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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hessen
Gerichtsbescheid verkündet am 18.12.2008
Aktenzeichen: 3 K 625/07
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 40 Abs. 2
FGO § 68
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HESSISCHES FINANZGERICHT IM NAMEN DES VOLKES GERICHTSBESCHEID

Geschäftsnummer: 3 K 625/07

In dem Rechtsstreit

hat Richter am Hessischen Finanzgericht als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid am 18. Dezember 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Kläger wurden vom Beklagten (dem Finanzamt) für das Streitjahr 2004 als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Am 27.12.2005 reichten sie beim Finanzamt eine das Streitjahr betreffende Einkommensteuererklärung ein. Dazu machten sie Angaben über Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (Kläger zu 1.) sowie über Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Kläger zu 1. und zu 2.). Des weiteren machten sie Altersvorsorgebeiträge als Sonderausgaben nach § 10a des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Das Finanzamt hielt die Angaben, die die Kläger zu den vorgenannten Altersvorsorgebeiträgen gemacht hatten, für nicht ausreichend und forderte deshalb mit Schreiben vom 28.04.2006 entsprechende Ergänzungen an. Die Kläger ließen die Anordnung des Finanzamts unbeachtet.

Mit Bescheid vom 04.08.2006 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Streitjahr 2004 auf ... € fest. Wegen der "Abweichung von den erklärten Angaben" verwies es auf das Schreiben vom 28.04.2006. Gegen den Bescheid legten die Kläger Einspruch ein. Zur Begründung gaben sie an, sie hätten die Sache zur weiteren Bearbeitung an die Prozessbevollmächtigte übergeben.

Nachdem es mehrfach an die Abgabe einer weiteren Einspruchsbegründung -- erfolglos -- erinnert hatte, wies das Finanzamt durch Entscheidung vom 05.02.2007 den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit Schreiben vom "26.02.2006" (bei Gericht eingegangenen am 27.02.2007) erhob die Prozessbevollmächtigte "im Namen und Auftrag" der Kläger Klage gegen die Einspruchsentscheidung. Zur Begründung gab sie an, "die ... notwendigen Unterlagen" seien beim Finanzamt vorgelegt worden beziehungsweise würden nachgereicht. Sodann reichte sie bei Gericht mit weiterem Schreiben vom "26.02.2006" (eingegangen am 12.04.2007) die Kopie einer neu von ihr erstellten (von den Klägern nicht unterschriebenen) Erklärung zur Einkommensteuer 2004 ein. Die dort enthaltenen Angaben wichen zum Teil von den Angaben ab, die die Kläger in ihrer ursprünglichen Erklärung gegenüber dem Finanzamt gemacht hatten, und zwar bezüglich der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (bei der Klägerin zu 2.: höherer Bruttoarbeitslohn, geringere Werbungskosten; bei dem Kläger zu 1.: geringere Werbungskosten). Im übrigen teilte sie in dem vorgenannten Schreiben mit, die Klage richte sich "insbesondere auf die Anerkennung der Arbeitszimmer und die Geltendmachung des Gesangsunterrichts (der Klägerin zu 2.)".

Auf der Grundlage der vorgenannten Erklärung setzte das Finanzamt durch Bescheid vom 02.07.2007 die Einkommensteuer für das Streitjahr 2004 nunmehr auf ... € ( höher ) fest. In einer Anlage zu dem Bescheid führte es im Einzelnen aus, dass die geltend gemachten Werbungskosten in verschiedenen Punkten (Telefonkosten, Absetzung für Abnutzung betreffend ein elektrisches Klavier, Aufwendungen für Arbeitsmittel) nur teilweise berücksichtigt werden könnten.

Eine Ausfertigung des vorgenannten Bescheids legte das Finanzamt mit Schreiben vom 02.07.2007 dem Gericht vor. Gleichzeitig erklärte es den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Daraufhin forderte der Berichterstatter des Senats mit Verfügung vom 18.07.2007 die Prozessbevollmächtigte zu einer Erklärung darüber auf, ob die Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache ebenfalls für erledigt erklären, ob sie die Klage zurücknehmen oder ob sie ggf. ein anderes Klagebegehren nunmehr verfolgen. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen werden müsse, wenn die Kläger sich zur Sache nicht weiter äußerten. Die Prozessbevollmächtigte ließ die vorgenannte Aufforderung des Berichterstatters unbeantwortet.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unzulässig (geworden), weil die Kläger zum einen durch die ursprünglich angefochtene Einkommensteuerfestsetzung (Erstbescheid vom 04.08.2006) nicht mehr beschwert sind und zum anderen es versäumt haben, gegen die geänderte Einkommensteuerfestsetzung (Änderungsbescheid vom 02.07.2007) irgendwelche Angaben zu einer möglichen Beschwer zu machen.

Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist nach § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Klage nur zulässig, wenn der jeweilige Kläger geltend macht, durch den (angefochtenen) Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Wird -- wie im Streitfall -- der ursprünglich angefochtene Verwaltungsakt (hier: Erstbescheid über die Festsetzung von Einkommensteuer) nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung durch einen anderen Verwaltungsakt (hier: Änderungsbescheid) ersetzt, kann der Kläger durch den ersteren Verwaltungsakt nicht mehr in seinen Rechten verletzt sein. Denn solange der während des Klageverfahrens ergangene Änderungsbescheid Bestand hat, entfaltet der Erstbescheid keine Wirkung (Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25.10.1972 GrS 1/72, BStBl II 1973, 231).

Zwar wird der neue Verwaltungsakt (Änderungsbescheid) gemäß § 68 Satz 1 FGO -- ohne weiteres Zutun des Klägers -- zum Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens. Das bedeutet aber nicht, dass die Frage der Beschwer in Bezug auf den Änderungsbescheid nicht mehr zu prüfen wäre. Vielmehr bedarf es in den Fällen des § 68 FGO einer doppelten Zulässigkeitsprüfung. Das Gericht kann demnach nur dann zur Sache entscheiden, wenn der Kläger geltend macht, auch durch den Änderungsbescheid im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO in seinen Rechten verletzt zu sein. Dies erfordert es grundsätzlich, dass der Kläger sein bisheriges Klagebegehren an die nunmehr geänderten Verhältnisse anpasst.

Das Gericht muss nämlich in der Lage sein, den Umfang des Klagebegehrens und damit die Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis nach § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO genau zu bestimmen. Nur wenn sich das Klagebegehren zweifelsfrei aus den Gesamtumständen des Falles ergibt, kann darauf verzichtet werden, von dem Kläger die Darlegung einer erneuten Beschwer zu verlangen (vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 68 Anm. 48).

Die Anforderungen des § 40 Abs. 2 FGO sind nur dann erfüllt, wenn der Kläger die Beeinträchtigung seiner Rechte mit substantiierten und in sich schlüssigen Tatsachenangaben darlegt. Hat der Kläger -- wie im vorliegenden Streitfall -- eine Anfechtungsklage erhoben, muss er anhand entsprechender Tatsachen dartun, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist (vgl. Gräber/ von Groll, a.a.O., § 40 Anm. 61 ff.).

Im Streitfall hätten die Kläger, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, die Tatsachen darlegen müssen, aus denen nach ihrer Auffassung die Rechtswidrigkeit des Änderungsbescheids abzuleiten gewesen wäre. Dazu hätten sie zumindest auf die Punkte eingehen müssen, auf die das Finanzamt in den dem Änderungsbescheid beigefügten Erläuterungen hingewiesen hat.

In Anbetracht der Gesamtumstände des Streitfalles kann das Gericht nicht darauf verzichten, dass in Bezug auf den Änderungsbescheid das Vorliegen einer Beschwer im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO ausdrücklich dargelegt wird. Denn im Laufe des Klageverfahrens haben sich die für die Festsetzung der Einkommensteuer maßgebenden Verhältnisse in verschiedenen Punkten grundlegend geändert. So hat die Prozessbevollmächtigte zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit im Rahmen der Klagebegründung (Kopie einer von ihr neu erstellten Einkommensteuererklärung) teilweise Einzelangaben gemacht, die von den ursprünglichen Angaben der Kläger abweichen. Infolgedessen hat sich der Betrag der festzusetzenden Einkommensteuer deutlich erhöht. Aufgrund der neuen Angaben haben sich -- im Verhältnis zu dem ursprünglich angefochtenen Bescheid -- zudem andere Punkte ergeben, in denen das Finanzamt von der neu eingereichten "Erklärung" abgewichen ist.

Auch die Angaben, die die Prozessbevollmächtigten -- über die vorgenannte "Erklärung" hinaus -- gemacht haben, lassen die Darlegung einer neuen Beschwer als dringend erforderlich erscheinen. So heißt es in dem entsprechenden Schreiben der Prozessbevollmächtigten, die Klage richte sich "insbesondere auf die Anerkennung der Arbeitszimmer und die Geltendmachung des Gesangsunterrichts (der Klägerin zu 2.)". Es ist aber nicht zu erkennen, dass das Finanzamt in diesen beiden Punkten zum Nachteil der Kläger entschieden haben könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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