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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 06.12.2006
Aktenzeichen: 6 K 3480/01
Rechtsgebiete: UStG, 6. EG-Richtlinie


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
UStG § 3a Abs. 2 Nr. 4 S. 1
UStG § 15 Abs. 1
6. EG-Richtlinie Art. 9 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hessen

6 K 3480/01

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Senat des Hessischen Finanzgerichts mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 6. Dezember 2006 unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Hessischen Finanzgericht ..., des Richters am Hessischen Finanzgericht ..., des Richters am Hessischen Finanzgericht ..., des ehrenamtlichen Richters ..., der ehrenamtlichen Richterin ...

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Umsatzsteuer 2000 wird unter Änderung des Bescheides vom 22.10.2002 auf EUR herabgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist (nunmehr nur noch) der Ort der vom Kläger erbrachten Vermittlungsleistungen streitig.

Der Kläger betrieb als konzessionierter Buchmacher eine Wettannahmestelle mit Hauptniederlassung in X und zehn Zweigniederlassungen im Bundesgebiet.

Neben eigenen Wetten, als deren Veranstalter er auftrat, vermittelte er im Streitjahr zum einen Sportwetten für die in X ansässige Buchmacher A und zum anderen für eine Firma B mit Sitz auf der Isle of Man.

Der Wettvermittlung für die B lag zunächst ein Wettvermittlungsvertrag zwischen der C Ltd. (früherer Name der B) und dem Kläger vom 01.07.1999 (Bl. 19 ff. des Bandes Umsatzsteuervoranmeldungen 5 u. 9/2000) und später ein Vertrag zwischen der B und dem Kläger vom 03.08.2000 (Bl. 22 ff. des Bandes Umsatzsteuervoranmeldungen 5 u. 9/2000) zugrunde. Danach erhielt der Kläger eine Provision von 12% der von ihm vermittelten Wettumsätze. Die vom Kläger im Namen der B abgeschlossenen Wetten leitete dieser auf elektronischem Wege an die B weiter. Die Abrechnung der vom Kläger für die B vereinnahmten und ausgezahlten Wettbeträge erfolgte monatlich.

Der Ausgleich der Differenzbeträge abzüglich der Provision erfolgte durch Überweisung auf ein von der B auf der Isle of Man unterhaltenes Bankkonto.

In seinen Umsatzsteuervoranmeldungen meldete der Kläger die für die Wettvermittlungen mit der B vereinbarten Provisionen - deren rechtliche Qualifizierung hier allein streitig ist - als steuerfreie Umsätze mit Vorsteuerabzug an.

Nach Durchführung einer Umsatzsteuersonderprüfung für den Voranmeldungszeitraum April 2000 gelangte der Prüfer aufgrund von vom Bundesamt für Finanzen erteilten Auskünften zu der Auffassung, dass es sich bei der B um eine Domizilgesellschaft ohne eigenen Geschäftsbetrieb handele, mit der ein Leistungsaustausch nicht stattgefunden habe. Der Prüfer ging deshalb davon aus, dass diese Gesellschaft rechtsmissbräuchlich in das Verfahren der Wettannahmen eingeschaltet worden sei und daher sämtliche vom Kläger nach dessen Angaben nur vermittelten Wettumsätze diesem als eigene Umsätze zuzurechnen seien. Da die dem Kläger zugerechneten Wettumsätze gemäß § 4 Nr. 9b UStG steuerfrei (jedoch ohne Vorsteuerabzug) seien, kürzte der Prüfer lediglich die auf diese Umsätze entfallenden Vorsteuern.

Das FA folgte dieser Auffassung und erließ am 26.03.2001 einen insoweit von der Voranmeldung abweichenden Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für April 2000. Den hiergegen vom Kläger eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 14.08.2001 als unbegründet zurück.

Nachdem der Kläger hiergegen unter dem gerichtlichen Aktenzeichen 6 K 3480/01 Klage erhoben hatte, erließ das FA für die Folgemonate weitere Umsatzsteuer- Vorauszahlungsbescheide, in denen es die vom Kläger in dessen monatlichen Voranmeldungen erklärten Vorsteuern nur zu einem geringen Teil berücksichtigte. Die hiergegen ebenfalls eingelegten Einsprüche wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 11.12.2001 (Umsatzsteuer-Vorauszahlungen Juni, Juli, August, November und Dezember 2000) und vom 05.02.2002 (Umsatzsteuer- Vorauszahlungen Mai und September 2000) als unbegründet zurück.

Auch gegen diese Entscheidungen erhob der Kläger Klagen, die zunächst unter den gerichtlichen Aktenzeichen 6 K 5024/01 und 6 K 573/02 anhängig wurden.

Nachdem der Kläger am 04.07.2002 beim FA die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Streitjahr eingereicht hatte, erließ das FA am 22.10.2002 einen Jahressteuerbescheid für 2000, mit dem es die Umsatzsteuer auf EUR festsetzte.

Hierbei wich das FA von der Erklärung des Klägers insoweit ab, als es von den erklärten Vorsteuern in Höhe von DM nur DM berücksichtigte.

Da der Umsatzsteuer-Jahresbescheid gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand der bisher gegen die Vorauszahlungsbescheide anhängigen drei Klagen geworden ist, hat der Senat die Verfahren mit Beschluss vom 30.10.2002 (Bl. 76 f. der Gerichtsakte) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit dem gemäß § 68 FGO geänderten neuen Streitgegenstand "Umsatzsteuer 2000" verbunden.

In der Folgezeit stritten die Beteiligten zunächst weiter darum, ob dem Kläger die Wettumsätze (mit der Folge des Ausschlusses des Vorsteuerabzugs) oder nur die Provisionen für die Vermittlung der Wettumsätze mit der B (mit der Folge der Gewährung des hierauf entfallenden Vorsteuerabzuges) zuzurechnen seien.

Zum 01.01.2004 wechselte die Zuständigkeit für die Besteuerung des Klägers gemäß § 2 Nr. 16 der Verordnung über die Zuständigkeiten der Hessischen Finanzämter vom 11.12.2003 vom Finanzamt zum Finanzamt.

Nachdem der Kläger im Laufe des Verfahrens weitere Unterlagen eingereicht und das FA weitere Erkenntnisse über die B erlangt hatte, räumt das FA nunmehr ein, dass die B nicht nur rechtlich existent, sondern auf der Isle of Man auch wirtschaftlich aktiv gewesen ist und daher als Veranstalter der Wetten anzusehen sei.

Streitig ist zwischen den Beteiligten nunmehr lediglich noch der Ort der nunmehr unstreitig vom Kläger erbrachten Vermittlungsleistungen.

Das FA macht geltend, dieser liege im Inland.

Ein Vermittlungsumsatz werde gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG dort erbracht, wo die vermittelte Leistung (hier: der Wettumsatz) bewirkt werde. Die Tatsache, dass der Wettumsatz von der B mit Sitz auf der Isle of Man bewirkt worden sei, führe nicht dazu, dass auch der Ort der vermittelten Leistungen dort liege.

Eine sonstige Leistung werde zwar gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibe, werde aber die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gelte gemäß Satz 2 der Vorschrift die Betriebsstätte als Ort der sonstigen Leistung.

Der EuGH habe in seinem Urteil vom 20.02.1997 C-260/95 (Sammlung der Rechtsprechung 1997, s. I-01005) grundlegende Ausführungen zu dem der Vorschrift entsprechenden Artikel 9 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie gemacht. Der EuGH sehe in dem Urteil, dass einen rechtlich selbständigen Reisevermittler betroffen habe, die "Unselbständigkeit gegenüber dem Veranstalter/Auftraggeber" als grundlegend für die Frage an, ob eine feste Niederlassung am Ort des Helfers bestehe. Er knüpfe dabei weniger an eine fehlende eigenständige juristische Rechtspersönlichkeit an, sondern entscheide nach einer Gesamtschau aller vertraglichen und tatsächlichen Verhältnisse.

Eine Zuordnung zu einer anderen Niederlassung als dem Sitz käme zur Erreichung einer steuerlich sinnvollen Lösung dann in Betracht, wenn diese Niederlassung aufgrund des ständigen Zusammenwirkens der für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen erforderlichen Personal- und Sachmittel einen zureichenden Mindestbestand aufweise.

Eine Anwendung dieser Grundsätze habe im Streitfall zum Ergebnis, dass der Kläger als bloße Hilfsperson der B tätig geworden sei und deren Wettumsätze deshalb im Inland erbracht worden seien.

Die Zuordnung der Wettumsätze an den Sitz der B auf der Isle of Man würde nach der vom FA vertretenen Auffassung insofern nicht zu einer steuerlich sinnvollen Lösung führen, als damit der Ort, an dem die Wetten tatsächlich angeboten, angenommen und eventuelle Wettgewinne ausbezahlt werden, völlig außer Betracht bliebe. Maßgeblichen Einfluss auf die Teilnahme der Wettkunden hätten die vom Kläger vorgehaltenen Räumlichkeiten und das von ihm beschäftigte Personal. Trotz der Möglichkeit, die Wetten über das Internet direkt bei der B abzuschließen, hätten die Kunden des Klägers einen Abschluss in dessen Wettannahmestellen bevorzugt. Unter Berücksichtigung der der 6. EG Richtlinie zu Grunde liegenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise sei es deshalb erforderlich, als Ort der Wettumsätze Deutschland anzunehmen.

Dies sei geboten und zulässig, denn der Kläger habe auch in sehr eng gesteckten Grenzen für die B gehandelt und sei damit von dieser "abhängig" gewesen.

So habe die B nicht nur die Wettquoten festgelegt , sondern der Wettvermittlungsvertrag habe u.a. die Bestimmungen enthalten, dass sämtliche Unterlagen des Wetthalters, die der Vermittler von diesem erhalten hat, nach Vertragsende unverzüglich zurückzugeben sind und ein Zurückbehaltungerecht daran ausgeschlossen sei und dass der Vermittler verpflichtet sei, dem Wetthalter jederzeit, spätestens einen Monat nach Ankündigung, eine Prüfung der vermittlungsrelevanten Unterlagen sowie der technischen Einrichtungen zu gestatten.

Der Kläger habe an seinem Geschäftssitz auch dauerhaft eigene Räumlichkeiten mit eigener technischer Ausstattung und eigenem Personal unterhalten, um seine Vermittlungsleistungen eigenständig erfüllen zu können. Bezüglich des von der B als Wetthalter erbrachten Wettumsatzes sei der Kläger als bloße (unselbständige) Hilfsperson anzusehen, denn er habe die Wettquoten nicht selbst festgesetzt, nicht im eigenen Namen gehandelt und kein wirtschaftliches Risiko getragen.

Daneben sei vom Kläger in Deutschland die eigenständige Dienstleistung der Vermittlung erbracht worden. Da die Wettumsätze der B im Inland bewirkt worden seien, nämlich am Ort der mit dem Sitz des Klägers übereinstimmenden festen Niederlassung der B, seien gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG auch die vom Kläger bewirkten Vermittlungsumsätze dort erbracht worden. Der Umstand, dass der Kläger hinsichtlich der Wettumsätze als unselbständige Hilfsperson der B anzusehen sei, stehe dem nicht entgegen, da er die Vermittlungsleistungen als eigenständige, nicht mit der B eng verbundene Rechtspersönlichkeit erbracht habe.

Da die Vermittlung von Wettumsätzen im Inland keiner Steuerbefreiung unterfalle, seien diese der Regelbesteuerung zu unterwerfen.

Aus diesem Grunde sei der vom Kläger in dessen Umsatzsteuerjahreserklärung geltend gemachte Vorsteueranspruch von DM in voller Höhe zu berücksichtigen.

Gleichwohl könne die Klage im Ergebnis nicht zum Erfolg führen, da die vom Kläger erbrachten Vermittlungsleistungen - entgegen dessen Steuererklärung - steuerbar und steuerpflichtig seien. Dies habe zur Folge, dass die Umsatzsteuer nicht herabzusetzen, sondern auf DM (siehe Bl. 262 f. der Gerichtsakte) zu erhöhen sei. Eine entsprechende Änderung des Bescheides durch das FA ist bisher nicht erfolgt.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die erklärungsgemäße Festsetzung der Umsatzsteuer.

Er macht geltend, er sei - soweit hier streitig - ausschließlich als Vermittler für die B tätig geworden, hierauf seien die Kunden sowohl in den ausgehängten Allgemeinen Geschäftsbedingungen -Wettbedingungen - (Bl. 171 der Gerichtsakte) als auch in den Wettverträgen ausdrücklich hingewiesen worden. Soweit das FA nunmehr geltend mache, die vermittelten Wettumsätze und damit auch die Vermittlungsleistungen seien im Inland bewirkt worden, sei dem FA die Richtlinie 2002/38EG des Rates vom 07.05.2002 (Bl. 147ff. der Gerichtsakte) offensichtlich nicht bekannt. Nach dieser Richtlinie würde der Ort der Besteuerung für elektronische Dienstleistungen, zu denen auch Glücksspiele und Lotterien gehörten, geregelt, und zwar sowohl für die Zeit bis zum 30.06.2003 als auch für spätere Zeiträume. Danach würden derartige Dienstleistungen, die von einem Wirtschaftsbeteiligten aus der EU an eine Privatperson in der EU oder einen Steuerpflichtigen im selben Mitgliedsstaat erbracht werden, weiterhin an dem Ort besteuert, an dem der Dienstleister ansässig ist. Hieraus ergebe sich unzweifelhaft, dass die vom FA vorgenommene Verlagerung des Leistungsortes nicht zulässig und bereits deshalb unzutreffend sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Umsatzsteuer 2000 unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides vom 22.10.2002 auf EUR herabzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Begründung wird auf die oben genannten Ausführungen Bezug genommen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die vom Kläger gegenüber der B erbrachten Leistungen sind nicht steuerbar und das FA hat in dem angefochtenen Bescheid die Vorsteuern zu Unrecht nur zu einem Teil berücksichtigt.

Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer diejenigen Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Die hier streitigen Umsätze des Klägers wurden nicht im Inland ausgeführt.

1. Der Kläger ist nicht Veranstalter der streitigen Wetten, sondern lediglich Vermittler.

Als Veranstalter einer Wette gilt nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BFH Beschluss vom 22. März 2005 II B 14/04, BFH/NV 2005, 1379 und BFH-Urteil vom 10. Dezember 1970 V R50/67, BStBl II 1971, 193 m.w.N.) derjenige, der die planmäßige Ausführung des gesamten Unternehmens selbst oder durch andere ins Werk setzt. Eine Lotterie, Ausspielung oder Sportwette setzt derjenige ins Werk, der Inhaber der entsprechenden Genehmigung ist, aufgrund dieser Genehmigung die Abhaltung von Glücksspielen ermöglicht und das Spiel- oder Wettgeschehen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht maßgebend gestaltet.

Diese maßgebliche Gestaltung wird bei Sportwetten in erster Linie durch den bestimmt, der die Wettquoten festsetzt, denn die Quote ist letztendlich verantwortlich für den unternehmerischen Erfolg oder Misserfolg des Veranstalters.

Die Begriffsbestimmung des Veranstalters dient insbesondere zur Abgrenzung gegenüber Personen, die lediglich als Helfer tätig sind.

So hat - wie das FA zutreffend ausführt - auch der EuGH in einen die Steuerbefreiung von Wettumsätzen (gemäß Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG Richtlinie) betreffendem Urteil vom 13.07.2006 C-89/05 (zitiert nach juris), dem ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag, ausgeführt, dass die Vermittlung von Wettumsätzen nicht der Steuerbefreiung unterliege, da diese - im Gegensatz zu dem Wettumsatz selbst - "in keiner Weise durch die Einräumung einer Gewinnchance an die Wettteilnehmer und im Gegenzug die Hinnahme des Risikos, diese Gewinne auszahlen zu müssen, gekennzeichnet ist." Eine Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall hat - wovon zwischenzeitlich auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen - zur Folge, dass nicht der Kläger, sondern die B mit Sitz auf der Isle of Man die Wettumsätze erbracht hat.

Denn die nicht nur rechtlich existente, sondern auch wirtschaftlich aktiv tätige B legte die Wettquoten fest und trug das Risiko des Erfolgs oder Misserfolgs der Wetten.

Der Kläger schloss die Wettverträge im Namen der B ab und leitete die sich zwischen den vereinnahmten Wetteinsätzen und den erfolgten Auszahlungen ergebenden Differenzbeträge nach Abzug der vereinbarten Vermittlungsprovision an die B weiter. Der Kläger hat damit - vergleichbar mit dem Fall, der der Entscheidung des EuGH vom 13.07.2006 C-89/05 zugrunde lag - keine Wettumsätze getätigt.

2. Die vom Kläger erbrachten Umsätze aus Vermittlungen von Sportwetten gegenüber der B sind nicht steuerbar, da sie nicht im Inland erbracht worden sind.

a) Gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG werden Vermittlungsleistungen an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.

b) Die vom Kläger vermittelten Wettumsätze der B wurden jedoch nicht im Inland, sondern an deren Sitz auf der Isle of Man ausgeführt.

Gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG wird eine sonstige Leistung grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt.

Nur wenn die Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt wird, gilt die Betriebsstätte als Ort der sonstigen Leistung.

aa) Die Vorschrift setzt Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie um, der bestimmt, dass als Ort einer Dienstleistung der Ort gilt, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird. Durch Artikel 9 der 6. EG-Richtlinie, der im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung Bedeutung für den Anwendungsbereich des § 3a Abs. 1 UStG erlangt, sollen, wie der EuGH in dem vom FA zitierten Urteil vom 20.02.1997 C-260/95 unter Tz. 18 ausführt, eine einheitliche Festlegung des steuerlichen Anknüpfungspunkts bei Dienstleistungen und eine einheitliche Abgrenzung des jeweiligen Geltungsbereichs des nationalen Mehrwertsteuerrechts herbeigeführt werden und insbesondere Kompetenzkonflikte zwischen den Mitgliedstaaten vermieden werden.

Weiter führt der EuGH in Tz. 19 aus, es sei Sache jedes Mitgliedsstaates, im Rahmen der durch die Richtlinie eingeräumten Wahlmöglichkeiten zu bestimmen, welches der steuerlich zweckdienlichste Anknüpfungspunkt für eine bestimmte Dienstleistung ist. Nach Art. 9 Abs. 1 sei der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit habe, ein vorrangiger Anknüpfungspunkt.

Die Berücksichtigung einer anderen Niederlassung, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, sei nur dann von Interesse, wenn die Anknüpfung an den Sitz nicht zu einer steuerlich sinnvollen Lösung führe oder wenn sie einen Konflikt mit einem anderen Mitgliedstaat zu Folge habe.

Weiterhin führt der EuGH in Tz. 20 der Entscheidung aus, dass eine Zuordnung zu einer anderen Niederlassung als dem Sitz nur dann in Betracht käme, wenn diese Niederlassung aufgrund des ständigen Zusammenwirkens der für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen erforderlichen Personal- und Sachmittel einen zureichenden Mindestbestand aufweise.

Zur Beantwortung der Frage, ob ein Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat über eine solche Niederlassung verfügt, sei außerdem zu prüfen, ob derjenige, der in diesem Staat für den Unternehmer tätig wird, diesem gegenüber nicht selbständig sei (Tz. 25 f.), also als bloße Hilfsperson handele, wobei eine rechtliche Selbständigkeit der Hilfsperson nicht schaden soll.

bb) Eine Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall hat zur Folge, dass der Kläger nicht als bloße nicht selbständige Hilfsperson der B anzusehen ist und deshalb seine im Inland belegenen Wettannahmebüros weder Niederlassungen der B im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie noch diesen im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung diesen gleichzusetzende Betriebsstätten der B sind.

cc) Der Kläger war - trotz der ihm von der B gesteckten engen Grenzen - kein unselbständiges, in das Unternehmen der B integriertes Hilfsorgan.

Nach der Rechtsprechung des EuGH, auf die der Generalanwalt La Pergola in seinen Schlussanträgen vom 16.01.1997 in dem Verfahren C-260/95 (zitiert nach juris) in Tz. 21 hinweist, hat der EuGH bereits mit Urteil vom 01.10.1987 C-311/85 (Sammlung der Rechtsprechung 1987, Seite 03801) entschieden, dass ein Reisevermittler, der Reisen für verschiedene Reiseveranstalter vermittelt, nicht als Hilfsperson, sondern als eine unabhängige Zwischenperson anzusehen ist, die eine selbständige Dienstleistungstätigkeit ausübt (Tz. 20). Denn einerseits verkaufe der Vermittler Reisen verschiedener Reiseveranstalter und andererseits verkauften die Reiseveranstalter ihre Reisen über verschiedene Vermittler.

Der Reisevermittler könne deshalb nicht als ein in das Unternehmen dieses oder jenes Reiseveranstalters integriertes Hilfsorgan angesehen werden.

Auch wenn die Entscheidung - wie auch die vom FA zur Stützung seiner Rechtsansicht herangezogene Entscheidung C-260/95 - Reisevermittlungen zum Gegenstand hatte, enthalten die Entscheidungen allgemein für die Bestimmung des Ortes einer Dienstleistung zu beachtende Grundsätze.

Für die Beurteilung des Streitfalles hat eine Anwendung dieser Grundsätze zur Folge, dass der Kläger keine in das Unternehmen der B integrierte unselbständige Hilfsperson gewesen ist und deshalb die Wettbüros keine festen Niederlassungen der B im Inland gewesen sind.

Denn zum einen hat der Kläger in seinen Wettannahmebüros Wetten nicht nur für die B vermittelt, sondern auch für andere Wettveranstalter und er hat zudem auch selbst Wetten im eigenen Namen veranstaltet. Und zum anderen hat die B ihre Wetten auch in Deutschland nicht ausschließlich über den Kläger angeboten.

Unter diesen Umständen kann der Senat unentschieden lassen, ob eine Eingliederung in das Unternehmen des Wettveranstalters nicht - wie der Generalanwalt La Pergola in Tz. 20 seinen Schlussanträgen im Verfahren c-260/95 ausführt - dann auch zwingend zur Folge hätte, "dass der Vermittler als selbständiger Wirtschaftsteilnehmer verschwindet." 3. Das FA hat in dem angefochtenen Bescheid - wenn auch aus seiner früheren Sicht folgerichtig - die vom Kläger erklärten Vorsteuern zu Unrecht nur zu einem geringen Teil gewährt. Für eine Kürzung der Vorsteuern besteht - was vom FA nach Änderung der von ihm vertretenen Rechtsauffassung auch eingeräumt wird, keine Grundlage. Denn die in § 15Abs. 1 UStG normierten Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug liegen im Streitfall unstreitig vor. Der Anerkennung der mit den im übrigen Gemeinschaftsgebiet erbrachten Vermittlungsleistungen in Zusammenhang stehenden Vorsteuern steht auch § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht entgegen, da die Vermittlungsleistungen, wenn sie im Inland erbracht worden wären, steuerpflichtig gewesen wären.

Dem Klageantrag war deshalb mit der sich aus § 135 Abs. 1 FGO ergebenden Kostenfolge in vollem Umfang stattzugeben.

Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren erging gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.



Ende der Entscheidung

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