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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 25.06.2009
Aktenzeichen: 10 K 266/06
Rechtsgebiete: EStG, HGB, GmbHG


Vorschriften:

EStG § 17
EStG § 20
HGB § 255 Abs. 1
GmbHG § 32a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Darlehenverlusten als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen § 17 EStG.

Der Kläger ist Professor und Chefarzt der ... . Außerdem ist er als Dozent tätig. Daneben bezieht er auch freiberufliche Einkünfte aus der selbstständigen Behandlung von Patienten als ... . Er war im Streitjahr mit einem 10%-Anteil an der G-GmbH beteiligt, deren Stammkapital sich auf insgesamt 30.000 € belief. Diesen Anteil hatte er unstreitig mit notariellem Vertrag vom 14. Mai 1999 für umgerechnet 3.000 € erworben. Er war nicht geschäftsführend tätig. Die GmbH war im Bereich der präventiven Gesundheitsvorsorge tätig. Gegenstand ihres Unternehmens war im Wesentlichen der Aufbau und die Durchführung eines Dienstleistungsangebots in medizinischer, therapeutischer und trainingswissenschaftlicher Begleitung, die Durchführung von Wellness-Programmen und die Entwicklung von ganzheitlichen Konzepten der individuellen Gesundheitsvorsorge.

Der Kläger hatte sich an der GmbH nach seinen Angaben nicht nur aus finanziellem Interesse beteiligt. Vielmehr hätten die Mitarbeit am Aufbau und an der Konzeption für ihn auch einen fachlichen bzw. wissenschaftlichen Wert gehabt. Auf die Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung, ob sich die Beteiligung möglicherweise im Betriebsvermögen des Klägers befunden habe, erklärte die Bevollmächtigte, der Kläger habe im Krankenhaus zwar auch freiberuflich Patienten behandelt und seine Einkünfte insoweit durch Überschussrechnung ermittelt, er habe die Beteiligung aber weder als Betriebsvermögen behandelt noch sei sie notwendiges Betriebsvermögen gewesen; bei der Beteiligung handle es sich unstreitig um Privatvermögen.

Wegen Standortnachteilen war die GmbH zu umfangreichen und kostspieligen Werbemaßnahmen gezwungen. Der Geschäftsführer war überlastet und in seiner Effektivität eingeschränkt. Aufgrund eines Darlehensvertrags vom 10. September 1999 gewährte der Kläger der GmbH ein Darlehen in Höhe von 50.000 DM. In einer Situationsanalyse, die den Gesellschaftern anlässlich der Gesellschafterversammlung vom 26. Oktober 2000 zur Verfügung gestellt wurde, wurde die Liquidität der GmbH als unmittelbar gefährdet bezeichnet. Der Umsatz der GmbH decke nur 50 % der Kosten und sie sei durch die Aufnahme von Darlehen überschuldet. Man hoffe aber auf eine positive Entwicklung. Eine bessere Auslastung der Kapazitäten könne in den nächsten 12 Monaten zu einer Umsatzsteigerung führen, die die Kosten decken würde. Es sei jedoch kein Geld für die Umsetzung dringend notwendiger Produkt- und Werbemaßnahmen vorhanden.

Im Jahr 1999 wurde ein Verlust von 154.210 DM und im Jahr 2001 solcher von 201.850 DM erwirtschaftet. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag der GmbH zum 31. Dezember 1999 betrug 93.354 DM und 295.205 DM zum 31. Dezember 2000.

Am 11. Juli und am 28. September 2001 gewährte der Kläger zwei weitere Darlehen über jeweils 20.000 DM. Mit notariellem Vertrag vom 22. Mai 2002 verkaufte der Kläger seine Beteiligung zum Preis von 1 € verkauft. Im Zeitpunkt der Veräußerung belief sich der Darlehensstand (zuzüglich Verzinsung, abzüglich geleisteter Zahlungen) auf 42.318 €. Bereits im Veräußerungsvertrag verzichtete der Kläger auf die Rückzahlung dieser Forderungen.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger einen Veräußerungsverlust nach § 17 EStG in Höhe von 45.385,78 € geltend. Dieser Verlust resultierte zu 3.067,57 € aus dem Verlust des Stammkapitals und zu 42.318,21 € aus dem Verlust der Darlehen. Die Berechnung im Einzelnen ist aus einer Anlage zur Steuererklärung ersichtlich. Der Kläger machte geltend, sämtlichen Darlehens-Teilbeträge seien bereits "in der Krise" gewährt worden. Die Anteilsverkäufe im Jahr 1999 an den damaligen Geschäftsführer und den Kläger hätten dem Zweck der Kapitalbeschaffung gedient. Dies ergebe sich auch aus einer Situationsanalyse, die den Gesellschaftern bei der Versammlung am 26. Oktober 2000 zur Verfügung gestellt worden sei.

Bei Durchführung der Einkommensteuerveranlagung gelangte der Bearbeiter zwar zu dem Ergebnis, dass sich die Gesellschaft bereits bei Darlehenshingabe im Jahr 1999 in der Krise befunden habe und von Fremden Dritten keinen Kredit mehr zu marktüblichen Konditionen habe erhalten können, gleichwohl berücksichtigte er die Darlehensverluste nicht, da der Kläger nicht zu mehr als 10 % an der GmbH beteiligt und nicht geschäftsführend tätig gewesen sei. Im Ergebnis wurde deshalb im vorliegend streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 7. September 2004 lediglich der Verlust des Stammkapitals von 3.067,57 € berücksichtigt.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 16. Dezember 2005 aus: Die vom Kläger gewährten Gesellschafterdarlehen könnten nicht bei Ermittlung des Veräußerungsverlustes berücksichtigt werden, weil der Kläger nicht zu mehr als 10 % an der GmbH beteiligt und nicht geschäftsführend tätig gewesen sei. Somit fänden die Eigenkapitalersatzregeln nach § 32 a Abs. 3 GmbHG keine Anwendung mit der Folge, dass die Darlehensgewährung nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten geführt habe. Mit dieser Regelung im Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz habe zwar zivilrechtlich eine Erleichterung für Gesellschafter einer GmbH geschaffen werden sollen. Gleichzeitig seien jedoch für den Bereich des § 17 EStG Einschränkungen bei der Berücksichtigung von (nachträglichen) Anschaffungskosten einer GmbH-Beteiligung in Kraft gesetzt worden. Da die Darlehen im Streitfall nicht eigenkapitalersetzend gewesen seien, sei irrelevant, dass sie möglicherweise in der Krise gegeben worden seien.

Der Kläger macht geltend, die Differenzierung zwischen einem zu 10 % beteiligten Gesellschafter und einem zu 11 % beteiligten Gesellschafter sei nicht überzeugend. Der Begriff der nachträglichen Anschaffungskosten sei weit auszulegen, damit das die Einkommensbesteuerung beherrschende Nettoprinzip ausreichend wirksam werden könne. Aus § 17 EStG ergebe sich nicht, dass die Abgrenzung von steuerlich unbeachtlichen Darlehensverlusten und solchen, die als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen seien, nach der Frage auszurichten sei, ob gesellschaftsrechtlich von einem eigenkapitalersetzenden Darlehen gesprochen werden könne. Zwar komme die vom Beklagten vertretene Auffassung auch in Stellungnahmen einiger Oberfinanzdirektionen zum Ausdruck, dies sei jedoch als Rechtsgrundlage für die Auffassung des Beklagten nicht ausreichend. Grundlage sei die Wertentscheidung des Gesetzgebers, wesentliche Beteiligungen als mitunternehmerähnlich zu werten, um eine Gleichstellung mit Einkünften aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen i.S. § 16 EStG zu erreichen. Daran hätten die verschiedentlichen Reduzierungen der Beteiligungsgrenze in den vergangenen Jahren nichts geändert. Die Änderung des § 32 a GmbHG habe eine völlig andere Zielrichtung gehabt und dürfe nicht dazu führen, dass krisenbestimmte Darlehen eines mit 10 % wesentlich beteiligten Gesellschafters steuerlich nicht mehr berücksichtigungsfähig seien.

Betrachte man die stufenweise Darlehensgewährung durch den Kläger, spreche dies für die Annahme von Finanzplandarlehen. Am allgemeinen Kapitalmarkt habe man keine entsprechenden Darlehen erlangen können. Die Darlehen seien für die Erreichung des Gesellschaftszwecks unentbehrlich gewesen. Sie hätten nicht nur einen vorübergehenden Kapitalbedarf ausgleichen, sondern der GmbH dauerhaft zur Verfügung stehen sollen.

In der mündlichen Verhandlung erklärte die Bevollmächtigte ergänzend, dass im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des FG Düsseldorf trotz des im Streitjahr bereits geltenden Halbeinkünfteverfahrens die Berücksichtigung des vollen Darlehensbetrags und auch die Berücksichtigung des Verlusts der Kapitalbeteiligung in voller Höhe begehrt werde.

Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 7. September 2004 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 16. Dezember 2005 dahin zu ändern, dass im Rahmen der gewerblichen Einkünfte ein Verlust gemäß § 17 EStG i.H.v. weiteren 42.318 € (Gesellschafter-Darlehen G-GmbH) berücksichtigt wird, hilfsweise die Zulassung der Revision.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, für den Fall, dass das Gericht nachträgliche Anschaffungskosten durch die Darlehensgewährung bejaht und diese wegen des Halbeinkünfteverfahrens zur Hälfte einkommensmindernd berücksichtigt, diese mit dem zu Gunsten des Klägers fälschlich in voller Höhe berücksichtigten Verlust aus der Kapitalbeteiligung zu kompensieren, äußerst hilfsweise die Zulassung der Revision.

Der Beklagte ist unter Hinweis auf die Einspruchsentscheidung der Auffassung, dass die Finanzierungsmaßnahmen des Klägers nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten geführt hätten, weil es sich nicht um funktionales Eigenkapital gehandelt habe. Jedenfalls dürfe der Verlust aus der Beteiligung wegen des Halbeinkünfteverfahrens nur hälftig berücksichtigt werden. Da der Verlust aus der Kapitalbeteiligung jedoch fälschlich bereits in voller Höhe, statt in Höhe des halben Betrags berücksichtigt worden sei, müsse insoweit zumindest eine Kompensation stattfinden, wenn das Gericht nachträgliche Anschaffungskosten aus der Darlehensgewährung bejahen sollte.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger sind - unabhängig davon, ob auch das im September 1999 gewährte Darlehen bereits in der Krise gewährt worden ist - keine nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung durch den Ausfall mit den von ihm gewährten Darlehen entstanden.

1. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mindestens 1% beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hielt. Entsprechendes gilt für die aus der Veräußerung einer solchen Beteiligung entstehenden Verluste (vgl. BFH-Urteil vom 12. Dezember 2000 VIII R 22/92, BFHE 194, 108, BStBl II 2001, 385).

Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, S. 402) hatte der Gesetzgeber die Beteiligungsgrenze im § 17 EStG auf (mindestens) 10% herabgesetzt (bis Ende 1998 mindestens 25 %). Durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 20. Dezember 2001 (StSenkG, BGBl I 2001, S. 3858) erfolgte ab 2002 die bis heute gültige Herabsetzung der relevanten Beteiligung auf - mittelbar oder unmittelbar - mindestens 1%; das Wort "wesentlich" wurde gestrichen.

2. Veräußerungsgewinn bzw. -verlust i.S. des § 17 Abs. 2 EStG ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG).

a) Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben; dazu gehören nach § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB auch die nachträglichen Anschaffungskosten. Der Begriff der nachträglichen Anschaffungskosten in § 17 EStG ist weit auszulegen, damit das die Einkommensbesteuerung beherrschende Nettoprinzip im Anwendungsbereich dieser Norm ausreichend wirksam werden kann. Dem durch die Beteiligung veranlassten Ertrag ist der durch sie veranlasste Aufwand gegenüberzustellen. Als nachträgliche Anschaffungskosten i.S. von § 17 EStG kommen deshalb nicht nur Aufwendungen in Betracht, die auf der Ebene der Gesellschaft als Nachschüsse (§ 26 GmbHG) oder verdeckte Einlagen zu werten sind. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung zählen daneben vielmehr auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungskosten sind. Dazu rechnen auch Finanzierungshilfen, z.B. durch Darlehensgewährung oder Bürgschaftsübernahme oder durch andere Rechtshandlungen i.S. des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG, wenn sie eigenkapitalersetzenden Charakter haben. Keine nachträglichen Anschaffungskosten sind hingegen Verluste, die ein Gesellschafter an Darlehen erleidet, die er der Gesellschaft wie ein fremder Dritter gewährt hat; mit einem solchen Darlehen unterfällt er dem Anwendungsbereich des § 20 EStG. Das bedeutet, dass sein Ausfall einkommensteuerrechtlich unbeachtlich ist (BFH-Urteile vom 2. April 2008 IX R 76/06, BFHE 221, 7, BStBl II 2008, 706 und vom 4. März 2008 IX R 78/06, BFHE 220, 446, BStBl II 2008, 575; BFH-Urteil vom 12. Dezember 2000 VIII R 52/93, BFHE 194, 120, BStBl II 2001, 286 und VIII R 36/97, BFH/NV 2001, 761 eingehend zu Verlusten im Zusammenhang mit Finanzierungs Maßnahmen; vgl. ferner BFH-Urteile vom 10. November 1998 VIII R 6/96, BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348 , vom 24. April 1997 VIII R 18/94, BFHE 183, 402, BStBl II 1999, 339 und vom 4. November 1997 VIII R 18/94, BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344; zum Gebot der weiten Auslegung auch Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 26. Aufl., § 17 Rz. 156).

b) Soweit Weber-Grellet in Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 26. Aufl., § 17 Rz. 156 die Auffassung vertritt, dass in dem durch § 17 Abs. 2 EStG gesteckten Rahmen möglichst solche Aufwendungen zu erfassen seien, die auch bei Mitunternehmern zu berücksichtigen wären, drängt sich spätestens ab dem Jahr 2002 die Frage auf, ob der Vergleich zum Mitunternehmer nach der Herabsetzung der relevanten Beteiligungsquote noch tragfähig ist. Denn von Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko kann bei Zwerganteilen in einer Größenordnung von 1 % nicht mehr gesprochen werden.

Die Frage nach der Veranlassung einer Darlehensgewährung durch das Gesellschaftsverhältnis mit der Folge der Berücksichtigung eines Darlehensverlusts als nachträgliche Anschaffungskosten kann deshalb nicht unabhängig von der Frage entschieden werden, ob es sich bei dem Darlehen um funktionales Eigenkapital handelt: Nur wenn die Finanzierungsmaßnahme des Gesellschafters wertungsmäßig als Zuwendung von funktionalem Eigenkapital gewürdigt werden kann, und der Gesellschafter mit dem von ihm gewährten Darlehen deshalb im Insolvenzfall wie ein Kapitalgeber und damit gegenüber gewöhnlichen Gesellschaftsgläubigern nachrangig behandelt wird, ist die Finanzierungsmaßnahme durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und damit als nachträgliche Anschaffungskosten zu behandeln. Die Würdigung einer Finanzierungsmaßnahme als funktionales Eigenkapital setzt damit nach wie vor voraus, dass sie zivilrechtlich eigenkapitalersetzend ist. Das ist der Fall, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Darlehensgewährung oder Weitergewährung entweder konkursreif ist oder wenn die Konkursreife zwar noch nicht eingetreten ist, die Rückzahlung des Darlehens aber angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft in dem Maße gefährdet ist, das ein ordentlicher Kaufmann das Risiko einer Kreditgewährung zu denselben Bedingungen wie der Gesellschafter nicht mehr eingegangen wäre (sog. Krise). Solche eigenkapitalersetzenden Finanzierungsmaßnahmen führen - wie Einlagen - zu nachträglichen Anschaffungskosten, da sie als Ersatz für Eigenkapital zu betrachten und deshalb ebenso wie dieses gesetzlich gebunden sind (funktionales Eigenkapital; ständige Rechtsprechung BFH-Urteil vom 2. April 2008 IX R 76/06, BFHE 221, 7, BStBl II 2008, 706; zur engen Anlehnung an das Zivilrecht und die Bedeutung des Eigenkapitalersatzrechts vgl. ferner BFH-Urteile vom 19. August 2008 IX R 63/05, BStBl II 2009, 5, BFH/NV 2008, 2101 , vom 24. April 1997 VIII R 23/93, BFHE 183, 397, BStBl II 1999, 342, VIII R 16/94, BStBl II 1999, 339; vom 12. Dezember 2000 VIII R 36/97, BFH/NV 2001, 761; vgl. ferner OFD Düsseldorf, 5. November 2002 S 2244 - 55 - St 122 - K). Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist der Gesellschafter wie jeder Drittgläubiger zu behandeln. Das (objektive) Nettoprinzip wird hier durch den Grundsatz eingeschränkt, dass Verluste in der Privatsphäre des Steuerpflichtigen einkommensteuerrechtlich nicht berücksichtigt werden (BFH-Urteile vom 10. November 1998 VIII R 6/96, BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348 , vom 24. April 1997 VIII R 18/94, BFHE 183, 402, BStBl II 1999, 339 und vom 4. November 1997 VIII R 18/94, BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344).

Dem entspricht, dass die Eigenkapitalersatzregeln nach den zivilrechtlichen Grundsätzen der Kapitalaufbringung und -erhaltung auch für nur mittelbar beteiligte Gesellschafter-Gesellschafter gelten, wenn und soweit diese einen beherrschenden Einfluss auf den Gesellschafter ausüben können, etwa aufgrund einer qualifizierten Anteilsmehrheit (BFH-Urteil vom 4. März 2008 IX R 78/06, BFHE 220, 446, BStBl II 2008, 575 unter Bezugnahme auf BGH-Urteil vom 21. November 2005 II ZR 277/03, NJW 2006, 1283 und Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a, 32b Rz 151; vgl. ferner BFH-Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 22/02, BFH/NV 2004, 620, DStRE 2004, 187).

c) Die Qualifikation einer Finanzierungsmaßnahme als funktionales Eigenkapital scheidet damit auf der anderen Seite aus, soweit der Gesellschafter seine Forderung im Konkurs der GmbH mit den gleichen Rang wie ein gewöhnlicher Gesellschaftsgläubiger geltend machen kann.

aa) Gemäß § 32 a Abs. 1 GmbHG in der für das Streitjahr gültigen Fassung (aufgehoben durch Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen - MoMiG - vom 23. Oktober 2008) konnte ein Gesellschafter, der der GmbH im Zeitpunkt der Krise ein Darlehen gewährt hatte, statt Eigenkapital zuzuführen, den Anspruch auf Rückgewähr des Darlehens im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft nur als nachrangiger Insolvenzgläubiger geltend machen, weil die der Gesellschaft überlassenen Finanzierungsmittel wie funktionales Eigenkapital behandelt wurden. Die Regeln über den Eigenkapitalersatz gelten jedoch nach dem mit Wirkung vom 24. April 1998 durch das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG v. 20. April 1998, BGBl I 1998, S. 707) eingefügten Abs. 3 S. 2 der Vorschrift nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter, der - wie auch der Kläger - mit zehn vom Hundert oder weniger am Stammkapital beteiligt ist; das Darlehen eines solchen Gesellschafters behält nach dieser Regelung vielmehr seine Funktion als Fremdkapital (BGH-Urteil vom 11. Juli 2005 II ZR 285/03, WM 2005, 1751, DB 2005, 2071 unter Hinweis auf Art. 5 KapAEG).

bb) Die Beteiligungsgrenze für die Behandlung einer Finanzierungsmaßnahme als funktionales Eigenkapital ist somit nicht deckungsgleich mit der im Rahmen des § 17 EStG maßgeblichen Beteiligungsgrenze, welche bereits ab 10 % bzw. ab 2002 bereits ab 1 % eingreift. Darlehen von nicht geschäftsführenden Gesellschaftern, die zu nicht mehr als 10 % beteiligt sind, behalten folglich ihre Funktion als Fremdkapital und führen nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten. Dies gilt auch dann, wenn der Gesellschafter ein krisenbestimmtes Darlehen oder einen Finanzplankredit gewährt hat, da insoweit die Regeln für den Eigenkapitalersatz entsprechend anzuwenden sind (OFD Düsseldorf, 5. November 2002, S 2244 - 55 - St 122 - K).

d) Etwas anderes ergäbe sich im Streitfall aber auch dann nicht, wenn man der o.a. Subsumtion für solche Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters nicht folgen wollte, die unter die bisher gesondert betrachtete Kategorie der Finanzplan-Darlehen fielen. Denn entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten kann im Streitfall schon deshalb nicht von einem Finanzplan-Darlehen gesprochen werden, weil sich die GmbH auf im Zeitpunkt der ersten Darlehensgewährung (September 1999) weder in der Gründungsphase noch einer Phase der Geschäftserweiterung befunden hat, für die ihr die Finanzierungsmittel nach der Verabredung bei der Darlehensgewährung zwingend hätten belassen werden sollen. Darüber hinaus wurde für keine der Finanzierungsmaßnahme vorgetragen und nachgewiesen, dass das außerordentliche Kündigungsrecht des Darlehensgebers die gemäß § 490 Abs. 1 BGB für den Fall der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der darlehensnehmenden Gesellschaft ausgeschlossen war. Außerdem war zumindest das im Jahr 1999 gewährte Darlehen nur für 8 Jahre gewährt, statt der früher für Finanzplan-Darlehen zugrunde gelegten 10 Jahre; für die beiden im Jahr 2001 gewährten Darlehen wurden keine Verträge vorgelegt.

3. Eine Berücksichtigung des Beteiligungsverlusts im Rahmen der freiberuflichen Einkünfte des Klägers kommt ebenfalls nicht in Betracht. Der Kläger, der seine Einkünfte insoweit durch Überschussrechnung ermittelt, hat die Beteiligung nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt. Ebenso wenig ist vorgetragen oder ersichtlich, dass es sich bei der Beteiligung um notwendiges Betriebsvermögen im Rahmen der freiberuflichen Tätigkeit als Orthopäde gehandelt hat. Die Bevollmächtigte hat die Eigenschaft der Beteiligung als Privatvermögen vielmehr noch in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich bestätigt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

5. Die Revision war zuzulassen, weil die Frage der Behandlung einer Finanzierungsmaßnahme als funktionales Eigenkapital für Kleinbeteiligungen bis zur Beteiligungsgrenze von 10% bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden ist.

Ende der Entscheidung

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