Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 26.11.2008
Aktenzeichen: 12 K 2302/05
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 4 Nr. 12 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

12 K 2302/05

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Tatbestand:

Strittig ist der Vorsteuerabzug aus Herstellungskosten eines Gebäudes.

Die Klägerin errichtete in den Streitjahren 1998 und 1999 auf dem Grundstück T-Straße, L ein mehrgeschossiges Gebäude. Von der Gesamtnutzfläche von 1.823,24 qm vermietete sie 187,42 qm umsatzsteuerfrei an den Ehemann, der dort einen ambulanten Pflegedienst mit angeschlossener Sozialstation unterhielt. Die Tiefgarage (193,75 qm) wurde ebenfalls umsatzsteuerfrei vermietet. Auf der weiteren Fläche von 1.442,07 qm (einschließlich Nebenflächen) entstanden Wohnungen. Nach dem ursprünglichen Konzept der Klägerin sollten sämtliche Wohnungen an Senioren vermietet werden, die durch den ambulanten Pflegedienst des Ehemannes betreut werden sollten. Mangels ausreichender Nachfrage war die Klägerin von dieser Planung weitestgehend abgerückt. Tatsächlich wurden die Wohnungen teils auf der Grundlage von Zeitmietverträgen kurzfristig verschiedenen Firmen für deren Mitarbeiter angeboten, teils wurden sie an verschiedene Interessenten langfristig vermietet.

In den Umsatzsteuererklärungen der Streitjahre bezifferte die Klägerin -ausgehend von einer Gesamtnutzungsfläche von 1.130 qm- den zum Vorsteuerabzug berechtigenden kurzfristig vermieteten Nutzungsanteil auf 576,31 qm und brachte auf dieser Grundlage 51 % der aus den Herstellungskosten resultierenden Vorsteuer in Abzug.

Im Rahmen einer für die Streitjahre durchgeführten Außenprüfung gelangte der Beklagte unter Berücksichtigung der tatsächlich entstandenen Nutzfläche von 1.823,24 qm und des Umfangs der kurzzeitig abgeschlossenen Mietverträge zu einem abzugsfähigen Anteil von lediglich 27,79 % (506,6 qm von 1.823,24 qm). Wegen der genauen Ermittlung wird auf die Anlagen 3 und 4 des Betriebsprüfungsberichtes vom 10.01.2003 Bezug genommen.

Entsprechend dem Betriebsprüfungsbericht erließ der Beklagte am 25.04.2003 für die Streitjahre nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide.

Mit dem dagegen erhobenen Einspruch wandte sich die Klägerin gegen die ermittelte Aufteilungsquote und reichte eine Aufstellung für die Erstvermietungszeiträume ein (Bl. 51 der Rechtsbehelfsakte). Den zur kurzfristigen Vermietung bereitgehaltenen Wohnraum bezifferte sie auf 911,79 qm (50,01 %). Hierin bezog sie auch die Wohnungen Nr. 7, 14 und 15 mit einer Fläche von 229,06 qm (inklusive Nebenflächen) ein, für die im Rahmen der erstmaligen Nutzung unbefristete Mietverträge abgeschlossen worden waren (vgl. beispielhaft den in der BP-Handakte befindlichen Mietvertrag vom 01.10.1999 -Bl. 132 BP-Handakte). Zur Begründung dieser Zuordnung machte die Klägerin geltend, die Mietwohnungen Nr. 7 und 14 seien -entsprechend der ursprünglichen Vermietungskonzeption- Mietern überlassen worden, die nur noch eine geringe Lebenserwartung hätten und von der ambulanten Krankenpflege des Ehemannes betreut worden seien. Durch Abschluss der Mietverträge auf unbestimmte Dauer habe eine Nutzung bis zum Tod der Mieter sichergestellt werden sollen. Es sei aber klar gewesen, dass die Nutzung aufgrund der Pflegebedürftigkeit der Bewohner trotz Hoffnung auf eine möglichst lange Lebenszeit nur von "sehr begrenzter Dauer" sein würde. Hinsichtlich der an einen nicht pflegebedürftigen Mieter überlassenen Wohnung Nr. 15 habe die tatsächliche Nutzungsdauer bei 6 Monaten und 9 Tagen gelegen. Auch insoweit sei die Nutzung "tendenziell kurzfristig" gewesen. Der Mietvertrag sei "in seiner Urform" auf 18 Monate abgeschlossen worden. Wegen der Zuordnung der weiteren Wohnungen wird auf die mit Schreiben vom 19.06.2003 dem Finanzamt übermittelte Aufstellung (Bl. 51 der Rechtsbehelfsakte) verwiesen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 02.05.2005 folgte der Beklagte der Aufstellung der Klägerin mit Ausnahme der Wohnungen Nr. 7, 14 und 15, für die er von einer langfristigen (umsatzsteuerfreien) Vermietungsabsicht ausging. Die Klägerin habe insoweit zeitlich nicht befristete Mietverträge abgeschlossen. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände lägen keine Beherbergungsumsätze i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG vor. Im Hinblick auf die unstreitige Zuordnung der anderen Wohnungen erkannte der Beklagte Vorsteuer aus den Herstellungskosten mit nunmehr 37,45 % an (angenommene kurzfristige Vermietung 682,76 qm). Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Die Klägerin hat hiergegen fristgerecht Klage erhoben. Sie macht geltend, die Einordnung der drei in der Einspruchsentscheidung angesprochenen Wohneinheiten in eine umsatzsteuerfreie Langzeitvermietung sei unzutreffend. Aufgrund der geringen Lebenserwartung der Mieter liege eine steuerpflichtige Kurzzeitvermietung vor. Die auf die strittigen Wohnungen entfallende Vorsteuer sei daher abzugsfähig. Der Anteil der berücksichtigungsfähigen Vorsteuer belaufe sich auf 50,01 %.

Die Klägerin beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide 1998 und 1999 vom 25.04.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.05.2005 zu ändern, und die Vorsteuer aus den Herstellungskosten des Objektes T-Straße in Höhe von 105.347,06 DM (1998) und 435.426,45 DM (1999) mit 50,01 % statt mit bislang 37,45 % in Abzug zu bringen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 1998 und 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.05.2005 sind rechtmäßig. Der Klägerin steht kein weiterer Vorsteuerabzug zu.

1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 kann der Unternehmer die Vorsteuerbeträge für Lieferungen und Leistungen abziehen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für bezogene Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet ( § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Zu den vorsteuerabzugsschädlichen Umsätzen gehört auch die nach § 4 Nr. 12a UStG steuerfreie Wohnraumvermietung. Im Gegensatz dazu ist die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, nicht umsatzsteuerbefreit ( § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG); ein Vorsteuerabzug aus diesbezüglichen Eingangsumsätzen bleibt deshalb erhalten. Entscheidend für die Frage, ob ein Bereithalten für eine kurzfristige Beherbergung oder eine auf Dauer angelegte Überlassung von Wohnräumen vorliegt, ist die aus den gesamten äußeren Umständen ableitbare Absicht des Vermieters bei Eingehung der Mietverhältnisse, wobei die zeitliche Grenze für eine kurzfristige Vermietung bei einer Dauer von 6 Monaten liegt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19.11.1998 V R 21/98, BFH/NV 1999, 837). Als Anhaltspunkte für die Absicht des Vermieters können u.a. die vereinbarte Vertragsdauer, die kurzfristige Kündbarkeit des Mietvertrages, der konkrete Abrechnungsmodus und die tatsächliche Verweildauer des Nutzers herangezogen werden.

2. Im Streitfall hat die Klägerin mit der Überlassung der streitbefangenen Wohnungen keine steuerpflichtigen Beherbergungsumsätze i.S.d. § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG getätigt. Nach den zutage getretenen Gesamtumständen liegt eine auf Dauer angelegte Wohnraumvermietung vor.

a) Die mit Einbauküchenzeile und Bad ausgestatteten Wohnungen Nr. 7 und 14 wurden auf unbestimmte Zeit an Senioren vermietet (vgl. den Mietvertrag Bl. 132 BP-Handakte). Im Vertrag sind keine dienstvertraglichen Zusatzleistungen fixiert. Es wurde eine monatliche Zahlweise mit einer langen Kündigungsfrist von 3 Monaten vereinbart (§ 2 des Mietvertrages). Die Laufzeit des Vertrages war lt. Vertragsurkunde auch nicht auf die Lebenszeit der Senioren begrenzt. Die Mieter sollten -so die Vorstellung der Klägerin- in den angemieteten Wohnungen ihren Wohnsitz und Lebensmittelpunkt begründen und bis zu ihrem Ableben wohnen bleiben. Die Vermietung war nach der Konzeption der Klägerin somit auf Dauer angelegt. Dass die Mieter der Wohnungen Nr. 7 und 14 schon nach 6 Monaten und 5 Tagen (Wohnung Nr. 14) bzw. 4 Monaten und 3 Wochen (Wohnung Nr. 7) verstarben, steht dieser Beurteilung nicht entgegen.

b) Auch hinsichtlich der Wohnung Nr. 15 kann von einer kurzfristigen Beherbergung i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG nicht ausgegangen werden. Der Sachvortrag der Klägerin, wonach der Mietvertrag "in seiner Urform" auf 18 Monate abgeschlossen sei und die tatsächliche Nutzungsdauer 6 Monate und 9 Tage betragen habe, lässt weder in bezug auf die angeführte Vertragslage noch in bezug auf die tatsächliche Verweildauer die Qualifizierung als kurzfristige -umsatzsteuerpflichtige- Beherbergung i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG zu.

3. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass in dem für den Vorsteuerabzug maßgebenden Investitionszeitpunkt eine von den tatsächlich verwirklichten Verhältnissen abweichende Verwendungsabsicht bestanden hat. Vielmehr entsprach es nach den Ausführungen der Klägerin gerade der ursprünglichen Konzeption, die Mietwohnungen an Senioren zu vermieten, die dort unter Nutzung der ambulanten Krankenpflege des Ehemannes ihren Lebensabend verbringen sollten. Soweit die Klägerin die auf dieser Konzeption aufbauenden Mietverträge als umsatzsteuerpflichtige Beherbergung i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG wertet, verkennt sie die Reichweite der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 a UStG und des hiermit korrespondierenden Vorsteuerausschlusses.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

Zurück