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Gericht: Finanzgericht Köln
Beschluss verkündet am 08.12.2008
Aktenzeichen: 10 Ko 2250/08
Rechtsgebiete: RVG, AO, GKG


Vorschriften:

RVG § 2 Abs. 1
RVG § 13 Abs. 1 S. 1
AO § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
GKG § 52 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

10 Ko 2250/08

Tenor:

Die den Erinnerungsgegnern im Verfahren 7 K 539/09 einschließlich des Vorverfahrens zu erstattenden Kosten werden auf insgesamt 2.372,12 € festgesetzt.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens haben die Erinnerungsgegner zu tragen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten über den im Rahmen der Kostenfestsetzung anzusetzenden Streitwert.

Die Erinnerungsgegner hatten als Kommanditisten der "H-KG" im Anschluss an eine Betriebsprüfung im Verfahren 7 K 539/06 wegen einheitlicher und gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 1999 und 2000 geklagt. Nachdem der BFH mit Urteil vom 26. Juli 2007 IV R 28/06 (BFHE 218, 285, BStBl II 2007, 934) entschieden hatte, dass nicht verbrauchte Einlagen zum Ausgleich eines negativen Kapitalkontos regelmäßig zum Ansatz eines Korrekturpostens mit der weiteren Folge führen, dass Verluste späterer Wirtschaftsjahre bis zum Verbrauch dieses Postens auch dann als ausgleichsfähig zu qualifizieren sind, wenn hierdurch (erneut) ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht, erklärte sich der Erinnerungsführer zur Änderung der angefochtenen Bescheide bereit. Nach Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen wurden die Kosten des Verfahrens mit Beschluss vom 7. April 2008 dem Erinnerungsführer auferlegt; die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wurde für notwendig erklärt.

Mit seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 17. April 2008 beantragte der Bevollmächtigte, die zu erstattenden Kosten auf der Grundlage eines Streitwerts von 187.009 € auf 7.611 € festzusetzen.

Dagegen machte der Erinnerungsführer geltend, dass für die Streitwertberechnung die Änderung der ausgleichsfähigen Verluste für die Jahre 1999 und 2002 maßgeblich sei. Die Ausgleichsposten für künftige ausgleichsfähige Verluste seien nicht Gegenstand der geänderten Feststellungsbescheide, sondern würden nur im Erläuterungsteil als Merkposten aufgeführt. Sie wirkten sich dementsprechend nicht streitwerterhöhend aus. Der Streitwert bestimme sich daher aus 25 % von 114.371 DM bzw. 4.961 DM (GA Bl. 73).

Im Anschluss daran bemaß auch der Bevollmächtigte den insgesamt streitigen Betrag mit 119.332 DM, blieb aber unter Bezugnahme auf das Urteil des FG Köln in der Sache 10 K 5777/98 der Auffassung, dass für den Streitwert 40 % dieses Wertes zugrundezulegen sein. Auf dieser Grundlage seien die zu erstattenden Kosten mit 2.904,79 € festzusetzen (GA Bl. 77). Beigefügt war eine Bescheinigung des österreichischen Steuerberaters der Erinnerungsgegner, nach der deren Steuerbelastung für 2006 bei knapp 40 % gelegen habe.

Mit dem vorliegend angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. Juni 2008 wurden den Erinnerungsgegnern zu erstattenden Kosten auf antragsgemäß auf 2.904,79 € festgesetzt. Die Annahme eines pauschalen Steuersatzes von 40 % erscheine gerechtfertigt.

Der Erinnerungsführer ist der Ansicht, der vom FG Köln unter dem Aktenzeichen 10 K 5777/98 entschiedene Fall sei mit dem Streitfall nicht vergleichbar. Zum einen hätten die Erinnerungsgegner ihren Wohnsitz in den Streitjahren 1999 und 2000 noch im Inland gehabt. Zum anderen rechtfertige der streitige Betrag von nur 119.332 DM keinen pauschalen Streitwert-Ansatz i.H.v. 40 %. Ein vom Regelwert von 25 % abweichender Betrag komme nur in Betracht, wenn dieser den tatsächlichen Auswirkungen auf die Einkommensteuer vermutlich nicht gerecht werde. Der von den Erinnerungsgegnern genannte Steuersatz von zuletzt knapp 40 % könne nicht herangezogen werden, weil er nicht die steuerlichen Verhältnisse in den Streitjahren wiedergebe. Vielmehr sei von einer steuerlichen Durchschnittsbelastung der Kläger in den Streitjahren von 0 % auszugehen, so dass die Annahme einer künftigen Steuerbelastung von 40 % angesichts der festgestellten verbleibenden Verlustvorträge und der Höhe der streitigen Besteuerungsgrundlagen nicht angemessen sei (Schreiben vom 19. August 2008).

Der Bevollmächtigte erwidert, es sei unerheblich, dass die Erinnerungsgegner ihren Wohnsitz damals im Inland gehabt hätten. Maßgeblich sei die steuerliche Auswirkung im jeweiligen Streitfall. Dies habe in dem vom FG Köln entschiedenen Fall nicht näher beleuchtet werden müssen, weil es dort um Millionensummen gegangen sei. Deshalb hätten die Kläger im vorliegenden Verfahren eine Bescheinigung ihrer Steuerberatung über die Steuerlast vorgelegt. Es könne davon ausgegangen werden, dass die Steuerlast in den Streitjahren 1999 und 2000 ähnlich hoch gewesen sei wie im Jahr 2006. Letzteres wurde jedoch nicht näher substantiiert.

II. Die Erinnerung ist begründet. Der Streitwert war lediglich mit 25 % der streitigen Beträge anzusetzen.

1. Gemäß §§ 2 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 RVG werden die Gebühren des Bevollmächtigten nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert). Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren bestimmt sich gemäß § 23 Abs. 1 RVG nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe gemäß § 52 Abs. 3 GKG für den Streitwert maßgebend. Deshalb bemisst sich der Streitwert bei der Anfechtung von Steuerbescheiden regelmäßig nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem festgesetzten Steuerbetrag und der vom Kläger begehrten Steuerfestsetzung (BFH-Beschlüsse vom 9. April 1990 III E 3/89, BFH/NV 1991, 551, vom 17. Februar 1994 VII E 3/93, BFH/NV 1994, 819; BFH-Urteil vom 28. Februar 1961 I 114/60 S, BStBl III 1961, 287).

2. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung nur auf den unmittelbar umstrittenen Steuerbetrag des jeweiligen Streitjahres abzustellen und nicht auf das geldwerte Interesse schlechthin und in seiner Gesamtheit. Deshalb bleiben mittelbare steuerliche Auswirkungen auf Veranlagungszeiträume, die dem Streitjahr vor- oder nachgelagert sind, in der Regel außer Betracht; derartige Auswirkungen sind weder ein- noch gegenzurechnen. Auch von der Steuerschuld abhängige Geldforderungen und Zuschlagsteuern wie beispielsweise die Kirchensteuer oder der Solidaritätszuschlag sind in die Streitwertermittlung nicht einzubeziehen. Gleiches gilt für steuerliche Auswirkungen in den Folgejahren (BFH-Beschlüsse vom 8. September 2003 III E 1/03, BFH/NV, 2004, 74, vom 8. Juli 1999 VIII E 1/99, BFH/NV 1999, 1630, vom 28. Juli 1998 V E 1/98, BFH/NV 1999, 200 vom 9. November 1992 VIII E 1/92, BFH/NV 1993, 680; Gräber/Ruban, FGO, 6. Aufl., Vor § 135, Rz 26).

3. Soweit es um die Anfechtung von Gewinnfeststellungsbescheiden gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO geht, bestimmt sich der Streitwert gemäß § 52 Abs. 1 GKG nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen des Gerichts. Der Streitwert richtet sich deshalb grundsätzlich nach der typisierten wahrscheinlichen steuerlichen Auswirkung, die die streitigen Feststellungen auf die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer der Verfahrensbeteiligten haben können. Dabei anerkennt die Rechtsprechung, dass die Auswirkungen nicht exakt berechnet werden müssen, sondern mit Hilfe eines Pauschalsatzes geschätzt werden können. Sofern die Feststellung des laufenden, nicht tarifbegünstigten Gewinns streitig ist, ist die vermutliche einkommensteuerliche Auswirkung deshalb grundsätzlich pauschal mit 25 % des streitigen Gewinns oder Verlustes zu schätzen (BFH-Beschluss vom 16. Dezember 1998 IV E 1/98, BFH/NV 1999, 807, vom 21. September 1994 VIII E 1/94, BFH/NV 1995, 254: Steuergeheimnis). An dieser pauschalen Ermittlung des Streitwerts ist aus Gründen der Gleichbehandlung selbst dann festzuhalten, wenn im Gewinnfeststellungsverfahren die tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen bei den (oder bei einzelnen) Beteiligten bekannt geworden sind (BFH-Beschluss vom 4. September 2008 I E 5/08, BFH/NV 2008, 2041).

4. Nur soweit ohne besondere Ermittlungen im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung erkennbar ist, dass der Satz von 25 % den tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen nicht gerecht wird, kommt der Ansatz eines angemessen erhöhten oder verringerten Prozentsatzes in Betracht. In erster Linie ist dabei an Fälle gedacht, in denen die angestrebten Gewinnminderungen entsprechend höhere einkommensteuerliche Auswirkungen haben, weil die Mitunternehmer dem Spitzensteuersatz unterliegen. Dies gilt entsprechend, wenn höhere Verlustanteile festgestellt werden, die auf ein entsprechend hohes Einkommen der Gesellschafter hindeuten. Dennoch wird nicht nach einzelnen Feststellungsbeteiligten differenziert; vielmehr wird der streitige Gesamtbetrag durch die Anzahl der Feststellungsbeteiligten dividiert und der auf dieser Grundlage ermittelte Pauschalsatz herangezogen (ständige Rechtsprechung; BFH-Beschluss vom 4. September 2008 I E 5/08, BFH/NV 2008, 2041, vom 28. Februar 2001 VIII E 5/00, BFH/NV 2001, 1035, zuletzt BFH- Beschlüsse vom 5. November 1997 VIII E 3/97, BFH/NV 1998, 621, vom 16. Dezember 1998 IV E 1/98, BFH/NV 1999, 807; ferner BFH-Beschluss vom 7. Dezember 1992 I E 2/92, BFH/NV 1993, 377 vgl. ferner FG Köln, Urteil vom 1. April 2004 10 K 5777/98, EFG 2004, 1402: 40 % für einen Fall, in dem es einerseits um Beträge im Millionenbereich ging, es sich aber andererseits um ausländische Beteiligte handelte).

5. Nach diesen Grundsätzen muss es im Streitfall beim regelmäßig anzusetzenden Wert von pauschal 25 % der streitigen Beträge bleiben. Bei Beträgen von knapp 120.000 DM ist nicht ohne weiteres erkennbar, dass der Satz von 25 % den tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen nicht gerecht wird. Auch die Bescheinigung des österreichischen Steuerberaters über eine Steuerbelastung für 2006 von knapp 40 % besagt - worauf der Erinnerungsführer zu Recht hinweist - nichts über die Steuerbelastung der Erinnerungsgegner in den Streitjahren. Die bloße Angabe des Bevollmächtigten, es könne davon ausgegangen werden, dass die Steuerlast in den Streitjahren 1999 und 2000 ähnlich hoch gewesen sei wie im Jahr 2006, ist nicht einmal ansatzweise substantiiert.

6. Die zu erstattenden Kosten berechnen sich demnach wie folgt:

 Einspruchsverfahren (Streitwert: 29.833 DM ( 15.253 €; Gebühr: 566 €) 1,3 Geschäftsgebühr (§ 41 Abs. 1 und 2 StBGebV) 735,80 €
0,3 Erhöhungsgebühr 169,80 €
Pauschale für Post- und Telekommunikation 20,00 €
Klageverfahren (Streitwert: 15.253 €; Gebühr: 566 €) 
1,6 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3200 VV RVG 905,60 €
0,3 Erhöhungsgebühr 169,80 €
anzurechnen 1/2, maximal 0,75 Geschäftsgebühr ./. 424,50 €
(Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Teil 3 VV) 
Pauschale für Post- und Telekommunikation 20,00 €
Summe 1.568,40 €
Umsatzsteuer 298,00 €
Summe 1.894,70 €

Das Gericht hat die Anrechnung der Geschäftsgebühr für das Vorverfahren dabei wegen der 0,3 Erhöhungsgebühr mit dem Maximalwert von 0,75 vorgenommen. Denn trotz der Erhöhung um 0,3 handelt es sich um eine einheitliche Geschäftsgebühr und keine eigenständige Erhöhungsgebühr. Dies entspricht dem Zweck des Gesetzes, der Arbeitserleichterung im Klageverfahren aufgrund eines bereits durchgeführten Vorverfahrens durch eine hälftige Minderung der Verfahrensgebühr Rechnung zu tragen.

7. Da es dem Gericht jedoch verwehrt ist, über den Antrag des Erinnerungsführers in seiner Erinnerung hinauszugehen, waren die Kosten entsprechend dessen Antrag auf 2.372,12 € herabzusetzen.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der FGO. Die Entscheidung über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ergeht gerichtsgebührenfrei, weil das Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz) eine Gebühr für diesen Beschluss nicht vorsieht. Die Pflicht zur Kostentragung beschränkt sich demgemäß auf die Auslagen des Gerichts und die außergerichtlichen Kosten.

Ende der Entscheidung

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