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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 23.07.2008
Aktenzeichen: 13 K 3714/04
Rechtsgebiete: KStG


Vorschriften:

KStG § 34 Abs. 9 S. 1 Nr. 1
KStG § 47 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

13 K 3714/04

Tenor:

Der Körperschaftsteuerbescheid 2000 vom 30.7.2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21.6.2004 wird aufgehoben.

Unter Änderung des Bescheides über die Feststellung gemäß § 36 Abs. 7 KStG vom 2.9.2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21.6.2004 werden die End-bestände wie folgt festgestellt:

EK 40: 0 DM

EK 01/03: - 3.176.645 DM

EK 02: -3.952.426 DM

EK 04: 7.129.070 DM.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung durch die Klägerin in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob nach Maßgabe der Übergangsvorschriften für den Wechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren für eine im Jahr 2001 beschlossene und ausgeführte offene Gewinnausschüttung einer Liquidationsgesellschaft, die den Zeitraum vor Liquidationsbeginn im Dezember 2000 betrifft, die Ausschüttungsbelastung hergestellt und dadurch das im belasteten Eigenkapital verkörperte Steuerguthaben realisiert werden kann. Dabei besteht die Besonderheit, dass bei Abfluss der Ausschüttung die Liquidation bereits aufgehoben war.

Gegenstand des Unternehmens der am 31.1.197... gegründeten Klägerin war ursprünglich der Vertrieb und die Vermietung von Baumaschinen. Mit Gesellschafterbeschluss vom 22.12.199... wurde dieser Unternehmensgegenstand in die Verwaltung eigenen Vermögens geändert. In den Streitjahren stand die Klägerin bis zum 28.12.2001 mit einem Stammkapital von 2.100.000 DM im Anteilsbesitz der Frau D. (Geschäftsanteil: 525.000 DM), der Frau S. (Geschäftsanteil: 525.000 DM) und des Herrn F. (Geschäftsanteil: 1.050.000 DM). Mit notariellen Verträgen vom 28.12.2001 setzten die Gesellschafter das Stammkapital zum Zwecke der Rückzahlung von Stammeinlagen auf 25.000 EUR herab und veräußerten ihre danach verbliebenen Geschäftsanteile (2 x 6052 EUR; 1 x 12.500 EUR) mit sofortiger Wirkung an die ... Vermögensverwaltungs- und Betreuungsgesellschaft mbH.

In ihrer Bilanz auf den 31.12.1999 wies die Klägerin nach Verrechnung des erzielten Jahresüberschusses einen Verlustvortrag in Höhe von 323.283 DM aus. Das - bis auf eine Rundungsdifferenz von 2 DM - in gleicher Höhe auf den 31.12.1999 festgestellte verwendbare Eigenkapital setzte sich aus folgenden Teilbeträgen zusammen:

 EK 45 EK 02 EK 03
6.780.560 DM ./. 3.927.200 DM ./. 3.176.645 DM

Am 25.4.2000 beantragte die Klägerin bei dem vormals zuständigen Finanzamt ... die Erteilung einer verbindlichen Auskunft zur Frage der Realisierung des im EK 45 verkörperten Steuerguthabens im Wege des "Leg-ein-hol-zurück-Verfahrens". Es sei beabsichtigt, vor der Liquidation eine fremdfinanzierte Einlage in das EK 04 i. H. v. 5.013.302 DM zu tätigen, durch die die negativen Bestände des EK 02 und EK 03 kompensiert würden. Im nächsten Schritt würde eine Ausschüttung des EK 45 i. H. v. 6.778.934 DM erfolgen, aus der eine Körperschaftsteuerminderung von 1.848.800 DM und eine Bardividende i. H. v. 8.627.734 DM resultierten. Mit Schreiben vom 7.8.2000 bestätigte das Finanzamt ..., dass gegen die beschriebene Gestaltung keine Bedenken bestünden.

Am 14.12.2000 tätigten die Gesellschafter der Klägerin eine Einlage i. H. v. 7.200.000 DM und beschlossen sodann am 15.12.2000 die Auflösung der Gesellschaft (HR-Eintragung vom 8.1.2001). Durch Beschluss vom 12.12.2001 wurde die Liquidation aufgehoben, nachdem ein Käufer Interesse an dem Firmenmantel bekundet hatte (HR-Eintragung vom 5.2.2002).

Am 5.12.2001 stellte die Gesellschafterversammlung den Jahresabschluss für das Rumpfgeschäftsjahr 1.1. bis 14.12.2000 fest und beschloss, den um den Verlustvortrag geminderten Jahresüberschuss i. H. v. 6.851.491 DM zuzüglich des Körperschaftsteuerguthabens (15/55 von 6.780.560 DM = 1.849.244 DM) in voller Höhe auszuschütten. Die am 28.12.2001 ausgezahlte offene Gewinnausschüttung betrug danach 8.700.734 DM. Nach Mitteilung der Klägerin vom 18.9.2002 (Körperschaft-steuerakte 2000) hat die Gesellschafterversammlung am 5.12.2001 den am 14.9.2001 aufgestellten Jahresabschluss zum 14.12.2000 unter Berücksichtigung der Gewinnverwendung nach § 278 Satz 2 HGB geändert.

Sodann stellte die Gesellschafterversammlung der Klägerin am 17.12.2001 den Jahresabschluss für das Rumpfgeschäftsjahr 15.12.2000 bis 12.12.2001 fest. Einen weiteren Jahresabschluss legte die Klägerin schließlich für das Rumpfgeschäftsjahr 13.12.2001 bis 31.12.2001 vor.

Auf der Grundlage der Steuererklärung stellte das Finanzamt ... zunächst mit dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid über Körperschaftsteuer und Feststellungen gemäß § 47 Abs. 2 KStG für das Jahr 2000 vom 27.2.2002 eine Minderung der Körperschaftsteuer in Höhe von 1.849.244 DM fest und wies einen entsprechenden negativen Festsetzungsbetrag aus.

Mit Schreiben vom 17.7.2002 stellte das Finanzamt ... diese Sachbehandlung hinsichtlich der Herstellung der Ausschüttungsbelastung für das ausgeschüttete Körperschaftsteuerguthaben in Frage, da mangels eines Ausweises dieses Steuerguthabens in der Handelsbilanz ein Verstoß gegen § 29 GmbHG vorliege (vgl. dazu aber Aktenvermerk des Beklagten vom 20.1.2003 - KSt-Akte 2000).

Mit dem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid über Körperschaftsteuer und Feststellungen gem. § 47 Abs. 2 KStG vom 30.7.2003 versagte der zwischenzeitlich zuständige Beklagte sodann die Minderung der Körperschaftsteuer auf Grund der am 5.12.2001 beschlossenen Ausschüttung in voller Höhe. Mit der erstmaligen Feststellung gemäß § 36 Abs. 7 KStG vom 2.9.2003 bezifferte er korrespondierend das EK 40 mit ./. 348.511 DM und das EK 04 mit 7.200.000 DM. Zur Begründung wies er darauf hin, dass bei offenen Gewinnausschüttungen für Zeiträume vor Liquidationsbeginn, die nach Beginn der Liquidation beschlossen würden, die besondere zeitliche Anwendungsregelung des § 34 Abs. 12 KStG n. F. (= § 34 Abs. 9 KStG i. d. F. d. UntStFG v. 20.12.2001) nicht anwendbar sei und daher nach § 34 Abs. 1 KStG n. F. bereits im Veranlagungszeitraum 2001 das neue Recht vollumfänglich zur Anwendung komme. Unabhängig davon falle der Abfluss der Gewinnausschüttung am 28.12.2001 bereits in das zweite Wirtschaftsjahr, für das bei der Klägerin das KStG n. F. anzuwenden sei. Somit gälten für die Ausschüttung bereits die Regelungen des Halbeinkünfteverfahrens.

Mit ihren hiergegen gerichteten Einsprüchen rügte die Klägerin die Nichtanwendung der in § 34 Abs. 2 und 12 KStG n. F. enthaltenen Übergangsvorschriften zur erstmaligen Geltung des neuen Körperschaftsteuerrechts und zur letztmaligen Geltung des Anrechnungsverfahrens für Gewinnausschüttungen. Das Argument des Beklagten, dass es in der Liquidation keine Wirtschaftsjahre mehr gäbe, könne den Streitfall schon deshalb nicht treffen, weil die ursprünglich beschlossene Liquidation wieder aufgehoben worden sei. § 11 KStG sei folglich nicht einschlägig. Eine Abwicklung habe nicht stattgefunden, so dass ausschließlich "normale" Wirtschaftsjahre vorlägen. Unzutreffend sei auch die Argumentation des Beklagten, dass die am 28.12.2001 vorgenommene Ausschüttung bereits in das zweite dem neuen Körperschaftsteuerrecht unterliegende Wirtschaftsjahr fiele. Vielmehr gelte für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 15.12.2001 bis zum 31.12.2001 nach § 34 Abs. 2 KStG n. F. ebenfalls noch das alte Körperschaftsteuerrecht. Die Ausschüttung sei somit im letzten Wirtschaftsjahr erfolgt, für das das alte Recht noch zur Anwendung komme.

Mit Einspruchsentscheidung vom 21.6.2004 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Durch den Beschluss über die Liquidation vom 15.12.2000 und deren anschließende Aufhebung am 12.12.2001 seien bei der Klägerin drei zu unterscheidende Wirtschaftsjahre bzw. Besteuerungszeiträume entstanden, und zwar vom 1.1.2000 bis zum 14.12.2000, vom 15.12.2000 bis zum 12.12.2001 und vom 13.12.2001 bis zum 31.12.2001. Der hierin enthaltene Liquidationszeitraum vom 15.12.2000 bis zum 12.12.2001 sei aber kein abweichendes Wirtschaftsjahr im Sinne des § 34 Abs. 2 KStG n. F., sondern ein bloßer im Jahr 2001 endender Besteuerungszeitraum, für den § 34 Abs. 14 Satz 1 KStG n. F. (= § 34 Abs. 11 Satz 1 KStG i. d. F. d. UntStFG v. 20.12.2001) eine Sonderregelung zu Gunsten der Anwendung des neuen Körperschaftsteuerrechts treffe. Nichts anderes könne daher auch für das sich anschließende Rumpfwirtschaftsjahr vom 13.12.2001 bis zum 31.12.2001 gelten. Die Ermittlung der Endbestände gemäß § 36 KStG n. F. müsse zum 14.12.2000 erfolgen.

Ob die besondere Übergangsregelung des § 34 Abs. 12 KStG n. F. für die nachwirkende Anwendung des Anrechnungsverfahrens für nach Liquidationsbeginn beschlossene Gewinnausschüttungen in Bezug auf davor liegende Wirtschaftsjahre dennoch zur Anwendung kommen könne, bedürfe im Streitfall keiner Entscheidung, weil in diesem Fall die Ausschüttung in das zweite Wirtschaftsjahr (13.12.2001 bis 31.12.2001) fiele, für das bei der Klägerin das neue Recht anzuwenden sei.

Mit der vorliegenden Klage hält die Klägerin daran fest, dass das neue Körperschaftsteuerrecht erstmals für den Veranlagungszeitraum 2002 auf sie anzuwenden sei. Denn das aufgrund des Liquidationsbeschlusses handelsrechtlich zwingend zu bildende Rumpfwirtschaftsjahr vom 15.12.2000 bis zum 12.12.2001 habe vor dem 1.1.2001 begonnen, so dass das Rumpfwirtschaftsjahr vom 15.12.2000 bis zum 12.12.2001 nach § 34 Abs. 2 KStG n. F. unter die Geltung des alten Körperschaft-steuerrechts falle. Das nach der Aufhebung des Liquidationsbeschlusses auf Grund der Rückkehr zum satzungsmäßigen Wirtschaftsjahr handelsrechtlich zwingend zu bildende Rumpfwirtschaftsjahr vom 13.12.2001 bis zum 31.12.2001 ende vor dem Beginn des Veranlagungszeitraums 2002 und müsse daher ebenfalls noch dem alten Körperschaftsteuerrecht unterliegen. Die Frage der nachwirkenden Anwendung des Anrechnungsverfahrens für Gewinnausschüttungen in dem ersten dem neuen Körperschaftsteuerrecht unterliegenden Jahr gemäß § 34 Abs. 12 KStG n. F. könne sich daher nicht stellen.

Für die Anwendung der besonderen Vorschriften des § 34 Abs. 14 KStG n. F. über die Liquidationsbesteuerung fehle es an der in § 11 Abs. 1 KStG vorausgesetzten tatsächlichen Durchführung der Abwicklung. Denn die Liquidation sei vor der Abwicklung aufgehoben und die Gesellschaft fortgesetzt worden. Dass auch im Falle der Aufhebung einer Liquidation eine Liquidationsbesteuerung stattfinde, wie der Beklagte meine, ergebe sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck des § 11 KStG. Nach übereinstimmender Auffassung in der Kommentarliteratur seien in diesem Fall vielmehr weiterhin die jährlichen Veranlagungen mit normaler Gewinn- ermittlung durchzuführen.

Selbst wenn man sich aber auf die Argumentation des Beklagten einlasse, dass das Rumpfwirtschaftsjahr vom 15.12.2000 bis zum 12.12.2001 wegen des zu Grunde liegenden Liquidationsbeschlusses nicht als Wirtschaftsjahr, sondern lediglich als Besteuerungszeitraum anzusehen sei, dann müsse denklogisch zwingend das Rumpfwirtschaftsjahr vom 13.12.2001 bis zum 31.12.2001 das erste Wirtschaftsjahr sein, für das das neue Körperschaftsteuerrecht Anwendung finden könne. Auch dann wäre aber nach der in diesem Fall einschlägigen Übergangsvorschrift des § 34 Abs. 12 KStG n. F. die Minderung der Körperschaftsteuer für die am 5.12.2001 beschlossene Gewinnausschüttung i. H. v. 8.700.734 DM zu berücksichtigen.

Die Klägerin beantragt,

den Körperschaftsteuerbescheid 2000 vom 30.7.2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21.6.2004 und den Bescheid über die Feststellung gemäß § 36 Abs. 7 KStG vom 2.9.2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21.6.2004 aufzuheben,

hilfsweise,

für den Fall der vollständigen oder teilweisen Klageabweisung, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, für den Fall der Klagestattgabe, die Revision zuzulassen.

Er hält an der Auffassung fest, dass § 34 Abs. 2 KStG n. F. im Streitfall nicht anwendbar sei, weil die Klägerin kein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr habe. Ausweislich des Gesellschaftsvertrages entspreche das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr, so dass der 31.12. der satzungsgemäße Abschlussstichtag sei. Diese Satzungsbestimmung habe durch den Auflösungsbeschluss vom 15.12.2000 keine Änderung erfahren, wie letztlich auch die fehlende Eintragung einer solchen Satzungsänderung im Handelsregister gemäß § 54 Abs. 3 GmbHG und die Nichterteilung der erforderlichen Zustimmung des Finanzamts gemäß § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG erweise. Ein Auflösungsbeschluss berühre nach herrschender Meinung im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum nicht den Lauf des Geschäftsjahres. Soweit die Klägerin auf Grund des Liquidationsbeschlusses in Ausübung des Wahlrechts nach Abschnitt 46 Abs. 1 Satz 5 KStR 1995 ein Rumpfwirtschaftsjahr vom 15.12.2000 bis zum 12.12.2001 gebildet habe, bedinge dies nicht die Umstellung auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr. Insoweit liege es gerade anders als bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, für das § 155 Abs. 1 Satz 2 InsO mit satzungsdurchbrechender Wirkung eine entsprechende Regelung treffe. Mangels eines abweichenden Wirtschaftsjahres müsse daher das neue Körperschaftsteuerrecht ab dem Veranlagungszeitraum 2001 zur Anwendung kommen.

Wenn auch mangels tatsächlicher Abwicklung der Klägerin im Streitfall keine Liquidationsbesteuerung stattfinde, durch die im Sinne des § 11 KStG die im Abwicklungsendvermögen enthaltenen stillen Reserven realisiert würden, so bleibe es doch bei dem mit dem Liquidationsbeschluss begonnenen und dem Aufhebungsbeschluss beendeten besonderen Besteuerungszeitraum vom 15.12.2000 bis zum 12.12.2001. Denn der Aufhebungsbeschluss vom 12.12.2001 entfalte steuerrechtlich keine Rückwirkung. Da somit zum 12.12.2001 der erste Besteuerungszeitraum ende, für den das neue Körperschaftsteuerrecht anzuwenden sei, und innerhalb dieses Besteuerungszeitraums der Abfluss der Gewinnausschüttungen nicht erfolgt sei, könne sich die Klägerin nicht zu ihren Gunsten auf die Übergangsvorschrift des § 34 Abs. 12 Nr. 1 KStG n. F. berufen. Denn nach dieser Regelung sei das Anrechnungsverfahren nur für solche offenen Gewinnausschüttungen weiterhin anzuwenden, die in dem ersten Wirtschaftsjahr abflössen, für das bei der ausschüttenden Kapitalgesellschaft das neue Körperschaftsteuerrecht anzuwenden sei.

Die Frage, ob man den Besteuerungszeitraum vom 15.12.2000 bis zum 12.12.2001 einem Wirtschaftsjahr im Sinne von § 34 Abs. 12 Nr. 1 KStG n. F. gleichstellen könne, sei im Ergebnis irrelevant. Folge man der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung, wonach ein wegen § 11 KStG zu bildender Besteuerungszeitraum kein Wirtschaftsjahr ist und die Sonderregelung des § 34 Abs. 12 KStG daher in Ermangelung eines Wirtschaftsjahres keine Anwendung finden könne (Tz. 1 und 11 des BMF-Schreibens vom 26.8.2003, BStBl I 2003, 434), unterlägen die ab dem Beginn dieses Besteuerungszeitraums abgeflossenen offenen Gewinnausschüttungen dem neuen Körperschaftsteuerrecht. Da das Verlassen des alten Rechts definitiv sei, könne für das nachfolgende Rumpfwirtschaftsjahr vom 13.12. bis zum 31.12.2001 nichts anderes gelten. Behandele man dagegen den Besteuerungszeitraum vom 15.12.2000 bis zum 12.12.2001 für Zwecke der Anwendung des § 34 Abs. 12 KStG n. F. als Wirtschaftsjahr, so würde das Anrechnungsverfahren nur für die bis zum Ende dieses Wirtschaftsjahrs abgeflossenen Gewinnausschüttungen Anwendung finden. Die hier zu beurteilende, erst am 28.12.2001 abgeflossene Gewinnausschüttung unterläge damit in jedem Falle vollumfänglich dem Halbeinkünfteverfahren.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Der Beklagte hat zu Unrecht in dem Bescheid über Körperschaftsteuer und Feststellungen gemäß § 47 Abs. 2 KStG für das Jahr 2000 die Ausschüttungsbelastung für die am 5.12.2001 beschlossene und am 28.12.2001 bei der Klägerin abgeflossene Gewinnausschüttung für das Rumpfwirtschaftsjahr 01.01. bis 14.12.2000 nicht nach Maßgabe des § 27 Abs. 1 und 3 Satz 1 KStG a. F. hergestellt und deshalb bei der Feststellung der Endbestände des verwendbaren Eigenkapitals nach § 36 Abs. 7 KStG die negativen Bestände des unbelasteten Eigenkapitals gem. § 36 Abs. 4 KStG n. F. mit dem umgegliederten EK 45 verrechnet.

I.

Beruht die Ausschüttung auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr, tritt nach § 27 Abs. 3 Satz 1 i. d. F. d. Art. 4 des Gesetzes vom 14.07.2000 (KStG a. F.) die Minderung oder Erhöhung der Körperschaftsteuer gemäß § 27 Abs. 1 KStG a. F. (Ausschüttungsbelastung) für den Veranlagungszeitraum ein, in dem das Wirtschaftsjahr endet, für das die Ausschüttung erfolgt.

Im Streitfall beruhte die Gewinnausschüttung i. H. v. 8.700.734 DM für das abgelaufene Rumpfwirtschaftsjahr 01.01. bis 14.12.2000 auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss (vgl. zu den Voraussetzungen: Urteile des BFH vom 7. November 2001 I R 11/01, BFH/NV 2002, 540, undvom 16. Mai 2007 I R 84/06, BFH/NV 2005, 1925), so dass die Ausschüttungsbelastung für den Veranlagungszeitraum 2000 herzustellen war. Das bei Liquidationsbeginn während des laufenden Wirtschaftsjahrs gemäß § 71 Abs. 1 GmbHG handelsrechtlich zwingend zu bildende Rumpfwirtschaftsjahr bis zum Auflösungstag ist auch steuerrechtlich anzuerkennen, ohne dass es insoweit einer Zustimmung der Finanzbehörde nach § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG bedarf (vgl. dazu BFH-Urteile vom 22. Oktober 1998 I R 15/98, BFH/NV 1999, 829, undvom 17. Juli 1974 I R 233/71, BFHE 113, 112, BStBl II 1974, 692). Eine in Liquidation befindliche GmbH kann auch nach Eintritt in das Liquidationsstadium die Ausschüttung von Gewinnen beschließen, sofern die betreffenden Wirtschaftsjahre, für die ausgeschüttet wird, vor Beginn der Liquidation geendet haben; dies gilt auch für Gewinnausschüttungen für ein Rumpfwirtschaftsjahr, das wegen der Auflösung der Kapitalgesellschaft bis zum Auflösungstag gebildet worden ist (vgl. dazu BFH-Urteile vom 22. Oktober 1998 und vom 17. Juli 1974, a. a. O.). Bei der Beschlussfassung haben die Gesellschafter schließlich die Vorschrift des § 73 GmbHG beachtet; die am 5.12.2001 beschlossene offene Gewinnausschüttung ist erst am 28.12.2001 und damit nach Ablauf des Sperrjahres erfolgt.

Die offene Gewinnausschüttung war auch, wie zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig ist, hinsichtlich des mit ausgeschütteten Körperschaftsteuerguthabens i. H. v. 1.849.244 DM ordnungsgemäß. Denn ein Verstoß gegen § 29 GmbHG kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der erstmals am 14.9.2001 aufgestellte Jahresabschluss zum 14.12.2000 anlässlich des Gewinnverwendungsbeschlusses unter entsprechender Erhöhung des Jahresüberschusses geändert worden ist, wie es § 278 Satz 2 HGB zulässt. Ihre diesbezügliche Sachdarstellung hat die Klägerin überzeugend dadurch untermauern können, dass anderenfalls dieses Körperschaft-steuerguthaben den Jahresüberschuss des Rumpfgeschäftsjahres 15.12.2000 bis 12.12.2001 erhöht und demnach in dem am 17.12.2001 aufgestellten Jahresabschluss für dieses Geschäftsjahr hätte ausgewiesen werden müssen.

Das für die Herstellung der Ausschüttungsbelastung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG a. F. heranzuziehende verwendbare Eigenkapital zum 14.12.2000 ergibt sich aus der bestandskräftigen Feststellung gemäß § 47 Abs. 1 KStG vom 30.7.2003. Der dort ausgewiesene Teilbetrag des EK 45 von 6.780.560 DM rechtfertigt die in dem Bescheid über Körperschaftsteuer und Feststellungen gemäß § 47 Abs. 2 KStG für das Jahr 2000 vom 27.2.2002 bezifferte Körperschaftsteuerminderung von 1.849.244 DM (15/55 von 6.780.560 DM), so dass dieser Bescheid unter Aufhebung des angegriffenen Änderungsbescheides vom 30.7.2003 wieder in Kraft zu setzen war. Hinsichtlich des nach Berücksichtigung der Körperschaftsteuerminderung (§ 28 Abs. 6 Satz 1 KStG a. F.) verbleibenden Ausschüttungsbetrags von 70.930 DM unterbleibt nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 KStG a. F. eine Körperschaftsteueränderung, da für dessen Finanzierung nach § 28 Abs. 3 KStG a. F. das EK 04 (7.200.000 DM) heranzuziehen ist.

II.

Der Herstellung der Ausschüttungsbelastung für den Veranlagungszeitraum 2000 steht nicht entgegen, dass die Ausschüttung in einem Zeitraum erfolgte, für den gemäß § 34 Abs. 1 KStG i. d. F. d. UntStFG v. 20.12.2001 (KStG n. F.) bereits das grundsätzlich für den Veranlagungszeitraum 2001 geltende neue Körperschaftsteuerrecht Anwendung findet. Denn diese Ausschüttung unterfiel gemäß § 34 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG n. F. noch den Regelungen des Anrechnungsverfahrens.

Nach § 34 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG n. F. ist für Gewinnausschüttungen, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr beruhen, und die in dem ersten Wirtschaftsjahr erfolgen, das in dem Veranlagungszeitraum endet, für den das KStG i. d. F. d. StSenkG vom 23.10.2000 erstmals anzuwenden ist, das KStG a. F. letztmals anzuwenden. Diese Voraussetzungen haben entgegen der auf das Schreiben des BMF vom 26.8. 2003 (BStBl. I 2003, 434, Tz. 11) gestützten Auffassung des Beklagten bei dem Abfluss der Gewinnausschüttung in dem nach Aufhebung der Liquidation zu bildenden Rumpfwirtschaftsjahr 13.12. bis 31.12.2001 vorgelegen.

1. Das Rumpfwirtschaftsjahr 13.12. bis 31.12.2001 kann nicht deshalb aus dem Anwendungsbereich der Übergangsvorschrift des § 34 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG n. F. ausgeklammert werden, weil es sich dabei - wie der Beklagte meint - um das zweite im Veranlagungszeitraum 2001 endende Wirtschaftsjahr handelte. Denn da der vom 15.12.2000 bis zum 12.12.2001 währende Abwicklungszeitraum i. S. d. § 11 Abs. 1 KStG keine Wirtschaftsjahre beinhaltet, kann er keinesfalls mit dem ersten Wirtschaftsjahr i. S. d. § 34 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG n. F. gleichgesetzt werden.

1.1. Wie der Beklagte selbst richtig ausführt, begründet eine zunächst ernsthaft betriebene und sodann wieder aufgehobene Liquidation aufgrund des steuerlichen Rückwirkungsverbotes einen Abwicklungszeitraum im Sinne des § 11 Abs. 1 KStG (so bereits Urteil des RFH vom 7. Mai 1929 I Aa 818/28, RStBl 1929, 512; Graffe in: Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 11 KStG nF, Tz. 6; Frotscher in: Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 11 KStG, Tz. 10). Da im Streitfall für eine bloße Scheinliquidation keine Anhaltspunkte bestehen, hat die Klägerin demnach zutreffend eine steuerliche Gewinnermittlung für den Zeitraum 15.12.2000 bis 12.12.2001 erstellt. Wollte man demgegenüber den Fall der abgebrochenen Liquidation einer bloßen Scheinliquidation gleichstellen (so H. Klein in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 11 KStG, Anm. 32), so würde dies nicht nur die Verpflichtung zur Erstellung eines Jahresabschlusses auf den Zeitpunkt der Aufhebung der Liquidation entfallen lassen. Vielmehr würde auch dem nach ganz herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum bis zum Zeitpunkt des Liquidationseintritts zu bildenden Rumpfwirtschaftsjahr rückwirkend mit der Folge die Grundlage entzogen, dass der Gewinnermittlungszeitraum für das Jahr des Liquidationseintritts wieder dem Geschäftsjahr entsprechen müsste. Im Streitfall hätte demnach der Gewinn für den Veranlagungszeitraum 2000 auf den 31.12. dieses Jahres ermittelt werden müssen. Hierin läge aber die Rückbewirkung von Rechtsfolgen für einen bereits abgeschlossenen Besteuerungssachverhalt.

1.2. Der Senat tritt weiterhin der Auffassung des BMF im Schreiben vom 26.8.2003 (a. a. O., Tz. 1) bei, dass es in dem Abwicklungszeitraum des § 11 Abs. 1 KStG keine Wirtschaftsjahre im steuerrechtlichen Sinne gibt und demzufolge auch nicht einem hierin liegenden besonderen Besteuerungszeitraum diese Qualität zukommen kann. Eine andere Sichtweise wäre mit den gesetzlichen Vorgaben in §§ 7 Abs. 4 KStG, 4a Abs. 1 Nr. 2 EStG, 8b EStDV und 240 Abs. 2 Satz 2, 242 HGB nicht zu vereinbaren.

Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG ist bei Steuerpflichtigen, die - wie im Streitfall die Klägerin - verpflichtet sind, Bücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches zu führen, der Gewinn nach dem Wirtschaftsjahr zu ermitteln, für das sie regelmäßig Abschlüsse machen. Nach § 242 HGB ist dieser Abschluss auf den Schluss eines jeden Geschäftsjahres aufzustellen. Mit dem Eintritt in die Liquidation beginnt zwar nach § 71 Abs. 1 GmbHG ein neues Geschäftsjahr, das unabhängig von dem satzungsgemäßen Geschäftsjahr nunmehr maßgebend wird (Schulze-Osterloh in Baumbach-Hueck, GmbH-Gesetz, 18. Aufl., § 71, Tz. 23; K. Schmidt in: Scholz, GmbHG, 9. Aufl., § 71, Tz. 18). Indessen dienen die nach § 71 Abs. 1 und 2 GmbHG zu erstellende Liquidations-Eröffnungsbilanz sowie die daraufhin jährlich aufzustellenden Liquidationsbilanzen auch nach der Neufassung der Vorschrift durch das BiRiLiG nicht dem Zweck der Gewinnermittlung und -verteilung, sondern der Information über dem erreichten Stand der Abwicklung (Schulze-Osterloh, a. a. O., Tz. 7; Frotscher, a. a. O., § 11 KStG, Tz. 21). Dabei ist abweichend von der Gewinnermittlung der werbenden Gesellschaft der Zweck der Rechnungslegung in der Liquidation zu berücksichtigen, was zu Abweichungen bei Ansatz und Bewertung der Bilanzposten führt (vgl. dazu im Einzelnen: Schulze-Osterloh, a. a. O., Tz. 15 ff., m. w. N.). Anders als bei dem vor Eintritt in die Liquidation abgelaufenen Geschäftsjahr, das bei unterjähriger Auflösung handelsrechtlich zwingend als Rumpfgeschäftsjahr ausgestaltet ist, weil hierfür nach § 71 Abs. 1 GmbHG eine Gewinnermittlungs-Schlussbilanz aufgestellt werden muss (Urteile des BFH vom 17. Juli 1974 und 22. Oktober 1998, a. a. O.; Schulze-Osterloh, a. a. O., Tz. 2, m. w. N.), kann daher aus der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz kein Argument für die Existenz auch steuerrechtlich zu beachtender Wirtschaftsjahre im Abwicklungszeitraum abgeleitet werden.

Unabhängig davon decken sich das mit der Auflösung beginnende neue Geschäftsjahr sowie die weiteren Geschäftsjahre im Liquidationszeitraum in aller Regel - und so auch im Streitfall - nicht mit dem Kalenderjahr. Die Umstellung des Wirtschaftsjahres einer Kapitalgesellschaft auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum ist aber nach § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG steuerlich nur wirksam, wenn sie im Einvernehmen mit dem Finanzamt vorgenommen wird. Eine entsprechende Regelung trifft § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG für die dem Einkommensteuergesetz unterfallenden kaufmännischen Gewerbetreibenden. Einer solchen Zustimmung der Finanzbehörde bedarf es nur dann nicht, wenn die Kapitalgesellschaft handelsrechtlich verpflichtet ist, für Zwecke der Gewinnermittlung ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr zu bilden und das Steuerrecht nichts anderes bestimmt (Urteil des BFH vom 17. Juli 1974, a. a. O.). Abgesehen davon, dass eine solche Verpflichtung nach dem Handelsrecht nicht besteht, bindet § 11 Abs. 1 KStG die steuerliche Gewinnermittlung gerade nicht an das handelsrechtliche Geschäftsjahr, sondern abweichend von den allgemeinen Grundsätzen an den Liquidationsbesteuerungszeitraum als besonderen Gewinnermittlungs-, Besteuerungs- und Veranlagungszeitraum. Damit gilt für das Steuerrecht eine besondere Regelung, die die Maßgeblichkeit des Handelsrechts aufhebt. Für eine von den Vorgaben des § 11 Abs. 1 KStG abweichende Zustimmung der Finanzbehörde zur Anpassung des steuerlichen Wirtschaftsjahres an die Geschäftsjahre im Sinne des § 71 Abs. 1 GmbHG bleibt daher kein Raum.

Schließlich kann auch der besondere Besteuerungszeitraum oder gar der Abwicklungszeitraum i. S. d. § 11 Abs. 1 KStG nicht mit einem abweichenden steuerlichen Wirtschaftsjahr i. S. d. § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG gleichgesetzt werden (dafür plädiert Graffe, a. a. O., § 11 KStG nF, Tz. 16; a. A. Lambrecht in: Gosch, KStG, § 11, Tz. 34). Denn der Liquidationsbesteuerungszeitraum, der drei Jahre und in Ausnahmefällen auch noch einen längeren Zeitraum umfassen kann (§ 11 Abs. 1 Satz 2 KStG), überschreitet regelmäßig die Dauer eines Jahres. Dies würde aber der Begrenzung des Gewinnermittlungszeitraums auf maximal zwölf Monate widersprechen, wie sie in §§ 7 Abs. 4 KStG, § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG und § 8b EStDV festgeschrieben ist. Eine entsprechende Regelung trifft § 240 Abs. 2 Satz 2 HGB für das handelsrechtliche Geschäftsjahr. Durch eine Änderung des - in der Liquidation nicht mehr durch die Satzung bestimmten - Geschäftsjahres darf daher kein Abrechnungszeitraum entstehen, der länger als zwölf Monate ist (Schulze-Osterloh, a. a. O., Tz. 23; K. Schmidt, a. a. O., Tz. 18). Ein steuerliches Wirtschaftsjahr, dem kein handelsrechtliches Geschäftsjahr entspricht, ist aber nach der gesetzlichen Vorgabe des § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG undenkbar. Der besondere Besteuerungszeitraum i. S. d. § 11 Abs. 1 KStG muss daher als aliud gegenüber dem in § 7 Abs. 4 KStG definierten steuerlichen Wirtschaftsjahr angesehen werden. Dieses Ergebnis wird nicht zuletzt dadurch bestätigt, dass andernfalls das der Finanzbehörde obliegende Ermessen hinsichtlich der Dauer der Besteuerungszeiträume während der Liquidation (vgl. dazu Urteil des BFH vom 22 Februar 2006 I R 67/05, BFHE 213, 301, BStBl II 2008, 312; Frotscher, a. a. O., § 11 KStG, Tz. 24 f.) durch den Steuerpflichtigen fremdbestimmt werden könnte, indem er sein Geschäftsjahr - entgegen § 240 Abs. 2 Satz 2 HGB - entsprechend umstellt. Ist die Regelung des § 11 Abs. 1 KStG aber in Bezug auf Beginn und Ende eines steuerlichen Wirtschaftsjahres irrelevant, dann kann ihr eine solche Aussage auch nicht entnommen werden, wenn - wie im Streitfall - die Liquidation vor Ablauf eines Jahres beendet wurde. Ein Rechtsanspruch der Klägerin auf die - im Streitfall weder beantragte noch erteilte - Genehmigung kann daher keinesfalls bestehen.

2. Das erste im Veranlagungszeitraum der erstmaligen Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens endende Wirtschaftsjahr i. S. d. § 34 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG n. F. war demnach das folgende Rumpfwirtschaftsjahr, das entsprechend dem satzungsmäßigen Geschäftsjahr der Klägerin zum 31.12.2001 endete und in dem die streitbefangene Ausschüttung erfolgt ist. Damit liegen die Voraussetzungen für die Anwendung des Anrechnungsverfahrens auf diese Ausschüttung sowohl nach dem Wortlaut als auch nach dem Sinn und Zweck der Übergangsregelung vor. Letzterer besteht darin, die Möglichkeit eines steuerneutralen Übergangs vom Anrechnungsverfahren in das Halbeinkünfteverfahren zu gewährleisten und deshalb in einem Übergangszeitraum, der bei kalendergleichem Wirtschaftsjahr dem Veranlagungszeitraum 2001 entspricht, dem Steuerpflichtigen durch Leerschütten des belasteten Eigenkapitals die Realisierung des darin verkörperten Steuerguthabens zu ermöglichen (vgl. dazu Urteil des BFH vom 31. Mai 2005 I R 107/04, BFHE 210, 256, BStBl II 2005, 884). Damit wird dem Steuerpflichtigen insbesondere für den Fall eine Gestaltungsalternative zur Verfügung gestellt, dass andernfalls im Rahmen der Umgliederung gemäß § 36 Abs. 4 KStG n. F. belastetes Eigenkapital durch Verrechnung mit dem negativen unbelasteten Eigenkapital vernichtet würde und daher dessen Realisierung in künftigen Wirtschaftsjahren nach Maßgabe des § 37 KStG n. F. nicht mehr in Betracht käme. In dieser auch im Streitfall bestehenden Situation hat die Klägerin von der ihr gesetzlich eingeräumten Handlungsalternative vor Ablauf des gesetzlichen Übergangszeitraums Gebrauch gemacht.

3. Dem Eingreifen der Übergangsregelung kann nach Überzeugung des Senats nicht entgegengehalten werden, dass bei systemübergreifender Liquidation mit dem Beginn des Abwicklungszeitraums die Möglichkeit der nachwirkenden Anwendung des Anrechnungsverfahrens gemäß § 34 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG n. F. definitiv verlassen werde und damit auch eine in den dort definierten Übergangszeitraum fallende offene Gewinnausschüttung für ein früheres Wirtschaftsjahr bereits dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen müsse. Eine derartige Einschränkung des wortlautgemäßen Anwendungsbereichs der Übergangsregelung würde vielmehr voraussetzen, dass der hierauf zielende Wille des Gesetzgebers an anderer Stelle klar und eindeutig zum Ausdruck gekommen wäre. Indessen fehlt es bereits an hinreichend aussagekräftigen Anhaltspunkten dafür, dass der Gesetzgeber Liquidationsgesellschaften auch nur während des laufenden Abwicklungverfahrens aus dem Anwendungsbereich der Übergangsregelung des § 34 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG n. F. ausklammern wollte. Dann kann dies aber erst recht nicht für Ausschüttungen nach Aufhebung der Liquidation in Betracht kommen.

Zunächst kann der von dem Beklagten zur Stützung seiner gegenteiligen Rechtsauffassung herangezogenen Vorschrift des § 34 Abs. 11 KStG n. F. keine Aussage zur Behandlung von offenen Gewinnausschüttungen für Wirtschaftsjahre vor Beginn der Liquidation entnommen werden. Diese Übergangsregelung betrifft vielmehr nur die Besteuerung von Liquidationsraten, anderen Ausschüttungen und sonstige Leistungen der Kapitalgesellschaft, die für den Liquidationszeitraum erfolgen (so zutreffend: Urteil des FG Düsseldorf vom 11.12.2007 6 K 1416/05, EFG 2008, 559). Demgegenüber ist vorliegend ausschließlich über die Frage zu entscheiden, nach welchen Grundsätzen eine offene Ausschüttung zu besteuern ist, die zwar nach Beginn der Liquidation abgeflossen ist, aber für das letzte Wirtschaftsjahr vor Beginn der Liquidation vorgenommen wurde und daher steuerliche Wirkungen für dieses Wirtschaftsjahr haben soll.

Eine spezielle gesetzliche Regelung steht damit der Anwendung der Übergangsregelung des § 34 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG n. F. auf offene Gewinnausschüttungen im Liquidationszeitraum nicht entgegen. Auch wenn es im Liquidationszeitraum keine Wirtschaftsjahre gibt, so kann doch ein Anknüpfungszeitpunkt für die letztmalige Anwendung des Anrechnungsverfahrens darin gefunden werden, dass offene Ausschüttungen auch im laufenden Liquidationsverfahren nach dem Recht zu beurteilen sind, das unabhängig von dem besonderen Besteuerungszeitraum i. S. d. § 11 Abs. 1 KStG für in diesem Zeitraum endende Wirtschaftsjahre gelten würde (so Urteil des FG Düsseldorf vom 11.12.2007, a. a. O., unter Hinweis auf das Urteil des BFH vom 27.3.2007 VIII R 25/05, BFHE 217, 467, BFH/NV 2007, 1562). Damit unterlägen offene Gewinnausschüttungen im laufenden Liquidationsverfahren keinen weitergehenden zeitlichen Einschränkungen als im Falle einer werbend tätigen Kapitalgesellschaft. Eine derartige wortlautkorrigierende Ausweitung der Übergangsregelung erscheint zur Vermeidung einer sachlich nicht zu rechtfertigenden und planwidrigen Ungleichbehandlung werbend tätiger und in Liquidation befindlicher Kapitalgesellschaften auch geboten.

Eine den Wortlaut korrigierende Auslegung wird dann zugelassen, wenn eine allein wortlautgemäße Auslegung zu sinnwidrigen Ergebnissen führt und der Schluss gerechtfertigt ist, dass der gesetzgeberische Wille planwidrig umgesetzt worden ist. Weichen Gesetzeswortlaut und -zweck voneinander ab, so ist der Wortlaut der Gesetzesbestimmung ihrem Zweck entsprechend einzuschränken, sofern sich das Gesetz gemessen an seinem Zweck als planwidrig zu weitgehend erweist. Hingegen kommt eine teleologische Reduktion grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn der weite Wortlaut der Vorschrift Folge einer bewussten rechtspolitischen Entscheidung des Gesetzgebers ist (vgl. BFH-Urteile vom 4. Dezember 2001 III R 47/00, BFHE 197, 233, BStBl II 2002, 195;vom 17. Februar 1994 VIII R 30/92, BFHE 175, 226, BStBl II 1994, 938;vom 1. März 2005 VIII R 25/02, BFHE 209, 275, BStBl II 2005, 436, m.w.N.).

Ausgehend von der danach maßgebenden und auch rechtsstaatlich gebotenen gesetzgeberischen Zielsetzung eines steuerneutralen Übergangs vom Anrechnungsverfahren auf das Halbeinkünfteverfahren ( vgl. dazu Urteil des BFH vom 31. Mai 2005 I R 107/04, a. a. O.) bleibt unerfindlich, warum einer Liquidationsgesellschaft die zu diesem Zweck eingeräumte Handlungsmöglichkeit des Leerschüttens des belasteten Eigenkapitals in dem in § 34 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG n. F. definierten Übergangszeitraum im Wege einer bewussten rechtspolitischen Entscheidung versagt worden sein sollte. Die Folge einer solchen Entscheidung wäre, dass das im belasteten Eigenkapital der Liquidationsgesellschaft verkörperte Steuerguthaben bei der Verrechnung mit negativem unbelastetem Eigenkapital gemäß § 36 Abs. 4 KStG n. F. unrettbar verloren ginge. Diesem Verlust könnte die Kapitalgesellschaft bei einer systemübergreifenden Liquidation ab dem Beginn der Geltung des Halbeinkünfteverfahrens auch keinesfalls durch eine alternative Gestaltung ausweichen, da eine Übergangsregelung für sie nicht vorgesehen wäre. Sachliche Gründe für eine Unterscheidung zwischen offenen Gewinnausschüttungen einer werbend tätigen Gesellschaft und einer Liquidationsgesellschaft, die Wirtschaftsjahre vor Liquidation betreffen, sind nicht erkennbar.

Hätte der Gesetzgeber insoweit eine Differenzierung beabsichtigt, so hätte angesichts der Bestätigung der Zulässigkeit derartiger Gewinnausschüttungen von Liquidationsgesellschaften durch die langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung (Urteile des BFH vom 22. Oktober 1998 und 17. Juli 1974, a. a. O.) Anlass bestanden, diese Absicht und die hierfür maßgebenden Gründe klar zum Ausdruck zu bringen. Für eine solche bewusste Abkehr des Gesetzgebers von den bislang anerkannten Regeln des Anrechnungsverfahrens im Rahmen einer Übergangsregelung, die gerade dessen befristete Fortgeltung vorsah, gibt die Begründung des Gesetzesentwurfs zum StSenkG (BT-Drs. 14/2683, S.126 f.) sowie zum UntStFG (BT-Drs. 14/6882, S. 39) indessen nichts her. Gegen einen solchen Willen spricht auch der Umstand, dass der Gesetzgeber im StSenkG zunächst Sonderregelungen für die Liquidation vergessen hatte und diese erst mit dem UntStFG vom 20.12.2001 nachgeholt hat. Die hierbei eingefügten Vorschriften, namentlich § 34 Abs. 11 und § 40 Abs. 4 KStG n. F., betreffen allerdings weiterhin nicht offene Gewinnausschüttungen für Wirtschaftsjahre vor Beginn der Liquidation, während der Wortlaut des § 34 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG n. F. (vorher: § 34 Abs. 10a Satz 1 Nr. 1 KStG i. d. F. d. StSenkG) unverändert blieb. Dieser Ablauf legt nahe, dass der Gesetzgeber bei der Formulierung des § 34 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG n. F. die Problematik der Suspendierung steuerlicher Wirtschaftsjahre durch den besonderen Besteuerungszeitraum i. S. d. § 11 Abs. 1 KStG nicht erkannt hatte und nach seiner Vorstellung die Übergangsregelung zur letztmaligen Anwendung des Anrechnungsverfahrens gleichermaßen Liquidationsgesellschaften zugute kommen sollte.

III.

Hinsichtlich der Herstellung der Ausschüttungsbelastung für die im Jahr 2001 abgeflossene Gewinnausschüttung ergäbe sich im Übrigen das gleiche Ergebnis, wenn man den Liquidationszeitraum vom 15.12.2000 bis zum 12.12.2001 als abweichendes Wirtschaftsjahr i. S. d. § 34 Abs. 2 KStG n. F. ansehen wollte. Denn in diesem Fall hätte das erste im Veranlagungszeitraum 2001 endende Wirtschaftsjahr vor dem 1.1.2001 begonnen, so dass das KStG n. F. erstmals für den Veranlagungszeitraum 2002 anzuwenden wäre. Die am 28.12.2001 vorgenommene Ausschüttung wäre folglich noch unter Geltung des KStG a. F. erfolgt.

IV.

Der Senat legt den Antrag der Klägerin auf Aufhebung der Feststellung gemäß § 36 Abs. 7 KStG vom 2.9.2003 dahin aus, dass im Rahmen einer geänderten Feststellung die Verringerung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals durch die Ausschüttung nach Maßgabe des § 36 Abs. 2 Sätze 1 und 2 KStG n. F. für das zum 14.12.2000 endende Rumpfwirtschaftsjahr berücksichtigt werden sollte. Für diese Auslegung spricht die Rücknahme des weiter gehenden Klageantrags betr. die Körperschaftsteuerfestsetzung 2001, der nur zum Erfolg hätte führen können, wenn die Geltung des KStG n. F. - mit Auswirkungen auf die Fortschreibung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.2001 und die zeitlich korrespondierende Feststellung der Endbestände - erst im Veranlagungszeitraum 2002 einsetzen würde.

Dem so verstandenen Antrag war durch die Feststellung gemäß § 36 Abs. 7 KStG in der tenorierten Höhe zu entsprechen. Denn die Feststellung der Endbestände des verwendbaren Eigenkapitals ist nach § 36 Abs. 1 KStG n. F. auf den Schluss des letzten Wirtschaftsjahres vorzunehmen, das in dem Veranlagungszeitraum endet, für den das KStG a. F. letztmals anzuwenden ist. Da der Senat den abgebrochenen Liquidationszeitraum nicht als abweichendes Wirtschaftsjahr i. S. d. § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG ansieht, ist dieses letzte Wirtschaftsjahr das zum 14.12.2000 endende Rumpfwirtschaftsjahr. Die Gewinnausschüttung für dieses Rumpfwirtschaftsjahr hat die Endbestände des verwendbaren Eigenkapitals nach § 36 Abs. 2 Sätze 1 und 2 KStG n. F. auf das Datum der Schlussgliederung und -feststellung verringert. Das EK 45 i. H. v. 6.780.560 DM wurde hierbei in vollem Umfang für die Ausschüttung verwendet, so dass für dessen Verrechnung mit den negativen Teilbeträgen des EK 01/03 und des EK 02 nach § 36 Abs. 4 KStG n. F. kein Raum mehr bleibt. Der nach Berücksichtigung der Körperschaftsteuerminderung i. H. v. 1.849.244 DM verbleibende Ausschüttungsbetrag von 70.930 DM war schließlich aus dem EK 04 zu finanzieren, so dass sich dessen Endbestand auf 7.129.070 DM verringert.

V.

Die Revision wird zugelassen, da die Frage der Anwendung des Anrechnungsverfahrens bei systemübergreifender Liquidation für Wirtschaftsjahre vor Liquidationsbeginn rechtsgrundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts erforderlich erscheint.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 135 Abs. 1, 151 Abs. 3 FGO, 709 ZPO.



Ende der Entscheidung

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