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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 17.04.2008
Aktenzeichen: 10 K 4864/07
Rechtsgebiete: UStG, RL 2006/112/EG, UStDV


Vorschriften:

UStG § 4 Nr. 1 Buchst. b
UStG § 6a Abs. 1 S. 1
UStG § 6a Abs. 3 S. 1
UStG § 6a Abs. 4 S. 1
RL 2006/112/EG (Mehrwertsteuerrichtlinie) Art. 138 Abs. 1
UStDV §§ 17a ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

10 K 4864/07

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt ein Fliesen-Fachgeschäft. Zum Unternehmensvermögen gehörte u.a. ein Porsche-Cayenne. Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung im Anschluss an ein Auskunftsersuchen aus Ungarn für den Voranmeldungszeitraum Februar 2006 stellte der Prüfer folgenden Sachverhalt fest (Prüfungsbericht vom 22. Februar 2007): Im Voranmeldungszeitraum Februar 2006 veräußerte die Klägerin den Porsche für einen Kaufpreis von netto 46.000 EUR an einen Erwerber, bei dem es sich nach dem Vortrag der Klägerin um eine ungarische Gesellschaft handelte ("D "). Der Verkauf wurde als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung gemäß § 6a UStG in Verbindung mit § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG behandelt. Die Erwerberfirma bestreitet allerdings den Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs und nahm auch keine Erwerbsbesteuerung in Ungarn vor. Der Geschäftsführer der Klägerin erklärte dazu, das Fahrzeug über das Internet angeboten zu haben. Daraufhin habe sich das ungarische Unternehmen gemeldet und ihm entsprechende Unterlagen zugefaxt (Versicherung der Käufer-Firma über die Anschaffung für das Unternehmen und die Exportabsicht vom 14. Februar 2006, GA Bl. 5, und die Bestätigung über die beabsichtigte Abholung/ Übergabe des Fahrzeugs und dessen Überführung nach Ungarn ebenfalls vom 14. Februar 2006, GA Bl. 6). Kurz darauf sei das Fahrzeug abgeholt und in bar bezahlt worden.

Der Geschäftsführer hatte im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung neben der erwähnten Versicherung der Käufer-Firma und der Überführungs- und Übergabebestätigung (datierend jeweils auf den 14. Februar 2006) einen Kaufvertrag über den Porsche-Cayenne vorgelegt, der auf den 15. Februar 2006 datiert, also den Tag nach der Überführungs- und Übergabebestätigung vom 14. Februar 2006. Es handelt sich bei dem Kaufvertrag um ein mit "Rechnung Nr. ... " überschriebenes Rechnungsformular der Klägerin, welches unter der Kopfzeile zusätzlich mit dem Wort "Kaufvertrag" überschrieben ist, den Kaufgegenstand näher bezeichnet und einen Kaufpreis von netto 46.121 EUR nennt. Der Vertrag ist für den Verkäufer (Klägerin) nicht unterschrieben und für den Käufer mit dem Namen "GEORG" und einem nicht zu entziffernden weiteren Buchstaben. Ferner enthält die Urkunde am unteren Ende den handschriftlichen Vermerk "121 EUR Abzug Lackschaden". Darüber hinaus reichte die Antragstellerin Unterlagen in ungarischer Sprache ein, von denen erst nach Aufforderung des Gerichts eine - allerdings nichtamtliche - Übersetzung übermittelt wurde. Danach handelt es sich bei den Unterlagen um Kopien des Gesellschaftsvertrags und eines ungarischen Handelsregisterauszugs der Firma "D", welche Herrn "T" als Geschäftsführer der "D" ausweisen. Außerdem wurde eine Kopie des Ausweises von "T" vorgelegt, welche dieser der Klägerin im Zuge der Vertragsverhandlungen übermittelt habe. Auf dieser Kopie ist auch die Unterschrift von "T" erkennbar. Bereits im Verwaltungsverfahren hatte die Klägerin außerdem eine Bestätigung des "Bundesamt für Finanzen - Außenstelle Saarlouis" vom 15. Februar 2006 vorgelegt, nach der die angegebene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der "D" gültig sei und mit der angegebenen Adresse übereinstimme.

Im Zuge des Verwaltungsverfahrens und im Rahmen des Klageverfahrens hatte die Klägerin bis zur mündlichen Verhandlung vortragen lassen, dass der "Geschäftsführer der Firma D" selbst zur Stadt C (BRD) gereist sei, um das Kfz zu begutachten und mit dem Kläger über den Preis zu verhandeln. Bei dieser Gelegenheit sei dann auch der dem Prüfer vorgelegte Kaufvertrag vom 15. Februar 2006 vereinbart und die Kaufpreisreduzierung auf 46.000 EUR vorgenommen worden; vereinbart worden sei die Zahlung bei Abholung des Fahrzeugs.

Der Prüfer kam aufgrund der überlassenen Unterlagen zu dem Ergebnis, dass die Buch- und Belegnachweise gemäß § 17a - c UStDV nicht ausreichend erfüllt seien. Beide Nachweise seien materiellrechtliche Voraussetzungen für die Steuerbefreiung. Hinsichtlich des Verbringungsnachweises und der Übergabe des Kfz sei keine Bevollmächtigung des Erwerbers vorgelegt worden. Außerdem sei aus den vorgelegten Unterlagen nicht eindeutig erkennbar, wer überhaupt der Käufer des Kfz gewesen sei.

Der Beklagte folgte dem Ergebnis des Prüfers und erließ im Anschluss an die Umsatzsteuersonderprüfung am 12. Juli 2007 eine geänderte Festsetzung für den Voranmeldungszeitraum Februar 2006, in welcher der Nettoumsatz um 46.000 EUR erhöht wurde. Dies führte zu einer Nachforderung von 7.360 EUR. Dem Einspruch schloss sich der Beklagte nur insoweit an, als für das Mehrergebnis die Umsatzsteuer nicht aus dem Bruttobetrag von 46.000 EUR ermittelt worden war.

Während des Einspruchsverfahrens ging im Oktober 2007 die USt-Erklärung der Klägerin für den Besteuerungszeitraum 2006 ein. Darin erklärte die Klägerin Umsätze zum allgemeinen Steuersatz von 1.239.865 EUR und außerdem den nach ihrer Ansicht steuerfreien Umsatz mit Vorsteuerabzug aus der innergemeinschaftlichen Lieferung des Porsche von 46.000 EUR. Der Beklagte berücksichtigte im vorliegend streitgegenständlichen Umsatzsteuerjahresbescheid für 2006 vom 7. November 2007 jedoch keine steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen und erhöhte die steuerpflichtigen Umsätze zum allgemeinen Steuersatz auf 1.279.520 EUR (Erhöhung um den Nettobetrag aus 46.000 EUR, entsprechend 39.655 EUR).

Die Klägerin trägt nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 27. November 2007) vor, alle Nachweisanforderungen erfüllt zu haben, die von ihr billigerweise erwartet werden könnten; selbst die Angabe einer Umsatzsteuer-ID-Nr. habe sie verlangt und sich anschließend die Existenz der Firma "D" in Ungarn und die Richtigkeit der Umsatzsteuer-ID-Nr. bestätigen lassen. Zur vereinbarten Übergabe seien zwei Ungarn erschienen. Mangels schriftlicher Vollmacht habe sich die Klägerin telefonisch vom Geschäftsführer der ungarischen Gesellschaft die Namen der Beauftragten nennen lassen. Die angegebenen Namen seien mit den Ausweispapieren verglichen worden. Die Beauftragten hätten sodann die erforderliche Versicherung unterschrieben, dass das Fahrzeug nach Ungarn überführt und dort der Erwerbsbesteuerung unterworfen werde. Die Unrichtigkeit der Angaben sei nicht erkennbar gewesen. Der Geschäftsführer der Klägerin sei gutgläubig und deshalb schutzwürdig gewesen (Hinweis auf das EuGH-Urteil vom 27. September 2007 Rs. C-409/04 [Teleos], BFH/NV Beilage 2008).

In der mündlichen Verhandlung führte der Prozessbevollmächtigte ergänzend aus, dass der bisher schriftsätzlich vorgetragene Sachverhalt korrigiert werden müsse. Bisher sei unzutreffend vorgetragen worden, dass der Geschäftsführer "T" der Firma "D" die Klägerin in Deutschland aufgesucht und das Fahrzeug selbst begutachtet habe. Dies sei so nicht richtig; insofern müsse der Bevollmächtigte den Geschäftsführer der Klägerin falsch verstanden haben. Der eigentliche Kontakt mit dem Geschäftsführer der "D" habe ausschließlich telefonisch stattgefunden; Kaufvertrag und Ausfuhrnachweise seien per Telefax ausgetauscht worden. Die Reduzierung des Kaufpreises von ursprünglich 46.121 EUR auf dann 46.000 EUR sei bei der anschließenden Übergabe des Fahrzeugs mit dem Abholer vereinbart worden.

Auf Nachfrage des Berichterstatters, woher der Geschäftsführer denn dann gewusst habe, dass es tatsächlich der Geschäftsführer der "D" gewesen sei, der die Namen der mit der Abholung beauftragten Personen bestätigt habe, antwortete Geschäftsführer, dies nicht sicher sagen zu können.

Nach Hinweis des Berichterstatters darauf, dass bis heute kein konkreter Nachweis für die tatsächliche Ausfuhr des Pkw nach Ungarn vorliege und auf die Widersprüche bei den Datumsangaben auf den "Verbringensnachweisen" (bereits 14. Februar 2006) und dem zeitlich eigentlich vorausgehenden Kaufvertrag (15. Februar 2006), erklärt der Geschäftsführer der Klägerin, keine weiteren Nachweise vorlegen zu können. Er habe sich bei Autohäusern über die vorzulegenden Nachweise informiert. Diese hätten ihm erklärt, er habe schon mehr, als sie selbst vorlegen würden. Auf den weiteren Hinweis des Gerichts, dass sich Fax-Vermerke zwar auf den sog. "Verbringensnachweisen" befänden, nicht aber auf dem Kaufvertrag, antworteten Geschäftsführer und Prozessbevollmächtigter, dafür keine Erklärung zu haben.

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2006 vom 7. November 2007 in Form der Einspruchsentscheidung vom 27. November 2007 dahin zu ändern, dass die Lieferung des Porsche nach Ungarn als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung qualifiziert und die Umsatzsteuer dementsprechend um 6.345 EUR niedriger festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält die erforderlichen Beleg- und Buchnachweise für nicht erbracht. Es fehle ein ordnungsgemäßer Verbringensnachweis des Erwerbers bzw. eines durch ihn Beauftragten. Auf den vorgelegten Unterlagen sei der tatsächliche Erwerber nicht einwandfrei erkennbar und in Ungarn werde der Erwerb bestritten. Nach der Rechtsprechung des BFH stelle sich die Frage, ob der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angabe des Abnehmers auch bei Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht habe erkennen können, erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweis-Pflichten nach §§ 17a ff. UStDV vollständig nachgekommen sei. An die Nachweispflichten seien gerade bei der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung von hochwertigen Gütern wie Kfz hohe Anforderungen vor allem dann zu stellen, wenn der Rechnung ein Barkauf zugrunde liege. Die Klägerin habe sich daher über den Namen, die Anschrift und die Vertretungsmacht des angeblichen Vertreters des Abnehmers vergewissern und dem Beklagten die entsprechenden Belege vorlegen müssen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Weder der Abschluss eines Kaufvertrags der Klägerin mit der "D" noch das tatsächliche Verbringen des Porsche nach Ungarn konnten zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden.

1. Eine - gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG 2005 steuerfreie - innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;

2. der Abnehmer ist

a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,

b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder

c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber und

3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung.

a) Diese Vorschrift steht im Einklang mit der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe des Art. 138 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112/EG (früher Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG - Richtlinie 77/388/EWG). Danach befreien die Mitgliedstaaten u.a. die Lieferungen, die durch den Erwerber nach Orten außerhalb des Inlandes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt werden, der als solcher in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versandes oder der Beförderung des Gegenstandes handelt (BFH-Urteile vom 8. November 2007 V R 72/05, V R 71/05, V R 26/05, allesamt Homepage des BFH; ferner BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 59/03, BFH/NV 2008, 515, DStR 2008, 297).

b) Neben diesen Voraussetzungen hinsichtlich der Eigenschaft der Steuerpflichtigen setzt die innergemeinschaftliche Lieferung nach der EuGH-Rechtsprechung voraus, dass die Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übergegangen ist und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedstaat physisch verbracht worden ist. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert worden ist; entscheidend ist vielmehr allein, dass der Erwerbsvorgang im Bestimmungsland - im Streitfall Ungarn - der Umsatzbesteuerung unterliegt (EuGH-Urteile vom 27. September 2007 Rs. C-409/04, Teleos, UR 2007, 774, BFH/NV Beilage 2008, 25 Randnrn. 42, 70;vom 27. September 2007 Rs. C-184/05, Twoh, UR 2007, 782, BFH/NV Beilage 2008, 39 Randnr. 23; BFH-Urteile vom 8. November 2007 V R 72/05, V R 71/05, V R 26/05, allesamt Homepage des BFH; ferner BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 59/03, BFH/NV 2008, 515, DStR 2008, 297; FG Köln, Urteil vom 20. Februar 2008 7 K 5969/03, zur Veröffentlichung bestimmt).

c) Gemäß § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG hat der Unternehmer die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG nachzuweisen.

aa) Die Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112/EG (früher Richtlinie 77/388/EWG) enthält keine Vorschrift darüber, wie die Steuerpflichtigen das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nachzuweisen haben. Geregelt sind in den Art. 241 ff. lediglich bestimmte formelle Pflichten in Bezug auf Aufzeichnungen, Rechnungen und Steuererklärungen. Ergänzend bestimmt Art. 273 der Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112/EG (früher Art. 22 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG), dass die Mitgliedstaaten weitere Pflichten vorsehen können, die sie als erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern. Eingeschränkt wird diese Befugnis durch die allgemeinen Rechtsgrundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit. Die von den Mitgliedstaaten begründeten Pflichten dürfen deshalb nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der genannten Ziele (Sicherstellung genauer Steuererhebung und Verhinderung von Steuerhinterziehungen) erforderlich ist. Insbesondere dürfen sie nicht dazu führen, dass die Neutralität der Mehrwertsteuer in Frage gestellt wird, die ein Grundprinzip des durch das Gemeinschaftsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist (EuGH-Urteile vom 27. September 2007 Rs. C-146/05, Collée, UR 2007, 813, BFH/NV Beilage 2008, 34 Randnr. 24 ff., vom 27. September 2007 Rs. C-184/05, Twoh, UR 2007, 782, BFH/NV Beilage 2008, 39 Randnr. 25).

bb) Für die Bundesrepublik Deutschland ergeben sich Art und Umfang der erforderlichen Nachweise aus §§ 17a ff. UStDV, in denen der BMF von seiner Ermächtigung zur Regelung der Nachweiserfordernisse gemäß § 6a Abs. 3 UStG im Verordnungswege Gebrauch gemacht hat. Die so im Verordnungswege geregelten Nachweiserfordernisse sind mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar (BFH-Urteile vom 8. November 2007 V R 72/05, V R 71/05, V R 26/05, allesamt Homepage des BFH; ferner BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 59/03, BFH/NV 2008, 515, DStR 2008, 297). Kommt der Unternehmer seinen Nachweispflichten nicht nach, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 6a Abs. 1 UStG) nicht erfüllt sind (BFH-Urteile vom 8. November 2007 V R 72/05, V R 71/05, V R 26/05, allesamt Homepage des BFH; ferner BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 59/03, BFH/NV 2008, 515, DStR 2008, 297). Es besteht keine Verpflichtung der Verwaltung, Informationen im Bestimmungs-Mitgliedstaat einzuholen (EuGH-Urteil vom 27. September 2007 C-184/05, Twoh, BFH/NV 2008 <Beilage>, 39).

cc) Die Erfüllung der sich aus den Regelungen der §§ 17a ff. UStDV ergebenden Nachweiserfordernisse ist im Streitfall auch nicht ausnahmsweise verzichtbar.

aaa) Aus dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer ergibt sich zwar, dass die Erfüllung der Nachweispflichten des Unternehmers entgegen der Ansicht des Beklagten nicht materielle Voraussetzung für eine innergemeinschaftliche Lieferung sind, sodass die Steuerbefreiung zu gewähren ist, wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten nach Maßgabe der § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a, 17c UStDV aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen (EuGH-Urteil vom 27. September 2007 Rs. C-146/05, Collée, UR 2007, 813, BFH/NV Beilage 2008, 34 Randnr. 31; BFH-Urteile vom 8. November 2007 V R 72/05, V R 71/05, V R 26/05, allesamt Homepage des BFH; ferner BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 59/03, BFH/NV 2008, 515, DStR 2008, 297 unter Aufgabe früherer entgegenstehender Rechtsprechung, vgl. etwa BFH-Urteil vom 1. Februar 2007 V R 41/04 BFHE 217, 40, BFH/NV 2007, 1059).

bbb) Im Streitfall fehlt es jedoch daran, dass bereits aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen. Denn dazu müsste mindestens das Verbringen des Pkw nach Ungarn feststehen (BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 72/05, Homepage des BFH, nach dem eine Bescheinigung des Kraftfahrt-Bundesamtes, wonach der PKW "zurzeit in Deutschland nicht aktuell zugelassen" ist, dafür nicht hinreicht). Denn der erforderliche Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung ist nicht geführt, wenn nicht feststeht, dass der Gegenstand tatsächlich in das Gemeinschaftsgebiet gelangt ist (BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2005 V B 114/05, BFH/NV 2006, 839; BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, UR 2005, 212 ).

Das Gericht hat bereits in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass ein Verbringen des Porsche nach Ungarn nicht festgestellt werden kann. Die dem Kläger per Telefax übermittelten Bescheinigungen über das beabsichtigte Verbringen des Pkw nach Ungarn (Versicherung der Überführung nach Ungarn, GA Bl. 5, und Überführungs- und Übergabebestätigung, GA Bl. 6, jeweils vom 14. Februar 2006), die mit nicht leserlichen Unterschriften versehen sind und die außerdem offensichtlich bereits vor Kaufvertragsabschluss (15. Februar 2006) erteilt wurden, beweisen nicht, dass das veräußerte Fahrzeug jemals tatsächlich nach Ungarn gelangt ist. Letztlich handelt es sich bei den Bescheinigungen über das beabsichtigte Verbringen des Pkw nach Ungarn um bloße Absichtserklärungen mit einem allenfalls begrenzten Beweiswert (FG Köln, Urteil vom 20. Februar 2008 7 K 5969/03, zur Veröffentlichung bestimmt). Auch sonst ist das Verbringen des Porsche nach Ungarn weder gewiss noch nachgewiesen, was etwa durch die Vorlage einer Anmeldung des Porsche in Ungarn möglich gewesen wäre. Dem Beklagten waren eigene diesbezügliche Ermittlungen in Ungarn nicht zumutbar (EuGH-Urteil vom 27. September 2007 C-184/05, Twoh, BFH/NV 2008 <Beilage>, 39). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass insbesondere bei einem Barverkauf eines hochwertigen PKW an die Nachweispflichten besonders hohe Anforderungen zu stellen sind (BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, UR 2005, 212 ; BFH-Beschluss vom 12. Juli 2006 V B 213/05 BFH/NV 2006, 2139).

dd) Im Streitfall hat der Geschäftsführer der Klägerin die danach nicht verzichtbaren Nachweise gemäß den §§ 17a ff. UStDV für eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht erbracht.

aaa) Im Einzelnen bestimmt § 17a Abs. 1 UStDV u.a., dass der Unternehmer durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat; dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (sog. Belegnachweis; § 17 a Abs. 1 S. 2 UStDV). Nach § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV muss der Unternehmer außerdem die Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachweisen (sog. Buchnachweis für die Unternehmereigenschaft i.S. § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG; vgl. im Einzelnen BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81; zum Erfordernis der Vorlage von Unterlagen in deutscher Sprache vgl. BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 26/05, Homepage des BFH, für eine Barzahlung von Pkw bei Abholung).

bbb) Dazu gehört nach der Rechtsprechung des BFH zunächst der Nachweis, wer der wirkliche Abnehmer eines gelieferten Gegenstandes ist (BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2005 V B 114/05, BFH/NV 2006, 839; BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, UR 2005, 212 ). Ferner reicht für den Nachweis der Unternehmereigenschaft/Identität des Abnehmers einer angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung i.S. § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG nicht die Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, weil sich aus ihr allein nicht ergibt, wer der Leistungsempfänger ist. Die Beteiligten eines Leistungsaustausches ergeben sich vielmehr aus den zivilrechtlichen Vereinbarungen (BFH-Urteil vom 30. März 2006 V R 9/03, BFHE 213, 144, BStBl II 2006, 933). Der Unternehmer muss daher die Identität des Abnehmers z.B. durch Vorlage des Kaufvertrages nachweisen. Handelt ein Dritter im Namen des (vermeintlichen) Abnehmers, muss der Unternehmer auch die Vollmacht des Vertreters nachweisen, weil beim Handeln im fremden Namen die Wirksamkeit der Vertretung davon abhängt, ob der Vertreter Vertretungsmacht hat (BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 26/05, Homepage des BFH, für eine Barzahlung von Pkw bei Abholung; BFH-Urteil vom 4. September 2003 V R 9, 10/02, BFHE 203, 389, BStBl II 2004, 627).

ccc) Im Streitfall kann jedoch nicht festgestellt werden, dass die ungarische D tatsächlich der Erwerber des Porsche Cayenne ist. Denn letztlich ist ungewiss, wer den vorgelegten Kaufvertrag vom 15. Februar 2006 auf Erwerberseite unterschrieben hat. Für den erkennenden Senat ist jedenfalls nicht erkennbar, dass die Unterschrift von Herrn "T" stammt, dessen Unterschrift ausweislich der in den Akten befindlichen Ausweis-Kopie ein anderes Bild aufweist. Der Kaufvertrag vom 15. Februar 2006 ist für den Käufer vielmehr mit dem Namen "GEORG" und einem weiteren, nicht leserlichen Buchstaben unterschrieben, und eine Legitimation des Unterschreibenden zu "T" liegt nicht vor, zumal auch amtlich beglaubigte Übersetzungen des Gesellschaftsvertrags und des angeblichen ungarischen Handelsregister-Auszugs fehlen (zum Erfordernis der Vorlage von Unterlagen in deutscher Sprache vgl. BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 26/05, Homepage des BFH, für eine Barzahlung von Pkw bei Abholung). Darüber hinaus ist schon unklar, ob die Ausweis-Kopie dem Geschäftsführer der Klägerin wirklich von "T" zugefaxt worden ist. Es ist ohne weiteres denkbar, dass das Fax von jemand anderem stammt, der sich in Besitz der Ausweis-Kopie befand.

Das Unterschriftsbild unter dem Kaufvertrag passt außerdem nicht zu dem anfänglichen Vortrag der Klägerin, der "Geschäftsführer der Firma D" sei selbst zur Stadt C (BRD) gereist, um den PKW zu begutachten und mit dem Geschäftsführer der Klägerin über den Preis zu verhandeln. Denn dies würde bedeuten, dass "T" auch derjenige gewesen sein müsste, der den Kaufvertrag unterschrieben hat, was allerdings offensichtlich nicht der Fall ist, wie ein Vergleich mit der vorgelegten Ausweis-Kopie ergibt. Aber auch der in der mündlichen Verhandlung korrigierte Vortrag des Geschäftsführers, er habe für die Klägerin mit dem Geschäftsführer "T" ausschließlich per Fax korrespondiert und auch das unterschriebene Kaufvertragsformular per Fax ausgetauscht, passt nicht zum Akteninhalt. Denn dies erklärt weder die Unterschrift für den Käufer auf dem Kaufvertragsformular vom 15. Februar 2006 noch den Umstand, dass sich auf diesem Formular (anders als auf den Verbringens-Nachweisen vom 14. Februar 2006) keine Fax-Vermerke finden. Auch auf diese Unstimmigkeit hatte das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2008 hingewiesen.

Schließlich kommt hinzu, dass die angeblichen Abholer des Kfz weder namentlich verzeichnet noch schriftlich legitimiert sind. Der Vortrag, die Beauftragten hätten bei Abholung des Pkw - nach abschließender Kaufpreisreduzierung - "sodann die Erklärung unterschrieben, dass das Fahrzeug nach Ungarn überführt und dort der Erwerbsbesteuerung unterworfen werde", passt nicht zu den Daten der Erklärungen. Auch in diesem Zusammenhang berücksichtigt das Gericht, dass insbesondere bei einem Barverkauf eines hochwertigen PKW an die Nachweispflichten besonders hohe Anforderungen zu stellen sind (BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, UR 2005, 212 ; BFH-Beschluss vom 12. Juli 2006 V B 213/05 BFH/NV 2006, 2139).

2. Der Pkw-Verkauf durch die Klägerin ist auch nicht nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei. Nach dieser Vorschrift ist eine Lieferung, die der Unternehmer als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt hat, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte; in diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

a) Die Regelung steht im Einklang mit den Vorgaben des Art. 128 der Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112/EG (früher Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG). Diese Bestimmung ist "dahin auszulegen, dass die zuständigen Behörden des Liefermitgliedstaats nicht befugt sind, einen gutgläubigen Lieferanten, der Beweise vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen belegen, zu verpflichten, später Mehrwertsteuer auf diese Gegenstände zu entrichten, wenn die Beweise sich als falsch herausstellen, jedoch nicht erwiesen ist, dass der Lieferant an der Steuerhinterziehung beteiligt war, soweit er alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die von ihm vorgenommene innergemeinschaftliche Lieferung nicht zu seiner Beteiligung an einer solchen Steuerhinterziehung führt" (EuGH-Urteil vom 27. September 2007 Rs. C-146/05, Collée, UR 2007, 813, BFH/NV Beilage 2008, 34; BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 71/05).

b) Die Frage des Gutglaubensschutzes stellt sich nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des BFH jedoch erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nachgekommen ist (BFH-Urteile vom 8. November 2007 V R 71/05, vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, vom 7. Dezember 2006 V R 52/03, BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420). Dies ist im Streitfall nicht geschehen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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