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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 24.03.2006
Aktenzeichen: 10 K 312/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 32 Abs. 4
EStG § 63 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einkünfte und Bezüge der Tochter des Klägers im Jahr 2003 den Jahresgrenzbetrag überschreiten.

Am 15. Januar 2004 beantragte der Kläger Kindergeld für seine im April 1978 geborene Tochter M für die Zeit ab Januar 2003, die sich in dieser Zeit als Anwärter für das Lehramt im Referendariat befand. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 16. Januar 2004 ab, weil der Jahresgrenzbetrag von 7.188 EUR überschritten sei. Die Beklagte ging dabei von Einnahmen in Höhe von 12.978 EUR aus, die um Werbungskosten von 4.993 EUR zu mindern seien. Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 2005).

Streitig ist jetzt noch das Kindergeld für die Monate Januar bis Dezember 2003.

Mit der erst nach Ausschlussfristsetzung begründeten Klage macht der Kläger geltend, der Jahresgrenzbetrag für 2003 sei nicht überschritten. Die Einnahmen hätten nur 12.703 EUR betragen. Ausweislich des Steuerbescheids für das Jahr 2003 (Kindergeld-Akte, Bl 171) seien Werbungskosten in Höhe von insgesamt 5.792 EUR zu berücksichtigen; dieser habe Einkünfte für M von insgesamt nur 6.981 EUR ausgewiesen. Die Werbungskosten seien gegenüber dem FA nachgewiesen worden.

Die Beklagte hat im Klageverfahren eine erneute Berechnung der Einkünfte und Bezüge vorgenommen. Dabei ging sie davon aus, dass die im Steuerbescheid für M angesetzten Besteuerungsgrundlagen keine Grundlagenfunktion für das Kindergeld hätten. Die Familienkasse sei vielmehr verpflichtet, sämtliche Werbungskosten eigenverantwortlich zu überprüfen. Auszugehen sei von Einnahmen in Höhe von 12.978 EUR. Davon abzuziehen seien lediglich Werbungskosten in Höhe von 5.005 EUR, so dass sich Einkünfte und Bezüge von 7.973 EUR ergäben (GA Bl. 55, 56). Die darüber hinaus angesetzten pauschalen Werbungskosten ohne Nachweis (beispielsweise Kontoführung) sei ebenso wenig berücksichtigungsfähig wie die ohne weitere Begründung angesetzten Kosten für Berufskleidung/Sport. Die Kosten für das Arbeitszimmer könnten ebenfalls nicht anerkannt werden, weil das Arbeitszimmer von den privat genutzten Räumlichkeiten nicht getrennt sei. Denn nach der Skizze der Wohnung befinde sich der Arbeitsplatz im Wohnzimmerbereich von M. Auch die Kosten für die Zweitwohnung könnten nicht anerkannt werden. Denn dies setze voraus, dass der Lebensmittelpunkt am ersten Wohnsitz beibehalten würde, was nur angenommen werden könne, wenn der erste Wohnsitz durchschnittlich mindestens zweimal monatlich aufgesucht werde. M habe jedoch lediglich 12 Heimfahrten durchgeführt.

Der Kläger ist nach wie vor der Ansicht, die Besteuerungsgrundlagen im Steuerbescheid seien auch für die Kindergeldfestsetzung maßgeblich. Seiner Berechnung hatte der Kläger zunächst die Einnahmen der M lt. Steuerkarte/Steuerbescheid in Höhe von 12.703 EUR zugrunde gelegt. Nachdem der Prozessvertreter des Klägers im Telefonat mit dem Berichterstatter vom 20. März 2006 darauf hingewiesen worden war, dass der Einkommensteuerbescheid für die Kindergeldfestsetzung kein Grundlagenbescheid sei und bislang keine Werbungskosten nachgewiesen worden seien, die über die im Schriftsatz der Beklagten vom 19. August 2005 berücksichtigten Werbungskosten von 5.005 EUR hinausgingen, trug der Prozessvertreter mit Schriftsatz vom 22. März 2006 ohne weitere Erläuterungen vor, der Berechnung sei lediglich der Nettolohn von 11.906 EUR zugrunde zu legen. Im übrigen müssten die Kosten für das Arbeitszimmer anerkannt werden. Der Grundsatz, dass das Arbeitszimmer nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt werden müsse, könne nicht gelten, wenn die gesamte Wohnung nur aus einem Zimmer bestehe. In einem solchen Fall seien die Kosten für das Arbeitszimmer zumindest anteilig zu berücksichtigen. Außerdem berücksichtigt werden müssten die Kosten für die Krankenversicherung in Höhe von 1.129 EUR (monatlich 94,08 EUR) sowie die Kosten für die Berufsunfähigkeitsversicherung in Höhe von 609 EUR (monatlich 50,73 EUR).

Der zur mündlichen Verhandlung vom 24. März 2006 trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienene Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der Ablehnungsentscheidung vom 16. Januar 2004 und der Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 2005 zu verpflichten, das Kindergeld für die Monate Januar bis Dezember 2003 zu gewähren (GA Bl. 46).

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Da die Einkünfte und Bezüge der Tochter des Klägers den für 2003 maßgeblichen Jahresgrenzbetrag überschreiten, wird der Kläger durch den Ablehnungsbescheid nicht in seinen Rechten verletzt.

1. Nach § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, beim Kindergeldberechtigten berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird und wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.188 EUR im Kalenderjahr hat (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG an keinem Tag vorliegen, ermäßigt sich der Grenzbetrag um 1/12 (§ 32 Abs. 4 Satz 7 EStG). Einkünfte und Bezüge des Kindes, die auf diese Kalendermonate entfallen, bleiben außer Ansatz (§ 32 Abs. 4 Satz 8 EStG).

2. Im Streitfall wurde die Tochter des Klägers während des gesamten Streitjahres zur Lehrerin ausgebildet. Ihre Einkünfte und Bezüge überschreiten jedoch den für das Streitjahr maßgeblichen Jahresgrenzbetrag von 7.188 EUR.

a) Bei Ermittlung ihrer Einkünfte und Bezüge ist von ihrem Bruttoarbeitslohn auszugehen, der lt. Eintragung des LBV auf der Lohnsteuerkarte 12.703 EUR betrug. Die Berechnung des Beklagten, die ausgehend von der LBV-Bescheinigung einen Bruttoarbeitslohn von 12.978 EUR ergab, ist zwar nachvollziehbar, das Gericht hält jedoch letztlich den im Nachhinein vom LBV auf der Lohnsteuerkarte bescheinigten Arbeitslohn für maßgeblich. Die nicht weiter erläuterte Angabe des Arbeitslohns durch den Prozessvertreter mit 11.906 EUR ist für das Gericht hingegen nicht nachvollziehbar.

b) Davon abzuziehen sind zunächst die Werbungskosten in Höhe von 5.005 EUR, so dass sich Einkünfte und Bezüge von 7.698 EUR ergeben.

aa) Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten sind nicht bereits deshalb Werbungskosten von 5.792 EUR anzusetzen, weil dieser Betrag im Rahmen des Einkommensteuerbescheids der Tochter berücksichtigt wurde. Der Einkommensteuerbescheid des Kindes hat mangels entsprechender Vorschrift keine Grundlagenfunktion für die Kindergeldfestsetzung, zumal eine hinreichende Prüfung des Betrags von 5.792 EUR, der sich im Zuge der Einkommensteuerfestsetzung nicht ausgewirkt hat, durch das zuständige FA nicht gewährleistet ist. Die Familienkasse hat daher die Möglichkeit und die Verpflichtung, die angesetzten Werbungskosten vollumfänglich nachzuprüfen.

bb) Die vom Kläger über den anerkannten Betrag von 5.005 EUR hinaus angesetzten pauschalen Werbungskosten des Kindes ohne Nachweis (beispielsweise Kontoführung) sind ebenso wenig berücksichtigungsfähig wie die ohne weitere Begründung angesetzten Kosten für Berufskleidung/Sport (Aufteilungsverbot für gemischte Aufwendungen gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, BFH-Beschluss vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17).

Auch die Kosten für das Arbeitszimmer können nicht anerkannt werden. Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind nach ständiger Rechtsprechung nur abziehbar, wenn der Raum nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird (BFH-Beschluss vom 4. Mai 2005 VI B 35/04, BFH/NV 2005, 1549; BFH-Urteil vom 5. Dezember 2002 IV R 7/01, BFH/NV 2003, 695). Dies ist nicht der Fall, wenn das Arbeitszimmer - wie auch im Streitfall - nicht von den privat genutzten Räumlichkeiten getrennt ist, sondern der Arbeitsplatz sich im Wohnzimmerbereich des Steuerpflichtigen befindet. Daran ändert sich entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten auch dann nichts, wenn die Wohnung im Wesentlichen nur aus einem Raum besteht.

Schließlich können auch die Kosten für die Zweitwohnung nicht anerkannt werden. Denn eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Lebensmittelpunkt am ersten Wohnsitz beibehalten wird. Dies kann jedoch angesichts der von M lediglich durchgeführten 12 Heimfahrten im Streitjahr nicht angenommen werden.

c) Eine weitere Minderung des danach verbleibenden Betrags von 7.698 EUR durch die angesetzten Vorsorgeaufwendungen (Krankenversicherung: 1.129 EUR; Berufsunfähigkeitsversicherung: 609 EUR) ist entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten ebenfalls nicht möglich, weil es sich bei diesen Beträgen anders als in dem BVerfG-Beschluss vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02 (DStR 2005, 911, BFH/NV 2005 <Beilage>, 260) zugrunde liegenden Fall nicht um Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung handelt, sondern um freiwillige Beiträge.

aa) Ausgangspunkt ist der im Gesetz verwandte Begriff der "Einkünfte und Bezüge", der nicht als "zu versteuerndes Einkommen" interpretiert werden kann. Der Begriff der Einkünfte ist in § 2 Abs. 2 EStG klar bestimmt und deutlich vom Begriff des zu versteuernden Einkommens (vgl. § 2 Abs. 5 EStG) zu unterscheiden. Eine andere Auslegung, die von der tradierten steuerrechtlichen Terminologie abwiche, würde in Widerspruch zu Wortlaut und systematischem Zusammenhang der Norm treten und damit auch zum klar geäußerten Willen des Gesetzgebers. Der notwendige Raum für die vom Bundesverfassungsgericht geforderte verfassungskonforme Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 2 ergibt sich aus dem Relativsatz "die zur Bestreitung des Unterhalts (...) bestimmt oder geeignet sind". Dieser ist nicht nur auf Bezüge, sondern auch auf Einkünfte des Kindes zu beziehen (BVerfG-Beschluss vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02, DStR 2005, 911, BFH/NV 2005 <Beilage>, 260).

bb) Das Bundesverfassungsgericht verlangt, die Vorschrift des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG verfassungskonform so auszulegen, dass nicht nur Bezüge, sondern auch Einkünfte des Kindes nur dann in den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einfließen, wenn sie zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind. Denn die Einbeziehung von Pflichtbeiträgen des Kindes zur Sozialversicherung in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag verstieße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Diese Beiträge sind anderen Zwecken als der Bestreitung des Unterhalts zu dienen bestimmt; sie gelangen von Gesetzes wegen nicht in den Verfügungsbereich des einkünfteerzielenden Kindes oder dessen Eltern und können deshalb - unabhängig vom Willen der Eltern und des unterhaltsberechtigten Kindes - keine Entlastung bei den Eltern bewirken. Durch die Einbeziehung von Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag würden deshalb unterhaltsverpflichtete Eltern von Kindern benachteiligt, die sozialversicherungspflichtige Einkünfte oberhalb der Freigrenze beziehen, gegenüber unterhaltsverpflichteten Eltern, deren Kinder keine Einkünfte und Bezüge haben oder solche Mittel in einer Höhe beziehen, die noch unterhalb der Freigrenze bleiben, jedoch dieselbe Höhe erreichen, die sich bei sozialversicherungspflichtigen Einkünften oberhalb der Freigrenze erst nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge ergeben würde (BVerfG-Beschluss vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02, DStR 2005, 911, BFH/NV 2005 <Beilage>, 260).

cc) Anders als die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung sind Beiträge eines in der Ausbildung befindlichen Beamtenanwärters zur freiwilligen Krankenversicherung bei der Frage, ob der Jahresgrenzbetrag gemäß § 32 Abs. 4 S. 2 EStG überschritten ist, nicht von den Einkünften und Bezügen abzuziehen. Denn anders als bei Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung in dem vom BVerfG entschiedenen Fall beruht der Abschluss einer freiwilligen Krankenversicherung auf einer Willensentscheidung des Kindes. Die Zahlungen erfolgen aus der dem Kind zugeflossenen Ausbildungsvergütung und damit aus Einkünften, die zur Bestreitung seines Unterhalts bestimmt und geeignet sind (FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 9. November 2005 5 K 55/05, zur Veröffentlichung bestimmt).

Der Dienstherr des Beamten - auch des Beamten auf Widerruf oder auf Zeit - gewährt im Rahmen seiner Fürsorgepflicht u. a. Beihilfen in Krankheitsfällen, um den Beamten von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang freizustellen (BVerwGE 19, 12; 22, 160, 164 f.). Da die Beihilfe regelmäßig nur einen bestimmten Vomhundertsatz der Krankheitskosten des Beamten abdeckt, ist es zweckmäßig, dass der Beamte aus seinen Mitteln für die Begleichung des übrigen Teils der Aufwendungen selbst Vorsorge trifft, wenn er insoweit eine Kostenerstattung begehrt (vgl. BVerwGE 19, 10, 12 f.; 51, 193, 199 f.; 60, 212, 219 f.; 77, 345, 347 f.). Der Beamte ist jedoch nach geltendem Recht in der Wahl seiner Krankenvorsorge frei; er entscheidet in eigener Verantwortung darüber, in welchem Umfang, bei welchem Versicherungsunternehmen, zu welchen Versicherungsbedingungen und mit welcher eigenen Beitragsverpflichtung er Vorsorge treffen (BVerwGE 28, 174, 176) oder ob er anstelle einer Versicherung Rücklagen für den Krankheitsfall bilden will (BVerwGE 20, 44, 51). Hierfür stellt der Besoldungsgesetzgeber den Beamten einen Alimentationsteil zur Verfügung, mit dem er den von der Beihilfe nicht abgedeckten Teil der im Krankheitsfall zu erwartenden Aufwendungen begleichen soll (vgl. BVerfGE 79, 223, 234 f.; BVerwGE 57, 336, 338; 71, 342, 346 f.). Damit kommt der Dienstherr seiner Verpflichtung nach, dem Beamten - und seiner Familie - amtsangemessenen Unterhalt zu leisten (vgl. insgesamt BVerfGE 83, 89, 98 ff.).

Anders als bei vom Arbeitgeber einbehaltenen Pflichtbeiträgen zu Sozialversicherung sind die ausgezahlten Anwärterbezüge danach auch mit dem Alimentationsteil frei verfügbar, der fiktiv der Absicherung des durch die Beihilfe nicht gedeckten Teils der Krankheitskosten bzw. der Bildung von Rücklagen für diesen Fall dient. Auch wenn der Abschluss einer privaten Zusatzversicherung für den durch die Beihilfe nicht gedeckten Teil der Krankheitskosten sinnvoll erscheint, so ändert dies nichts daran, dass die Anwärterbezüge dem Kind auch insoweit zur Bestreitung des Unterhalts tatsächlich zur Verfügung stehen und deshalb bei der Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag zu berücksichtigen sind (FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 9. November 2005 5 K 55/05, zur Veröffentlichung bestimmt). Der Entscheidung des BVerfG für die vom Arbeitgeber einbehaltenen Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, denen sich das Kind wegen der gesetzlich angeordneten Versicherungspflicht willentlich nicht entziehen kann, lässt sich nicht entnehmen, dass auch freiwillige Versicherungsbeiträge dem Kind nicht für seinen Unterhalt zur Verfügung stehen.

Andernfalls würde jede freiwillige Sozialversicherung zur Minderung der für den Unterhalt des Kindes bestimmten und geeigneten Einkünfte führen. Eine solche Auslegung des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG befürwortet beispielsweise das FG Niedersachsen im zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 9. November 2005 2 K 477/04. Danach mindern auch Beiträge für eine freiwillige Krankenversicherung die Summe der zu berücksichtigenden Einkünfte und Bezüge, weil ansonsten unterhaltsverpflichtete Eltern von Kindern, die aufgrund eines Beamtenverhältnisses nicht sozialversicherungspflichtige Einkünfte oberhalb der Freigrenze beziehen, gegenüber unterhaltsverpflichteten Eltern benachteiligt würden, deren Kinder sozialversicherungspflichtige Einkünfte und Bezüge lediglich aufgrund des mindernden Abzugs der Pflichtbeiträge unterhalb der Freigrenze haben. Diese Fallgruppen sind jedoch - wie dargelegt - nicht vergleichbar, so dass ihre Gleichbehandlung nach Ansicht des Gerichts gegen den Grundsatz verstößt, das wesentlich ungleiche Fälle entsprechend ihrer Eigenart auch ungleich zu behandeln sind. Die These des FG Niedersachsen, dass die Einkünfte bei Beamtenanwärtern in Höhe der privaten Krankenversicherungsbeiträge für den laufenden Unterhalt des Kindes de facto von vornherein nicht verfügbar sind, trifft nach Ansicht des Gerichts nicht zu.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4. Die Revision war trotz der Übertragung des Falles auf den Einzelrichter im Hinblick auf die einander widersprechenden FG-Entscheidungen zur Frage der Abziehbarkeit von freiwilligen Krankenversicherungsbeiträgen wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Übertragung auf den Einzelrichter erfolgte vor dem Hintergrund der allenfalls rudimentären Mitwirkung des Bevollmächtigten im Verfahren, der sich in der Begründung der Klage lange Zeit auf eine bloße Bezugnahme auf die im Einkommensteuerbescheid des Kindes angesetzten Werbungskosten beschränkt und die Berücksichtigung von Krankenversicherungsbeiträgen erst nach Erlass des Übertragungsbeschlusses geltend gemacht hat.

Ende der Entscheidung

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