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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 29.08.2007
Aktenzeichen: 10 K 3758/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 3c Abs. 1
EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

10 K 3758/04

Tenor:

Der Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 1. März 2004 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2004 dahin geändert, dass die Aufwendungen der Klägerin für die Land O-Reise in Höhe von 1.265 EUR als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit berücksichtigt werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Neuberechnung der danach festzusetzenden Einkommensteuer wird dem Beklagten aufgegeben.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu 2/3 der Beklagte zu 1/3 zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kosten der Klägerin für eine Reise in das Land O (Zentral-Amerika) im Streitjahr 2002 als Werbungskosten berücksichtigt werden können.

Die Klägerin ist Lehrerin für Englisch, Französisch, Spanisch, Deutsch und Religion an einer Gesamtschule in der Stadt M. Zwischen der Schule der Klägerin und einer Schule in der Stadt D, Land O, die in einer offiziellen Bescheinigung der Bezirksregierung der Stadt E für das Land NRW näher bezeichnet ist (GA Bl. 25), besteht eine Schulpartnerschaft (GA Bl. 26 ff.). Für die Initiierung, die laufende Pflege und die Organisation der Partnerschaft der Gesamtschule mit der Schule in der Stadt D ist die Klägerin zuständig. Erstmals im Jahr 2000 reiste die Klägerin aus diesem Grund in die Stadt D um dort die Schulpartnerschaft vorzubereiten. Außerdem besteht eine Städtepartnerschaft zwischen den Städten M und D (GA Bl. 52). Spätestens seit dem Jahr 2000 setzt sich die Klägerin auch privat für das Land O ein. Seit dem Jahre 2000 reiste sie regelmäßig mindestens einmal im Jahr dorthin, so z. B. auch im Jahr 2001 zusammen mit ihrem Sohn zum 15-jährigen Städtepartnerschaftsjubiläum von M und D.

Mit Schreiben des Schulministeriums vom 17. Januar 2002 wurde dem von Seiten der Gesamtschule beantragten Lehreraustausch mit der Schule in dem Land O "für die Dauer eines Monats vor den Sommerferien", also für die Zeit vom 17. Juni bis zum 13. Juli 2002 zugestimmt. Die Schule hatte zu diesem Zweck auch einen Reisekostenzuschuss beantragt, der vom Ministerium in Höhe von 600 EUR bewilligt wurde. Die zuständige Bezirksregierung schloss sich der Genehmigung an.

Vor diesem Hintergrund reiste die Klägerin am 14. Juni 2002 in die Stadt D. Dort war die Klägerin ausweislich einer Bescheinigung der Partnerschule in der Zeit vom 17. Juni bis 13. Juli 2002 voll in das Unterrichtsgeschehen integriert und leistete an Stelle des dort angestellten Lehrers S 30 Wochenstunden Englischunterricht. Darüber hinaus will sie nach ihrem ergänzenden Vortrag weitere 4 Wochenstunden Deutschunterricht erteilt haben, worüber allerdings keine entsprechende Bescheinigung vorliegt. Auf der anderen Seite reiste S nach unbestrittenen Angaben der Klägerin während dieses Monats vom 17. Juni bis zum 13. Juli 2002 als Austausch-Lehrer nach Deutschland, worüber ebenfalls keine Bescheinigung vorliegt; bescheinigt ist lediglich der Aufenthalt von S in Deutschland von November 2003 bis Ende Januar 2004.

Die Rückreise der Klägerin aus dem Land O im Streitjahr erfolgte nicht unmittelbar nach Beendigung des vom Schulministerium genehmigten Austauschmonats, sondern erst einen weiteren Monat später am 16. August 2002. Im Anschluss an die Unterrichtszeit hielt sich die Klägerin zunächst 18 weitere Tage in der Stadt D auf, um vom dortigen Partnerschaftsbüro aus den für 2003 geplanten Lehrer- und Schüleraustausch vorzubereiten und verschiedene Projekte zu besuchen, welche von der Land O Gruppe Stadt M e.V. unterstützt wurden, u. a. eine Kinder- und Frauenklinik. An den Wochenenden pflegte sie den Kontakt zu einheimischen Lehrerkollegen und sozialen Gruppen. Nach dem Aufenthalt in der Stadt D unternahm sie bis zu ihrem Rückflug am 16. August 2002 eine Rundreise durch das Land O mit einheimischen Überlandbussen, wobei sie in kleinen Pensionen bzw. bei Gastfamilien übernachtete. Stationen der Reise waren ...,...,...,...,... (an der Atlantikküste) und ....

Der Klägerin entstanden Kosten des Hin- und Rückfluges nach O in Höhe von 861 EUR sowie für Medikamente in Höhe von 140 EUR. Den vom Ministerium zugebilligten Reisekostenzuschuss von 600 EUR hat die Klägerin erhalten, diesen aber nicht für sich selbst verwendet, sondern in voller Höhe an den Austauschlehrer S weitergeleitet, der wegen seiner finanziell begrenzten Möglichkeiten die Reise nach Deutschland sonst nicht hätte antreten können. Außerdem will die Klägerin nach ihrem Vortrag die Reiseversicherung für S in Höhe von 69 Euro übernommen haben, ohne dass diese Zahlung allerdings konkret nachgewiesen ist. Im Übrigen setzte die Klägerin in ihrer Steuererklärung im Rahmen der Sonderausgaben eine Spende in Höhe von 550 EUR an den Verein Land O - Arbeitsgruppe Stadt M e.V. an, welcher Entwicklungshilfe leistet.

Der Beklagte berücksichtigte die Aufwendungen für die Land O-Reise im angefochtenen Einkommensteuerbescheid nicht. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 14. Februar 2004 (RBSt-Akte) zunächst, ihren Einspruch hinsichtlich der Aufwendungen für den Gastlehrer S nicht aufrechterhalten zu wollen. Der anschließenden Aufforderung des Beklagten, eine Bestätigung der vorgesetzten Schulbehörde einzureichen, aus welcher hervorgehe, dass es sich bei dem Land O-Aufenthalt um eine angeordnete und unter Fortzahlung der Dienstbezüge genehmigte Dienstreise gehandelt habe, kam die Klägerin nicht nach. Der Einspruch hatte nur Erfolg hinsichtlich der Aufwendungen betreffend eine England-Reise (Änderungsbescheid vom 1. März 2004). Zur Begründung führte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2004 aus: Die Klägerin habe trotz Aufforderung nicht nachgewiesenen, dass die Verfolgung privater Interessen bei der Land O-Reise nahezu ausgeschlossen gewesen sei.

Das Gericht hat mit Beschluss des Berichterstatters vom 9. Dezember 2005 das Verfahren bis zur Entscheidung des BFH im Verfahren VI R 94/01 gem. § 74 FGO ausgesetzt. Am 20. Juni 2007 wurde das Verfahren wieder aufgenommen.

Die Klägerin trägt vor, es habe sich um eine dienstlich veranlasste Reise gehandelt. D sei eine größere Stadt im Landesinneren vom Land O, die etwa ... km von der Pazifikküste entfernt sei. Die klimatischen Bedingungen dort seien extrem; hinzu komme das Malariaproblem. Touristisch attraktive Ziele gebe es dort deshalb nicht. Der Lehreraustausch sei offiziell von der Landesregierung genehmigt gewesen, sodass die dienstliche Veranlassung der Reise außer Frage stehe. Angesichts ihres Wochenpensums von 30 Unterrichtsstunden an der Partnerschule und zusätzlich 4 Wochen Deutschunterricht für junge Lehrer und Stipendiaten habe ihre dortige Arbeitszeit die einer Lehrer-Vollzeitstelle Deutschland übertroffen.

Der Aufenthalt in dem Land O sei somit zumindest für den Zeitraum 14. Juni bis 13. Juli 2002 ausschließlich beruflich veranlasst. Schließlich habe die Klägerin keine Studienreise unternommen, sondern in diesem Zeitraum - vom zuständigen Ministerium befürwortet - ihren regulären Schuldienst in O versehen. Sie sei bei der Reise nicht von einem Familienmitglied begleitet worden. Der anschließende 18-tägige Aufenthalt in der Stadt D sei ebenfalls unmittelbar beruflich veranlasst gewesen. Ohne die in diesem Zeitraum verrichteten organisatorischen Aktivitäten der Klägerin vor Ort sei ein weitergehender Lehrer- und Schüleraustausch nicht möglich. Das über das Normalmaß hinausgehende berufliche Engagement der Klägerin dürfe ihr nicht zum Nachteil gereichen.

Allenfalls die anschließende Rundreise sei nicht unmittelbar beruflich veranlasst. Insoweit hätten jedoch privaten Interessen der Klägerin angesichts der gewählten Reiseziele und deren geringer touristischer Attraktivität in der Regenzeit mit hohem Malariarisiko jedenfalls nicht im Vordergrund gestanden und könnten vernachlässigt werden. So habe die Klägerin u. a. in ihrer Funktion als Leiterin des Arbeitskreises "Eine Welt" und eines "Eine-Welt-Ladens" ihrer Schule u. a. ein "Eine-Welt-Projekt" in der Stadt P besichtigt. Soweit die Klägerin in dieser Eigenschaft tätig geworden sei, beruhe dies ebenfalls auf ihrer Tätigkeit als Lehrerin. Denn die Vermittlung sozialer Verantwortung gegenüber Mitmenschen und Umwelt gehöre ebenso zum modernen Schulbetrieb wie die Vermittlung von Fachwissen. Es handle sich im Übrigen um schulische Einrichtungen, denn Mitglieder dieser Einrichtungen seien nahezu ausschließlich Lehrer, Schüler und Eltern. Dass die Klägerin schon in vergangenen Jahren nach O gereist sei, beruhe allein auf ihrer Eigenschaft als Initiatorin der Schulpartnerschaft. Im Übrigen sei auch die Pflege von privaten Kontakten für die Aufrechterhaltung von Schulpartnerschaften zwingend erforderlich. Daran ändere auch die Begleitung durch ihren Sohn im Jahr 2001 nichts. Auch das Sammeln von Spendengeldern spreche nicht für eine private Mitveranlassung, sondern sei Ausdruck eines über das Normalmaß hinausgehenden beruflichen Engagements der Klägerin für die Begründung und Aufrechterhaltung der Schulpartnerschaft. Die Spenden stammten größtenteils aus Aktionen des Arbeitskreises "Eine Welt" sowie aus dem "Eine-Welt-Laden". Allgemeine Entwicklungsprojekte seien nur in untergeordnetem Maße von der Klägerin bedacht worden.

Neben den in der Steuererklärung angesetzten Flug- und Medikamentenkosten sei auch der pauschale Verpflegungsmehraufwand zu berücksichtigen. Ebenso sei der Reisekostenzuschuss von 600 EUR als Werbungskosten zu berücksichtigen, den die Klägerin unmittelbar an den Gastlehrer aus O weitergeleitet habe, um diesem die Teilnahme am Lehreraustausch zu ermöglichen, sowie die Kosten für dessen Reiseversicherung von 69 EUR.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 1. März 2004 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2004 dahin zu ändern, dass die Aufwendungen für die Land O-Reise als Werbungskosten berücksichtigt werden (im Einzelnen: Flugkosten 861 EUR, Kosten für Medikamente 140 EUR, Verpflegungsmehraufwand für die Zeit vom 17. Juni bis 16. August 2002; ferner Fahrtkostenzuschuss für den Austauschlehrer S aus dem Land O von 600 EUR sowie dessen Reise-/Krankenversicherung von 69 EUR),

hilfsweise

die anteilige Berücksichtigung dieser Kosten (FG Köln vom 21. Juni 2001 10 K 6288/96),

äußerst hilfsweise

die Zulassung der Revision.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Aussetzung Verfahrens bis zur Entscheidung des GrS über die Revision gegen das Urteil des FG Köln vom 21. Juni 2001 10 K 6288/96,

äußerst hilfsweise

die Zulassung der Revision.

Trotz der inzwischen nachgewiesenen beruflichen Veranlassung der Reise könne die (Mit-)Verfolgung privater Interessen nicht ausgeschlossen werden. Denn jedenfalls der weitere Aufenthalt in der Stadt D im Anschluss an die Unterrichtszeit und die anschließende Rundreise hätten auch der Verfolgung von privaten Interessen der Klägerin gedient, wie etwa ihrem sozialen Engagements für das Land O, der Bildung sowie der Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises. Auch das Engagements Klägerin für den Arbeitskreises "Eine Welt" diene ihren privaten Interessen. Offensichtlich betreue sie vor Ort Entwicklungsprojekte und überbringe Spendengelder. Das "Partnerschaftbüro" in der Stadt D habe somit nicht vordringlich die Aufgabe, Schulpartnerschaften zu pflegen, sondern leiste im Rahmen einer Art Entwicklungshilfe Dienste für die Bevölkerung des Landes O. Da die Klägerin seit dem Jahre 2000 regelmäßig mindestens einmal im Jahr dorthin reise, u. a. im Jahre 2001 zusammen mit ihrem Sohn zum 15-jährigen Städtepartnerschaftsjubiläum, sei auch davon auszugehen, dass private Kontakte entstanden seien, deren Pflege Lebenshaltungskosten darstellten. Die Übernahme von Kosten eines ausländischen Lehrers sei bereits deshalb nicht anzuerkennen, weil eine Trennung zwischen privatem und beruflichem Engagement nicht möglich sei. Im Übrigen sei jedenfalls die vorgetragene Übernahme der Reisekrankenversicherung nicht belegt.

Ergänzend weist der Beklagte auf die in der mündlichen Verhandlung übergebene Bescheinigung hin, die der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2003 beigefügt war. Danach stehe der Besuch des Austauschlehrers in Deutschland lediglich für die Zeit von November 2003 bis Ende Januar 2004 fest.

Die Klägerin erwidert dazu, die Bescheinigung der Schule beziehe sich auf die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2003. Der Austauschlehrer sei sowohl im Jahr 2002 als auch im Jahr 2003 in Deutschland gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nur teilweise begründet. Von den Aufwendungen der Klägerin für die Land O-Reise sind nur die Flugkosten, die Medikamentenaufwendungen und der pauschale Verpflegungsmehraufwand für die Zeit vom 17. Juni bis zum 13. Juli 2002 als Werbungskosten zu berücksichtigen.

1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung liegen Werbungskosten dann vor, wenn zwischen den Aufwendungen und der jeweiligen Einkunftsart ein Veranlassungszusammenhang besteht (BFH-Beschlüsse vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213, 216; vom 28. November 1977 GrS 2-3/77, BFHE 124, 43, BStBl II 1978, 105; BFH-Urteil vom 1. Oktober 1982 VI R 192/79, BFHE 136, 488, BStBl II 1983, 17). Das ist bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Fall, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen und subjektiv zu dessen Förderung getätigt werden (z.B. BFH-Urteile vom 19. Februar 2004 VI R 135/01, BFHE 205, 220, BStBl II 2004, 958; vom 5. August 2004 VI R 40/03, BFHE 207, 225, BStBl II 2004, 1074 , vom 19. Dezember 2005 VI R 63/01, BFH/NV 2006, 728).

2. Reisen, denen ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt, sind in der Regel ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnen, selbst wenn solche Reisen in mehr oder weniger großem Umfang auch zu privaten Unternehmungen genutzt werden. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Verfolgung privater Reiseinteressen den Schwerpunkt der Reise bildet. Als unmittelbaren beruflichen Anlass hat der BFH u.a. angesehen das Aufsuchen eines Geschäftsfreundes, das Halten eines Vortrages auf einem Fachkongress, die Durchführung eines Forschungsauftrages oder die Absicht eines Künstlers, am Reiseziel wegen des dort vorhandenen landschaftlichen und kulturellen Umfelds in einer seinem besonderen Malstil entsprechenden Arbeitsweise tätig zu werden. Die vorgenannten, unmittelbaren beruflichen Anlässe hat der BFH lediglich beispielhaft für einen engen und konkreten Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen genannt bzw. dafür angeführt, dass die Reise durch besondere berufliche Belange sowie die spezielle Tätigkeit des Steuerpflichtigen veranlasst war (BFH-Urteile vom 19. Dezember 2005 VI R 63/01, BFH/NV 2006, 728 , vom 29. November 2006 VI R 36/02, BFH/NV 2007, 681).

Informationsreisen, die lediglich allgemeiner Information dienen, oder Reisen zu Fortbildungsveranstaltungen liegt hingegen kein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde. Aufwendungen für derartige Informationsreisen sind als Werbungskosten abziehbar, wenn die berufliche Veranlassung bei weitem überwiegt und die Befriedigung privater Interessen wie z.B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises, nach Anlass, Programm und tatsächlicher Durchführung der Reise nicht ins Gewicht fällt und nur von untergeordneter Bedeutung ist (BFH-Urteil vom 29. November 2006 VI R 36/02, BFH/NV 2007, 681).

3. Der Reise der Klägerin lag ein unmittelbarer beruflicher Anlass in diesem Sinne zugrunde. Anlass der Reise war der vom Ministerium befürwortete Lehreraustausch für die Zeit vom 17. Juni bis 13. Juli 2002. Es handelte sich hierbei unstreitig um regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin unter Fortzahlung der Bezüge. Auch angesichts der Unterrichtszeit von 30 Wochenstunden zuzüglich der erforderlichen Unterrichtsvorbereitung in einem fremden Land ist davon auszugehen, dass die Klägerin dort eine zumindest ihrer gewöhnlichen Arbeitszeit entsprechende Tätigkeit ausübte. Deshalb kann dahinstehen, ob sie - wie vorgetragen - darüber hinaus 4 Stunden weitere Unterricht erteilte.

4. Abziehbar sind danach die - allerdings um den Reisekostenzuschuss des Dienstherrn von 600 EUR zu mindernden (§ 3c Abs. 1 EStG) - Aufwendungen für Medikamente, Flugkosten sowie der Verpflegungsmehraufwand für die Zeit vom 17. Juni bis zum 13. Juli 2002.

a) Nicht abziehbar sind die dem Austauschlehrer gewährten 669 EUR. Das ergibt sich hinsichtlich der angeblich aufgewandten 69 EUR für die Reisekrankenversicherung des Austauschlehrers bereits daraus, dass die Klägerin diese Aufwendungen trotz wiederholter Aufforderung nicht nachgewiesen hat. Die unstreitig erfolgte Zahlung von 600 EUR an den Austauschlehrer für dessen Reisekosten ist nicht ausschließlich beruflich veranlasst, so dass der Aufwand mangels objektiv leichter Aufteilbarkeit vom Aufteilungsverbot des § 12 Nr. 1 S. 2 EStG erfasst wird. Dabei wird nicht in Abrede gestellt, dass auch diese Aufwendung förderlich für die berufliche Tätigkeit der Klägerin war. Insoweit verschwimmen allerdings berufliches und privates Engagements der Klägerin. Die Zuschussgewährung resultierte jedenfalls in nicht unerheblichem Maße auch aus dem der Privatsphäre zuzuordnenden Bedürfnis der Klägerin, einem Lehrer aus dem Land O die Möglichkeit zu verschaffen, eine deutsche Schule kennenzulernen. Daran ändert auch der Vortrag der Klägerin nichts, sie habe den Austauschlehrer vorher nicht gekannt. Ein anderes Ergebnis hätte sich insoweit nur dann ergeben können, wenn der Dienstherr seinen Zuschuss von 600 EUR zu den Reisekosten ausdrücklich zweckgebunden für den Austauschlehrer gewährt hätte. Es handelte sich jedoch insoweit ausdrücklich um einen Zuschuss zu den Reisekosten der Klägerin. Die Klägerin kann nicht verlangen, dass ihre private Bereitschaft, der Bevölkerung von O zu helfen, von der Allgemeinheit mitgetragen wird. Es handelt sich der Sache nach um eine Spende der Klägerin, die allerdings nicht die Voraussetzungen der Abziehbarkeit nach § 10b EStG erfüllt.

b) Ebenso wenig als Werbungskosten abziehbar ist der Verpflegungsmehraufwand für die Zeit vom 14. Juli bis zum 16. August 2002. Zwar ist die Klägerin auch in den auf die Unterrichtszeit folgenden 18 Tagen teilweise beruflich tätig gewesen, etwa soweit sie sich der Vorbereitung des Lehrer- und Schüleraustausches für das Folgejahr widmete. Soweit ihre Betätigung während dieses Zeitabschnittes allerdings auf Projekte der Land O Gruppe Stadt M e.V. entfiel, war dies - ebenso wie die von ihr geleistete Spende - ihrer Privatsphäre zuzuordnen. Dafür spricht auch, dass der Dienstherr seine Genehmigung lediglich für die Unterrichtszeit ausgesprochen hat. Einer eindeutige zeitliche Abgrenzung der beruflichen und privaten Tätigkeiten innerhalb dieser 18 Tage ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht möglich, weil die Tätigkeiten nicht tageweise erbracht wurden, sondern täglich ineinander übergegangen sind. Insoweit greift daher das Aufteilungsverbot des § 12 Nr. 1 S. 2 EStG.

c) Auch die nachfolgende Rundreise mag für den Beruf der Klägerin förderlich gewesen sein, weil ihr berufliches und privates Engagements etwa betreffend die Tätigkeit für den Arbeitskreis "Eine Welt" ineinander verschwommen sind. Es ist aber nicht eindeutig abgrenzbar, inwieweit die Rundreise der beruflichen Tätigkeit der Klägerin förderlich war und in wieweit ihr privates Engagements ausschlaggebend war. Außerdem hat sie neben den Projekten in der Stadt P weitere Städte besucht, die auch teilweise an der Küste lagen und somit auch touristisch attraktiver waren, ohne dass sich dort entsprechende Projekte mit schulischem Bezug befanden. Der Verweis auf das Training von Sprachkenntnissen sowie auf den Umstand, dass auch die Vermittlung sozialer Verantwortung zu den Aufgaben eines Lehrers gehöre, vermag keine im Wesentlichen berufliche Veranlassung zu begründen. Die dadurch bedingten Aufwendungen betreffen jedenfalls auch in erheblichem Maße den persönlichen Gesichtskreis der Klägerin.

d) Trotz der privaten Aktivitäten der Klägerin während des zweiten Monats der Reise, die in den ersten 18 Tagen dieses Monats möglicherweise weniger stark, dafür während der Rundreise stärker ausgeprägt waren, verliert die Reise nicht ihre berufliche Veranlassung betreffend den ersten Monat. Ein anderes Ergebnis hätte sich nach der Rechtsprechung des BFH nur dann ergeben können, wenn die Verfolgung privater Reiseinteressen den Schwerpunkt der Reise insgesamt gebildet hätte (BFH-Urteile vom 19. Dezember 2005 VI R 63/01, BFH/NV 2006, 728 , vom 29. November 2006 VI R 36/02, BFH/NV 2007, 681). Selbst bei einer Reise, bei der die erste Hälfte der Reisetage auf berufliche Aktivitäten entfällt und die zweite Hälfte der Reisetage für private Unternehmungen genutzt wird, hätte der erkennende Senat Zweifel, den Schwerpunkt der Reise bei den privaten Reiseinteressen zu sehen; dies würde man wohl erst bei einem zeitlichen Überwiegen der privaten Reisetage annehmen können. Soweit die eine Reisehälfte allerdings - wie im Streitfall - auf gemischt veranlasste Tätigkeiten entfällt, ist es bei einer eindeutig beruflich veranlassten anderen Reisehälfte nicht gerechtfertigt, den Schwerpunkt der Reise bei den privaten Reiseinteressen zu sehen. Insoweit fällt auch ins Gewicht, dass die in der Folge besuchten Gebiete zum Großteil nicht touristisch attraktiv waren und die Reise zu einer Zeit mit erhöhtem Malariarisiko stattfand.

e) Ein Ansatz von Pauschbeträgen für Auslandsübernachtung kommt nicht in Betracht. Der Ansatz der entsprechenden Pauschbeträge für Auslandsreisen entfällt, wenn dies zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde, was jedenfalls dann der Fall ist, wenn gar keine oder nahezu keine Aufwendungen entstanden sind (BFH-Beschluss vom 9. Mai 2005 VI B 3/05, BFH/NV 2005, 1550 , vom 11. Mai 1990 VI R 140/86, BStBl II 1990, 777). Die Klägerin war vorwiegend umsonst bei Gastfamilien untergebracht. Im Übrigen hat sie auch nicht dargelegt, an welchen Tagen sie ggfs. in welcher Höhe Kosten für Übernachtung aufgewandt hat.

f) Konsequenz der teilweise privaten Mitveranlassung im zweiten Reisemonat ist lediglich, dass die privat bzw. gemischt veranlassten Aufwendungen nicht zum Abzug zugelassen werden. Die übrigen Reisekosten bleiben davon unberührt (BFH-Urteil vom 1. Dezember 2005 IV R 26/04, BStBl II 2006, 182; Schmidt-Drenseck EStG Auflage 2007, § 12 Rdn. 13, 15). Somit ergeben sich abziehbare Reisekosten von 1.265 EUR (Flugkosten: 861 EUR; Medikamentenaufwendungen: 140 EUR; Verpflegungsmehraufwand: 27 x 32 EUR Tagessatz für O, vgl. BMF, BStBl I 2001, 818, 821, also 864 EUR; abzüglich Reisekosten-Zuschuss des Dienstherrn: 600 EUR).

5. Eine weitere Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO ist entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht im Hinblick auf das beim BFH anhängige Verfahren GrS 1/06 geboten, weil es sich im Streitfall nicht um einen Fall handelt, in dem ein Teil der Reisetage ausschließlich für berufliche Aktivitäten verwendet wird und ein anderer Teil ausschließlich privat. Im Streitfall ist vielmehr von einer beruflich veranlassten Reise auszugehen, weil in der zweiten Reisehälfte sowohl berufliche als auch private Unternehmungen vorgenommen wurden.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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