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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 08.05.2007
Aktenzeichen: 1 K 4435/04
Rechtsgebiete: EigZulG


Vorschriften:

EigZulG § 5
EigZulG § 7 S. 3 Hs. 2
EigZulG § 11 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

1 K 4435/04

Tenor:

Der Bescheid über die Aufhebung der Eigenheimzulage vom 21.5.2004 wird mit der Maßgabe aufgehoben, dass den Klägern für das Jahr 2003 Eigenheimzulage in Höhe von 4.090 EUR gewährt wird.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte berechtigt war, die Festsetzung der Eigenheimzulage für ein Folgeobjekt aufzuheben, weil ihm nachträglich bekannt wurde, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte der Kläger in den nach § 5 Eigenheimzulagegesetz (EigZulG) maßgebenden Jahren insgesamt die Einkunftsgrenze überschritt. Streitig ist, ob die maßgebenden Jahre das Anschaffungsjahr des Folgeobjektes und das Vorjahr (hier: 2002 und 2001) oder das erste Jahr des Förderzeitraums (§ 7 Satz 3 EigZulG) und das Vorjahr (hier: 2003 und 2002) sind.

Die verheirateten Kläger werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Sie haben zwei im Jahr 1992 bzw. 1994 geborene Kinder. Im Jahr 1998 erwarben sie ein Einfamilienhaus, das sie zu eigenen Wohnzwecken nutzten. Der Beklagte setzte die Eigenheimzulage antragsgemäß fest. Im Jahr 2002 veräußerten die Kläger das bis dahin eigengenutzte Gebäude und erwarben ein weiteres Einfamilienhaus, das sie ab 1.9.2002 nutzten.

Der Gesamtbetrag der Einkünfte der Kläger betrug 86.341 EUR im Jahr 2001, 100.710 EUR im Jahr 2002 und 129.297 EUR im Jahr 2003. Nachdem der Beklagte zunächst die Eigenheimzulage für das Folgeobjekt ab 2003 unter dem 10.2.2003 antragsgemäß festgesetzt hatte, hob er nach der Abgabe der Einkommensteuererklärung der Kläger für 2003 die Festsetzung mit Bescheid vom 21.5.2004 wieder auf und forderte die gezahlte Eigenheimzulage zurück. Zur Begründung führte er an, der Grenzbetrag des § 5 EigZulG von 224.970 EUR sei durch die Zusammenrechnung des Gesamtbetrags der Einkünfte der Jahre 2002 und 2003 (100.710 EUR plus 129.297 EUR = 230.007 EUR) überschritten. Wegen der späteren Unterschreitung der Einkunftsgrenze setzte er die Eigenheimzulage für den restlichen Förderzeitraum 2004 und 2005 erneut fest.

Der gegen die Aufhebung der Festsetzung für das Jahr 2003 erhobene Einspruch, mit dem die Kläger geltend machten, es seien der Gesamtbetrag der Einkünfte des Jahres 2001 und des Jahres 2002 zusammenzurechnen, blieb ohne Erfolg.

Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 20.3.2003 III R 55/00 BStBl. II 2004, 206 vertreten sie die Ansicht, zur Berechnung der Einkunftsgrenze sei das Jahr der Anschaffung (2002) und das Vorjahr (2001) heranzuziehen. Der Umstand, dass der Förderzeitraum für das Folgeobjekt wegen § 7 Satz 3 EigZulG erst mit dem Jahr 2003 beginne, habe auf die Berechnung des Grenzbetrages keinen Einfluß. Die Summe des Gesamtbetrags der Einkünfte der Jahre 2001 und 2002 (187.051 EUR) unterschreite den Grenzbetrag von 224.970 EUR, so dass die Eigenheimzulage auch für 2003 zu gewähren sei.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des Bescheides vom 21.5.2004 Eigenheimzulage für das Jahr 2003 in Höhe von 4.090 EUR festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er stellt sich unter Hinweis auf den BMF-Erlass vom 10.2.1998 (Anhang 34 zum Einkommensteuerhandbuch 2002) auf den Standpunkt, die Einkünfte der Jahre 2002 und 2003 seien maßgebend. Erstjahr im Sinne des § 5 EigZulG sei hier das Jahr 2003. Bei einem Folgeobjekt könne Erstjahr frühestens das auf das Kalenderjahr folgende Jahr sein, in dem das Erstobjekt letztmals zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden sei. Bei einem Folgeobjekt , das in jeder Hinsicht ein eigenständiges Objekt sei, müsse eine erneute Prüfung des Grenzbetrages erfolgen (§ 7 Satz 3, 2. Halbsatz EigZulG). Das von den Klägern zitierte Urteil des Bundesfinanzhofs sei im Streitfall nicht einschlägig, weil es sich im Urteilsfall nicht um ein Folgeobjekt gehandelt habe. Diese Auffassung werde auch durch die Entscheidungen des FG Köln (Urteil vom 6.7.2005 11 K 5302/04, EFG 2005, 1522) und des FG Nürnberg (Urteil vom 31.5.2006 III 88/2004, DStRE 2007, 301) bestätigt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der vorgelegten Steuerakten (je 1 Hefter Eigenheimzulage und Rechtsbehelfsvorgänge) verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Zu Unrecht hat der Beklagte die Festsetzung der Eigenheimzulage für das Jahr 2003 aufgehoben und den Betrag von 4.090 EUR zurückgefordert, denn der Gesamtbetrag der Einkünfte der maßgebenden Jahre 2002 (Anschaffungsjahr) und 2001 (Vorjahr) übersteigt die Einkunftsgrenze des § 5 EigZulG nicht. Die Kläger haben mithin auch für das Jahr 2003 Anspruch auf Eigenheimzulage.

Nach § 11 Abs. 4 EigZulG ist der Bescheid über die Festsetzung der Eigenheimzulage u.a. aufzuheben, wenn nachträglich bekannt wird, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte in den nach § 5 EigZulG maßgebenden Jahren insgesamt die Einkunftsgrenze übersteigt. Zwar übersteigt die Summe des Gesamtbetrags der Einkünfte der Jahre 2002 und 2003 die Einkunftsgrenze des § 5 EigZulG. Auch ist dieser Umstand dem Beklagten nachträglich bekannt geworden. Der Beklagte hat deshalb die Festsetzung der Eigenheimzulage aus seiner Sicht folgerichtig aufgehoben. Er stützt sich dabei auf die vom Bundesminister der Finanzen zu § 5 EigZulG vertretene Auffassung (BMF-Schreiben vom 10.2.1998 BStBl I 1998, 190 Textziffer 29; ebenso BMF-Schreiben vom 21.12.2004 BStBl I 2005, 305), wonach beim Folgeobjekt das Erstjahr frühestens das auf das Kalenderjahr folgende Jahr sei, in dem der Anspruchsberechtigte das Erstobjekt zum letzten Mal zu eigenen Wohnzwecken genutzt hatte.

Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen. Sie ergibt sich nicht zwingend aus dem Gesetz. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs(Urteil vom 20.3.2003 III R 55/00, BStBl II 2004, 206) ist schon der Ansicht des zit. BMF-Schreibens zu den maßgebenden Jahren im Sinne des § 5 EigZulG bezüglich eines Erstobjektes entgegengetreten, das Erstjahr könne auch ein Jahr des Förderzeitraums sein, das auf das Jahr der Anschaffung oder Herstellung folge. Die Entscheidung stellt mangels Definition des Tatbestandsmerkmals "Erstjahr" durch das Gesetz selbst klar, dass grundsätzlich das Jahr der Anschaffung oder Herstellung als Erstjahr anzusehen ist, sofern unter Einbeziehung des Vorjahres die Einkunftsgrenze nicht überschritten wird. Die Entscheidung wird überzeugend mit der Entstehungsgeschichte des Eigenheimzulagegesetzes begründet. Danach war es Ziel des Gesetzgebers, möglichst frühzeitige Investitionsentscheidungen zu initiieren und für den Bauherrn oder Erwerber einer Immobilie Planungssicherheit zu garantieren.

Es heißt dort u.a.:

"Für die Prüfung der Einkunftsgrenze sollte es somit nach der Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten auf das Jahr der Anschaffung oder Herstellung und zusätzlich auf das vorangegangene Jahr ankommen. Dass das Jahr der Anschaffung oder Herstellung nicht mehr ausdrücklich genannt wurde, beruht offensichtlich darauf, dass im Übrigen die bisherigen Regelungen der Sätze 1 und 2 des § 5 Abs. 1 des Regierungsentwurfs zusammengefaßt wurden. Wie aus der Gesetzesbegründung ersichtlich, sollte damit aber keine inhaltliche Änderung dergestalt verbunden sein, dass für die Prüfung der Einkunftsgrenze nunmehr an die Stelle des Jahres der Anschaffung oder Fertigstellung das Jahr tritt, in dem erstmals alle Voraussetzungen für die Gewährung der Eigenheimzulage vorliegen. Vielmehr sollte nach wie vor auf die Einkünfte des Jahres der Anschaffung oder Fertigstellung und zusätzlich auf die Einkünfte des vorangegangenen Jahres abgestellt werden oder - sofern die Einkünfte zunächst zu hoch sind - auf zwei spätere Jahre des Förderzeitraums, in denen der Gesamtbetrag der Einkünfte auf den nach § 5 EigZulG maßgebenden Betrag gesunken ist." (BFH aaO. unter I. 1. b) cc)).

Allerdings weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass die Entscheidung nicht den Fall des Folgeobjektes betraf. Dieser Fall weist die Besonderheit auf, dass der Beginn des Förderzeitraums für das Folgeobjekt unter den Voraussetzungen des § 7 Satz 3, 2. Halbsatz hinausgeschoben wird. Denn wenn der Anspruchsberechtigte - wie im Streitfall - das Folgeobjekt in dem Jahr anschafft, in dem er das Erstobjekt noch zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat, beginnt der Förderzeitraum für das Folgeobjekt erst mit dem Ablauf des Jahres, in dem das Erstobjekt letztmals zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.

Diese Besonderheit hindert jedoch nicht, die Grundsätze der BFH-Entscheidung auch auf ein Folgeobjekt im Sinne des § 7 Satz 3, 2. Halbsatz anzuwenden. Zwar beginnt im Streitfall der Förderzeitraum für das Folgeobjekt der Kläger erst mit dem Jahr 2003. Das Folgeobjekt ist aber nach § 7 Satz 2 EigZulG ein eigenständiges Objekt. Die Voraussetzungen für die Eigenheimzulage sind deshalb umfassend zu prüfen. Dazu gehört auch die Berechnung der Einkunftsgrenze nach § 5 EigZulG (Hinweis auf Urteile des FG Köln vom 6.7.2005 11 K 5302/04 EFG 2005, 1522 und des FG Nürnberg vom 31.5.2006 III 88/2004 DStRE 2007, 301). Der Grundgedanke der BFH-Entscheidung - Planungssicherheit und frühzeitige Investitionsentscheidung - gilt deswegen auch in gleicher Weise für ein Folgeobjekt.

Dies bedeutet, dass den Klägern als Erwerbern eines zu eigenen Wohnzwecken zu nutzenden Folgeobjektes ebenso wie beim Erwerb eines Erstobjektes im Zeitpunkt der Investitionsentscheidung nach der Zielrichtung des Eigenheimzulagegesetzes Planungssicherheit gegeben werden muß und zwar auch insoweit, als es die Berücksichtigung der maßgebenden Jahre für die Berechnung der Einkunftsgrenze angeht.

Die wirtschaftliche Situation und die Motivation für die Entscheidung zum Erwerb eines Folgeobjektes unterscheidet sich für den Erwerber in nichts von der Situation beim Erwerb eines Erstobjektes. § 7 Satz 3, 2. Halbsatz EigZulG, auf den sich der Beklagte beruft, hat keinerlei Bedeutung für die Berechnung der Einkunftsgrenze. Die Vorschrift definiert in keiner Weise das Tatbestandsmerkmal "Erstjahr". Vielmehr erschöpft sich ihr Regelungsgehalt erkennbar darin zu verhindern, dass sich unter den dort genannten Voraussetzungen die Förderzeiträume für das Erstobjekt und das Folgeobjekt überschneiden.

Die anderslautenden Auffassungen des FG Köln und des FG Nürnberg aaO. stehen dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Beide Entscheidungen beantworten zwar die Frage der maßgebenden Jahre im Sinne des BMF-Schreibens, jedoch ohne nähere Begründung. Im Urteilsfall des FG Nürnberg war diese Frage außerdem nicht entscheidungserheblich, weil die Einkunftsgrenze nach allen Varianten überschritten war.

Im Streitfall waren mithin die nach § 5 EigZulG maßgebenden Jahre das Anschaffungsjahr (2002) und das Vorjahr (2001). Die Summe des Gesamtbetrags der Einkünfte der beiden Jahre beträgt 187.051 EUR. Dieser Betrag übersteigt die individuelle Einkunftsgrenze der Kläger nach § 5 EigZulG (224.970 EUR) nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung, die Entscheidung wegen der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus den §§ 151 Abs. 3, 155 Finanzgerichtsordnung in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozeßordnung.



Ende der Entscheidung

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