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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 01.12.2008
Aktenzeichen: 13 K 2874/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HESSISCHES FINANZGERICHT

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

Geschäftsnummer: 13 K 2874/07

In dem Rechtsstreit

wegen Einkommensteuer 2002 und 2003

hat Richterin am Hessischen Finanzgericht als Einzelrichterin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die private Nutzung eines PKW als geldwerter Vorteil bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu versteuern ist.

Der Kläger ist Gesellschafter-Geschäftsführer der A. GmbH. Er erzielte unter anderem Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus der Tätigkeit als Geschäftsführer.

Dem Kläger war seitens der A. GmbH ein PKW zur Nutzung überlassen worden. In § 4 des Geschäftsführer-Dienstvertrages vom 22.12.1993, der zwischen der A. GmbH und dem Kläger abgeschlossen worden war, wurde vereinbart, dass der überlassene Dienstwagen auch für private Zwecke genutzt werden dürfe.

Nach einer bei der A. GmbH im Jahre 2005 durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung erließ der Beklagte am 27. Januar 2006 für die Streitjahre Änderungsbescheide, in denen der Arbeitslohn jährlich um einen privaten Nutzungsanteil am PKW in Höhe von 1 Prozent des Bruttolistenpreises pro Monat, insgesamt 6.874,56 €, erhöht wurde.

Gegen die Änderungsbescheide legten die Kläger Einspruch ein.

Im Einspruchsverfahren reichten sie eine mittels Computer erstellte Tabelle ein, die zeilenweise fortlaufend für jede einzelne Fahrt Angaben zu Wochentag, Datum, Uhrzeit, Anlass der Fahrt mit der jeweils zurückgelegten Streckenlänge sowie den am Ende der Fahrt sich ergebenden Kilometerstand auswies. In einer in der Tabelle für die Eintragung privater Fahrten vorgesehenen Spalte wurde fortlaufend 0 eingetragen. Ferner wurden Kopien eines Terminkalenders vorgelegt, aus denen sich Namenseintragungen mit Datum und Uhrzeit entnehmen ließen.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung, die am 11. September 2007 zur Post gegeben wurde, als unbegründet zurückgewiesen.

Am 10. Oktober 2007 haben die Kläger Klage erhoben.

Sie meinen, die Aufzeichnungen in einer Excel-Datei genügten zwar nicht den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch, da die gespeicherten Daten nachträglich erstellt werden könnten, ein nachträglich erstelltes Fahrtenbuch könne aber dann die Anwendung der sog. 1 Prozent- Regelung im Einzelfall ausschließen, wenn die dem Fahrtenbuch zugrundeliegenden Grundaufzeichnungen eine sichere Einschätzung dergestalt zuließen, dass Privatfahrten nur in dem dargestellten Umfang stattgefunden haben könnten. Ein bereits im Einspruchsverfahren eingereichter Kalender könne dafür als Grundlage dienen.

Auch der in der Tabelle jeweils angeführte Kilometerstand deute darauf hin, dass die Eintragungen zeitnah geführt worden seien.

Die Kläger berufen sich auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs -BFH- (VI R 38/06, Bundessteuerblatt -BStBl- 2008, 1591), wonach kleinere Mängel der Aufzeichnungen im Fahrtenbuch nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuches führten.

Zudem verweisen die Kläger auf eine Entscheidung des BFH, wonach die Vorschriften über die Bewertung des Vorteils aus einer unentgeltlichen oder verbilligten Fahrzeugüberlassung nicht zur Anwendung kommen, wenn eine private Nutzung gänzlich ausscheide (BFH vom 07.11.2006 VI R 19/05, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2007, 136).

Der Anscheinsbeweis einer privaten Mitbenutzung des PKW sei auch aufgrund der Tatsache erschüttert, dass der Antragsteller Marathonläufer sei und den täglichen Weg zur Arbeitsstätte als Training nutze.

Die Kläger beantragen,

1. die mit Bescheid vom 27.01.2006 geänderten Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2002 und 2003 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 11.09.2007 um

2.272,-- € Einkommensteuer, 124,96 € Solidaritätszuschlag sowie festgesetzte Zinsen in Höhe von 236,-- € für das Jahr 2002 und um

2.209,-- € Einkommensteuer, 121,50 € Solidaritätszuschlag sowie festgesetzte Zinsen in Höhe von 99,-- € für das Jahr 2003 herabzusetzen,

2. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass die vorgelegte Tabelle in Kombination mit den Eintragungen im Kalender nicht geeignet sei, den Anscheinsbeweis für eine auch private Nutzung des überlassenen PKW auszuschließen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Eine Erhöhung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um einen geldwerten Vorteil in Höhe von 6.874,56 € war rechtmäßig.

Die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung führt zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zu einem nach § 19 Abs. 1 S. 1 des Einkommensteuergesetzes -EStG- zu erfassenden Lohnzufluss (vgl. Urteile des BFH vom 6. November 2001 VI R 62/96, BStBl II 2002, 370 und BFH vom 7. November 2006 VI R 95/04, BFH/NV 2007, 329).

Diese Regelung gilt für alle Arbeitnehmer, auch für Gesellschafter-Geschäftsführer (vgl. BFH- Urteil vom 15. März 2007 VI R 94/04, BFH/NV 2007, 1302; BFH- Urteil vom 6. November 2001VI R 54/00, BStBl II 2002, 164).

Dem Kläger war ein PKW seitens seiner Arbeitgeberin auch zur Nutzung für private Fahrten zur Verfügung gestellt worden.

Der Beklagte hat außerdem entgegen der Auffassung der Antragsteller den geldwerten Vorteil aus der privaten Nutzung des PKW zureffend nach der sogenannten 1-Prozent-Methode ermittelt.

Nach § 8 Abs. 2 S. 2 EStG gilt für die private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs zu privaten Fahrten die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG getroffene Regelung zur Nutzungsentnahme entsprechend. Danach ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs für jeden Kalendermonat mit 1 Prozent des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Abweichend davon kann die private Nutzung mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.

Den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch entsprechen jedoch die seitens der Kläger vorgelegten Exceltabellen und die in Ergänzung dazu eingereichten Kalendernotizen nicht.

Der Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuches im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG wird vom Gesetz nicht ausdrücklich bestimmt. Der BFH hat jedoch aus dem Wortlaut und aus dem Sinn und Zweck der Regelung geschlossen, dass die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen hinreichende Gewähr für ihre Richtigkeit und Vollständigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen. Dazu gehört auch, dass das Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener Form geführt worden ist und dass es die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Kilometerstands vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergibt (BFH-Urteile vom 9. November 2005 VI R 27/05, BStBl II 2006, 408, und vom 16.03.2006 VI R 87/04, BStBl II 2006, 625).

Dementsprechend genügt den an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu stellenden Anforderungen keine mittels eines Computerprogramms erzeugte Datei, an deren bereits eingegebenen Datenbestand zu einem späteren Zeitpunkt noch Veränderungen vorgenommen werden können, ohne dass die Reichweite dieser Änderungen in der Datei selbst dokumentiert wird. Dieses gilt auch dann, wenn die einzelnen Eintragungen in der Computerdatei unmittelbar im Anschluss an die jeweilige Fahrt vorgenommen sein sollten. Eine solche Aufzeichnungsmethode ist nicht geeignet, den fortlaufenden und lückenlosen Charakter der Angaben und ihre zeitnahe Erfassung mit hinreichender Zuverlässigkeit zu belegen (vgl. BFH- Urteil vom 16.11.2005 VI R 64/04, BStBl II 2006, 864).

So enthalten etwa Dateien, die unter Anwendung des Programms Excel erzeugt werden, zwar - wie vorliegend - typischerweise die erforderlichen Angaben für jede einzelne Fahrt, wie Anlass der Fahrt, Datum, Kilometerstand und Streckenlänge. Das Programm eröffnet dem Anwender aber die Möglichkeit einer nachträglichen Veränderung bereits eingegebener Daten, deren Reichweite in der Datei selbst nicht näher dokumentiert wird. Der Ausdruck einer solchen Datei ist deshalb zum Nachweis der Vollständigkeit und Richtigkeit der erforderlichen Angaben nicht geeignet. Er ist kein in sich geschlossenes Verzeichnis, mithin kein Fahrtenbuch im Sinne des Gesetzes (vgl. BFH- Urteil vom 16.11.2005 VI R 64/04, a.a.O.).

Unter Heranziehung dieser Grundsätze erfüllt die vorgelegte Excel-Tabelle die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch aufgrund der nicht auszuschließenden nachträglichen Veränderbarkeit der Eintragungen nicht.

Wenn die Antragsteller einwenden, der Anteil der privaten Nutzung lasse sich aus anderen Aufzeichnungen entnehmen, die zwar nicht den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch erfüllten, aber dennoch geeignet seien, den privaten Nutzungsanteil zu ermitteln, so ist dieser Argumentation entgegen zu halten, dass in dem Falle, in dem ordnungsgemäße Aufzeichnungen durch ein Fahrtenbuch fehlen, nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 S. 2 und 4 EStG weder Raum für eine freie Schätzung noch für eine Schätzung, die sich an den Angaben des Steuerpflichtigen in einem Fahrtenbuch orientiert, das sich im Besteuerungs- oder Klageverfahren als nicht ordnungsgemäß herausgestellt hat (vgl. BFH-Urteil vom 16. November 2005 VI R 64/04, a.a.O.).

Auch die seitens der Antragsteller herangezogene Entscheidung des BFH (Beschluss vom 24.02.2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298) lässt keine andere Beurteilung zu. Nach dieser Entscheidung kann eine Berücksichtigung eines nachträglich erstelltes Fahrtenbuches dann in Betracht kommen, wenn die der Erstellung des Fahrtenbuchs zugrundeliegenden Grundaufzeichnungen eine sichere Einschätzung in der Weise zulassen, dass Privatfahrten nur in dem dargestellten Umfang stattgefunden haben können (vgl. auch Finanzgericht Münster 1 K 6435/02 L, EFG 2007, 999). Dieses ist im Streitfall gerade nicht der Fall, da der Terminkalender außer den Namensbezeichnungen keinerlei weitere Angaben enthält.

Die vorgenannte Entscheidung, die die abschießende Klärung der Rechtsfragen offen lässt, dürfte zudem zwischenzeitlich überholt sein. Der BFH hat vielmehr in dem Urteil vom 09. November 2005 VI R 27/05, BStBl II 2006, 408 und vom 16.03.2006 VI R 87/04, BStBl II 2006, 625, klargestellt, welche Anforderungen in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht an ein Fahrtenbuch zu stellen sind.

Auch die Entscheidung des BFH vom 10. April 2008 VI R 38/06, BStBl II 2008, 768, führt vorliegend zu keiner anderen rechtlichen Würdigung. Dort ging es um die Frage, ob kleine Mängel in den Aufzeichnungen des Fahrtenbuches bereits zu dessen Versagung führen. Um diese Frage geht es vorliegend hingegen nicht. Wie bereits dargelegt, erfüllt die vorgelegte Exzelltabelle die Anforderungen aufgrund der nachträglichen Veränderbarkeit der Eintragungen gänzlich nicht. Auch die vorgelegten Kalenderaufzeichnungen erfüllen - wie dargelegt - die Anforderungen an ein Fahrtenbuch nicht, da sämtliche Angaben, wie Kilometerstände, genaue Bezeichnung der Fahrt, und genaue Zeitangaben zur Fahrt fehlen. Von lediglich kleinen Mängeln bei einem ansonsten ordnungsgemäßen Fahrtenbuch kann daher nicht die Rede sein.

Die Kläger können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die § 8 Abs. 2 S. 2 und 4 EStG deshalb keine Anwendung finde, weil der PKW, wie sie behaupten, nicht privat genutzt worden sei.

Die Bestimmungen des § 8 Abs. 3 S. 2 und 4 EStG kommen dann nicht zur Anwendung, wenn eine Privatnutzung ausscheidet (vgl. BFH- Urteil vom 7. November 2006 VI R 19/05, BStBl II 2007, 116). Dabei spricht aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung ein Beweis des ersten Anscheins für eine auch private Nutzung des PKW. Dieser Beweis kann durch den Gegenbeweis erschüttert werden. Hierzu bedarf es der Darlegung eines Sachverhalts, der die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt (vgl. BFH- Urteil vom 7. November 2006 VI R 19/05, BStBl II 2007, 116 m.w.N.).

An der Darlegung eines Geschehensablaufs, durch welchen eine auch private Nutzung des PKW entgegen der Lebenserfahrung nicht stattgefunden hat, fehlt es vorliegend. Die Behauptung, der Kläger sei Marathonläufer und habe auch aus dieser sportlichen Betätigung heraus die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht mit dem Auto zurückgelegt, lässt nicht den Schluss zu, dass entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung der PKW ausschließlich für betriebliche Fahrten genutzt wurde. Auch wenn es denkbar ist, dass aufgrund der Lebensgewohnheiten des Klägers der PKW weniger zum Einsatz gekommen ist als bei einem durchschnittlichen Arbeitnehmer, dem ein PKW zur Verfügung steht, so schließt dieser Vortrag dennoch keineswegs aus, dass private Fahrten mit dem PKW stattgefunden haben.

Die Revision ist nicht zuzulassen.

Der Sache fehlt es an grundsätzlicher Bedeutung, da die entscheidungserhebliche Frage, welche Anforderungen an ein Fahrtenbuch zu stellen sind, bereits höchstrichterlich geklärt ist.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger, da die Klage erfolglos geblieben ist (§ 135 FGO).

Ende der Entscheidung

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