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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 10.09.2008
Aktenzeichen: 13 K 1915/08
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 193
AO § 194
AO § 202
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

13 K 1915/08

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erweiterung einer Prüfungsanordnung auf die Prüfungszeiträume 1995 bis 1999 durch eine Prüfungsanordnung aus dem ... 2006.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ausweislich des Handelsregisters ist sie im Jahr 0000 gegründet worden. Geschäftsgegenstand ist im Wesentlichen die ... und der ... sowie ... sowie artverwandte Geschäfte. Wegen der Einzelheiten wird auf das Handelsregister Bezug genommen.

Alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin laut Handelsregister ist Frau D.U. Bereits im Jahr 0000 wurde zwischen der Klägerin und dem Ehemann der alleinigen Gesellschafterin-Geschäftsführerin, Herrn N.U., ein Beratervertrag abgeschlossen, wonach Herr U. die Klägerin u.a. in ..., ... und ... Hinsicht beraten sollte. Der Beratervertrag umfasste nicht die Anfertigung von ... und ... etc.. Diese Leistungen wurden von der Klägerin jeweils mit separaten Verträgen bei dem Ehemann der Alleingesellschafterin in Auftrag gegeben.

Der Beklagte ordnete am 00.00.2006 bei der Klägerin zunächst für Körperschaft-, Umsatz- und Gewerbesteuer der Jahre 2001 bis 2003 eine Außenprüfung an. Die Prüfung begann am 00.00.2006 in den Geschäftsräumen der Klägerin.

Wegen des Verdachts der Einkommen- und Umsatzsteuerhinterziehung für die Jahre 1999 bis 2003 bzw. 2001 bis 2003 gegenüber den Eheleuten U. leitete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung L. am 00.00.2006 ein Strafverfahren ein. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten erließ das Amtsgericht L. auf Antrag des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung L. im Zuge dieses Strafverfahrens einen Durchsuchungsbeschluss für die privaten und die Geschäftsräume der Eheleute U. sowie die Geschäftsräume der Klägerin, welcher am 00.00.2006 im Rahmen einer entsprechenden Durchsuchung vollzogen wurde. Im Rahmen der Sichtung der beschlagnahmten Unterlagen und Computerdatenbestände des Steuerberatungsbüros von Herrn U. wurden Dateien entdeckt, die nach Auffassung des Beklagten Veranlassung gaben, die Betriebsprüfung bei der Klägerin auf die Veranlagungszeiträume 1995 bis1999 zu erweitern.

Der Beklagte hat daraufhin unter dem 00.00.2006 die hier angefochtene Prüfungsanordnung zur Erweiterung des Prüfungszeitraums hinsichtlich der Körperschaftsteuer, der Umsatzsteuer und der Gewerbesteuer 1995 bis 1999 gegenüber der Klägerin erlassen. Zur Begründung der Prüfungserweiterung ist lediglich angegeben, dass der Verdacht einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit bestehe (Blatt 8 bis 11 d. A.). Dagegen wandte sich die Klägerin mit fristgerecht erhobenem Einspruch.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 00.00.2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies er auf die oben dargestellten Lebenssachverhalte und führte ergänzend aus, bei Durchsicht der Dateien des Steuerberatungsbüros sei ermittelt worden, dass die ...veräußerungen der Klägerin an eine Vielzahl von Mandanten des Steuerberatungsbüros anhand des so genannten Angebotes mit ... Variante erfolgt seien. Dabei sei der von beiden Vertragspartnern vereinbarte Kaufpreis dergestalt aufgeteilt worden, dass er teilweise als notariell beurkundeter Kaufpreis und teilweise über fingierte Steuerberatungsleistungen des Herrn U. (teilweise auch über ...arbeiten einer anderen Firma aus dem Firmengeflecht) abgerechnet worden sei. Zahlungen im Bereich sechsstelliger Summen seien so als Steuerberatungsleistungen abgerechnet worden. Dies habe dazu geführt, dass der Klägerin nicht der gesamte ihr zustehende Ertrag zugeflossen sei. Es sei daher zu prüfen inwieweit dies zu verdeckten Gewinnausschüttungen - vGA - durch vorsätzliche Handlungen der geschäftsführenden Personen geführt habe. Zu den geschäftsführende Personen gehöre auch Herr U.. Nach den Feststellungen der Außenprüfung sei er faktischer Geschäftsführer der Klägerin. Er nehme die Geschicke der Klägerin durch eigenes Handeln im Innen- und Außenverhältnis in die Hand.

Weiterhin hätten die Unterlagen ergeben, dass eine Vielzahl von Scheinrechnungen in der Buchführung der Klägerin erfasst worden und die Zahlungen auf diese Rechnungen in das Privatvermögen der Eheleute U. geflossen seien. Auch insoweit hätten die maßgeblich handelnden Personen, die Geschäftsführerin und der Ehemann der Geschäftsführerin, vorsätzlich zum Nachteil der Klägerin gehandelt. Bei den handelnden Personen seien gesonderte Prüfungen angeordnet worden.

Aufgrund der festgestellten Lebenssachverhalte bestehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen von Steuerstraftaten. Dies berechtige den Beklagten auch unter Berücksichtigung der ermessensregelnden Vorschriften in § 4 Abs. 3 Satz 2 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung - BpO - vom 15. März 2000 den Prüfungszeitraum auf mehr als drei Jahre zu erweitern. Zwischenzeitlich durchgeführte weitere Durchsuchungen hätten den Anfangsverdacht bestätigt. Für die Frage der Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung sei es ohne Bedeutung, dass noch nicht sicher feststehe, ob und inwieweit Steuerbeträge hinterzogen oder leichtfertig verkürzt worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage. Unter Bezugnahme auf den im Wesentlichen unstreitigen äußeren Lebenssachverhalt führt sie aus, dass ihres Erachtens die Erweiterung des Prüfungszeitraums rechtsfehlerhaft sei. Der Beklagte habe auch nach eigener Darstellung seine Erkenntnisse durch die Sicherstellung des Computerdatenbestandes des Steuerberatungsbüros des Ehemannes der Geschäftsführerin der Klägerin erlangt. Die Durchsuchung stelle einen massiven Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar, was im Streitfall dazu führe, dass die auf diesem Wege erlangten Erkenntnisse nicht zur Begründung der Prüfungserweiterung herangezogen werden dürften.

Im Einzelnen führt die Klägerin in dem Zusammenhang aus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - die Beschlagnahme des gesamten Datenbestandes einer Steuerberaterkanzlei in das Grundrecht des Steuerberaters und seiner Mandanten auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen kann. Der Zugriff auf den gesamten Datenbestand einer Beratungskanzlei beeinträchtige in schwerwiegender Weise das für das jeweilige Mandatsverhältnis erforderliche Vertrauensverhältnis. Ein derartiger Eingriff in den grundrechtlich geschützten Bereich erfordere gesetzliche Grundlagen, die zwar hinsichtlich der strafprozessualen Beschlagnahmevorschriften unbestritten gegeben seien, die aber den Zugriff nur für den in ihnen vorgegebenen Ermittlungszweck erlaubten. Bereits dies führe im Streitfall dazu, dass die durch die Beschlagnahme bei Herrn U. erlangten Daten für die Erweiterung des Prüfungszeitraums im Rahmen der Außenprüfung nicht herangezogen werden dürften. Der Ermittlungszweck des strafrechtlichen Verfahrens werde in unzulässiger Weise durchbrochen.

Außerdem liege ein schwerwiegender Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor. Die Sicherstellung und Beschlagnahme von Datenträgern und der hierauf gespeicherten Daten müsse zur Verfolgung des gesetzlichen Strafverfolgungszwecks Erfolg versprechend und erforderlich sein. Daran fehle es im Streitfall. Der gesamte Datenbestand sei gesichtet und in unzulässiger Weise ausgeforscht worden.

Dies müsse insbesondere im Hinblick auf die Klägerin zu einem umfassenden Verwertungsverbot führen. Die in verfassungswidriger Weise ermittelten Tatsachen seien schlechthin und ausnahmslos unverwertbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 00.00.2008 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die Prüfungsanordnung vom 00.00.2006 hinsichtlich der Erweiterung der Prüfungszeiträume für Körperschaft-, Umsatz- und Gewerbesteuer 1999 bis 1999 wird ersatzlos aufgehoben,

hilfsweise,

die Revision zugelassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Einspruchsentscheidung und die Erkenntnisse aus der bisherigen Durchführung der Außenprüfung, wie sie sich aus den vorgelegten Prüferhandakten ergeben.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten - teilweise streitig - zu den tatsächlichen Abläufen im Rahmen der zunächst angeordneten Betriebsprüfung und später auch der Steuerfahndungsprüfung vorgetragen.

Im Rahmen der im ... 2006 begonnenen Prüfung für die Folgejahre bei der Klägerin war dem Prüfer M. aufgefallen, dass die ....veräußerungen der Klägerin zu stark unterschiedlichen Preisen erfolgt waren. Die stark divergierenden Verkaufspreise einzelner Einheiten, teilweise aus den gleichen .., die innerhalb kurzer Zeitspannen verkauft worden waren, warfen die Frage nach der Begründung solch starker Preisdifferenzen auf. Die zeitgleich durchgeführte Prüfung bei den Eheleuten U. durch den Prüfer I. warf komplementäre Fragen auf. Jedenfalls entstand ein Verdacht, der eine Durchsuchung nach § 102 der Strafprozessordnung - StPO - auch aus Sicht des zuständigen Amtsgerichtes rechtfertigte. Hinsichtlich der im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahmen beschlagnahmten Unterlagen besteht insoweit Einvernehmen, dass die in einem so genannten Archivraum befindlichen Uraltvorgänge im Wesentlichen in der Steuerberatungskanzlei verblieben sind. Hinsichtlich der in dem so genannten Besprechungszimmer des Steuerberaters U. befindlichen (aktuelle Mandatsverhältnisse und -vorgänge betreffende) Akten trägt die Klägerin vor, dass diese nahezu komplett beschlagnahmt worden seien; der Beklagte trägt insoweit etwas unklar vor, es seien die Akten der Mandanten, bei denen eine Verbindung zu den ...verkäufen hergestellt werden konnte, sowie derjenigen Mandanten, mit denen nennenswerte Umsätze getätigt worden seien, beschlagnahmt worden.

Hinsichtlich der Dateien in der EDV-Anlage des Steuerberatungsbüros besteht Einigkeit, dass diese in vollem Umfang gespiegelt worden sind. Bzgl. der Sichtung respektive Auswertung der Akten und Dateien, die Drittmandanten, also diejenigen Mandanten, die keine ...geschäfte getätigt haben, betreffen, trägt die Klägerin vor, dass auch insoweit einer Auswertung, zumindest aber eine Sichtung stattgefunden habe. Der Beklagte trägt vor, dass keine Auswertung stattgefunden habe.

Unstreitig sind Akten mit Privatkorrespondenz der Familie U. zurückgegeben worden. Auch von der auf der Computeranlage der Klägerin ausschließlich vorgefundenen Privatkorrespondenz der ... der Eheleute U. ist kein weiterer Gebrauch gemacht worden. Letztlich sind unstreitig Akten im Volumen von zwei bis drei Pkw-Kofferräumen zurückgegeben worden.

Zumindest bis zum Ende der mündlichen Verhandlung waren gegen die Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse keine Beschwerden gemäß § 304 StPO eingelegt worden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Die angefochtene Prüfungsanordnung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, da sich die angefochtene Prüfungsanordnung noch nicht durch Beendigung der Prüfung in der Hauptsache erledigt hat (vgl. zum Übergang auf die so genannte Fortsetzungsfeststellungsklage BFH-Urteil vom 10. April 1990 VIII R 415/83, BStBl II 1990, 721; weitere Nachweise bei Eckhoff in Hübschmann/ Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 196 AO Rdnr. 248). Die Beendigung der Außenprüfung erfolgt durch die Mitteilung nach § 202 AO oder die Bekanntgabe der Änderungsbescheide auf Grund der Außenprüfung (vgl. § 12 Abs. 3 BpO). Zumindest bis zu diesem Zeitpunkt können noch Prüfungshandlungen erfolgen (vgl. Eckhoff a. a. O. § 198 AO Rdnr. 54 m. w. N.; Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 202 AO Rdnr. 14). Eine Beendigung in diesem Sinne ist noch nicht eingetreten. Die Stellungnahmefrist zu dem zwischenzeitlich übersandten Betriebsprüfungsbericht ist noch nicht abgelaufen.

Die Klage ist aber unbegründet. Im Rahmen der nach § 102 FGO nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessensentscheidung des Beklagten, die Außenprüfung bei der Klägerin auf die Streitjahre 1995 bis 1999 zu erweitern, können keine Ermessensfehler des Beklagten festgestellt werden. Im Rahmen der eingeschränkten Überprüfungskompetenz hinsichtlich der Ermessensausübung der Finanzbehörde kann der erkennende Senat lediglich prüfen, ob der Beklagte mit der Anordnung der Prüfungserweiterung auf die Steuerjahre 1995 bis 1999 für die betroffenen Steuern die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens über- oder unterschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht oder eine Ermessensreduzierung auf Null nicht beachtet hat (vgl. zur eingeschränkten Prüfungskompetenz bei Ermessensentscheidungen: BFH-Urteil vom 11. Juli 1996, BStBl II 1997, 259; umfangreiche Nachweise bei Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 102 FGO Rdnr. 1).

Die Anordnung einer Außenprüfung steht nach den §§ 193, 194 AO im Ermessen der Finanzbehörde. Dabei kommt der Finanzbehörde sowohl bei der Frage, ob und gegebenenfalls in welchen Abständen sie eine Außenprüfung bei einzelnen Steuerpflichtigen durchführt, als auch bei der Frage, in welchem Umfang im Einzelfall eine Prüfung angeordnet wird, ein Ermessen zu (vgl. § 194 Abs. 1 Satz 2 AO). Da den Finanzbehörden bei ihrer Ermessensentscheidung hinsichtlich der Anordnung einer Außenprüfung oder deren Erweiterung eine Wahlmöglichkeit nach den §§ 193, 194 AO eingeräumt worden ist, handeln die Finanzbehörden grundsätzlich nicht rechtswidrig, wenn sie gleich gelagerte Sachverhalte schon wegen ihrer begrenzten sachlichen und personellen Mittel unterschiedlich behandeln, sofern die Entscheidungen von dem Zweck des Ermessens gedeckt werden und Anhaltspunkte für ein unverhältnismäßiges, sachwidriges oder willkürliches Verhalten nicht vorliegen (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 21. Juni 1994 VIII R 54/92, BFHE 174, 397, BStBl II 1994, 678).

Dabei steht der Erweiterung einer Außenprüfung die Einleitung der Strafverfahren gegen die verantwortlichen Personen grundsätzlich nicht entgegen. Eine Außenprüfung ist auch dann zulässig, wenn gegen den Steuerpflichtigen - oder wie im Streitfall gegen die gesetzlichen Vertreter des Steuerpflichtigen - ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden ist. Auch bei dem Verdacht einer Steuerstraftat ermittelt die Finanzbehörde den Sachverhalt (§ 386 Abs. 1 AO). Mit welchen Mitteln oder auf welche Weise die Finanzbehörde dieser Ermittlungspflicht nachkommt, ist keine Frage der rechtlichen Zulässigkeit, sondern der Zweckmäßigkeit und Praktikabilität. Die Rechte und Pflichten des Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren richten sich dabei nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften (§ 393 Abs. 1 Satz 1 AO). Bei Ermittlungen im Zusammenhang mit einer Steuerstraftat ist die Außenprüfung daher nicht ausgeschlossen. Vielmehr hat auch der Außenprüfer neben seiner primären Aufgabe, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen zu prüfen, die für die Steuerpflicht und die Bemessung der Steuer maßgebend sind (§ 199 Abs. 1 AO), die Pflicht, bei dem Verdacht einer Steuerstraftat die Strafverfolgung aufzunehmen (§§ 386 Abs. 1 und 2, 385 Abs. 1 AO). Es besteht keine sich gegenseitig ausschließende Zuständigkeit von Außenprüfung und Steuerfahndung (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 1998 XI R 37/97, BStBl II 1999, 7; BFH-Urteil vom 4. Oktober 2006 VIII R 53/04, BStBl II 2007, 227). Abweichendes ergibt sich auch nicht aus § 208 Abs. 1 AO, der die Aufgaben der Steuerfahndung regelt. § 208 Abs. 3 AO stellt klar, dass die Aufgaben und Befugnisse der Finanzbehörden von den Befugnissen der Steuerfahndung unberührt bleiben. Daher kann die im Rahmen der mündlichen Verhandlung diskutierte Frage, ob hinsichtlich eines Teils der hier streitbefangenen Veranlagungszeiträume die Durchführung eines Steuerfahndungsverfahrens nach § 208 Abs. 1 Nr. 1 AO im Hinblick auf die möglicherweise eingetretene Strafrechtsverjährung zulässig gewesen wäre, dahinstehen.

Die Prüfungsanordnung ist auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil der Beklagte von der Verwaltung selbst aufgestellte ermessensregelnde Verwaltungsvorschriften nicht beachtet oder fehlerhaft angewendet hätte. Der Beklagte hat sich im Streitfall vielmehr im Rahmen der durch § 4 Abs. 3 Satz 1 BpO vorgenommenen Selbstbeschränkung der Verwaltung gehalten.

Der weite Spielraum der Finanzbehörde bei der Ausübung des Auswahlermessens wird in den Fällen eingeschränkt, in denen sich die Finanzverwaltung in ihrer Ermessensausübung selbst gebunden hat. In einem solchen Fall ist zu prüfen, ob eine nicht gerechtfertigte Abweichung von der einheitlich geübten Ermessenspraxis den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verletzt. Zu einer derartigen Selbstbeschränkung führen auch die Regelungen der BpO. Die BpO bindet grundsätzlich das Ermessen der Finanzbehörde als eine ermessensregelnde Verwaltungsvorschrift (BFH-Urteil vom 24. Februar 1989 III R 36/88, BStBl II 1989, 445; BFH-Urteil vom 19. August 1998 XI R 37/97, BStBl II 1999, 7). Diese Selbstbeschränkung ist auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 21. Juni 1994 VIII R 54/92, BFHE 174, 397, BStBl II 1994, 678).

Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BpO soll der Prüfungszeitraum bei Betrieben, die nicht Großbetriebe sind, in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen. Die in § 4 Abs. 3 BpO getroffene Regelung selbst ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, ermessensgerecht (vgl. BFH-Beschluss vom 11. August 2005 XI B 207/04, BFH/NV 2006, 9 m. w. N.).

Danach war auch bei der Klägerin, die nicht Inhaberin eines Großbetriebes i. S. des § 3 BpO war und ist, grundsätzlich eine Betriebsprüfung auf einen Zeitraum von drei Veranlagungszeiträumen zu beschränken. Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO greift diese Beschränkung aber u. a. dann nicht ein, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist oder der Verdacht einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit besteht.

Der Verdacht einer Steuerstraftat, auf den der Beklagte seine Erweiterung der Prüfungsanordnung sowohl in der Prüfungsanordnung, als auch - mit ausführlicher Begründung - in der Einspruchsentscheidung vom 00.00.2008 als der letzten Verwaltungsentscheidung stützt, war im Moment der Erweiterung der Prüfungsanordnung gegeben. Aufgrund der Feststellungen des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung bzw. des Beklagten nach Teilsichtung der beschlagnahmten Unterlagen bestand mit ausreichender Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit von Steuerstraftaten der Geschäftsführerin und/oder des Ehemannes der Geschäftsführerin (faktischer Geschäftsführer?) und damit einhergehender (massiver) Steuerverkürzungen bei der Klägerin. Dies wird von der Klägerin auch nicht bestritten.

Entgegen der Auffassung der Klägerin durfte der Beklagte die Prüfungserweiterung auch auf diese Feststellungen stützen. Es besteht kein Beweisverwertungsverbot.

Die vom erkennenden Senat geteilte Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 4. Oktober 2006 VIII R 53/04, BStBl II 2007, 227 m. w. N.) verneint nicht nur im Besteuerungsverfahren ein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt worden sind, sondern ebenso ein allgemeines steuerrechtliches Verwertungsverbot aufgrund einer Verletzung der steuerrechtlichen Pflichten bei der Informationsgewinnung. Der BFH und der erkennende Senat befinden sich insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. dazu BVerfG-Beschluss vom 30. Juni 2005 2 BvR 1502/04, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - NVwZ - 2005, 1175, wonach sogar im Strafverfahren kein generelles Verwertungsverbot bei fehlerhafter Beweiserhebung besteht). Wie das BVerfG ausgeführt hat, bedarf das Recht auf ein faires Verfahren der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten. Erst wenn sich ergibt, dass rechtsstaatlich unverzichtbare Erfordernisse nicht mehr gewahrt sind, können aus dem Prinzip konkrete Folgerungen für die Verfahrensgestaltung gezogen werden (BVerfG a. a. O. m. w. N.).

Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen im Streitfall keine schwerwiegenden sonstigen Verstöße, wie z.B. grundgesetzwidrige Aufklärungsmethoden (vgl. dazu BFH, BStBl II 2007, 227 unter II. 4. b) aa) vor, die - ausnahmsweise - die Ermittlungsergebnisse einem materiell-rechtlichen (endgültigen) Beweisverwertungsverbot unterwerfen würden.

Die Klägerin beruft sich insoweit im Ergebnis ohne Erfolg auf die Grundsätze, die in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. April 2005 2 BvR 1027/02, Neue juristische Wochenschrift - NJW - 2005, 1917, zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Sicherstellung und Beschlagnahme von Datenträgern bei Rechtsanwälten und Steuerberatern unter Berücksichtigung des Grundrechtes auf informationelle Selbstbestimmung, des rechtlich geschützten Vertrauensverhältnisses zwischen Steuerberater und Mandant sowie des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aufgestellt worden sind.

Der Senat unterstellt insoweit zu Gunsten der Klägerin, dass sie sich als inländische juristische Person auf die hier möglicherweise einschlägigen Artikel 2, 3, 13 des Grundgesetzes - GG - und ggf. auch, wenn auch mit größten Bedenken, auf das auf Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG beruhende Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 19 Abs. 3 GG berufen kann. Er folgt insoweit dem BVerfG (vgl. BVerfG-Beschluss vom 9. Oktober 2002, 1 BvR 1611/96; 1 BvR 805/98, BVerfGE 106, 28; NJW 2002, 3619), das nach den Feststellungen des Senats bisher über die Frage der Anwendung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf juristische Person des Privatrechts nicht abschließend entschieden, ihnen aber zumindest das Recht am gesprochenen Wort, auf die Unverletzlichkeit der Wohnung und das Fernmeldegeheimnis zugestanden hat. Nach Überzeugung des erkennenden Senats betreffen die einschlägigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auch das Recht auf ein rechtsstaatlich faires Verfahren (vgl. BVerfG a. a. O. unter C. I. 2.) und basieren auf der herausgehobenen Bedeutung der Berufsausübung von Rechtsanwälten und Steuerberatern für die Rechtspflege und die Wahrung der Rechte ihrer Mandanten (BVerfG-Beschluss vom 5. Mai 2008 2 BvR 1801/06, NJW 2008, 2422). Die den Entscheidungen zu Grunde liegenden Überlegungen und Grundrechte betreffen auch juristische Personen des Privatrechts.

Im Ergebnis bleibt der Klage der Erfolg aber trotzdem versagt, weil der Beklagte die Informationen, die zur Erweiterung des Prüfungszeitraumes durch die hier angefochtene Prüfungsanordnung geführt haben, nicht durch einen zu einem Verwertungsverbot führenden unzulässigen, einen verfassungsrechtlich geschützten Bereich der Klägerin verletzenden, Zugriff auf die maßgeblichen Daten erlangt hat.

Das BVerfG hat in der zitierten Entscheidung den Zugriff auf geschützte Daten nicht schlechthin für unzulässig erklärt, sondern strafprozessuale Ermittlungsmaßnahmen für zulässig erachtet, soweit dies zur Vorbereitung der anstehenden Entscheidungen im Hinblick auf die in Frage stehende Straftat nötig sei. Nur eine Ermittlung außerhalb des Zwecks, wie er durch die unter C. II. 2. d) der Entscheidung wiedergegebenen Vorschriften der StPO vorgegeben sei, habe keine gesetzliche Grundlage. Gelegentlich einer strafrechtlichen Ermittlung dürften daher keine Sachverhalte und persönlichen Verhältnisse ausgeforscht werden, die für die Beurteilung der Täterschaft und für die Bemessung der Rechtsfolgen der Tat nicht von Bedeutung seien.

# Unter Zugrundelegung der Vorgaben des BVerfG kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte die die Prüfungserweiterung tragenden Informationen in einer zu einem Verwertungsverbot führenden Weise erlangt hat.

Der Zugriff auf die Daten erfolgte zunächst im Rahmen einer rechtmäßigen Durchsuchungsmaßnahme. Der erste und hier allein interessierende Durchsuchungsbeschluss betraf nach Lage der Akten die Zeiträume, für die das Strafverfahren zuvor am 00.00.2006 gegen die Eheleute U. eingeleitet worden war, also den Verdacht auf Verkürzung von Einkommen- und Umsatzsteuer für die Jahre 1999 (2001) bis 2003. Der Durchsuchungsbeschluss ist nach dem Vorbringen der Beteiligten im Rahmen der mündlichen Verhandlung weder von den Eheleuten U. noch von der Klägerin angefochten worden. Im Hinblick auf die Tatbestandswirkung des Durchsuchungsbeschlusses ist dem erkennenden Senat damit grundsätzlich die rechtliche Überprüfung eines derartigen Beschlusses verwehrt. Es ist vielmehr - vorbehaltlich offensichtlicher grober Fehler, also greifbarer Gesetzeswidrigkeit - von dessen Rechtmäßigkeit auszugehen (vgl. zur Tatbestandsmäßigkeit von Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüssen z. B. BFH-Beschluss vom 27. Juni 2008 II B 19/07, BFH/NV 2008, 1519 m. w. N.).

Anhaltspunkte für eine im Einzelfall zu berücksichtigende Nichtigkeit oder greifbare Gesetzwidrigkeit des Durchsuchungsbeschlusses bestehen im Streitfall nicht. Insbesondere liegt keine Anordnung für offenkundig strafrechtsverjährte Steuern vor. Die strafrechtliche Verjährungsfrist beträgt bei der Steuerhinterziehung nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 des Strafgesetzbuches - StGB - fünf Jahre. Sie beginnt entsprechend § 78a StGB bei Veranlagungssteuern (die Einkommensteuer) mit der Festsetzung der Steuer, bei der Hinterziehung von Umsatzsteuern durch Unterlassen mit dem Zeitpunkt, zu dem die Jahressteueranmeldung abzugeben war (vgl. Fischer, StGB, § 78a Rdnrn. 11, 15 m. w. N.). Danach waren die Umsatzsteuern 2001 bis 2003, für die die strafrechtliche Verjährungsfrist frühestens mit Ablauf des 31. Mai 2002 anlaufen konnte, offensichtlich nicht verjährt. Das Gleiche gilt hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 2001 bis 2003. Hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 1999 und 2000 hängt die Frage der Verjährung von den Zeitpunkten der Durchführung der Besteuerung ab. Unter Berücksichtigung üblicher Abgabefristen für beratene Steuerpflichtige und der Dauer des Veranlagungsverfahrens erscheint es überwiegend wahrscheinlich, dass auch für diese beiden Jahre keine Strafrechtsverjährung bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Einleitung des Strafverfahrens im ... 2006 (Verjährungsunterbrechung gem. § 78c StGB) eingetreten war. Dafür spricht auch, dass die betroffenen Steuerpflichtigen - wie in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt wurde - keine Beschwerden gemäß § 304 StPO gegen die Durchsuchungsanordnung erhoben haben (vgl. zur Zulässigkeit von Beschwerden trotz prozessualer Überholung Meyer-Goßner, StPO, vor § 296 Rdnrn. 17 bis 18a).

Auch hinsichtlich der Beschlagnahme ist von deren Tatbestandswirkung für das Besteuerungsverfahren auszugehen. Mangels Erhebung einer Beschwerde gem. § 304 StPO ist für das Steuerfestsetzungsverfahren grundsätzlich von der Rechtmäßigkeit der Beschlagnahmemaßnahme auszugehen. Vorbehaltlich der oben bereits beim Durchsuchungsbeschluss dargestellten Sondertatbestände ist auch nach Überzeugung des erkennenden Senats grundsätzlich von der Rechtmäßigkeit einer Beschlagnahmemaßnahme (§§ 94 Abs. 2, 98 StPO) auszugehen, die entweder nicht angefochten oder von dem zuständigen Gericht der Strafjustiz (vgl. § 391 AO i. V. m. den einschlägigen Vorschriften der StPO und des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG -) als rechtmäßig qualifiziert worden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Juni 2001 VII B 11/00, BStBl II 2001, 624; BFH-Beschluss vom 17. Juli 2003 X B 19/03, BFH/NV 2003, 1594; BFH/NV 2008, 1519 m. w. N.). Dies gilt nach Überzeugung des erkennenden Senats auch hinsichtlich der grundsätzlich gemäß § 97 StPO beschlagnahmefreien Gegenstände bei Rechtsanwälten und Steuerberatern, wenn im Hinblick auf § 97 Abs. 2 Satz 3 StPO auch bei diesem Personenkreis (vgl. § 53 StPO) eine Beschlagnahme erfolgt ist.

Die Tatbestandswirkung der gegen die Klägerin gerichteten unangefochtenen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse wirkt unmittelbar gegenüber der Klägerin. Aber auch hinsichtlich der Beschlüsse, die sich gegen die Eheleute U. bzw. gegen Herrn U. richteten, besteht eine entsprechende Tatbestandswirkung.

Es kann hier dahingestellt bleiben, ob ein Drittbetroffener generell die Rechtswidrigkeit der Maßnahmen rügen könnte, obwohl die unmittelbaren Adressaten der Maßnahmen diese unangefochtenen gelassen haben. Der BFH hat dies in anderem Zusammenhang verneint (vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 1984 IV R 154/82, BStBl II 1984, 512). Die Klägerin ist im Streitfall nicht Dritte in diesem Sinne. Die Betroffenen der nicht unmittelbar gegen die Klägerin gerichteten strafprozessualen Maßnahmen sind die alleinigen Anteilsinhaber und gesetzlichen (möglicherweise auch faktischen) Vertreter der Klägerin. Jedenfalls bei Konstellationen wie der vorliegenden, bei denen die Vertreter einer juristischen Person als Drittbetroffener strafprozessualer Maßnahmen die eröffneten strafprozessualen Rechtsbehelfe hätten erheben können, muss sich die juristische Person - hier die Klägerin - die Tatbestandsmäßigkeit der infolge der Untätigkeit ihrer Vertreter unangefochten gebliebenen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse entgegenhalten lassen.

Selbst wenn man dies anders sähe, bliebe der Klage der Erfolg versagt. Das BVerfG ist in der herangezogenen Entscheidung (NJW 2005, 1917 ) davon ausgegangen, dass der Zugriff auf geschützte Daten nicht schlechthin unzulässig ist, sondern nur durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt wird (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 8. April 2008 VIII R 61/06, BFH/NV 2008, 1223). Die strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen sind dabei aber nach der unter Bezugnahme auf die §§ 155, 161, 163 StPO ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts insoweit zulässig, wie dies zur Vorbereitung der anstehenden Entscheidungen im Hinblick auf die in Frage stehende Straftat nötig ist.

Hier diente, wie die vorgelegten Unterlagen deutlich machen und im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch ergänzend vorgetragen worden ist, die Durchsuchung und Beschlagnahme der Feststellung der Lebenssachverhalte bzgl. der von den Eheleuten U. u. a. unter Ausnutzung des Rechtsmantels der Klägerin begangenen Straftaten. Unter anderem die unverständlichen, extremen Preisdifferenzen bei der Veräußerung der ... durch die Klägerin waren Ursache für den strafrechtlichen Anfangsverdacht.

Die Spiegelung der Computerdatenbestände des Steuerberatungsbüros und die Beschlagnahme der Akten bzgl. der Mandanten des Steuerberatungsbüros, die als tatsächliche oder potenzielle Kunden der Klägerin in Betracht kamen oder ggf. bereits ersichtlich waren, war daher im Hinblick auf den hier zu verifizierenden oder falsifizierenden Anfangsverdacht nicht nur zulässig, sondern zwingend geboten. Es liegt kein besonderer Rechtfertigung bedürfender Eingriff in die Rechte Unverdächtiger (BVerfG a. a. O. unter C. III. 1. d) bb), sondern der Eingriff in die Rechte einer juristischen Person vor, hinsichtlich der der Anfangsverdacht bestand, vom Hauptverdächtigen planmäßig und unter Missbrauch seiner Stellung als Organ der Steuerrechtspflege bei der Begehung von Straftaten eingesetzt worden zu sein.

Wenn man (vgl. BVerfG a. a. O. unter C. IV. 3.) zum wirksamen Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung jedenfalls Unbeteiligter und zur effektiven Wahrung des Vertrauensverhältnisses zum Berufsgeheimnisträger ein Beweisverwertungsverbot zumindest bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen, in denen die Beschränkung auf den Ermittlungszweck der Datenträgerbeschlagnahme planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen wird, für geboten hält, setzt eine erfolgreiche Berufung auf ein derartiges Beweisverwertungsverbot zumindest einen schlüssigen, substantiierten Sachvortrag voraus, warum im Einzelfall die Voraussetzungen für einen derartig schwerwiegenden Verfahrensverstoß vorliegen sollen.

Daran fehlt es hier. Unstreitig ist nur ein Teil des Aktenbestandes beschlagnahmt worden. Insbesondere der Altaktenbestand des Steuerberaters U. ist nicht beschlagnahmt worden. Die bei der Klägerin beschlagnahmten irrelevanten Unterlagen und diverse andere bei überschlägiger Durchsicht als nicht relevant qualifizierten Unterlagen sind zurückgegeben worden.

Die Sicherstellung der Computerdatenbestände der Steuerberatungskanzlei war im Streitfall zunächst geboten und zulässig, da der Anfangsverdacht gegen den hauptverdächtigen Steuerberater als Täter und Teilnehmer einer Vielzahl von Steuerhinterziehungen im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit gerichtet war. Warum die Löschung einzelner Datenbestände aus der Spiegelung der Computerdatenbestände bei einem Steuerberater, der nach Lage der Akten eine Vielzahl von Mandanten zu Steuerstraftaten angestiftet hat, geboten gewesen sein soll, ist von der Klägerin nicht vorgetragen worden. Die auf beeindruckendem Abstraktionsniveau erfolgte Klagebegründung lässt nicht erkennen, warum und inwiefern das Verhalten der Steuerfahndung schwerwiegende, bewusste oder willkürliche Verfahrensverstöße indizieren soll.

Soweit die Klägerin in der steuerrechtlichen Verwertung der unter Ausnutzung strafprozessualer Befugnisse erlangten Informationen eine unzulässige Durchbrechung des Ermittlungszwecks sieht, kann dies ihrem Begehren ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Die Verwendung von Informationen aus Steuerstrafverfahren für die Durchführung von Besteuerungsverfahren entspricht der ausdrücklichen Gesetzeslage, wie sie in § 30 Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1a und b AO ihren Ausdruck gefunden hat. Auch § 208 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO macht deutlich, dass die steuerliche Verwertung von Tatsachenfeststellungen im Rahmen der Erforschung von Steuerstraftaten dem gesetzgeberischen Willen entspricht.

Das Recht, selbst über die Verwendung persönlichkeitsbezogener Daten zu bestimmen, ist nicht verletzt. Denn es kann und muss insbesondere im Hinblick auf die Pflicht des Staates, eine gesetzmäßige und gleichmäßige Steuerfestsetzung zu gewährleisten, eingeschränkt werden (vgl. dazu BFH, BStBl II 2007, 227 II. 4. b) cc) unter Verweis auf BVerfG, Urteil des 2. Senats vom 27. Juni 1991, 2 BvR 1493/89, BStBl II 1991, 654; vgl. auch BFH-Beschluss vom 4. Oktober 2007 VII B 110/0 7, BStBl II 2008, 42 zu Offenbarungsbefugnissen gemäß § 31a AO).

Unabhängig von den vorstehenden Begründungen zur Tatbestandswirkung der straf-prozessualen Maßnahmen und der Nichtfeststellbarkeit eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kann die Klägerin aus einem weiteren Grunde keinen Erfolg mit ihrem Begehren haben.

Das Bundesverfassungsgericht hat ausgeführt, dass im Rahmen der strafprozessualen Überprüfung einer zu weit gehenden Beschlagnahmeanordnung eine Begrenzung der Beschlagnahmeanordnung hinsichtlich der nicht verfahrensrelevanten Datenbestände in Betracht kommt. Es hat die Entscheidung des Amtsgerichtes des Ausgangsverfahrens, wonach die gespiegelten EDV-Datenbestände bei der Erstdurchsicht in "allem Anschein nach verwertbare Beweismittel" und "ungeöffnet zu löschende" Dateien zu trennen seien (BVerfG, a. a. O. unter A. II. 5.), als verfassungsgemäß qualifiziert und offen gelassen, ob ein weiter gehender Datenzugriff verfassungsgemäß gewesen wäre (BVerfG, a. a. O. unter C. V. 2.).

Wenn aber eine zunächst zu weit gehende Sicherstellung von EDV-Datenbeständen durch strafprozessuale Rechtsschutzanträge auf ein verfassungsgemäßes Maß reduziert werden kann, muss es hinsichtlich der zu Recht beschlagnahmten Teile des Datenbestandes bei der Tatbestandswirkung bleiben. Der Senat vertritt insoweit die Auffassung, dass ein Verwertungsverbot jedenfalls nicht die Tatsachen betreffen kann, die auf der Basis insoweit rechtmäßiger Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse ermittelt worden sind.

Das bedeutet im Streitfall, dass sich die Klägerin - ungeachtet möglicher Einwände unbeteiligter Dritter - keinesfalls auf ein Verwertungsverbot berufen kann, da die betreffenden Datenbestände, die unmittelbar den Kern des strafrechtlichen Vorwurfs gegenüber den handelnden Personen, also den gesetzlichen und ggf. faktischen Vertretern der Klägerin betreffen, auf jeden Fall rechtmäßig beschlagnahmt worden sind.

Ob ggf. bei einer weitreichenden Beschlagnahmeaktion, die im Hinblick auf die geringe Schwere des Tatvorwurfs (vgl. BVerfG, NJW 2008, 2422) bereits im Ansatz unverhältnismäßig erscheint und bei deren Überprüfung die Datenträgerbeschlagnahme als schwerwiegend, bewusst und willkürlich fehlerhaft zu qualifizieren ist, ein weitergehendes Beweisverwertungsverbot angenommen werden könnte (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1917 unter C. IV. 3.) kann dahinstehen. Ein derartiger Fall liegt bei einem Steuerberater, der verdächtig ist unter Ausnutzung des Vertrauens, das er als Angehöriger des Berufsstandes genießt, in großem Stil Steuerhinterziehungen als Täter, Gehilfe und Anstifter begangen zu haben, nicht vor. Im Streitfall können sich - wie in dem Fall, der der Entscheidung des BVerfG zugrunde lag - nur in Randbereichen zu weitgehende Beschlagnahmen ergeben, die keine Verwertungsverbote hinsichtlich der rechtmäßig beschlagnahmten Teile der Unterlagen zur Folge haben können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Frage, ob und inwieweit die Tatbestandsmäßigkeit strafprozessualer Maßnahmen der eigenständigen Prüfung der Voraussetzungen eines Verwertungsverbotes im Besteuerungsverfahren eines Dritten im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, NJW 2005, 1917 , entgegensteht, infolge der offen lassenden Entscheidungen in BFH/NV 2003, 1594 und BStBl II 2007, 227 nach Auffassung des erkennenden Senats noch ungeklärt ist.

Weiterhin ist höchstrichterlich ungeklärt, ob sich ein Drittbetroffener auf die teilweise Rechtswidrigkeit von Beschlagnahmemaßnahmen berufen kann, wenn die Beschlagnahme der ihn betreffenden Unterlagen rechtmäßig, die Beschlagnahme andere Dritte betreffender Unterlagen möglicherweise aber unrechtmäßig ist.

Ende der Entscheidung

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