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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 21.11.2005
Aktenzeichen: 6 K 1059/03
Rechtsgebiete: EStG, GG


Vorschriften:

EStG § 3 Nr. 45
EStG § 4
GG Art. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Die Kläger haben zwei, im Streitjahr 18 und 25 Jahre alte Kinder. Der Kläger betreibt in A in dem den Klägern je zur ideellen Hälfte gehörenden Einfamilienhaus ein Ingenieurbüro für Bauwesen.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2001 erklärten die Kläger u.a. Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von 174.667,-- DM. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) folgte zunächst der Erklärung und setzte die Einkommensteuer 2001 mit Bescheid vom 27.05.2002 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 19.798,76 EUR fest. Dieser Bescheid wurde durch einen aus hier nicht streitigen Gründen geänderten Bescheid vom 13.06.2002 ersetzt, mit dem die Einkommensteuer auf 19.666,84 EUR herabgesetzt worden ist.

Im Rahmen einer im Jahr 2002 beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Prüfer u.a. fest, dass der Kläger seit dem Jahr 2000 - im Gegensatz zu 1999: 360,-- DM) in seien Gewinnermittlungen keinen Eigenverbrauch für private Telefonnutzung mehr angesetzt hatte. Der Prüfer erhöhte den Gewinn aus verschiedenen Gründen insgesamt um 6.610,60 DM; von diesem Betrag entfielen 417,60 DM( 360,-- DM zuzüglich 16% Umsatzsteuer von 57,60 DM) auf den im vorliegenden Verfahren allein streitigen Telefoneigenverbrauch.

Nachdem das FA die Einkommensteuer nach Durchführung der Prüfung zunächst mit Bescheid vom 31.10.2002 unter Berücksichtigung von Einkünften aus selbständiger Arbeit des Klägers von 181.277 ,-- DM auf 21.020,74 EUR festgesetzt hatte, setzte es im Einspruchsverfahren aus im Klageverfahren nicht mehr streitigen Gründen die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von Einkünften aus selbständiger Arbeit des Klägers von 178.671,-- DM mit dem klagebefangenen Bescheid vom 17.02.2003 auf 20.483,89 EUR herab.

Den weitergehenden Einspruch der Kläger wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 19.02.2003 als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage begehren die Kläger, bei der Ermittlung der Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit die private Telefonnutzung (457,60 DM) unberücksichtigt zu lassen und die Einkommensteuer 2001 entsprechend herabzusetzen.

Zur Begründung machen sie geltend, die Besteuerung der privaten Telefonnutzung bei Selbständigen verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes(GG). Seit Beginn des Jahres 2000 seien die Vorteile von Arbeitnehmern aus der privaten Nutzung von betrieblichen Personalcomputern und Telekommunikationsgeräten durch Einführung des § 3 Nr. 45 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei gestellt worden. Es stelle einen Verstoß gegen den auch im Steuerrecht geltenden Gleichheitsgrundsatz dar, dass die private Nutzung betrieblicher Telefone steuerfrei sei, während Unternehmer diese nach §§ 4 Abs. 1 Satz 2, 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG versteuern müssten.

Auf die Aufforderung des Berichterstatters, mitzuteilen, ob im Streitjahr weitere Telefonanschlüsse für die übrigen Familienmitglieder bestanden hätten, teilten die Kläger mit, dass außer dem Festnetzanschluss noch zwei Handyanschlüsse (ein Kartenhandy und ein Vertragshandy) vorhanden gewesen seien, deren Kosten nicht als Betriebsausgaben geltend gemacht worden seien.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Einkommensteuer 2001 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 19.02.2003 und Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 17.02.2003 um 88,96 EUR auf 20.394,92 EUR herabzusetzen;

hilfsweise im Unterliegensfalle,

die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es macht geltend, der Gesetzgeber behandele Arbeitnehmer und Unternehmer in verschiedenen Bereichen des Steuerrechts bewusst und zulässigerweise verschieden. Es sei nicht ersichtlich, dass die durch § 3 Nr. 45 EStG begründete unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern und Unternehmern gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße.

Berücksichtige man im Übrigen, dass der Kläger sein Unternehmen von seinem privaten Wohnhaus aus betreibe und dort nur ein Festnetzanschluss vorhanden sei, für den der Kläger im Streitjahr ca. 3.800,-- DM als Betriebsausgaben geltend gemacht habe, sei es gerechtfertigt, die private Telefonnutzung wie geschehen zu besteuern.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Das FA hat zu Recht die private Nutzung der betrieblichen Telefonanlage des Klägers durch diesen und seine Familienangehörigen der Einkommensbesteuerung unterworfen.

Die Besteuerung der privaten Telefonnutzung durch den Kläger und seine Familienangehörigen verletzt nicht den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gleichheitssatz, der auch im Steuerrecht gilt, wird dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.

Es bestehen bereits Zweifel daran, ob die anteiligen Telefonkosten (Grundgebühr und Verbindungsentgelte), soweit sie auf private Telefongespräche des Klägers und seiner Familienangehörigen entfallen, überhaupt zunächst - wie vom Kläger geltend gemacht und vom FA anerkannt - Betriebsausgaben darstellen oder ob das FA bereits den Betriebsausgabenabzug hätte versagen müssen.

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben nur Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Sämtliche Aufwendungen für ein betriebliches Telefon sind Betriebsausgaben, wenn von dem Telefon so gut wie ausschließlich betrieblich/beruflich bedingte Gespräche geführt werden. Wird das Gerät zugleich für private Gespräche verwendet, sind die Gesamtkosten um den gegebenenfalls zu schätzenden privaten Nutzungsanteil zu kürzen, nur der verbleibende Betrag ist Betriebsausgabe (Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG § 4 Rn. E 1200 Telefonkosten; Heinicke in Schmidt EStG § 4 Rn. 5290 - Telefonkosten - m.w.N.).

Stellen - entgegen dieser Auffassung und wie von der Verwaltung angenommen (siehe z.B. BMF-Schreiben vom 06.05.2002 IV A 6-S2144-19/02-, DStR 2002, 999) - Telefonkosten dagegen vollumfänglich Betriebsausgaben dar, so ist die private Nutzung durch den Ansatz einer Nutzungsentnahme gemäß §§ 4 Abs. 1 Satz 2, 6 Abs. 1 Nr.4 Satz 1 EStG zu berichtigen

Da beide Alternativen zum gleichen Ergebnis führen, kann es der Senat dahingestellt sein lassen, welcher Auffassung er folgt.

Sowohl der Beschränkung der Betriebsausgaben als auch der Besteuerung einer Nutzungsentnahme liegt der Gedanke zugrunde, dass Selbständige und Gewerbetreibende Kosten der privaten Lebensführung nicht steuerlich geltend machen dürfen. Sie werden dadurch mit allen übrigen Steuerpflichtigen gleichgestellt, denen es ebenfalls verwehrt ist, derartige Aufwendungen steuermindernd geltend zu machen. Würde man in derartigen Fällen dem Selbständigen/Gewerbe-treibenden gestatten, durch private Telefonnutzung entstandene Kosten steuermindernd geltend zu machen, würde er den übrigen Steuerpflichtigen nicht gleichgestellt, vielmehr würde er gegenüber diesen ungerechtfertigt bevorzugt.

Dieser Beurteilung steht auch die systemwidrige Steuerbefreiung des § 3 Nr. 45 EStG nicht entgegen.

In der Beschränkung der Steuerfreiheit der Vorteile der privaten Nutzung von betrieblichen Personalcomputern und Telekommunikationsgeräten auf Arbeitnehmer liegt kein Verstoß gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Gleichheitssatz.

Vor Einführung des § 3 Nr. 45 EStG war auch die private Nutzung von betrieblichen Personalcomputern und Telekommunikationsgeräten durch Arbeitnehmer - im Ergebnis gleich wie bei Selbständigen, wenn auch aufgrund anderer Vorschriften - als geldwerter Vorteil i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG zu versteuern. Nach der Gesetzesbegründung sollte mit der zum 01.01.2001 eingeführten Steuerbefreiung die Nutzung des Internets verbreitert und dessen Akzeptanz vergrößert werden. Arbeitgeber, die zulassen, dass ihre Geräte auch privat durch Arbeitnehmer genutzt werden, sollen diese Leistung unbelastet von Lohnsteuer erbringen können. Im Übrigen soll die Steuerbefreiung zur Steuervereinfachung beitragen, weil so auf die in der Praxis oftmals schwierige Abgrenzung zwischen betrieblicher und privater Nutzung verzichtet werden kann (BT-Drucks. 14/4626, 13).

Die Beschränkung der Steuerbefreiungsvorschrift auf Arbeitnehmer ist sachlich gerechtfertigt.

Wie in dem BMF -Schreiben IV A 6-S2144-19/02 vom 06.05.2002 (DStR 2002, 999) zutreffend ausgeführt wird, hat der Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern regelmäßig bereits aus finanziellen Gründen ein Interesse daran, dass die private Mitbenutzung der Einrichtungen eingeschränkt wird. Im Gegensatz dazu fehlt es bei selbständigen Unternehmern an diesem Interessengegensatz. Eine Ausdehnung der Steuerfreiheit auf Unternehmer würde dem Unternehmer die Möglichkeit eröffnen, gezielt private Aufwendungen in den steuerrelevanten Bereich zu verlagern und auf diese Weise ungerechtfertigte Steuererleichterungen zu erlangen. Der Arbeitnehmer hat hingegen diese Möglichkeit grundsätzlich nicht, da er auf die Erlaubnis seines Arbeitgebers angewiesen ist und dieser eine solche Erlaubnis regelmäßig nicht unbegrenzt erteilen wird.

Dieser Unterschied wird besonders im Streitfall augenfällig. Der Kläger betreibt sein Unternehmen vom Familienwohnsitz aus, wo es nur einen Festnetzanschluss gibt, dessen Kosten in vollem Umfang als Betriebsausgaben geltend gemacht und anerkannt worden sind. Er und seine Familienangehörigen haben zu jeder Tages- und Nachtzeit und an jedem Tage - auch an Sonn- und Feiertagen - die Möglichkeit, die betrieblichen Personalcomputer und Telekommunikationsgeräte zu nutzen. Im Gegensatz dazu ist die Nutzungsmöglichkeit dieser Geräte für Arbeitnehmer regelmäßig auf deren Arbeitszeit beschränkt.

Die genannten Gründe rechtfertigen die unterschiedliche steuerliche Behandlung der privaten Nutzung von betrieblichen Personalcomputern und Telekommunikationsgeräten durch Arbeitnehmer einerseits und selbständige Unternehmer andererseits.

Da der Kläger keine Aufzeichnungen über den Umfang der privaten Telefonnutzung geführt hat, war deren Umfang zu schätzen. Das FA hat den Umfang der privaten Telefonnutzung im Streitjahr mit einem Nettobetrag von 360,-- DM geschätzt. Die Höhe dieser Schätzung, die den vom Kläger selbst bis einschließlich 1989 erklärten Beträgen entspricht, wird von den Klägern weder angegriffen, noch ist sie nach der Überzeugung des Senats zu hoch. Vielmehr wäre aufgrund des Umstandes, dass das Büro des Klägers vom Familienwohnsitz aus betrieben worden ist und neben dem betrieblichen Telefonanschluss nur zwei Handyanschlüsse vorhanden waren, nach der Überzeugung des Gerichts auch eine betragsmäßig höhere Schätzung als 30,-- DM monatlich nicht zu beanstanden gewesen.

Die Klage war deshalb mit der sich aus § 135 Abs. 1 FGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen.

Da im vorliegenden Verfahren nur eine Rechtsfrage streitig war und die steuerliche Auswirkung unter 100 EUR beträgt, hielt es der Senat für ermessensgerecht, den Rechtsstreit gemäß § 94a der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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