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Gericht: Finanzgericht Hessen
Beschluss verkündet am 02.10.2007
Aktenzeichen: 7 V 2274/07
Rechtsgebiete: Biokraftstoff RiLi (RiLi 2003/30/EG), Biokraftstoffquotengesetz


Vorschriften:

Biokraftstoff RiLi (RiLi 2003/30/EG)
Biokraftstoffquotengesetz
Biokraftstoff, Pflanzenöl, Zweifel an der Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht.
HESSISCHES FINANZGERICHT BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 7 V 2274/07

In dem Verfahren

wegen Aussetzung der Vollziehung der Festsetzung von Energiesteuer

hat der 7. Senat des Hessischen Finanzgerichts am 2. Oktober 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Vollziehung der als Steuerbescheid wirkenden Energiesteueranmeldung vom 25. Juni 2007 (Mai 2007) sowie des Energiesteuerbescheides vom 19. Juli 2007 (Juni 2007) wird bis zum Ablauf eines Monates nach Abschluss der gegen die vorgenannten Bescheide anhängigen Rechtsbehelfsverfahren durch Einspruchsentscheidungen bzw. durch gerichtliche Entscheidungen erster Instanz ausgesetzt sowie rückwirkend bis zum Fälligkeitstag aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I. Die Antragstellerin ist aufgrund entsprechender Zulassung gemäß § 6 Abs. 3 Energiesteuergesetz (EnergieStG) Inhaberin eines Herstellungsbetriebes für Energieerzeugnisse im Sinne von § 6 Abs. 1 EnergieStG und damit gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG zugleich Inhaberin eines Steuerlagers im Sinne von § 6 Abs. 1 EnergieStG. Im Rahmen dieser Zulassung ist es ihr erlaubt, Energieerzeugnisse herzustellen, indem sie Pflanzenöle der Positionen 1507 bis 1508 der kombinierten Nomenklatur (KN) zur Verwendung als Kraftstoff bestimmt.

Diese Pflanzenöle werden zum Teil unvermischt als Biokraftstoff gemäß § 50 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG und zum Teil mit Dieselkraftstoff unter Zusatz von Additiven vermischt aus dem Steuerlager entfernt und als Kraftstoffe eingesetzt. Bei der Vermischung gilt die Höhe des Biomasseanteils als Biokraftstoff gemäß § 50 Abs. 4 Satz 2 EnergieStG.

Nach der bis zum 31. Dezember 2006 bestehenden Rechtslage stand dem Steueranspruch nach § 8 Abs. 1 EnergieStG sowohl hinsichtlich des unvermischten wie auch hinsichtlich des mit Dieselkraftstoff vermischten Biokraftstoffes (insoweit anteilmäßig) ein Steuerentlastungsanspruch nach § 50 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 EnergieStG gegenüber.

Mit Artikel 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Einführung einer Biokraftstoffquote durch Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes und zur Änderung energie- und stromsteuerrechtlicher Vorschriften (Biokraftstoffquotengesetz - BioKraftQuG vom 18. Dezember 2006, das zum 1. Januar 2007 in Kraft trat) wurde § 50 des EnergieStG geändert.

In ihrer als Steuerfestsetzung wirkenden Steueranmeldung für den Monat Mai 2007 vom 25. Mai 2007 ermittelte die Antragstellerin einen Energiesteuerbetrag in Höhe von EUR.

Über den zugleich eingelegten Einspruch ist bisher noch nicht entschieden. Der Abgabenbetrag wurde noch nicht entrichtet.

Die von der Antragstellerin für den Monat Juni 2007 abgegebene Steueranmeldung ersetzte der Antragsgegner durch den Steuerbescheid vom 19. Juli 2007, mit dem die Energiesteuer für den Monat Juni 2007 auf EUR festgesetzt wurde.

Auch über den gegen diese Steuerfestsetzung eingelegten Einspruch ist bisher nicht entschieden. Die Abgaben stehen noch zum Soll.

Nach Ablehnung der Anträge auf Aussetzung der Vollziehung bei der Verwaltungsbehörde wandte sich die Antragstellerin mit ihrem Schriftsatz vom 13. August 2007 an das Gericht und ersuchte um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.

Die Antragstellerin macht geltend, es handele sich bei ihr um ein relativ junges Unternehmen, das sich seit etwa zwei bis drei Jahren mit der Herstellung und dem Vertrieb von Biokraftstoffen beschäftigen würde. Zum einen stelle sie einen als D 100 bezeichneten Biokraftstoff her, der zu 98 % aus reinem, kalt gepresstem Pflanzenöl (Rapsraffinade) mit einem ca. 2-3%igen Zusatz eines selbstentwickelten Additivs hergestellt werde. Dieser Kraftstoff könne in Dieselmotoren älterer Bauart verwendet werden, ohne dass es hierzu technischer Veränderungen bedürfe.

Für Motoren mit Direkteinspritzung (Pumpedüse, Common Rail) lasse sich D 100 nicht einsetzen. Hierfür sei der unter der Bezeichnung -D-diesel- vertriebene Kraftstoff entwickelt worden. Dieser bestehe zu ca. 60 % aus D, einem reinen Pflanzenöl, einem geringen Anteil (ca. 2-3 %) Additiven sowie hinsichtlich des restlichen Prozentsatzes aus herkömmlichem Dieselkraftstoff.

Der Anteil an Dieselkraftstoff sei im Winter im Hinblick auf die Fließfähigkeit des Kraftstoffes insgesamt höher.

Die Antragstellerin weist darauf hin, dass zum Beispiel die Stadt X im Bereich ihres städtischen Fuhrparks einen großen Anteil der dort betriebenen Dieselfahrzeuge mit D-diesel betankt. Dies sei Bestandteil des Feinstaubaktionsplanes, den das Land Hessen für X erlassen habe. In einer an der Technischen Universität X erstellten Diplomarbeit hätten die Verfasser festgestellt, dass bei Einsatz von D-diesel die Motoren bis zu 10 % weniger verbrauchen würden und ein bis zu 60 % geringerer Rußpartikelausstoß festzustellen sei. Der Einsatz auch bei modernen Dieselmotoren ohne jedwede Umrüstung oder technischen Verschleiß sei zudem festzustellen.

Auch die Gemeinden A, B und C setzen im Bereich der städtischen Fahrzeuge D-diesel ein.

Infolge der im Jahre 2004 erlassenen gesetzlichen Regelung, wonach Biokraftstoffe auch hinsichtlich ihrer anteilsmäßigen Zumischung zu fossilen Kraftstoffen steuerbefreit eingesetzt werden könnten, hätte die Antragstellerin entsprechende Investitionsentscheidungen getroffen.

Mit dem Gesetz zur Neuregelung der Besteuerung von Energieerzeugnissen und zur Änderung des Stromsteuergesetzes vom 15. Juli 2006 sei zwar eine Abschmelzung dieser steuerlichen Förderung dergestalt vorgenommen worden, dass für die Biokraftstoffe ebenfalls eine Besteuerung vorgesehen wurde. Diese steuerliche Belastung war indes zeitlich gestaffelt, so dass auch für die auf Pflanzenölbasis beruhenden Biokraftstoffe bis zum Ende des Jahres 2012 eine dann auslaufende steuerliche Begünstigung vorgesehen war. Die Steuerentlastung sei nicht nur für Biokraftstoffe in unvermischtem Zustand vorgesehen gewesen, sondern auch für andere Energieerzeugnisse, die anteilig Biokraftstoffe enthalten, hinsichtlich dieses Anteils.

Das BiokraftQuG, das erst im Dezember 2006 durch den Bundestag verabschiedet worden und schon zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten sei, sehe ohne die Möglichkeit einer Übergangsregelung oder einer zeitlichen Erstreckung des Abbaus der steuerlichen Vergünstigung die sofortige volle Besteuerung des in einem gemischten Energieerzeugnis enthaltenen Biokraftstoffanteils vor. Damit sei D-diesel nicht mehr wettbewerbsfähig, weil durch die höheren Entstehungskosten des in diesem Gemisch enthaltenen Pflanzenölanteils der Kaufpreis über dem für fossilen Dieselkraftstoff angesetzten liegen würde.

Diese neugeschaffene Regelung sei überraschend gekommen und habe das Vertrauen in die Beständigkeit gesetzgeberischer Zusagen nachhaltig erschüttert.

Eine wirtschaftliche Sicherheit für Investitionsentscheidungen sei für die Zukunft in diesem Bereich nicht mehr gegeben.

Die vorgesehene Besteuerung des Pflanzenölanteils im D-diesel habe eine erdrosselnde Wirkung. Die Antragstellerin habe daher die Herstellung und Abgabe des D-diesel mit dem 18. Juli 2007 vorläufig eingestellt.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Vollziehung der als Steuerbescheid wirkenden Energiesteueranmeldung vom 25. Juni 2007 (Mai 2007) sowie des Energiesteuerbescheides vom 19. Juli 2007 (Juni 2007) bis zum Ablauf eines Monates nach Abschluss der gegen die vorgenannten Bescheide anhängigen Rechtsbehelfsverfahren durch Einspruchsentscheidungen bzw. durch gerichtliche Entscheidungen erster Instanz auszusetzen sowie rückwirkend bis zum Fälligkeitstag aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsgegner beruft sich darauf, dass nach der Neufassung des § 50 Abs. 1 Nr. 1 EnergieStG durch das BiokraftQuG mit Wirkung ab 1. Januar 2007 eine Steuerentlastung nur noch für Biokraftstoffe gewährt werden könne, die unvermischt mit anderen Energieerzeugnissen, ausgenommen Biokraftstoffen oder Additiven der Position 3811 der KN, abgegeben würden.

Diese Voraussetzungen würden durch das D-diesel nicht erfüllt, was auch unstreitig sei.

Aus der Neufassung des § 50 Abs. 1 Nr. 1 EnergieStG ergebe sich, dass der Gesetzgeber eine Steuerentlastung nur für reine Biokraftstoffe (unter anderem Fettsäuremethylester, als Biodiesel bekannt, und Pflanzenöl) habe schaffen wollen. Es sei insoweit Aufgabe der Verwaltung, die bestehenden gesetzlichen Regelungen umzusetzen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abgabenbescheide bestünden mithin nicht.

II. Der zulässige Antrag ist - wie aus dem Tenor erkennbar - begründet.

Der Senat hat unter Zugrundelegung des Akteninhaltes, des Vortrages der Antragstellerin sowie insbesondere unter Auswertung der von Amts wegen eingeholten Informationen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verwaltungsakte (§ 69 Abs. 3 und 2 Finanzgerichtsordnung).

Das am 18. Dezember 2006 vom Bundestag verabschiedete BiokraftQuG soll laut seiner Anmerkung der weiteren Umsetzung der Richtlinie 2003/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2003 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor dienen.

Mit der für das einstweilige Rechtsschutzverfahren erforderlichen und ausreichenden Gewissheit ist der Senat zu der Überzeugung gekommen, dass die durch Artikel 1 dieses Gesetzes vorgenommene Änderung des § 50 des EnergieStG bezüglich seines Abs. 1 Nr. 1 EnergieStG nicht mit den Vorgaben der genannten Richtlinie in Einklang steht. Mit der Maßgabe, dass die Frage, ob der erkennende Senat die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zutreffend versteht, einer entsprechenden Entscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in einem Vorlageverfahren im Rahmen des Hauptsacheverfahrens vorbehalten bleiben wird, folgt die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der nationalen Regelung für den Senat aus den nachstehend dargestellten Überlegungen:

In den Erwägungen zur Richtlinie 2003/30/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor (Biokraftstoff RiLi) wird unter anderem darauf hingewiesen, dass auf den Verkehrssektor mehr als 30 % des Energieendverbrauchs in der Gemeinschaft mit steigender Tendenz entfallen.

Für die infolgedessen ansteigenden CO -Immissionen wird vor allem der Straßengüterverkehr verantwortlich gemacht, auf den 84 % der verkehrsbedingten CO -Immissionen zurückgehen sollen. Aus ökologischer Sicht wird daher im Weißbuch der Kommission gefordert, dass im Verkehrssektor die Abhängigkeit vom Erdöl, die derzeit 98 % beträgt, durch den Einsatz alternativer Kraftstoffe wie Biokraftstoffe verringert werden soll. Dies sei zudem erforderlich, um die Einhaltung des im Kyoto-Protokoll festgelegten Maßnahmepaketes zu erreichen. Die Förderung des Einsatzes von Biokraftstoffen im Verkehr sei ein Schritt in Richtung einer stärkeren Nutzung der Biomasse. Die Förderung der Erzeugung und Verwendung von Biokraftstoffen könnte zu einer Verringerung der Abhängigkeit von Energieeinfuhren und der Treibhausgasimmissionen beitragen. Darüber hinaus könnten Biokraftstoffe in Reinform oder als Mischung grundsätzlich in den bestehenden Kraftfahrzeugen und mit den bestehenden KFZ-Kraftstoffvertriebssystemen verwendet werden. Die Beimischung von Biokraftstoff zu fossilen Kraftstoffen könnte eine mögliche Kostenersparnis beim Vertriebssystem in der Gemeinschaft erleichtern (Hervorhebung hinzugefügt).

Artikel 3 Abs. 2 dieser Richtlinie unter Kleinbuchstabe a bestimmt, dass Biokraftstoffe als reine Biokraftstoffe oder in hoher Konzentration in Mineralölderivaten in Einklang mit den besonderen Qualitätsnormen für Verkehrsanwendungen bereit gestellt werden könnten.

Gemäß Artikel 4 Abs. 1 RiLi haben die Mitgliedstaaten der Kommission vor dem 1. Juli eines jeden Jahres die Maßnahmen zu melden, die ergriffen wurden, um die Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen als Ersatz für Otto- und Dieselkraftstoffe im Verkehrssektor zu fördern.

In der Mitteilung der Kommission -Aktionsplan für Biomasse- vom 7. Dezember 2005 (KOM (2005) 628 endgültig) legt die Kommission dar, wie die Nutzung von Biomasseenergie durch Schaffung wirtschaftlicher Anreize und durch die Beseitigung von Hindernissen, die der Entwicklung eines Marktes entgegenstehen, gefördert werden könnte. Dadurch könnte Europa seine Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern, die Immission von Treibhausgasen senken und die Wirtschaftstätigkeit in sämtlichen Gebieten beleben. Unter Punkt 4.2. hält die Kommission fest, dass sie bezüglich des Fahrzeugmarktes in Kürze einen Legislativvorschlag vorlegen wolle, mit dem öffentliche Stellen dazu angehalten werden sollten, umweltfreundliche und effiziente Fahrzeuge zu beschaffen; dazu könnten Fahrzeuge zählen, die mit Kraftstoffmischungen mit hohem Biokraftstoffanteil betrieben würden.

In dem von der Kommission erstatteten Fortschrittsbericht Biokraftstoffe vom 10. Januar 2007 (KOM (2006) 845 endgültig) wird hervorgehoben, dass nur Deutschland und Schweden die für das Jahr 2005 vorgesehene Zielvorgabe von mindestens 2 % Marktanteil für Biokraftstoff erreicht hätten. Dabei heißt es, dass in beiden Ländern ohne mengenmäßige Beschränkung Steuerbefreiungen für Biokraftstoffe gewährt würden. Seit Anfang 2005 seien in insgesamt 13 Mitgliedstaaten staatliche Beihilfen in Form von Steuerbefreiungen für Biokraftstoffe genehmigt worden. In 2005 und 2006 hätten mehrere Mitgliedstaaten die Einführung einer neuen Form der Unterstützung durch -Biokraftstoffverpflichtung- angekündigt.

Dabei handele es sich um Rechtsintrumente, durch die den Kraftstofflieferanten die Verpflichtung auferlegt werde, einen bestimmten Prozentanteil ihres Gesamtkraftstoffabsatzes in Form von Biokraftstoffen zu vermarkten. Es gebe gute Gründe, die dafür sprechen würden, dass solche Verpflichtungen langfristig die Kosten der Nutzung von Biokraftstoffen reduzieren und sich als wirkungsvollste Lösung erweisen könnten. Die Kommission unterstütze diesen Ansatz. Über die Auswirkung auf die Kosten lägen keine Daten vor. Die Kommission werde die weiteren Fortschritte im Bereich der Biokraftstoffverpflichtungen aufmerksam verfolgen.

Bezüglich der Herstellungskosten wird in diesem Bericht ausgeführt, dass selbst bei Einsatz modernster Technologien die in der EU erzeugten Biokraftstoffe aufgrund ihrer hohen Kosten zumindest auf kurze und mittlere Sicht kaum mit fossilen Kraftstoffen konkurrieren könnten. Für Biodiesel und Bioäthanol läge der break-even-point, der in einem Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen errechnet worden sei, bei 69,-- bis 76,-- EUR bzw. 63,-- bis 85,-- EUR. Wenn es gelänge, bis 2020 einen in erster Linie aus heimischer Produktion stammenden Biokraftstoffanteil von 14 % zu erreichen, so würde dies zu einer bis um 144.000 Arbeitsplätze höheren Beschäftigung und zu einem bis um 0,23 % höheren EU-BIP führen, als dies ansonsten der Fall wäre.

Damit eine Erhöhung des derzeitigen Biokraftstoffanteils von 1 % auf 10 % erreicht werden kann, hält es die Kommission unter anderem für erforderlich, für den Betrieb mit Kraftstoffen mit höherem Biokraftstoffanteil benötigte (preiswerte) technische Anpassungen bei neuen Fahrzeugen zu entwickeln.

Außerdem sei ein ausgewogenerer Ansatz im internationalen Biokraftstoffhandel weiter zu verfolgen, damit auch die heimischen Produzenten im Vertrauen auf die durch einen wachsenden europäischen Markt geschaffenen Chancen Investitionen tätigen könnten.

Sowohl aus der Richtlinie selbst wie auch aus den Überlegungen der Kommission wird für den Senat deutlich, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber seinen Überlegungen zur Nutzung von Biokraftstoff nicht eine Alles- oder Nichts-Überlegung zugrunde legen will. Es sollen vielmehr sämtliche Optionen offen gehalten werden, die einen auch teilweisen Ersatz von fossilen Brennstoffen durch aus Biomasse hergestellten Energieträgern ermöglichen. Dabei wird die nunmehr als optimale Möglichkeit zur Erweiterung des Biokraftstoffanteils seitens der Bundesrepublik Deutschland auch in dem dritten nationalen Bericht zur Umsetzung der Richtlinie 2003/30/EG für 2005 (der entsprechende Bericht für das Jahr 2006 war jedenfalls am 25. September 2007 im Internet noch nicht abrufbar) beschriebene Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen durch die vorgegebene Biokraftstoffquote durch die Kommission als ein unterstützenswerter Ansatz gesehen, der hinsichtlich seiner weiteren Fortschritte -aufmerksam verfolgt- werden soll. Die Kommission sieht darin aber erkennbar nicht die einzige Möglichkeit, um die angestrebten Ziele zu erreichen.

Das BiokraftQuG enthält nach wie vor zahlreiche steuerliche Entlastungsvorschriften.

Im Bereich der Beimischungen bzw. Mischungen von Biokraftstoffen mit fossilen Kraftstoffen allerdings wird eine übergangslose uneingeschränkte Gleichstellung in der Besteuerung zu den fossilen Kraftstoffen hergestellt, die soweit geht, dass sogar bei reinen Biokraftstoffen eine Steuer auf den fiktiven Anteil der sonst beizumischenden Biokraftstoffe erhoben wird. Für das vorliegende Verfahren kann dahingestellt bleiben, inwieweit die uneingeschränkte Besteuerung der Biokraftstoffquote mit der Biokraftstoffrichtlinie in Einklang steht, weil es hierauf im vorliegenden Fall nicht ankommt.

Die Belastung mit dem vollen Energiesteuersatz für den im D-diesel enthaltenen auf Pflanzenöl beruhenden Biokraftstoffanteil, der auch den Vorgaben der DIN V 51605 entspricht, ist mit den Vorgaben der Richtlinie nicht in Einklang zu bringen, denn die Besteuerung verhindert die Wettbewerbsfähigkeit dieses Energieerzeugnisses am Markt.

Einer Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie, wonach auch durch eine höhere Beimischung von Biokraftstoffen zu fossilen Kraftstoffen dem erklärten Ziel der Gemeinschaft, unter Beachtung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes (cross compliance) die Entwicklung des ländlichen Raums und die Unabhängigkeit von Erdöleinfuhren zu fördern, entsprochen wird, steht die Regelung des § 50 Abs. 1 Nr. 1 EnergieStG in der Fassung durch das BioKraftQuG entgegen.

Der Senat verkennt bei seiner Bewertung nicht, dass die Richtlinie den einzelnen Mitgliedstaaten nicht die konkreten Maßnahmen vorgibt, die diese zur Umsetzung der Richtlinie zu treffen haben. Jedem Mitgliedstaat steht insoweit ein gesetzgeberisches Ermessen zu, das allerdings in sachgerechter Weise ausgeübt werden muss, wobei die vorgesehenen Maßnahmen insbesondere geeignet sein müssen, um die in der Richtlinie vorgegebenen Ziele zu erreichen. Dem entspricht das BioKraftQuG mit der vollen Besteuerung des Biokraftstoffanteils in einem aus Biokraftstoff und fossilem Kraftstoff bestehenden Energieerzeugnis bzw. der Versagung der entsprechenden Steuerentlastung nicht. Aus der Richtlinie ergibt sich, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht nur die ausschließlich unter Einsatz von Biomassen gewonnenen Energieerzeugnisse als Möglichkeit ansieht, um die Abhängigkeit von Erdöleinfuhren zu mindern und den Co -Ausstoß zu verringern, sondern auch die Zu- oder Beimischung.

Für Biokraftstoffe ist dabei noch zu berücksichtigen, dass die Qualitätsvorgaben gemäß RiLi 2003/17 für Otto- und Dieselkraftstoffe einzuhalten sind.

Biodiesel (Rapsölmethylester) kann bisher nur bis maximal 5 vol/% dem fossilen Dieselkraftstoff zugemischt werden, um die Normvorgaben einzuhalten.

Für das hier als Energieerzeugnisbestandteil eingesetzte reine Pflanzenöl stellt sich die Mischungsmöglichkeit anders dar. Das Pflanzenöl selbst entspricht der DIN V 51 605, ist also als Biokraftstoff zugelassen.

In der als D-diesel bezeichneten Mischung ist es für moderne Dieselmotoren ohne jede Umrüstung oder technische Zusatzeinbauten verwendbar.

Die Fahrzeuge können auch problemlos abwechselnd D-diesel oder normalen Dieselkraftstoff tanken.

Der mindestens 50%ige Anteil des raffinierten Pflanzenöls führt beim Betrieb zu entsprechend geringere Co , Feinstaub- sowie Rußpartikelausstoß, schont also die Umwelt. Zugleich wird im Umfang des eingesetzten Pflanzenöls kein fossiler Kraftstoff benötigt. Die Unabhängigkeit von Mineralölimporten wird vergrößert.

Die Ziele der Richtlinie werden mithin durch die Herstellung derartiger Energieerzeugnisse verwirklicht. Sowohl der Gemeinschaftsgesetzgeber wie auch die Kommission gehen bei ihren Überlegungen zur Förderung des Einsatzes von Biokraftstoffen davon aus, dass insbesondere die Gewinnung in der Gemeinschaft unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Nachhaltigkeit derzeit so teuer ist, dass die Konkurrenzfähigkeit noch nicht gegeben ist. Deswegen werden bisher sämtliche steuerlichen Entlastungsmaßnahmen der einzelnen Mitgliedsstaaten genehmigt.

Auch das BiokraftQuG enthält zahlreiche derartige Regelungen, die lediglich den Bereich der Zumischungen von der steuerlichen Entlastungsmöglichkeit ausnehmen.

Dafür gibt es indes keinen sachlichen Grund.

Soweit geltend gemacht wird, es sei aus Gründen des Subventionsabbaus bzw. der Haushaltskonsolidierung erforderlich, die bisherige steuerliche Förderung, auch in Form der Abschmelzung durch das Energiesteuergesetz, kurzfristig und vollständig rückgängig zu machen, überzeugt dies nicht.

Bei der im Bundestag geführten Biospritdebatte vom 20. September 2007 (Plenarprotokoll) erklärte der Bundestagsabgeordnete Schindler, dass vor der Abstimmung über das BiokraftQuG keine Berechnungen dahingehend vorgelegen hätten, mit welchen steuerlichen Ausfällen zu rechnen wäre, falls die Entwicklung bei Biodiesel (das ist allerdings nicht identisch mit D-diesel) weitergehen würde wie bisher. Man habe vielmehr die Investitionsbereitschaft dringend bremsen wollen, zumal auch in Ungarn und Frankreich für den deutschen Biokraftstoffmarkt produziert würde. Es habe sich gezeigt, dass die Mineralölkonzerne die für die Erfüllung der Beimischungsquote erforderlichen Mengen an Biokraftstoff aus billigen Importen decken würden, wobei hinreichend bekannt sei, dass in den Herkunftsländern nicht unter Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes gewirtschaftet würde.

Nach Angaben der Bundestagsabgeordneten Frau Dr. Christel Happach-Kasan in dieser Debatte stammen bereits 50 % der Biokraftstoffquote aus Importen aus dem Ausland. Von den 50 Anlagen zur Herstellung von Biodiesel, die unter anderem durch erheblichen Einsatz von öffentlichen Geldern geschaffen worden seien, wäre bereits die Hälfte der Kapazität stillgelegt. Im Übrigen würden die theoretisch entgangenen Einnahmen durch die Steuer durch reale Steuereinnahmen durch die wirtschaftlichen Aktivitäten der Biokraftstoffbranche ausgeglichen.

Der Abgeordnete Schindler wies weiter darauf hin, dass die Bioäthanolanlage in Schwedt ihren Betrieb einstelle, wobei Fördermittel in Millionenhöhe auf diese Art und Weise verloren gingen. Er plädierte für eine Korrektur der zu rigiden Beschlüsse, die seitens des Bundestages gefasst worden seien, wobei allerdings auf die Situation in der Koalition und die Interessen der Mineralölwirtschaft Rücksicht zu nehmen wäre.

Aus den Wortbeiträgen dieser parlamentarischen Diskussion ist zu erkennen, dass die Begründung, die Rückführung der steuerlichen Begünstigung sei zur Haushaltskonsolidierung notwendig, nicht schlüssig ist.

Die getroffene Regelung der uneingeschränkten steuerlichen Belastung von mit anderen Energieerzeugnissen, die nicht ihrerseits Biokraftstoffe sind, vermischten Biokraftstoffen steht mithin nicht mit den Vorgaben der Biokraftstoffrichtlinie in Einklang.

Die Zweifel an der Vereinbarkeit einer nationalen Bestimmung mit dem höherrangigen Recht der Gemeinschaft führt dazu, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der auf dieser nationalen Bestimmung beruhenden Verwaltungsentscheidungen bestehen. Dem Antrag war daher stattzugeben.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner gemäß § 135 Abs. 1 FGO zu tragen.

Der Senat hat die Beschwerde zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

Ende der Entscheidung

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