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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 25.11.2008
Aktenzeichen: 6 K 2542/01
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 3a Abs. 2 Nr. 3
UStG § 3a Abs. 3
UStG § 3a Abs. 4 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HESSISCHES FINANZGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Geschäftsnummer: 6 K 2542/01

In dem Rechtsstreit

wegen Umsatzsteuer 1992 und 1993

hat der 6. Senat des Hessischen Finanzgerichts nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 25. November 2008 unter Mitwirkung

des Richters am Hessischen Finanzgericht als Vorsitzender der Richterin des Richters am Hessischen Finanzgericht des ehrenamtlichen Richters der ehrenamtlichen Richterin

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 21. Mai 2001 werden die Umsatzsteuerbescheide 1992 und 1993 vom 8. November 1999 dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer 1992 um € und die Umsatzsteuer 1993 um € herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Für den Zeitraum bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung wird der Streitwert auf € und für den folgenden Zeitraum auf € festgesetzt.

3. Die bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung entstandenen Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu 76/100 und die Klägerin zu 24/100 zu tragen; die danach entstandenen Kosten hat der Beklagte zu 80/100 und die Klägerin zu 20/100 zu tragen.

4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

6. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Steuerbarkeit von sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit der Organisation von Kongressen.

Die Klägerin wurde im Jahre 1988 als A GmbH gegründet. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 22. Dezember 2006 erfolgte eine Änderung der Firma nach § 1 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Beratung von Banken und Industrie und die Bereitstellung von Dienstleistungen für Banken und ähnliche Institutionen, insbesondere Konferenz- und Veranstaltungsorganisationen. Die Klägerin organisiert Kongresse, bei denen sie nicht als Veranstalterin auftritt. Insbesondere übernimmt sie folgende Leistungen:

- Sachstandsanalyse, Entwicklung der Vorgehensplanung, Programmplanung

- Kongressmanagement, externe und interne Meetings, (Teile der) Koordination und Kontrolle des Gesamtprojekts

- Gestaltung des Konferenzinhaltes, Koordination der Vortragenden, Suche nach Sponsoren

- Kostenplanung

- (Planung des) Projektmanagement(s)

- Organisation des Tagungsablaufes

- Pflege und Auswertung der Adressdatenbanken

- (Unterstützung der) Pressearbeit

- Raumplanung: Vorgabe der Ausstattung, Videotechnik, Simultananlage, Beschilderungen, Raumdekoration, Informationsstände

- Personal: Aufgabenbeschreibung, Hostessenservice

- (Unterstützung der) Konzeption von Vorankündigung, Anzeigen, Einladungen

In den Jahren 1992 und 1993 konzipierte sie unter anderem Kongresse für die Auftraggeber B und C.

Bei der B handelt es sich um eine europäische Vereinigung von Banken und Industrieunternehmen mit Sitz in Paris, deren zentrale Ziele die erfolgreiche Einführung des Ecu bzw. Euro und die Unterstützung einer kostengünstigen Umstellung auf die neue europäische Einheitswährung waren. Im Jahre 1992 führte sie eine Konferenz mit dem Thema "Von Maastricht zur einheitlichen Europawährung" in Frankfurt am Main durch. Im Rahmen dieser Konferenz wurden Fragen und Probleme im Zusammenhang mit der Einführung des Ecu behandelt. Zusätzlich wurde Informationsmaterial über die europäische Währungsunion verteilt. Die Finanzierung der Veranstaltung erfolgte überwiegend durch Sponsorenbeiträge, wobei die jeweiligen Sponsoren im Rahmen der Veranstaltung die Möglichkeit hatten, für ihr Unternehmen beziehungsweise ihre Aktivitäten zu werben und Informationsstände zu betreiben. Zu den Einzelheiten des Kongresses wird auf das Tagungsprogramm (Anlage K 4 zum Schriftsatz vom 14. November 2001) Bezug genommen.

Die C ist eine Vereinigung von lokalen und internationalen Banken in Sankt Petersburg. In den Jahren 1992 und 1993 veranstalteten die Stadt Sankt Petersburg und die russische Zentralbank einen internationalen Bankenkongress in Sankt Petersburg. In den Tagungsunterlagen zur Konferenz in 1992 heißt es: "Die Gastgeber verfolgen breitere Ziele als nur ihre Gäste von der Komplexität der Rückkehr Russlands zu gesunden Marktbeziehungen und den weltweiten Standards einer demokratischen Zivilisation zu überzeugen. Hauptziel war es, eine Atmosphäre zu schaffen für den freien und offenen Austausch von Standpunkten zur Lösung dieser Probleme, um Geschäftskontakte zu begründen und zu intensivieren" ("Publisher's Note" S. 6 des Tagungsbandes).

Im Zusammenhang mit der Einladung zur Konferenz in 1993 wird weiter ausgeführt: "Die Hauptziele sind die Förderung der vollständigen Integration der Gemeinschaft der unabhängigen Staaten und ihrer Mitgliedsländer in die Weltwirtschaftsstruktur, die Feststellung von Möglichkeiten und Strategien für die Integration ausländischer Investitionen in die Wirtschaft der GUS und ihrer Mitgliedsländer und Überlegungen bezüglich des Einflusses des Bankensystems auf die Wirksamkeit dieser Prozesse" ("Afterword" S. 94 des Tagungsbandes).

Zu den weiteren Einzelheiten des Kongresses wird auf den Tagungsband Bezug genommen. Auch im Rahmen dieser Veranstaltung hatten die Sponsoren die Möglichkeit, durch Plakate, Prospekte und Informationsstände auf sich aufmerksam zu machen.

Für die Organisation und Durchführung der jeweiligen Kongresse erteilte die Klägerin gegenüber den jeweiligen Auftraggebern folgende Rechnungen:

18.03.92 B-Konferenz 92 , Frankfurt € DM)

29.05.92 C-92, Sankt Petersburg € DM)

31.12.92 C-92, Sankt Petersburg € DM)

31.12.93 C-93, Sankt Petersburg € DM)

Die Umsätze in Höhe von € (entspricht DM) in 1992 und € ( DM) in 1993 erfasste die Klägerin als "steuerfreie Erlöse". Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung wertete der Beklagte (das Finanzamt -FA-) die Erlöse als steuerbar und steuerpflichtig und änderte den jeweiligen Umsatzsteuerbescheid dahingehend ab, dass die steuerpflichtigen Umsätze um die Nettobeträge von € (entspricht DM) für 1992 und um € (entspricht DM) für 1993 erhöht wurden. Gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide 1992 und 1993 vom 17. Dezember 1999 legte die Klägerin Einspruch ein und begründete diesen wie folgt: Ihre Tätigkeit für die B und die C sei nicht steuerbar, da sich der Ort der Leistung nicht im Inland befände. Es handele sich um sonstige Leistungen, die der Werbung beziehungsweise der Öffentlichkeitsarbeit gedient hätten und für deren Ort der Unternehmenssitz des Leistungsempfängers maßgeblich sei gemäß § 3a Abs. 3, Abs. 4 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (UStG).

Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 21. Mai 2001 als unbegründet zurück. Der Ort der Leistung bestimme sich im Streitfall nicht nach § 3a Abs. 3 UStG. Da die Kongresse nicht der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit dienen würden, handele es sich im Streitfall nicht um Leistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Nr. 2 UStG. Charakteristisch für Werbung sei, dass die Maßnahme zu einer Absatzförderung des Leistungsempfängers beziehungsweise Auftraggebers führe. Bei den durchgeführten Informationsveranstaltungen handele es sich jedoch um branchenspezifische Fachtagungen, die nicht originär der Absatzförderung dienten, sondern vielmehr auf Informationsvermittlung gerichtet seien. Der Begriff der Öffentlichkeitsarbeit sei dagegen erfüllt, wenn Handlungen gegenüber der gesamten Gesellschaft dazu dienten, das generelle Image in der Bevölkerung zu fördern. Wichtig sei hierbei eine gesellschaftspolitische Informationsfunktion, das heißt der Dialog mit einer breiten Öffentlichkeit, gegebenenfalls vertreten durch Interessengruppen, Bürgerinitiativen und ähnlichem. Im Streitfall seien die Kongresse nicht auf Information einer "breiten Öffentlichkeit", sondern eines speziellen Teilnehmerkreises ausgerichtet gewesen. Der Leistungsort bestimme sich daher nach § 3a Abs. 1 UStG, wonach sonstige Leistungen dort erbracht werden, wo der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Damit seien die Leistungen steuerbar.

Die Klägerin hat hiergegen Klage erhoben und diese wie folgt begründet: Die deutsche Public-Relations Gesellschaft e.V. (der Berufsverband der Öffentlichkeitsarbeit) definiere den Begriff der Öffentlichkeitsarbeit als "die Vermittlung von Standpunkten und dem Ermöglichen von Orientierung zur Schaffung und Sicherung des politischen, wirtschaftlichen und sozialen Handlungsraums von Personen oder Organisationen im Prozess öffentlicher Meinungsbildung".

Diesem Zweck hätten die Konferenzen und damit auch deren Organisation gedient.

Während die Veranstaltung in Frankfurt am Main darauf abgezielt habe, die Akzeptanz der Einführung des Euro zu verstärken und über die europäische Währungsunion, Chancen und Probleme zu informieren, sei es Aufgabe der Konferenzen in Sankt Petersburg gewesen, den dortigen Bankenstandort öffentlichkeitswirksam darzustellen. Die Kongresse seien der Öffentlichkeit zugänglich gewesen; Vertreter von Presse, Funk und Fernsehen wären vor Ort gewesen und hätten über den Inhalt der Veranstaltungen berichtet.

Nachdem die Klägerin zunächst beantragt hatte, die Umsatzsteuerbescheide 1992 und 1993 vom 8. November 1999 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 21. Mai 2001 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer 1992 um € und die Umsatzsteuer 1993 um € herabgesetzt wird, beantragt sie nunmehr,

1. die Umsatzsteuerbescheide 1992 und 1993 vom 8. November 1999 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 21. Mai 2001 dahingehend zu ändern, dass

die Umsatzsteuer 1992 um € und

die Umsatzsteuer 1993 um €

herabgesetzt wird.

2. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,

3. hilfsweise, im Unterliegensfalle, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es vollumfänglich auf seine Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, die Konferenzen seien zu fachspezifisch und die teilnehmenden Persönlichkeiten zu hochrangig gewesen, als dass der Zweck der Veranstaltungen im Erreichen der breiten Öffentlichkeit gelegen haben könnte.

Auch der Umstand, dass die Sponsoren der Veranstaltung die Möglichkeit hatten, für ihr Unternehmen zu werben, sei nicht geeignet, die erbrachten Leistungen als der Werbung dienend zu qualifizieren.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist teilweise begründet.

Die angefochtenen Steuerbescheide und die Einspruchsentscheidung sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-), als diese die Zahlungen der C als Entgelt für umsatzsteuerpflichtige Leistungen erfassen. Denn die Leistungen der Klägerin gegenüber der C sind nicht im Inland erbracht worden und damit nicht steuerbar. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

1. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen Leistungen eines Unternehmers nur dann der Umsatzsteuer, wenn sie im Inland erbracht werden. Der Ort der sonstigen Leistung richtet sich nach § 3a UStG. Gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG wird eine sonstige Leistung -vorbehaltlich der §§ 3b und 3f UStGan dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt.

Abweichend hiervon bestimmt § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG, dass kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportlich, unterhaltende oder ähnliche Leistungen einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter dort ausgeführt werden, wo der Unternehmer jeweils ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig wird. Wogegen sonstige Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen und deren Empfänger ein Unternehmer ist, gemäß § 3a Abs. 3, Abs. 4 Nr. 2 UStG dort erbracht werden, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt.

a) Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt im Streitfall eine Bestimmung des Leistungsortes nach § 3a Abs. 3, Abs. 4 Nr. 2 UStG nicht in Betracht. Da die durchgeführten Kongresse keine Werbemaßnahmen oder Öffentlichkeitsarbeit darstellen, sondern in erster Linie die Information der Teilnehmer dienen, sind auch die durch die Klägerin erbrachten organisatorischen Vorarbeiten nicht als Werbeleistungen zu qualifizieren.

§ 3a Abs. 3, Abs. 4 Nr. 2 UStG dient der Umsetzung von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern -77/388/EWG- (6. EG- Richtlinie) (heute: Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuer- Systemrichtlinie -MwStSystRL-). Da der dort verwendete Ausdruck "Leistungen auf dem Gebiet der Werbung" den steuerrechtlichen Anknüpfungspunkt für den Ort dieser Dienstleistungen bildet, handelt es sich um einen gemeinschaftsrechtlichen Begriff, der einheitlich ausgelegt werden muss, um eine Doppelbesteuerung oder eine Nichtbesteuerung der Umsätze, die sich aus unterschiedlichen Auslegungen ergeben könnte, zu verhindern. Die Leistungen auf dem Gebiet der Werbung dort zu besteuern, wo der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat, ist deswegen gerechtfertigt, weil die Kosten dieser zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen erbrachten Leistungen grundsätzlich in dem Preis der Ware eingehen. Soweit der Empfänger möglicherweise in dem Staat, in dem er seinen Sitz hat, die Waren verkauft oder die Dienstleistungen erbringt, für die geworben wird, und damit die entsprechende Mehrwertsteuer dem Endverbraucher in Rechnung stellt, ist es also nach Ansicht des Gemeinschaftsgesetzgebers angezeigt, dass auch die Mehrwertsteuer auf die Werbeleistungen vom Empfänger an diesen Staat entrichtet wird (EuGH-Urteile vom 17. November 1993 Rs. C-68/92, amtliche Slg. 1993, I-5881; Rs. C-69/92, amtliche Slg. 1993, I-5907 und Rs. C-73/92, amtliche Slg. 1993, I-5997). Dies gilt unabhängig davon, ob die Kosten für die erbrachten Leistungen im Einzelfall tatsächlich in den Verkaufspreis von Waren oder Dienstleistungen des Leistungsempfängers eingehen (EuGH-Urteil vom 17. November 1993, Rs. C- 68/92, amtliche Slg. 1993, I-5881).

aa) Nach der Rechtsprechung des EuGH fällt unter den Begriff der Werbung jede Maßnahme der Absatzförderung, wenn diese mit der Übermittlung einer Botschaft verbunden ist, durch die das Publikum über die Existenz und die Eigenschaften des Erzeugnisses oder der Dienstleistung, um die es bei dieser Maßnahme geht, unterrichtet werden soll (EuGH-Urteile vom 17. November 1993, Rs. C-68/92, amtliche Slg. 1993, I-5881; Rs. C-69/92, amtliche Slg. 1993, I-5907 und Rs. C- 73/92, amtliche Slg. 1993, I-5997 und vom 5. Juni 2003 Rs. C-438/01, amtliche Slg. 2003, I-5617; vgl. auch Stadie in Rau/Dürrwächter UStG § 3a, Rdnr. 245 m.w.N.). Notwendigerweise ist damit stets die Verbreitung einer Botschaft verbunden, die dazu dient, die Verbraucher über die Existenz und die Eigenschaften eines Erzeugnisses oder einer Dienstleistung zu unterrichten, um so den Absatz zu erhöhen; gewöhnlich wird diese Botschaft mithilfe von Worten, Schriften und/oder Bildern über die Presse, den Rundfunk und/oder das Fernsehen verbreitet, die Verbreitung kann aber auch durch -teilweise oder sogar ausschließliche- Verwendung anderer Mittel erfolgen (EuGH-Urteil vom 17. November 1993, Rs. C-68/92, amtliche Slg. 1993, I-5881). Folglich fallen auch Seminare und ähnliche Veranstaltungen unter dem Begriff der Werbung, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen die betreffende Leistung erfolgt, zur Übermittlung einer Werbebotschaft beitragen und so der Absatzförderung dienen (vgl. EuGHUrteile vom 17. November 1993 Rs. C-69/92, amtliche Slg. 1993, I-5907). Im Streitfall dienen die von der Klägerin organisierten Konferenzen nicht der Werbung, da diese Veranstaltungen nicht originär zum Zwecke der Absatzerhöhung durchgeführt worden sind. So wurden keine Produkte oder Dienstleistungen des Veranstalters unmittelbar im Rahmen der Veranstaltungen angeboten. Ebenso wenig wurden die Konferenzen dazu genutzt, die anwesenden Teilnehmer zu "schulen", Produkte und Dienstleistungen der Veranstalter anzubieten.

Auch dass Sponsoren die Möglichkeit eröffnet wurde, durch Plakate, Prospekte und Informationsstände auf sich aufmerksam zu machen, qualifiziert die Konferenzen nicht zu Werbeveranstaltungen.

bb) Während Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. Richtlinie nur von Leistungen auf dem Gebiet der Werbung spricht, umfasst die Ortsbestimmung nach § 3a Abs. 4 Nr. 2 UStG auch den Begriff der Öffentlichkeitsarbeit. Der EuGH bezieht Dienstleistungen, die im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit (public-relation) erbracht werden, in den Anwendungsbereich der Richtlinie ein, wenn die betreffenden Vorgänge mit der Übermittlung einer Botschaft verbunden sind, durch die das Publikum - zum Zweck der Erhöhung des Absatzes - über die Existenz und die Eigenschaften des Erzeugnisses oder der Dienstleistung, um die es bei diesem Vorgang geht, unterrichtet werden soll (vgl. EuGH-Urteile vom 17. November 1993 Rs. C-69/92, amtliche Slg. 1993, I-5907). Da eine so verstandene Öffentlichkeitsarbeit letztlich zumindest eine mittelbare Förderung der Absatzpolitik durch Erzeugung einer positiven Grundeinstellung (Verständnis, Wohlwollen und Vertrauen) der Öffentlichkeit gegenüber einem Unternehmen erstrebt, sind die Begriffe der Werbung und der Öffentlichkeitsarbeit weitgehend deckungsgleich (Stadie in Rau/ Dürrwächter UStG § 3a, Rdnr. 243, 254).

Die Kongresse der B und der C erfüllen auch nicht einen europarechtskonform so zu definierenden Begriff der Öffentlichkeitsarbeit. Denn sie dienen nicht originär dazu, die Öffentlichkeit anzusprechen, zu informieren und damit deren Wohlwollen zu erregen, um letztlich ein bestimmtes "Produkt" am - wirtschaftlichen oder ideellen - "Markt" zu etablieren. Der Senat verkennt hierbei nicht, dass sowohl die B als auch - gegebenenfalls - die C durchaus auch daran interessiert waren, ihre Ziele in der Öffentlichkeit zu propagieren, um dort positiv in Erscheinung zu treten. So hatte es sich die B zur Aufgabe gemacht, durch Informationen über die Existenz und die Eigenschaften des Euros eine positiven Grundeinstellung in der Bevölkerung zu erzeugen und damit dem "Euro zum Erfolg zu verhelfen". Dies führt jedoch nicht dazu, dass es sich bei all ihren Veranstaltungen um Öffentlichkeitsarbeit handelt. Gegen eine solche Einordnung spricht bereits die Form der durch die C und die B veranstalteten Kongresse. Bei allen Veranstaltungen waren die Themen äußert fachspezifisch und die Vortragenden hochrangige Vertreter aus Wirtschaft und Politik des Inund Auslandes. Dementsprechend bestand der Teilnehmerkreis aus branchenspezifischem und internationalem Fachpublikum. Das breite Spektrum der Öffentlichkeit war - wenn ggf. auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen - hierbei nicht vertreten und wurde allenfalls durch Berichte in der Presse oder den Medien über die Veranstaltung insgesamt informiert. Konkrete Inhalte und Ergebnisse der Veranstaltungen waren für die Bevölkerung jedoch nicht allgemein zugänglich. Daneben ergibt sich auch aus dem Tagungsband der C-92, dass der eigentliche Zweck der Konferenzen in Sankt Petersburg darin bestand, einen offenen Meinungsaustausch zwischen den Teilnehmern zu ermöglichen, um Geschäftskontakte -insbesondere mit internationalen Investoren- zu fördern.

Dementsprechend handelt es sich bei den Konferenzen um reine Fachtagungen, die vorwiegend dem wissenschaftlichen Austausch und der Fort - und Weiterbildung der Teilnehmer dienten.

b) Eine Bestimmung des Leistungsortes nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG kommt gleichfalls nicht in Betracht, da hierunter nur kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter fallen. Im Streitfall hat die Klägerin selbst keine der bestreffenden Leistungen erbracht und ist auch nicht als Veranstalterin einer solchen Leistung aufgetreten. Eine hierüber hinausgehende Anwendung des § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG gegen seinen Wortlaut ist unabhängig vom Regelungsgehalt der zugrunden liegenden Richtlinienbestimmung nicht möglich (BFH-Urteil vom 6. November 2002 V R 57/01, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2003, 827).

c) Die Klägerin kann sich für die Bestimmung des Leistungsortes jedoch unmittelbar auf Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie (Art. 52 Buchst. a MwStSystRL) berufen. Dieser bestimmt als Ort einer Tätigkeit auf dem Gebiet der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaften, des Unterrichts, der Unterhaltung oder ähnliche Tätigkeiten, einschließlich derjenigen der Veranstalter solcher Tätigkeiten sowie gegebenenfalls der damit zusammenhängenden Tätigkeiten, den Ort, an dem diese Dienstleistungen tatsächlich bewirkt werden.

aa) Die von der Klägerin erbrachten Leistungen werden von Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst. Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 26. September 1996 Rs. C 327/94 -Duda- (amtliche Slg. 1996, I-4595) zum Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie ausgeführt: Der Gemeinschaftsgesetzgeber habe zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten, die zu einer Doppelbesteuerung oder der Nichtbesteuerung von Einnahmen führen könnten, festgelegt, dass "wenn der Leistende seine Dienstleistung in dem Staat erbringt, in dem derartige Leistungen tatsächlich bewirkt werden, und wenn der Veranstalter die Mehrwertsteuer, mit der der Endverbraucher belastet werden soll, in demselben Staat einnimmt, die Mehrwertsteuer, deren Bemessungsgrundlage alle diese Leistungen sind, deren Kosten in dem vom Endverbraucher gezahlten Preis für die Gesamtdienstleistung eingehen, an diesen Staat und nicht an denjenigen Stadt entrichtet werden, in dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat." Daher umfasse die Regelung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie auch alle diejenigen Leistungen, die selbst keine dort genannte Tätigkeit darstellen, für ihre Ausübung jedoch unerlässlich sind.

Die Klägerin hat im Streitfall sonstige Leistungen erbracht, die mit wissenschaftlichen und unterrichtenden Leistungen zusammenhängen und für die Ausübung dieser Tätigkeiten unerlässlich sind. Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei den von der Klägerin organisierten Veranstaltungen um wissenschaftliche und unterrichtende bzw. ähnliche Leistungen handelt. Gemeinsame Merkmale der verschiedenen Kategorien von Dienstleistungen in Art. 9 Abs. 2 Buchst. c erster Gedankenstrich der 6. EG-Richtlinie sind die Komplexität der betreffenden Dienstleistungen, die mehrere Leistungen umfassen, und die Tatsache, dass diese Dienstleistungen in der Regel einer Vielzahl von Empfängern erbracht werden, nämlich allen Personen, die in unterschiedlicher Weise an Tätigkeiten auf dem Gebiet der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaften, des Unterrichts oder der Unterhaltung teilnehmen.

Den unterschiedlichen Kategorien von Dienstleistungen ist ebenfalls gemein, dass sie im Allgemeinen anlässlich punktueller Veranstaltungen erbracht werden und der Ort, an dem diese komplexen Dienstleistungen tatsächlich bewirkt werden, grundsätzlich einfach festzustellen ist, weil die Veranstaltungen an einem bestimmten Ort stattfinden (EuGH-Urteil vom 9. März 2006 Rs. C- 114/05 -Gillan Beach-, amtliche Slg. 2006, I-2427). In der Regel ist ein Kongress -unabhängig von seinem konkreten Thema- darauf gerichtet, einer Vielzahl von Empfängern an einem einzigen Ort und zu einer bestimmten Zeit verschiedene, komplexe Dienstleistungen zu erbringen, um u.a. einen wissenschaftlichen Austausch und die Vermittlung von Informationen zur Fort- und Weiterbildung der Teilnehmer zu ermöglichen. Hierbei hat der Senat keinerlei Zweifel, dass sowohl die Qualifikation der Referenten als auch die Qualität der einzelnen Vorträge den Ansprüchen, die an eine wissenschaftliche Veranstaltung zu stellen sind (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 27. Februar 1992 IV R 27/90, BStBl II 1992, 826), gerecht wurde. Bei den Leistungen der Klägerin handelt es sich auch um wesentliche organisatorische Aufgaben, die für die Durchführung einer solchen Veranstaltung unerlässlich sind.

bb) Die Klägerin kann sich auch unmittelbar auf die Richtlinie berufen. Ein Einzelner kann sich in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen. Er kann sich auf diese Bestimmungen auch berufen, soweit sie so geartet sind, dass sie Rechte festlegen, die der Einzelne gegenüber dem Staat geltend machen kann (EuGH-Urteil vom 10. September 2002 Rs. C-141/00 -Kügler-, amtliche Slg. 2002, I-6833 m. w. N.).

Die Regelung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie ist nur unvollständig in nationales Recht umgesetzt worden. Durch das Gesetz zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften (Steuerbereinigungsgesetz -StBereinG- 1999 vom 22. Dezember 1999 (Bundesgesetzblatt I 1999, 2601) wurde § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG wie folgt gefasst: "kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind". Der deutsche Gesetzgeber hat die Änderung für notwendig gehalten, um dem Urteil des EuGH vom 26. September 1996 Rs. C-327/94 - Duda- (amtliche Slg. 1996, I-4595) Rechnung zu tragen (Entwurf des StBereinG 1999, S. 71, Bundesrat-Drs. 475/99).

Die Richtlinie ist auch hinreichend genau und inhaltlich unbedingt. Nach der Rechtsprechung des EuGH stellen die in Art. 9 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie vorgesehenen Ortbestimmungen eigenständige Begriffe des Gemeinschaftsrechts dar und erfordern daher eine gemeinschaftsrechtliche Definition (vgl. Urteil vom 17. November 1993, Rs C-68/92, amtliche Slg. 1993, I-5881; Rs. C- 69/92, amtliche Slg. 1993, I-5907 und Rs. C- 73/92, amtliche Slg. 1993, I-5997 und vom 5. Juni 2003 Rs. C-438/01, amtliche Slg. 2003, I-5617). Insbesondere, da der Sinn und Zweck einer gemeinschaftlichen Bestimmung des Leistungsortes dazu dient, Kompetenzkonflikte, die zu einer Doppel- oder Nichtbesteuerung von Umsätzen führen, zu vermeiden (EuGH-Urteil vom 26. September 1996 Rs. C-327/94 -Duda-, amtliche Slg. 1996, I-4595).

cc) Die Klägerin kann sich insoweit auf die unmittelbare Anwendung der Richtlinie berufen, als diese eine für sie günstige Regelung enthält. Dies ist insoweit der Fall, als sie die Leistungen an die C erbracht hat, da sie diese am Ort der Veranstaltung in Sankt Petersburg bewirkt hat und die Leistungen folglich nicht im Inland erbracht wurden. Für die Frage, wo eine Leistung "bewirkt" worden ist, ist hierbei nicht darauf abzustellen, wo der Leistende die wesentliche Zeit für die Leistungserbringung aufgewendet oder wo er die hierfür notwendigen Betriebsmittel hat; relevant für die Ortbestimmung ist vielmehr, an welchem Ort die tatsächliche Wirkung der erbrachten Leistung eingetreten ist. Bei der Organisation eines Kongresses ist dies stets der Tagungsort.

Dies entspricht auch dem Grundprinzip des Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der 6. EGRichtlinie, der bei derartigen Leistungen das Besteuerungsrecht für alle Leistungen, die in eine solchen Veranstaltung eingehen, demjenigen Staat zuweist, in dem die Gesamtleistung tatsächlich stattfindet.

3. Im Übrigen bestimmt sich der Ort der von der Klägerin erbrachten Leistungen nach § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG. Die Leistungen an die B wurden folglich im Inland erbracht, da die Klägerin hier ihr Unternehmen betreibt. Die Leistungen der Klägerin sind insoweit steuerbar und mangels Steuerbefreiung steuerpflichtig.

II. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus dem jeweiligen Verhältnis von Unterliegen und Obsiegen der Beteiligten nach §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten erfolgt gemäß § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 711 der Zivilprozessordnung.

III. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 S. 3 FGO.

IV. Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsache und zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO zugelassen.

Ende der Entscheidung

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