Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 23.03.2007
Aktenzeichen: 2 K 4427/05
Rechtsgebiete: UStG, EG-VO 1831/2003


Vorschriften:

UStG § 12 Abs. 1
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1
EG-VO 1831/2003 Art. 2 Abs. 2 Buchst. a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

2 K 4427/05

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für die Lieferung von sog. Silierhilfsmitteln der ermäßigte Umsatzsteuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz - UStG - gilt.

Die Klägerin betreibt einen Handel mit Futtermitteln sowie Beimischungen für den landwirtschaftlichen Bereich. U.a. vertreibt sie die Produkte "AA Granulat", "A Plus Granulat" und "A-Liquid". Bei diesen Produkten handelt es sich um sog. "chemische Siliermittel bzw. Silierhilfsmittel". Silierhilfsmittel dienen im Wesentlichen dazu, die Qualität von Grünfuttersilagen durch eine Verbesserung des Gärverlaufs und eine Hemmung von Gärschädlingen zu erhöhen.

Nach von der Klägerin eingereichten Werbematerialen schützen ihre Produkte "A-Plus Granulat" und "A-Liquid" die zur Gärung von Grünfutter notwendigen Milchsäurebakterien und reduzieren gleichzeitig die zu den gärschädlichen Bakterien gehörenden "Clostridien". Auf diese Weise sollen diese beiden Produkte Fehlgärungen verhindern und die Silierung von mittelschwer bis schwer vergärbarem Grünfutter verbessern. Das Produkt "AA Granulat" dient nach den Werbematerialien der Klägerin vor allem der Verhinderung der Nachgärung bei Maissilagen. Der in diesem Produkt enthaltene Wirkstoff "Natriumbenzoat" soll das Silo gegen Hefen und Schimmelpilze stabilisieren und das Futter hygienisieren. Verderb und Energieverluste durch die Gärschädlinge sollen dadurch weitestgehend unterbunden werden. Alle drei Produkte der Klägerin sollen die Schmackhaftigkeit des Futters erhalten und so die Futteraufnahme verbessern.

Für die Lieferung ihrer drei Silierhilfsmittel nahm die Klägerin in ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 2002 und 2003 den ermäßigten Umsatzsteuersatz in Anspruch. In den Umsatzsteuerbescheiden für 2002 und 2003, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergingen, folgte der Beklagte zunächst den Steuererklärungen der Klägerin.

Im Jahr 2004 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Der Prüfer holte bei der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt in Hamburg - ZPLA - hinsichtlich der o.g. Produkte sog. "unverbindliche Zolltarifauskünfte für Umsatzsteuerzwecke ein". Die ZPLA kam zu dem Ergebnis, dass die drei Produkte der Klägerin die typische Zusammensetzung von Silierhilfsmitteln auf der Grundlage von Konservierungsmitteln hätten, deren wesentlicher Einsatzzweck in einer Verbesserung des Gärverlaufs und der Hemmung von Gärschädlingen, insbesondere Buttersäurebakterien, bestehe. Die drei Produkte der Klägerin seien daher unter der Nummer 3808 4090 90 0 der Zollnomenklatur einzureihen und dem Regelsteuersatz von 16 % zu unterwerfen. Im Betriebsprüfungsbericht vom 11. Februar 2005 folgte der Prüfer dieser Auskunft der ZPLA.

Auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte am 28. Juni 2005 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO - geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre.

Die Klägerin legte gegen die geänderten Bescheide Einsprüche ein. Der Beklagte holte im Einspruchsverfahren eine weitere Auskunft des ZPLA ein, das die Einreihung der Produkte der Klägerin in Kapitel 38 des Zolltarifs bestätigte. Die Einspruchsverfahren verliefen daher erfolglos. Durch Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 2005 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.

Mit der erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Ansicht, dass ihre drei Produkte unter Kapitel 23 des gemeinsamen Zolltarifs der EU (sog. "Kombinierte Nomenklatur", im Folgenden "KN") und nicht unter Kapitel 38 KN zu fassen seien.

Der Beklagte beziehe sich bei der von ihm vorgenommen Zuordnung zu Kapitel 38 KN vor allem auf die sog. "Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS) (im Folgenden: "ErlHS"). Dort werde in Randziffer 40.0 und 47.2 zur Position 2309 KN ausgeführt, dass "Zubereitungen von der Art antimikrobieller Desinfektionsmittel, die bei der Herstellung von Tierfutter verwendet werden, um unerwünschte Mikroorganismen zu hemmen" nicht zur Pos. 2309 KN gehören.

Insoweit sei aber zum einen darauf hinzuweisen, dass es sich bei den ErlHS lediglich um eine das Finanzgericht nicht bindende Verwaltungsanweisung handele.

Darüber hinaus seien die streitigen Produkte keine Desinfektionsmittel. Gemeinsames Merkmal aller in Pos. 3808 KN genannten Präparate einschließlich der Desinfektionsmittel und der ähnlichen Erzeugnisse sei nämlich, dass diese zum Töten z.B. von Bakterien und Sporen bestimmt seien. Die streitigen Produkte wirkten zwar auch gegen Buttersäurebakterien, Schimmelpilze und Hefen, töteten diese aber primär nicht ab. Vielmehr beeinflussten die Produkte das Wachstumsmilieu der unerwünschten Mikroorganismen. Zwar stürben dadurch als mittelbare Folge Buttersäurebakterien teilweise ab, doch nicht in dem Umfang, wie dies für eine "Desinfektion" erforderlich sei.

Die Zuordnung der fraglichen Produkte zur Pos. 2309 KN ergebe sich auch aus dem BMF-Schreiben vom 5. August 2004 (BStBl I 2004, 638). Danach gehörten zu "Zubereitungen von der zur Fütterung verwendeten Art i.S. der Pos. 2309 KN auch:

"Zubereitungen zum Herstellen der vorstehend unter aa) und bb) beschriebenen Alleinfuttermittel oder Ergänzungsfutter.

Diese handelsüblich als Vormischungen bezeichneten Zubereitungen sind komplexe Zusammenstellungen, die eine Anzahl von Stoffen (Additives) enthalten, die die Verwertung des Futters durch das Tier begünstigen und seinen Gesundheitszustand erhalten, die Haltbarkeit des Futters sicherstellen oder die Rolle eines Trägerstoffes spielen und entweder aus organischen oder anorganischen Stoffen (z.B. Maniok- und Sojamehl oder Magnesit, Salz oder Phosphate) bestehen.

Hierzu gehören auch Zubereitungen aus mehreren Mineralstoffen, soweit sie nicht Zubereitungen für Veterinärzwecke darstellen."

Die streitigen Produkte hätten die genannten Eigenschaften, d.h. sie begünstigten die Verwertung des Futters, sie erhielten den Gesundheitszustand der Tiere und sie stellten die Haltbarkeit des Futter sicher.

Für eine Zuordnung der streitigen Produkte zur Pos. 2309 KN spreche auch deren Zulassung als Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung i.S. der Verordnung 1831/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 und nicht als Biozid-Produkt i.S. der Richtlinie 98/8/EG vom 16. Februar 1998. Unter die "Biozid-Richtlinie" fielen zwar auch Schutzmittel für Lebens- und Futtermittel (Produkte zum Schutz von Lebens- und Futtermitteln gegen Schadorganismen). Dies umfasse aber nicht die streitigen Produkte. Aus der Endung "zid" folge, dass auch dort nur Produkte erfasst werden sollten, deren Aufgabe das Abtöten von Mikroorganismen sei. Demgegenüber fielen unter die o.g. Futtermittelverordnung auch Konservierungsmittel und Silierzusatzstoffe, wozu auch die streitigen Produkte der Klägerin gehörten. Da diese Produkte - wie sich aus den vorgelegten "Empfangsbestätigungen für eine Meldung gemäß Art. 10 der Verordnung 1831/2003 über Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung" ergebe - als Futtermittel, nicht aber als Biozid-Produkte, zugelassen werden müssten, spräche auch dies für eine Zuordnung zur Pos. 2309 KN.

Letztlich spräche für diese Zuordnung auch der Gesichtspunkt, dass die in Pos. 2309 KN aufgeführte Beschreibung "Zubereitung von der zur Verfütterung verwendeten Art" im Streitfall die genauere Produktbezeichnung sei als die in Pos. 3808 KN enthaltene Beschreibung "Desinfektionsmittel und ähnliche Stoffe".

Die Klägerin beantragt,

1. die geänderten Umsatzsteuerbescheide für 2002 und 2003 vom 28. Juni 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 2005 dahingehend zu ändern, dass die festgesetzte Umsatzsteuer 2002 von ./. 90.879,82 EUR um 91.888,27 EUR auf ./. 182.768,09 EUR und die festgesetzte Umsatzsteuer 2003 von ./. 26.762,66 EUR um 97.103,58 EUR auf ./. 123.866,24 EUR herabgesetzt wird,

hilfsweise

2. die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass es sich bei den drei Produkten der Klägerin um Zubereitungen auf der Grundlage von Konservierungsmitteln handele, für die nur einen Einreihung in Kapitel 38 KN in Betracht komme.

Die wesentliche Funktion von Silierhilfsmitteln sei es, die Haltbarkeit von Futter sicherzustellen. Derartige Waren würden nach den Erläuterungen zu Pos. 3808 KN als Desinfektionsmittel eingereiht. So hieße es in der ErlHS zur Pos. 3808 KN Rz. 35.1:

"Desinfektionsmittel werden z.B. in Krankenhäusern zum Reinigen der Wände usw. oder zum Sterilisieren von Instrumenten verwendet. Sie werden auch in der Landwirtschaft zum Beizen von Saatgut und bei der Herstellung von Tierfutter verwendet, um unerwünschte Mikroorganismen zu hemmen."

Ähnliches bestimme das Avis zum Harmonisierten System (AV) zu Pos. 3808 KN Rz. 04.0:

"Zubereitungen, bestehend aus einer Mischung aus Ameisensäure und Propionsäure, auch mit dem Zusatz von Ammoniumformiat, verdünnt in Wasser, wegen ihrer antimikrobiellen Eigenschaften verwendet bei der Herstellung von Tierfutter, um unerwünschte Mikroorganismen, wie Bakterien (z.B. Salmonellen), Hefen oder Schimmel zu begrenzen."

Die von der Klägerin vorgebrachte Einschränkung des Anwendungsbereichs der Pos. 3808 KN auf "tötende" Mittel widerspreche sowohl dem Wortlaut der Position, der eben auch "ähnliche Erzeugnisse" beinhalte, als auch der in den Erläuterungen ausgeführten üblichen Auslegung.

Nach der ständigen Rechtsprechung bildeten die Erläuterungen ein wichtiges Hilfsmittel, um eine einheitliche Auslegung des Zolltarifs zu gewährleisten. Insofern seien die genannten Erläuterungen zwar nicht bindend, stellten aber ein wichtiges Erkenntnismittel zur Auslegung des Zolltarifs dar.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist unbegründet.

Die geänderten Umsatzsteuerbescheide für 2002 und 2003 vom 28. Juni 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 2005 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Beklagte hat zu Recht angenommen, dass die drei streitgegenständlichen Silierhilfsmittel nicht in die Pos. 2309 KN sondern vielmehr in Pos. 3808 KN einzureihen sind. Auf die Lieferungen dieser Produkte ist daher nach § 12 Abs. 1 UStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung der Regelsteuersatz von 16 Prozent und nicht gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent zu erheben.

1. Der ermäßigte Steuersatz gilt nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. der Anlage Nr. 37 unter anderem für Lieferungen von zubereitetem Futter i.S. des Kap. 23 des Gemeinsamen Zolltarifs - GTZ -.

2. Für die Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. der Anlage Nr. 37 kommt es allein auf die zolltariflichen Vorschriften und Begriffe an (vgl. BFH-Urteile vom 20. Februar 1990 VII R 172/84, BFHE 160, 342, BStBl II 1990, 760; vom 8. Januar 2003 VII R 11/02, BFHE 201, 352, BFH/NV 2003, 875; vom 3. Februar 2004 VII R 33/03, BFH/NV 2004, 849).

3. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - (vgl. z.B. Urteil vom 7. Februar 2002 Rs. C-276/00, EuGHE 2002, I-1389 Rdnr. 21) und des BFH (vgl. z.B. Urteil vom 11. März 2004 VII R 43/03, BFH/NV 2004, 1309) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln der KN festgelegt sind. Daneben stellen die vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens für das Harmonisierte System (HS) bzw. die von der Europäischen Kommission für die KN ausgearbeiteten Erläuterungen ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen dar (vgl. EuGH-Urteil vom 7. Februar 2002 Rs. C-276/00, a.a.O. Rdnr. 22). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Position oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (EuGH-Urteil vom 18. April 1991 Rs. C-219/89, EuGHE 1991, I-1895 Rdnr. 9).

4. Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin handelt es sich bei den von ihr vertriebenen Silierhilfsmitteln nicht um eine "Zubereitung von der zur Fütterung verwendeten Art" i.S. der Pos. 2309 KN.

a) Die Zweckbestimmung als Futter ist ein objektives Merkmal, dass dann gegeben ist, wenn festgestellt werden kann, dass die Zubereitung ausschließlich zur Verwendung als Futter geeignet ist (vgl. EuGH-Urteil vom 23. März 1972 Rs. 36/71, EuGHE 1972, 187 Rdnr. 4; BFH-Urteil vom 3. Februar 2004 VII R 33/03, a.a.O., m.w.N.).

b) Die streitgegenständlichen Silierhilfsmittel der Klägerin sind nicht in diesem Sinne für Futterzwecke bestimmt. Sie sind vielmehr sog. "Futtermittelzusatzstoffe", die dem Futtermittel "Grünfutter" zugesetzt werden sollen, um die Silageerzeugung, d.h. die Herstellung von durch Milchsäuregärung konserviertem hochwertigem Grünfutter für Nutztiere, zu verbessern. Die Silierhilfsmittel der Klägerin sind somit selbst nicht zur Verwendung als Futter geeignet und bestimmt. Sie haben vielmehr eine rein "verfahrenstechnische" Funktion bei der Herstellung des Futtermittels "Grünfuttersilage".

aa) Diese Zweckbestimmung der Silierhilfsmittel der Klägerin wird durch deren Einordnung in der auch von der Klägerin angeführten Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 des Europäischen Parlaments und Rates vom 22. September 2003 über "Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung" (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - Nr. L 268/29, im Folgenden EG-VO 1831/2003) bestätigt.

(1) In Artikel 2 Abs. 2 Buchst. a) dieser EG-VO 1831/2003 ist für "Futtermittelzusatzstoffe" die folgende Begriffsbestimmung getroffen:

"Futtermittelzusatzstoffe": Stoffe, Mikroorganismen oder Zubereitungen, die keine Futtermittel-Ausgangserzeugnisse oder Vormischungen sind und bewusst Futtermitteln oder Wasser zugesetzt werden, um insbesondere eine oder mehrere der in Artikel 5 Abs. 3 genannten Funktionen zu erfüllen.

(2) Nach Artikel 6 Abs. 1 der EG-VO 1831/2003 werden die Futtermittelzusatzstoffe dann je nach Funktionsweise und Eigenschaften einer oder mehreren näherer beschriebenen Kategorien zugeordnet. Artikel 6 Abs. 1 Buchst. a) der EG-VO 1831/2003 beschreibt dabei die Kategorie der sog. "technologischen Zusatzstoffe" wie folgt:

"technologische Zusatzstoffe: jeder Stoff, der Futtermitteln aus technologischen Gründen zugesetzt wird."

(3) Nach Anhang I der EG-VO 1831/2003 wird schließlich unter Punkt 1. k) die sog. Funktionsgruppe der "Silierzusatzstoffe" in die Kategorie der "technologischen Zusatzstoffe" eingereiht. Silierzusatzstoffe werden dabei wie folgt definiert:

"Silierzusatzstoffe: Stoffe, einschließlich Enzyme oder Mikroorganismen, die Futtermitteln zugesetzt werden, um die Silageerzeugung zu verbessern."

(4) Dementsprechend wurden die streitgegenständlichen Silierhilfsmittel der Klägerin gemäß Artikel 10 der EG-VO 1831/2003 entgegen der Darstellung der Klägerin nicht als "Futtermittel", sondern vielmehr als "technologische Futtermittelzusatzstoffe" bei der Europäischen Kommission, Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz, Referat D1 Tierernährung gemeldet (vgl. die von der Klägerin eingereichten entsprechenden Empfangsbestätigungen der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz, Referat D1 Tierernährung vom 05.11.2004).

bb) Gegen die Einreihung der Silierhilfsmittel der Klägerin als Futter sprechen außerdem die ErlHS zur Pos. 2309 KN.

(1) Der Klägerin ist insoweit zwar zuzugestehen, dass nach den ErlHS zur Pos. 2309 KN Rz. 24.0 und 25.0 auch Zubereitungen zum Herstellen der in den ErlHS zur Pos. 2309 KN Rz. 10.0 ff. und 18.1 ff. beschriebenen "Alleinfuttermittel" oder "Ergänzungsfutter" als Zubereitungen von der zur Fütterung verwendeten Art i.S. der Pos. 2309 KN anzusehen sind (entsprechend die Ausführungen in dem von der Klägerin angeführten BMF-Schreiben vom 5. August 2004, BStBl I 2004, 638, Rz. 126 Nr. 8 b) cc)).

(2) Insoweit ist jedoch schon fraglich, ob es sich bei einer Grünfuttersilage überhaupt um ein unter Verwendung von Silierhilfsmitteln hergestelltes "Alleinfuttermittel" bzw. "Ergänzungsfutter" i.S. der oben genannten Erläuterungen handelt.

(3) Der Senat kann diese Frage jedoch offen lassen, da die Silierhilfsmittel der Klägerin aus zwei anderen Gründen nicht zu den in den ErlHS zur Pos. 2309 KN Rz. 24.0 ff. genannten Zubereitungen gehören.

alpha) Zum einen sind nach den ErlHS zur Pos. 2309 KN Rz. 25 hierunter nur Zubereitungen zu verstehen, die handelsüblich als "Vormischungen" bezeichnet werden. Vormischungen sind dabei nach diesen Erläuterungen komplexe Zusammenstellungen, die eine Anzahl von Stoffen (auch Additives genannt) enthalten, deren Art und Mischungsanteile entsprechend den erwünschten tierischen Erzeugnissen festgelegt werden.

Bei den von der Klägerin hergestellten und vertriebenen Silierhilfsmitteln handelt es sich nicht um handelsüblich als "Vormischungen" bezeichnete Zubereitungen. Dies zeigen die in Artikel 2 Abs. 2 der EG-VO 1831/2003 enthaltenen Begriffsbestimmungen i.V.m. Anlage I der EG-VO 1831/2003. In Artikel 2 Abs. 2 Buchst. e) der EG-VO 1831/2003 sind "Vormischungen" wie folgt definiert:

"Vormischungen": Mischungen von Futtermittelzusatzstoffen oder Mischungen aus einem oder mehrere Futtermittelzusatzstoffen mit FuttermittelAusgangserzeugnissen oder Wasser als Trägern, die nicht für die direkte Verfütterung an Tiere bestimmt sind.

Diese Begriffsbestimmung macht aber ebenso wie die oben bereits angeführte Definition der "Futtermittelzusatzstoffe" in Artikel 2 Abs. 2 Buchst. a) der EG-VO 1831/2003 deutlich, dass Futtermittelzusatzstoffe handelsüblich nicht als "Vormischungen" angesehen werden. Da Silierzusatzstoffe nach dem oben ebenfalls bereits zitierten Punkt 1. k) des Anhangs I zur EG-VO 1831/2003 jedoch zu den Futtermittelzusatzstoffen gehören, stellen diese im Ergebnis keine Vormischungen dar.

beta) Zum anderen verdeutlichen auch die ErlHS zur Pos. 2309 KN Rz. 40.0 und 47.2, dass Zubereitungen von der Art antimikrobieller Desinfektionsmittel, die bei der Herstellung von Tierfutter verwendet werden, um unerwünschte Mikroorganismen zu hemmen, nicht zur Pos. 2309 KN, sondern vielmehr zur Pos. 3808 KN gehören. In den ErlHS zur Pos. 3808 KN Rz. 35.1 wird insoweit entsprechend ausgeführt, dass Desinfektionsmittel in der Landwirtschaft auch zur Herstellung von Tierfutter verwendet werden, um unerwünschte Mikroorganismen zu hemmen.

alphaalpha) Bei den von der Klägerin vertriebenen chemischen Silierhilfsmitteln handelt es sich um solche "Zubereitungen von der Art antimikrobieller Desinfektionsmittel". Nach den vorliegenden Produktbeschreibungen sollen die Silierhilfsmittel der Klägerin während des Gärverlaufs vor allem die Entwicklung der zu den gärschädlichen Bakterien gehörenden "Clostridien" (so bei "A-Plus Granulat" und "A-Liquid") bzw. das Wachstum von Hefen und Schimmelpilzen (so bei "Mais Kofasil Granulat") verhindern. Die Zweckbestimmung der Silierhilfsmittel der Klägerin liegt somit insbesondere darin, bei der Herstellung des Tierfutters "Silage" unerwünschte Mikroorganismen zu hemmen.

betabeta) Dieser entsprechend den ErlHS zur Pos. 2309 KN Rz. 40.0 und 47.2 und zur Pos. 3808 KN Rz. 35.1 vorgenommenen Einreihung der Silierhilfsmittel als "Desinfektionsmittel und ähnliche Erzeugnisse" i.S. der Pos. 3808 KN steht der Einwand der Klägerin, ihre Produkte würden nur die Vermehrung von Buttersäurebakterien, Schimmelpilzen und Hefen verhindern, nicht jedoch diese unerwünschten Mikroorganismen abtöten, nicht entgegen.

Anders als die Klägerin ist der erkennende Senat insoweit der Ansicht, dass die genannten Erläuterungen unter "Desinfektion" zu Recht nicht nur das Abtöten von Keimen verstehen. Der Begriff der Desinfektion bezeichnet nämlich im Allgemeinen die Gesamtheit aller Maßnahmen, durch die Krankheitserreger (Bakterien, Viren, Protozoen) abgetötet oder an ihrer Vermehrung gehindert (inaktiviert) werden, damit sie nicht mehr infektiös sind (vgl. Brockhaus, Die Enzyklopädie in 24 Bänden, Band 5).

II. Der erkennende Senat sieht es auf Grund der Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung des Begriffs der "Zubereitung von der zur Fütterung verwendeten Art" i.S. der Pos. 2309 KN als eindeutig an, dass die Silierhilfsmittel der Klägerin nicht in diese Pos. einzureihen sind. Ein Anlass zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH besteht demnach nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, EuGHE 1982, 3415 Rdnr. 16).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

IV. Die Revision zum Bundesfinanzhof war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

Ende der Entscheidung

Zurück