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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 25.08.2005
Aktenzeichen: 13 K 11/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, in welcher Höhe Aufwendungen für eine eigengenutzte Eigentumswohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung angesetzt werden können.

Die Klägerin erzielt Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Mit Bescheid vom 23.12.2003 erfolgte eine antragsgemäße Veranlagung. Am 5.1.2004 beantragte die Klägerin eine Korrektur des Bescheides bei der Kirchensteuer und am 21.1.2004 einzelne Beträge aus einer Beteiligung anzusetzen. Das Schreiben vom 5.1.2005 wurde vom Finanzamt als Einspruch gegen den Bescheid vom

23.12.2003 ausgelegt.

Mit Schreiben vom 21.6.2004 beantragte die in Klägerin angesichts der geänderten Rechtsprechung zur doppelten Haushaltsführung unter anderem auch für das vorliegende Streitjahr Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung in Höhe von 8781,08 € (was einem Mietpreis von 12,84 €/qm für die 57 qm große Wohnung entspricht) anzuerkennen. Die Kosten betreffen eine von der Klägerin im Jahre 1999 in...angeschaffte und selbstgenutzte Eigentumswohnung. Die einzelnen Aufwendungen wurden von der Klägerin im Einzelnen aufgeführt, nämlich Abschreibungen auf Wohnung und Einrichtung, Darlehenszinsen, Bewirtschaftungskosten, Telefon, Strom, Rundfunkgebühren und Grundsteuer. Wegen Einzelheiten wird insoweit auf den Schriftsatz der Klägerin an das Finanzamt vom 21.6.2004 Bezug genommen.

Das Finanzamt lehnte es ab, die von der Klägerin in Ansatz gebrachten Aufwendungen in vollem Umfang anzuerkennen. Anzuerkennen seien vielmehr nur notwendige Aufwendungen für die Zweitwohnung. Sowohl bei einer gemieteten Wohnung als auch bei einer Eigentumswohnung seien die Aufwendungen in der Höhe als notwendig anzusehen, in der sie der Arbeitnehmer als Mieter für eine nach Größe, Ausstattung und Lage angemessene Wohnung hätte tragen müssen. Das Finanzamt nahm notwendige und angemessene Aufwendungen für eine Zweitwohnung mit 60 qm Größe mit einem Mietpreis von 10,-- €/qm an, sodass sich 7.200,-- € errechneten. Um diesen Betrag, so das Finanzamt, seien die Werbungskosten zu erhöhen. Wegen Einzelheiten wird auf das Schreiben des Finanzamts vom 9.8.2004 (Blatt 60 Einkommensteuerakten 2002) Bezug genommen.

Die Klägerin hält demgegenüber den von ihr in Ansatz gebrachten Betrag für notwendig und angemessen. Ein fiktiver Mietpreis werde vom Finanzamt lediglich behauptet und nicht weiter verifiziert. Nach einem weiteren Schriftwechsel zwischen Klägerin und Finanzamt wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 16.12.2004 den Einspruch als unbegründet zurück. Anzuerkennen seien nur notwendige Kosten der Aufwendungen für die Zweitwohnung. Stehe die Zweitwohnung im Eigentum des Arbeitnehmers, so seien die Aufwendungen der Höhe nach als notwendig anzusehen, in der sie der Arbeitnehmer als Mieter für eine nach Größe, Ausstattung und Lage angemessene Wohnung hätte tragen müssen. Zudem seien weitere Nebenkosten für die Zweitwohnung zu berücksichtigen.

Das Finanzamt erkannte Mehraufwendungen in Höhe von 7.200,-- € an, was einer Miete von 10,53 €/qm für die klägerische Wohnung entspricht sowie weitere Aufwendungen für die Grundgebühr des Telefons, die Aufwendungen für Strom und Rundfunkgebühren, sodass sich insgesamt ein Betrag in Höhe von 7.771,74 € errechnet.

Hiergegen hat die Klägerin fristgemäß Klage erhoben, mit der sie ihr Ziel unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Argumente weiterverfolgt.

Sie vertritt die Auffassung, dass die von ihr aufgewandten Kosten für ihre mit 57 qm nicht übergroße Wohnung angemessen und notwendig seien. Durch das Bewohnen dieser Wohnung würden im Übrigen auch keine gesellschaftlichen Bedürfnisse befriedigt. Wenn sich der Steuerpflichtige dafür entscheide, im Rahmen der doppelten Haushaltsführung an Stelle einer Mietwohnung eine Eigentumswohnung zu beziehen, seien die tatsächlichen Kosten anzusetzen und nicht ein fiktiver Mietwert. Erst wenn die tatsächlichen Kosten unangemessen seien, sei ein Vergleich mit einer angemessenen Mietwohnung vorzunehmen. Vorliegend seien jedoch die aufgewandten Kosten nicht unangemessen. Wegen Einzelheiten dieses Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 3.1.2005 Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung hat sich die Klägerin weiter wie folgt eingelassen:

Sie meint, dass eine Angemessenheitsprüfung vorgenommen werden müsse, in der auch die jeweiligen persönlichen Verhältnisse und Daten einzufließen haben. Die vorliegend geltendgemachten Kosten seien angemessen. Die Angemessenheitsgrenze sei nicht überschritten, da - unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse - keine übermäßig hohen Kosten angefallen seien. Dass in die Angemessenheitsprüfung auch die persönlichen Daten einzufließen haben, zeige sich auch in anderen Bereichen der Rechtsordnung, z. B. bei einem Fremdvergleich bei der Körperschaftsteuer, bei § 33c Abs. 3 EStG, im Sozialrecht und im Zivilrecht (z.B. § 343 BGB). Auch sehe das Gesetz in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG bewusst von Höchstgrenzen für die Angemessenheit ab.

Im Übrigen habe das Finanzamt bei den herangezogenen Vergleichsmieten den gesamten ...-Kreis berücksichtigt. Dies führe insgesamt zu einer Reduktion der Durchschnittsmiete. Schließlich habe das Finanzamt die Besonderheiten der klägerischen Wohnung, nämlich Neurenovierung, Lage und Vorhandensein von Balkon und Parkplatz, nicht ausreichend im Rahmen des vorgenommenen Vergleichs berücksichtigt. So sei nicht ersichtlich, dass die vom Finanzamt herangezogenen Vergleichswohnungen tatsächlich mit ihrer Wohnung vergleichbar seien. Eigene Recherchen im Internet hätten ergeben, dass für eine vergleichbare Wohnung eine höhere Miete angefallen wäre als die vom Finanzamt ermittelte.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 23.12.2003 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 16.12.2004 dahingehend abzuändern, dass Kosten für eine doppelte Haushaltsführung in Höhe von 8781,08 € in Ansatz gebracht werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auch das Finanzamt hält an seiner außergerichtlich geäußerten Rechtsauffassung fest. Der von der Klägerin in Ansatz gebrachte Betrag würde einen Bruttomietzins von 12,84 €/qm bei einer Wohnfläche von 57 qm entsprechen. Die Angemessenheitsgrenze sei jedoch mit diesem Wert überschritten; vielmehr sei der vom Finanzamt ermittelte Bruttomietwert von 10,53 €/qm angemessen, was auch durch weitere Berechnungen bestätigt werde.

Wegen Einzelheiten dieses Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 1.4.2005 Bezug genommen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sich der Beklagte weiter wie folgt eingelassen:

Entgegen der klägerischen Auffassung sei nicht eine allgemeine Angemessenheitsprüfung durchzuführen, da § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG nur auf notwendige Mehraufwendungen abstelle. Im übrigen sei als Vergleichsmaßstab nicht der gesamte Main-Taunus-Kreis herangezogen worden; vielmehr seien die Mieten auf Grund eines vom Finanzamt erstellten Mietspiegels für...zugrundegelegt worden. Die Wertermittlung sei auf Grund einer zu Gunsten der Klägerin großzügigen Betrachtungsweise vorgenommen worden. Entgegen der klägerischen Rechtsauffassung könnten jedoch nicht alle persönlichen Verhältnisse berücksichtigt werden, da bei dieser Betrachtungsweise das Gesetz nicht mehr zu handhaben sei. Schließlich läge eine Anzeige aus dem "..." vom 27. September 2000 vor, in der eine vergleichbar Wohnung in...für 18,50 DM/qm (entspricht 9,46 €) angeboten worden sei. Aus einem Zeitungsbericht aus dem Jahr 2002 seien für Neuvermietungen für den...-Kreis, Einzugsbereich ..., Mieten in Höhe von 7,-- bis 12,-- € im Stadtgebiet und von 7,-- bis 11,-- € im Umland berichtet worden. Der vorliegende Wert von 7,48 € netto sei daher durchaus realistisch.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 7. Juli 2005 gem. §§ 5 Abs. 3

Satz 1, 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO- dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Die einschlägigen Steuerakten haben dem Gericht vorgelegen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Höhe der vom Finanzamt in Ansatz gebrachten Werbungskosten für die doppelte Haushaltsführung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Das Gesetz beschränkt somit die Abzugsfähigkeit dieser Aufwendungen auf das Notwendige. Entgegen der klägerischen Rechtsansicht ist der Begriff "notwendig" enger als der Begriff "angemessen", sodass insoweit keine allgemeine Angemessenheitsprüfung durchzuführen ist. Abzustellen ist vielmehr darauf, ob die Aufwendungen notwendig sind. Die Aufwendungen am Arbeitsort sind dann nicht notwendig, wenn sie überhöht sind. Überhöht können sie sein, wenn der Steuerpflichtige zur Befriedigung seiner gesellschaftlichen Bedürfnisse eine große und teure Wohnung angemietet hat.

Wohnt der Arbeitnehmer am Beschäftigungsort nicht in einer Mietwohnung, sondern in einer eigenen Eigentumswohnung, deren Nutzungswert nicht zu versteuern ist, so können die Aufwendungen dafür nur insoweit als notwendig betrachtet werden, als sie die üblichen Kosten einer Mietwohnung nicht übersteigen (BFH-Urteil vom 27. Juli 1995 VI R 32/95, BStBl.1995, 841, m.w.N.). Auch die steuerrechtliche Literatur stellt bei der Prüfung der Notwendigkeit der Aufwendungen auf die üblichen Kosten einer Mietwohnung ab (von Bornhaupt in Kirchhof/Söhn EStG, § 9 Tz. G 136; Bergkämper in Hermann/Heuer/ Raupach -HHR- EStG, § 9 Tz. 491; Thürmer in Blümich EStG, § 9 Tz. 396; Drenseck in Schmidt EStG, 24.Aufl. § 9 Tz. 157 jeweils m.w.N.).

Es ist daher auf die fiktiven Mietkosten einer angemieteten Wohnung abzustellen.

Ist die Eigentumswohnung nicht unangemessen groß oder unangemessen aufwändig ausgestaltet - wie vorliegend -, ist zu prüfen, welcher Mietzins für eine solche Wohnung zu zahlen wäre, wobei als Vergleichsmaßstab andere vergleichbare Wohnungen heranzuziehen sind. Entgegen der klägerischen Rechtsansicht ist hierbei somit ein objektiver Maßstab anzulegen. Weder ist eine luxuriöse und übermäßig große Wohnung notwendig im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG, noch eine besonders exponiert und schön gelegene und daher teure Wohnung. Abzustellen ist vielmehr auf eine nach Lage, Größe und Ausstattung für die Verhältnisse des Steuerpflichtigen angemessene Wohnung am Beschäftigungsort. Eine solche ist - wie dargestellt - als Vergleichsmaßstab heranzuziehen.

Unter Anlegung dieser allgemeinen Maßstäbe ist die vom Finanzamt vorgenommene Berechnung nicht zu beanstanden.

Eine 60 qm große Wohnung ist für einen Einpersonenhaushalt angemessen. Auch der vom Finanzamt für eine solche Wohnungsgröße angemessene Mietzins von der 10,-- €/qm ist nicht zu beanstanden. Der auf die Wohnungsgröße der Klägerin umgerechnete Mietpreis in Höhe von 10,53 €/qm entspricht der Berechnung des Finanzamtes auf Grund von dort gesammelten und vorhandenen Daten und eines anhand dieser Daten erstellten Mietpreisspiegel. Entgegen der Auffassung der Klägerin beziehen sich die Daten nach Aussage des Vertreters des beklagten Finanzamtes in der mündlichen Verhandlung nicht auf den gesamten ...-Kreis, sondern auf ..., den Wohnort der Klägerin.

Wegen Einzelheiten der Berechnungen des Finanzamtes wird insoweit gem. § 105 Abs. 5 Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Einspruchsentscheidung vom 6.12.2004 Bezug genommen.

Auch die Darstellung des Finanzamtes, dass für eine gleich große Wohnung

in derselben Wohnanlage, die auch die Klägerin bewohnt, im Jahre 2002

8,21 €/qm Miete gezahlt worden sei, was sich aus einer Einkommensteuererklärung einer dritten Person ergebe, bestätigt das vom Finanzamt angenommene Preisniveau.

Soweit die Klägerin meint, die vom Finanzamt herangezogenen Vergleichswohnungen seien nicht mit ihrer Wohnung vergleichbar, da ihre Wohnung eine bevorzugte Lage (Mittellage, Balkon, schöne Aussicht) habe, vermag diese Auffassung nicht durchzugreifen; denn die von der Klägerin hervorgehoben Besonderheiten gehen über notwendige Mehraufwendungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG hinaus.

Die sowohl von der Klägerin als auch vom Finanzamt zur Unterstützung ihrer jeweiligen eigenen Auffassung zur Mietpreishöhe genannten Daten aus Internetrecherchen, gelten für das Jahr 2005 und sind daher nur bedingt für das vorliegende Streitjahr 2002 heranzuziehen.

Aussagekräftiger ist nach Auffassung des Gerichts insoweit der vom Finanzamt erstellte Mietpreisspiegel mit den dort errechneten Durchschnittswerten.

Die Rechtsauffassung und Berechnung des Finanzamtes orientiert sich somit an Sinn und Zweck der Begrenzung der Ausgaben für eine doppelte Haushaltsführung auf notwendige Mehraufwendungen und folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes und der steuerjuristischen Literatur.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

Ende der Entscheidung

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