Long Term Incentive Plans aufgelegt. Dieses in die Zukunft gerichtete wertorientierte Instrument ist ein etablierter und wichtiger Bestandteil des Vergütungssystems für unser Management, das 2001 weiterentwickelt wird." (Geschäftsberichte zitiert nach den auf der Internetseite der Klägerin eingestellten Geschäftsberichten, jeweils zum Punkt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; ).

Angesichts dieser eindeutigen Regelungen im LTIP und Äußerungen der Geschäftsleitung der Klägerin vermögen die von der Klägerin gegen eine berufliche Veranlassung und für ein eigenständiges Rechtsverhältnis vorgebrachten Argumente nicht zu überzeugen.

Die entscheidende berufliche Veranlassung wird auch nicht dadurch verdrängt, dass mit Zeichnung der Wandelanleihe durch einen berechtigten Arbeitnehmer ein eigenständiges Rechtsverhältnis neben dem Arbeitsverhältnis begründet wurde. Dieses Rechtsverhältnis resultierte aus dem Arbeitsverhältnis und wurde erst durch das Arbeitsverhältnis ermöglicht (vgl. BFH, BStBl II 2005, 766, 768; 770, 773). Es kommt mithin nicht darauf an, ob die Arbeitnehmer eine eigenständige Anlageentscheidung treffen mussten, welches Risiko sich daraus für den Arbeitnehmer ergab und wie die Konditionen der Anleihe zu beurteilen waren. Für die Frage der beruflichen Veranlassung sind diese Punkte hier unerheblich.

Soweit die Klägerin sich darauf beruft, dass die Wandelschuldverschreibung Finanzierungsfunktion gehabt habe und dadurch die berufliche Veranlassung in den Hintergrund trete, wird dies bereits durch die Regelungen des LTIP und seinen festgeschriebenen und öffentlich geäußerten Sinn und Zweck eindeutig widerlegt. Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, inwieweit das durch die Wandelanleihen von den Führungskräften aufgebrachte Kapital für die Klägerin von wesentlicher Bedeutung gewesen sein sollte. Das bedingte Kapital von Millionen DM machte im Zeitpunkt der Hauptversammlung am . .1998 nur etwa % des damaligen Grundkapitals aus, und tatsächlich betrug das Gesamtvolumen der LTIPs 1998 bis 2000 nur Millionen DM (Bl. 42 FG-Akten). Unternehmen wie die Klägerin beschaffen sich langfristiges Kapital erfahrungsgemäß auf andere Art und Weise, nicht aber durch Auflage einer Wandelschuldverschreibung für einen eng begrenzten Kreis von berechtigten und potentiellen Zeichnern.

Auch die von der Klägerin betonten Unterschiede im Sachverhalt zu BFH, BStBl II 2005, 766 und die Berufung auf den Beschluss des FG Düsseldorf, EFG 2001, 968, rechtfertigen keine andere Beurteilung. Abgesehen davon, dass alleine die hier maßgeblichen Regelungen zu beurteilen sind, hat das FG Düsseldorf in der Hauptsache unter Bezugnahme auf BFH, BStBl II 2005, 766 gegenteilig entschieden und auch für den dortigen Sachverhalt eine Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis bejaht, Urteil vom 22.11.2005 3 K 1795/02 L, EFG 2006, 1157.

Die berufliche Veranlassung der Ablösezahlungen entfällt auch nicht unter dem Gesichtpunkt Schadensersatz. Zwar hat der BFH bei wertender Betrachtung Schadensersatzleistungen des Arbeitgebers nicht als Frucht der Arbeitsleistung angesehen (BFH, Urteil vom 20.9.1996 VI R 57/95, BStBl II 1997, 144). Im Streitfall liegen aber überhaupt keine Schadensersatzleistungen vor. Die Klägerin hat von einem ihr eingeräumten vertraglichen Kündigungsrecht Gebrauch und sich nicht etwa schadensersatzpflichtig gemacht, sondern Wertersatz geleistet; dieser kann mit dem Schadensersatz aber nicht gleichgesetzt werden.

Ebenso wenig rechtfertigt die Rechtsprechung des BFH, wonach Zinsen für ein Darlehen, mit dem ein Arbeitnehmer den Erwerb von Anteilen an seiner Arbeitgeberin finanziert, grundsätzlich zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen (vgl. BFH, Urteil vom 5.4.2006 IX R 111/00, BStBl II 2006, 654), eine andere Beurteilung: Zwischen Arbeitsverhältnis und Zinszahlung tritt der Anteilsbesitz als eigenständige Erwerbsquelle.

Die Sachverhalte lassen sich nicht vergleichen, wie auch die Entscheidung des BFH zur Behandlung von Optionskosten bei Verfall einer Aktienoption als vergebliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit belegt, BFH, Urteil vom 3.5.2007 VI R 36/05, BFH/NV 2007, 1579.

Die geldwerten Vorteile sind den Arbeitnehmern auch erst mit ihrer Auszahlung im August 2001 zugeflossen und nicht bereits bei Begebung und Zeichnung der Wandelanleihe im Jahr 2000. Mit der Zahlung der Ablösebeträge durch die Klägerin hat sich die in der Wandelschuldverschreibung zunächst nur latent vorhandene Chance auf einen verbilligten Aktienerwerb auf andere Art und Weise realisiert und zum Zufluss im Zeitpunkt der Zahlung geführt (vgl. BFH, BStBl II 2005, 770, 775 zu II.4. für den Verkauf beim Wandeldarlehen; BFH, Urteil vom 18.12.2001 IX R 24/98, BFH/NV 2002, 904 für den Verzicht auf ein Optionsrecht; Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 27.10.2005 3 K 50298/03, EFG 2006, 113 zur Behandlung einer Sonderzahlung aus einem fehlgeschlagenen Mitarbeiterbeteiligungsmodell; FG Köln, Urteil vom 21.1.2004 4 K 5303/01, EFG 2005, 1103 für die Zahlung zur Ablösung eines Andienungsrechts beim Verkauf von Aktien; Schmidt/Drenseck, EStG , 26. Auflage 2007, § 19 Rz. 50 <Ankaufsrecht>). Insoweit besteht kein Unterschied zur Behandlung von anderen Ersatzleistungen in vergleichbarem Kontext, etwa die Ablösung einer Pensionszusage (vgl. BFH, Urteil vom 12.4.2007 VI R 6/02, BStBl II 2007, 581; Küttner/Thomas, a.a.O., <Aktienoptionen> Rz. 19). Ein Zufluss des geldwerten Vorteils bereits im Zeitpunkt der Übertragung der Wandelschuldverschreibung (sog. Anfangsbesteuerung) scheidet aus, denn das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten begründet noch keinen lohnsteuerlichen Zufluss nach § 11 Abs. 1 EStG (vgl. BFH, BStBl II 2005, 766; 770; BFH/NV 2007, 1579).

Gegen die rechnerische Ermittlung des Gesamtbetrags der geldwerten Vorteile und der darauf entfallenden Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlags durch die Klägerin hat der Beklagte keine Einwände erhoben. Die Beträge sind unstreitig.

Das Gericht hielt es für sachgerecht, gemäß § 90a Abs. 1 FGO durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, zumal eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich ist und sich die Beteiligten mit der Verfahrensweise ausdrücklich einverstanden erklärt haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die Zulassung der Revision auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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