Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Beschluss verkündet am 07.07.2009
Aktenzeichen: 13 V 1232/09
Rechtsgebiete: BpO 2000, HGB, KStG, AO, FGO


Vorschriften:

BpO 2000 § 3
BpO 2000 § 4 Abs. 2
HGB § 267 Abs. 1
KStG § 27 Abs. 2
KStG § 28 Abs. 1
KStG § 37 Abs. 2
KStG § 38 Abs. 1
AO § 193 Abs. 1
FGO § 69 Abs. 2
FGO § 69 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Vollziehung der Prüfungsanordnung vom 00.00.0000 wird bis einen Monat nach Zustellung der Entscheidung über die unter dem Aktenzeichen 13 K 2072/09 anhängige Klage ausgesetzt.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Antragsgegner.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten um die Fragen, ob die Antragstellerin zu Recht als Großbetrieb im Sinne des § 3 BpO eingeordnet wurde und die angeordnete Anschlussprüfung im Sinne des § 4 Abs. 2 BpO ermessensfehlerfrei auf einen Besteuerungszeitraum beschränkt werden konnte.

Die Antragstellerin ist eine am 00.00.0000 gegründete Gesellschaft mbH mit einem Stammkapital von ... EUR . Gegenstand ihres Unternehmens ist der Vertrieb von ... für .... Sie stand zunächst im alleinigen Anteilsbesitz ihrer Gesellschafterin U.Q.. Als alleiniger Geschäftsführer war ab dem 00.00.0000 Herr N.Q. bestellt. Mit Vertrag vom 00.00.0000 wurden die Anteile der bisherigen Alleingesellschafterin U.Q. unter dem bis zum 00.00.000 befristeten Vorbehalt des Nießbrauchs zu 35 % auf deren Ehemann N.Q. und zu jeweils 32,5% auf deren Söhne I. und D.Q. übertragen. Mit den Dienstverträgen vom 00.00.0000 wurden die Gesellschafter I. und D.Q. zu weiteren Geschäftsführern bestellt. Zugleich wurde mit allen drei Geschäftsführern eine inhaltlich übereinstimmende Vergütungsregelung getroffen, die ein festes Jahresgehalt von ... € und eine 15-prozentige Gewinntantieme vor Abzug des Tantiemeaufwands aller Geschäftsführer und der ertragsabhängigen Steuern vorsah. Damit entfiel die vormals höhere Vergütung des Geschäftsführers N.Q., während dessen Ansprüche aus der ihm gewährten Pensionszusage vom 00.00.0000 unberührt blieben.

In den Jahren 2000 bis 2006 unterlag die Antragstellerin als Großbetrieb im Sinne des § 3 BpO der Anschlussprüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C.. Die Schwerpunkte der Prüfungsfeststellungen lagen in dem Bericht vom 00.00.0000 für die Jahre 2000 bis 2003 in der Hinzurechnung von Provisionszahlungen an die Gesellschafterin (190.724 €) und in dem Bericht vom 00.00.0000 für die Jahre 2004 bis 2006 in der Hinzurechnung eines unangemessenen Teiles der Gesamtausstattung des Geschäftsführers N.Q. (2004: ... €; 2005: ... €) als verdeckte Gewinnausschüttung.

Bei der Aufstellung des Prüfungsgeschäftsplans für das Jahr 2009 stufte der Antragsgegner die Antragstellerin erneut als Großbetrieb ein, da sie ausweislich ihrer im Jahr 2006 eingereichten Steuererklärung einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... € erzielt hatte ( 2005: ... €; 2006: ... €). Entsprechend dem Erlass des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11.6.2008 stellte der Antragsgegner für sog. "zeitnahe Betriebsprüfungen" oder "Prüfungen im Jahrestakt" 60 Fälle aus seinem Fallbestand für Betriebsprüfungen mit einem ein- oder zweijährigen Besteuerungszeitraum zusammen. Hieraus wählte er 40 Fälle nach dem Kriterium eines hohen Risikopotenzials, d. h. eines höheren steuerlichen Mehrergebnisses aus einer Vor-Betriebsprüfung, aus. Zu dieser Fallgruppe gehörte nach Auffassung des Antragsgegners wegen des ... € übersteigenden Ergebnisses aus der Vor-Betriebsprüfung für die Jahre 2004 bis 2006 auch die Antragstellerin. Auf das "Ergebnis der Grobstrukturierung nach Sichtung der G-Fälle" vom 19.1.2009 (Bp-HA 2007, Bl. 7) wird Bezug genommen. Dementsprechend ordnete der Antragsgegner am 00.00.0000 eine steuerliche Außenprüfung bei der Antragstellerin für das Jahr 2007 an. Gegenstand der Prüfung sollten die Umsatzsteuer, Gewerbesteuer, Körperschaft-steuer und die gesonderten Feststellungen gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1, 37 Abs. 2, 38 Abs. 1 KStG sein.

Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch rügte die Antragstellerin zunächst die sachliche Zuständigkeit des Antragsgegners für den Erlass der Prüfungsanordnung. Die Finanzämter für Groß- und Konzernbetriebsprüfung seien für die Prüfung von Großbetrieben im Sinne des § 3 BpO zuständig (§ 1 Abs. 3 i. V. m. Anlage 3a Nr. 2.2 Buchst. b FÄZustV NW). Gemäß dem BMF-Schreiben vom 21. 9. 2006 (BStBl I 2006, 530) betreffend die Einordnung in Größenklassen gemäß § 3 BpO 2000 zum 1. Januar 2007 setze die Einstufung als Großbetrieb in der hier einschlägigen Kategorie "Andere Leistungsbetriebe" Umsatzerlöse über 4.900.000 € oder einen steuerlichen Gewinn über 280.000 € voraus. Maßgebend sei dabei nach § 4 Abs. 4 BpO die Größenklasse, in die der Betrieb im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung eingeordnet ist. Der letzte vorliegende Jahresabschluss der Antragstellerin zum 31.12.2007 weise aber lediglich Umsatzerlöse von ... T€ aus, während der zuletzt vor der Prüfungsanordnung ergangene Körperschaftsteuerbescheid 2007 vom 00.00.0000 auf einem Einkommen von ... T€ basiere. Demnach sei die Antragstellerin als Mittelbetrieb einzustufen. Aufgrund der fehlenden sachlichen Zuständigkeit des Antragsgegners sei die Prüfungsanordnung rechtswidrig. Soweit der Antragsgegner für die von ihm vorgenommene Einordnung auf frühere Besteuerungszeiträume zurückgreifen wolle, genüge dies nicht dem Erfordernis der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung.

Weiterhin sei auch die Festsetzung des Prüfungszeitraums auf ein Jahr ermessensfehlerhaft. Sie verstoße gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit der Mittel und der Zumutbarkeit sowie das Willkür- und Übermaßverbot. Diese Ermessensgrundsätze bringe auch § 2 Abs. 1 Satz 2 BpO zum Ausdruck.

Die Erduldung einer steuerlichen Außenprüfung stelle einen belastenden Eingriff der Finanzverwaltung dar. Hierbei entstünden durch die Mitwirkung der Geschäftsführung bei der Prüfung und deren Begleitung durch den steuerlichen Berater sowohl interne als auch externe Kosten. Diese fielen bei der Begrenzung des Prüfungszeitraums auf einem Jahr um den Faktor 3 bzw. 2,5 höher aus als in der Fallkonstellation des regelmäßigen dreijährigen Prüfungszeitraums. Denn im letztgenannten Fall müssten sich alle Beteiligten nur einmal mit strittigen Sachverhalts- oder Rechtsbeurteilungen befassen sowie Unterlagen und Räumlichkeiten nur einmal zur Verfügung gestellt werden. Prüfungsbericht und Auswertungsbescheide könnten schließlich in einem einheitlichen Bearbeitungsakt überprüft werden. Diese Überlegung liege offensichtlich auch dem Dreijahreszeitraum des § 4 Abs. 3 BpO zu Grunde. Wie das Gesetz zur Modernisierung und Entbürokratisierung des Steuerverfahrens (Steuerbürokratieabbaugesetz, BGBl 2008 I, S. 2850) zeige, entspreche es auch dem Willen des Gesetzgebers, die durch die Häufung getrennter Betriebsprüfungen entstehenden Belastungen für Unternehmen zu begrenzen. Deshalb sei mit diesem Gesetz die Möglichkeit geschaffen worden, eine Lohnsteueraußenprüfung gemeinsam mit der Prüfung der Sozialversicherungsträger durchzuführen (§ 42f Abs. 4 EStG).

Das Verhalten der Antragstellerin im Besteuerungsverfahren gebe keinen Anlass zu der Befürchtung, dass die Prüfungsziele nur bei einem einjährigen Prüfungszeitraum erreicht werden könnten. Sie sei ihren steuerlichen Verpflichtungen sachlich und zeitlich immer vollumfänglich nachgekommen. Bei Außenprüfungen habe sie stets bereitwillig mitgewirkt. Ein konkreter Anlass für die Abkehr von dem üblichen Prüfungszeitraum liege demnach nicht vor. Die Entscheidung der Finanzverwaltung stelle sich daher als willkürlicher Verstoß gegen das Verbot des geringstmöglichen Eingriffs dar.

Mit Schreiben vom 00.00.0000 lehnte der Antragsgegner die zugleich beantragte Aussetzung der Vollziehung der Prüfungsanordnung ab. Ein Verstoß gegen die Regeln über die sachliche Zuständigkeit liege nicht vor, da zum Stichtag 1.1.2007 für die Einordnung der Antragstellerin als Großbetrieb auf den steuerlichen Gewinn im Veranlagungszeitraum 2004 abzustellen sei. Für Großbetriebe gelte der Grundsatz der Anschlussprüfung. Ein einjähriger Prüfungszeitraum widerspreche diesem Grundsatz nicht.

Mit Einspruchsentscheidung vom 00.00.0000 wies der Antragsgegner den Einspruch als unbegründet zurück. Daraufhin hat die Antragstellerin Klage in der Hauptsache erhoben, die bei dem beschließenden Senat unter dem Az. 13 K 2072/09 anhängig ist.

Mit dem vorliegenden Antrag begehrt die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung der Prüfungsanordnung durch den beschließenden Senat. Zur Begründung trägt sie ergänzend vor, dass auch die Kriterien des Erlasses des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11.6.2008 für die Auswahl geeigneter Fälle für eine zeitnahe Betriebsprüfung die Entscheidung des Antragsgegners nicht rechtfertigen könnten. Denn danach sei die Antragstellerin gerade kein geeigneter Fall für einen kürzeren Prüfungszeitraum. An die Vorgaben des Finanzministers sei der Antragsgegner indessen aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung durch ermessensregelnde Verwaltungsanweisungen gebunden.

Die Antragstellerin sei nach den zum 31.12.2007 bestehenden Verhältnissen eine kleine Kapitalgesellschaft im Sinne des § 267 HGB (Bilanzsumme: ... €; Umsatzerlöse: ... EUR; ... Mitarbeiter). Die Geschäftsvorfälle des Dienstleistungsunternehmens unterlägen im Zeitablauf keinen Veränderungen. Es gebe keine Konzernsachverhalte, keine Auslandssachverhalte, keine Umwandlungsvorgänge und auch keine komplexen Bewertungsfragestellungen. Selbst die von der Finanzverwaltung als Auswahlkriterium angeführten ständigen Veränderungen des Steuerrechts wirkten sich auf die Besteuerung der Antragstellerin nur peripher aus. Im Unterschied zu Prüfungsabläufen bei echten Großunternehmen, für die die erforderlichen Tätigkeiten aufgrund der unterschiedliche Sachverhalte und Rechtsfragen jahrgangsweise zum selben Aufwand führten, multipliziere sich dieser Aufwand bei kleinen Unternehmen durch die Verkürzung des Prüfungsablaufs, da identische Sachverhalte mehrfach aufgegriffen würden. Der Kostenvorteil einer mehrperiodigen Prüfung gehe der Antragstellerin bei Vollzug der angegriffenen Prüfungsanordnung unwiederbringlich verloren.

Ein Rückgriff auf archivierte Daten der Buchführung und des Jahresabschlusses sei - anders als bei Großunternehmen - bei der Antragstellerin nicht erforderlich. Vielmehr sei der Datenzugriff vor Ort dauerhaft und in vollem Umfang gewährleistet.

Bei dem Familienunternehmen der Antragstellerin gebe es keine personellen Schwankungen ausgesetzte Buchhaltungsabteilung. Kompetenter Ansprechpartner für die Betriebsprüfung sei durchgehend der für den Bereich Buchführung/Jahresabschluss/Organisation zuständige geschäftsführende Gesellschafter.

Das Argument der schnelleren Haushaltswirksamkeit von Steuernachforderungen sei kein geeignetes Ermessenkriterium. Aufwändige Bilanzanpassungen an die Vorprüfungen habe es schließlich in der Vergangenheit nicht gegeben. Sie seien auch wegen der unveränderten Verhältnisse in Zukunft nicht zu erwarten.

Bereits bei der Vorauswahl von 60 Fällen habe sich der Antragsgegner offensichtlich nicht an die Vorgaben des Finanzministers gehalten. Denn danach würden auch die Vorteile der zeitnahen Betriebsprüfung für den Steuerpflichtigen als Kriterium angeführt, so dass der sachgerechte Weg in einer einverständlichen Auswahl der Fälle bestanden hätte.

Soweit der Antragsgegner die Mehrergebnisse der Vorprüfungen als Argument heranziehe, sei zu berücksichtigen, dass diese für den Prüfungszeitraum 2000 bis 2003 ausschließlich aus der Verlagerung von Erträgen aus dem Einzelunternehmen der Gesellschafterin resultiere. Dem Steuermehraufkommen bei der Antragstellerin habe daher eine nahezu betragsgleiche Steuerminderung bei der Gesellschafterin gegenübergestanden. Seither würden, wie der Finanzverwaltung bekannt sei, diese Erträge bei der GmbH erfasst. Auch den Mehrergebnissen für den Zeitraum 2004 bis 2006 aus der partiellen Umqualifizierung der Vergütung des vormaligen Alleingeschäftsführers stünde eine infolge des Halbeinkünfteverfahrens signifikante Steuererstattung auf der Gesellschafterebene gegenüber. Im Übrigen seien im Zuge der Änderung der Beteiligungsverhältnisse und der Bestellung zweier weiterer Geschäftsführer die Geschäftsführeranstellungsverträge seit dem Jahr 2006 unter deutlicher Reduzierung der Bezüge vollständig neugefasst worden. Das neue Gehaltsniveau sei im Rahmen der Vorprüfung nicht beanstandet worden. Auch hieraus lasse sich daher ein Risikopotenzial für nachfolgende Besteuerungszeiträume nicht ableiten. Der Finanzverwaltung hätte es letztlich freigestanden, den Prüfungszeitraum der Vorprüfung auf das Jahr 2007 auszuweiten, da die Steuererklärungen seit April 2008 (Prüfungsbeginn: 00.00.0000) vorgelegen hätten.

Die Antragstellerin beantragt,

die Prüfungsanordnung vom 00.00.0000 von der Vollziehung auszusetzen.

Der Anlasskläger beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Nach seiner Auffassung bestehen an der Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung keine ernstlichen Zweifel. Die Verkürzung des Prüfungszeitraums auf ein Jahr werde weder durch die AO noch durch die BpO ausgeschlossen. Gemäß § 194 Abs. 1 Satz 2 AO könne die Außenprüfung einen oder mehrere Besteuerungszeiträume umfassen. Für Großbetriebe treffe § 4 Abs. 2 BpO lediglich die ergänzende Regel, dass eine Anschlussprüfung stattfinden solle. Eine Untergrenze für die Zahl der Besteuerungszeiträume werde aber auch durch die BpO nicht bestimmt. Selbst die Obergrenze des § 4 Abs. 3 Satz 1 BpO sei für die Antragstellerin als Großbetrieb nicht einschlägig. Seine Entscheidung halte sich innerhalb der durch § 4 BpO festgelegten Ermessensgrenzen. Ein Verstoß gegen das Übermaß-, Willkür- oder Schikaneverbot komme daher nicht in Betracht.

Auch unter Berücksichtigung der in dem Erlass vom 11.6.2008 aufgestellten Kriterien erweise sich die Auswahl der Antragstellerin für eine einjährige Anschlussprüfung aufgrund eines individuellen Prüfungsbedürfnisses als sachangemessen. Der Erlass stelle keinen abschließenden Kriterienkatalog für die Identifizierung geeigneter Fälle der zeitnahen Betriebsprüfung auf. Grundsätzlich komme daher die Auswahl jedes Großbetriebes in Betracht. Als geeignetes Kriterium führe der Erlass u. a. eine risikoorientierte Fallauswahl auf. Zu dieser Fallgruppe gehöre auch die Antragstellerin, deren steuerliche Mehrergebnisse aus den Vor-Betriebsprüfungen sich auf ... € (2004 bis 2006) bzw. ... € (2000 bis 2003) beliefen. Die Nichtbeanstandung des Gehaltsniveaus im Rahmen einer Einigung in der Betriebsprüfung für das Jahr 2006 habe keine Bindungswirkung für die steuerrechtliche Behandlung in der Zukunft. Diese Einigung hindere daher nicht die Ableitung eines Risikopotenzials für nachfolgende Veranlagungszeiträume.

Es sei keineswegs unmittelbar einsichtig, dass sich der Kostenaufwand des Steuerpflichtigen bei einer Verkürzung des Prüfungszeitraums relativ erhöhe. Denn in eine substantiierte Vergleichsrechnung müsse auch die geringere Zinsbelastung bei Nachzahlungen sowie die Möglichkeit der Vermeidung dieser Nachzahlungen infolge der Abstellung möglicher Fehler einbezogen werden. Eventuell könnten auch Anschlussprüfungen auf diese Weise entbehrlich werden.

Eine aus der Vollziehung der Prüfungsanordnung folgende unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte habe die Antragstellerin schließlich nicht dargelegt. Soweit ihr durch eine als unrechtmäßig erkannte Maßnahme des Prüfungsfinanzamts tatsächlich Kostennachteile entstünden, könne sie hierfür den Antragsgegner in Regress nehmen.

II. Der Antrag ist begründet.

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Finanzgericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen, wenn eine summarische Prüfung ergibt, dass neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe vorliegen, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen (ständige Rechtsprechung des BFH seit dem Beschluss vom 10.02.1967 III B 9/69, BStBl III 1967, 182). Soweit es hierfür allein auf die Beurteilung von Tatfragen ankommt, gilt die Verteilung der Feststellungslast im Hauptsacheverfahren entsprechend im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung, wobei das Aussetzungsverfahren von der Besonderheit gekennzeichnet ist, dass einerseits nur präsente Beweismittel verwertet werden können (Urteil des BFH vom 14.7.1976 I R 138/74, BStBl II 1976, 682), andererseits aber auch nicht der volle Beweis der behaupteten Tatsachen erbracht werden muß. Es genügt vielmehr deren Glaubhaftmachung (Beschluss des BFH vom 15.6.1986 VIII B 30/86, BFH/NV 1987, 44).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergeben sich bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung für das Jahr 2007, da es ernstlich möglich erscheint, dass die Verkürzung des Prüfungszeitraums für die nach § 4 Abs. 2 BpO 2000 -BpO - durchzuführende Anschlussprüfung auf fehlerhafter Ermessensausübung beruht.

1. Gemäß §§ 193, 194 Abs. 1 Satz 2 AO steht die Anordnung einer steuerlichen Außenprüfung im Ermessen des Antragsgegners, so dass nur die fehlerfreie Ermessensausübung der gerichtlichen Prüfung unterliegt (§ 102 Satz 1 FGO). Eine Ermessensentscheidung ist nach § 5 AO rechtswidrig, wenn die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder wenn von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde.

Nach § 193 Abs.1 AO 1977 ist eine Außenprüfung bei Steuerpflichtigen, die wie die Antragstellerin, einen gewerblichen Betrieb im Prüfungszeitraum unterhalten haben, ohne weitere Voraussetzungen zulässig. Die Regelung in § 193 Abs.1 AO 1977 geht davon aus, daß die Heranziehung der dort genannten Steuerpflichtigen zu einer routinemäßigen Außenprüfung in aller Regel ermessensgerecht ist, es sei denn, es lägen Anhaltspunkte für ein unverhältnismäßiges, sachwidriges oder willkürliches Verhalten der Finanzbehörde vor (Urteil des BFH vom 21. Juni 1994 VIII R 54/92, BFHE 174, 397, BStBl II 1994, 678, m. w. N.).

Grundsätzlich kann das Finanzamt auch die zu prüfenden Besteuerungszeiträume nach seinem Ermessen festlegen (§§ 196, 194 Abs.1 Satz 2 AO). Dies gilt jedoch nicht, wenn sich die Finanzverwaltung in ihrer Ermessensausübung selbst gebunden hat, so dass eine nicht gerechtfertige Abweichung von einer einheitlich geübten Ermessenspraxis den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verletzt. Eine solche Selbstbeschränkung des Ermessens ist auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten (vgl. Urteil des BFH vom 21. Juni 1994, a. a. O., m. w. N.).

2. Soweit demnach bei der Anordnung der Außenprüfung die BpO als ermessensregelnde Verwaltungsvorschrift zu berücksichtigen war, hat der Antragsgegner zwar zutreffend die Antragstellerin zum Stichtag des 1. Januar 2007 als gemäß § 3 in Verbindung mit § 4 Absätze 2 und 4 BpO der Anschlussprüfung unterliegenden Großbetrieb eingestuft und hieraus gemäß § 1 Abs. 3 i. V. m. Anlage 3a Nr. 2.2 Buchst. b der Verordnung über die Zuständigkeiten der Finanzämter vom 16.12.1987 - FÄZustV NW - hier i.d. F. vom 20.1.2009 - seine sachliche Zuständigkeit zum Erlass der Prüfungsanordnung abgeleitet.

Die für die Einordnung der Betriebe in Größenklassen (§ 3 Satz 1 BpO) maßgebenden Abgrenzungsmerkmale haben die obersten Finanzbehörden der Länder im Benehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) entsprechend § 3 Satz 2 BpO für den im Streitfall maßgebenden 19. Prüfungsturnus durch BMF-Schreiben vom 21. September 2006 IV A 7-S 1450-29/06 (BStBl I 2006, 530) zum Stichtag des 1. Januar 2007 festgelegt. Bezugsgrößen sind die in den Steuerfestsetzungen bzw. -feststellungen oder hilfsweise die in den Steuererklärungen angegebenen Werte betreffend Gewinn bzw. Gesamtumsatz zu dem für den betreffenden Prüfungsturnus maßgebenden Stichtag (§§ 3 Satz 2, 32 Abs.4 BpO). Die so ermittelte Größenklasse bleibt für den gesamten --regelmäßig drei Jahre umfassenden-- Prüfungsturnus maßgebend bis zum Stichtag der nächsten Einordnung (§ 32 Abs.4 Satz 1 BpO). Änderungen der die Größenklasse bestimmenden Betriebsmerkmale bleiben bis zur nächsten Einordnung also unberücksichtigt (§ 32 Abs.5 Satz 1 BpO). Für die Entscheidung, ob ein Betrieb gemäß § 4 Abs. 2 BpO der Anschlussprüfung unterliegt, ist grundsätzlich die Größenklasse maßgebend, in die der Betrieb im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung eingeordnet ist (§ 4 Abs. 4 BpO). Diese in der BpO getroffene Regelung ist nach Art.3 Abs.1 GG nicht zu beanstanden (vgl. dazu Urteil des BFH vom 21. Juni 1994, a. a. O., m. w. N.).

Ausweislich der letzten vor dem Stichtag des 1. Januar 2007 ergangenen Steuerfestsetzung (Körperschaftsteuerbescheid 2005 vom 00.00.0000) hat die Antragstellerin im Jahr 2005 einen steuerlichen Gewinn (Einkommen) i. H. v. ... € erzielt. Dieser Gewinnbetrag übersteigt die nach dem BMF Schreiben vom 21. September 2006 maßgebliche Gewinngrenze für die einschlägige Betriebsart "andere Leistungsbetriebe" von 280.000 €, was die Einordnung der Antragstellerin als Großbetrieb rechtfertigt. Dass der Antragsgegner stattdessen entsprechend der Verfügung der Oberfinanzdirektionen Rheinland und Münster vom 3.8.2006 - DA-ADV Fach 098-Einordnung der Betriebe in Größenklassen-Teil 002 - auf den in der zuvor ergangenen Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung 2004 ausgewiesenen Gewerbegewinn i. H. v. ... € abgestellt hat, ist daher jedenfalls unschädlich. Die Frage, ob der vorstehend genannten OFD-Verfügung eine den Anforderungen des § 3 Satz 2 BpO genügende Erlassregelung zugrundeliegt, bedarf somit keiner weiteren Vertiefung. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann hingegen ihrer Einordnung in die zutreffende Betriebsgrößenklasse nicht der zum Stichtag des 1. Januar 2007 weder festgesetzte noch erklärte steuerlichen Gewinn des Jahres 2007 i. H. v. ... € zugrundegelegt werden. Denn eine solche Handhabung wäre mit dem in § 3 Satz 2 BpO verankerten Stichtagsprinzip nicht vereinbar. Sie würde vielmehr dessen Zweck, eine zuverlässige Planung des Personaleinsatzes zu Beginn des Prüfungsturnus zu ermöglichen (vgl. dazu Urteil des BFH vom 21. Juni 1994, a. a. O.), eindeutig zuwiderlaufen.

3. Unter Anlegung des gebotenen summarischen Prüfungsmaßstabes hat der Antragsgegner indessen bei der angegriffenen Prüfungsanordnung die in dem Erlass des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11.6.2008 mit ermessensregelnder Wirkung aufgestellten Auswahlkriterien für die Verkürzung des Prüfungszeitraums eines der Anschlussprüfung unterliegenden Großbetriebes nicht in sachgerechter Weise beachtet. Unter Berücksichtigung der Selbstbindung der Verwaltung durch diese Ermessensregeln hat er daher sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Bei dieser Beurteilung unterstellt der Senat zugunsten des Antragsgegners, dass der Erlass selbst von dem im Gesetz eingeräumten und durch die BpO bundeseinheitlich vorgeprägten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch macht und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhält (vgl. zur Prüfungskompetenz der Finanzgerichte bei ermessensregelnden Verwaltungsanweisungen: BFH-Urteil vom 11.4.2006 VI R 64/02, BFHE 213, 268, BStBl II 2006, 642).

Da die Finanzbehörden aufgrund ihrer begrenzten Prüfungskapazitäten nicht sämtliche gemäß § 193 Abs. 1 AO 1977 der Außenprüfung unterliegenden Steuerpflichtigen für alle Besteuerungszeiträume prüfen können, müssen sie unter den zu prüfenden Betrieben und hinsichtlich des Prüfungsumfangs eine Auswahl treffen. In § 4 Abs. 2 Satz 1 BpO hat die Finanzverwaltung dieses Auswahlermessen für Großbetriebe i.S. des § 3 BpO dahingehend ausgeübt, dass bei ihnen der Prüfungszeitraum lückenlos an den vorhergehenden anschließen soll. Bei anderen Betrieben soll der Prüfungszeitraum dagegen nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BpO in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen. Diese Verwaltungsregelungen dienen nicht nur der sinnvollen Nutzung der begrenzten Prüfungskapazitäten, sondern auch der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (vgl. dazu Urteil des BFH vom 28. Juni 2000 I R 20/99, BFH/NV 2000, 1447, m. w. N.). Insbesondere hat es die höchstrichterliche Rechtsprechung als sachgerecht erachtet, für Großbetriebe generell eine sog. Anschlußprüfung vorzusehen, weil bei ihnen erfahrungsgemäß die steuerlich erheblichen Verhältnisse so umfangreich und schwierig zu überschauen sind, daß sie ohne eine Außenprüfung nicht allein durch den Innendienst wirksam kontrolliert (§ 85 AO) und zutreffend besteuert werden können. Die Gefahr von Steuerausfällen ist hier größer als bei anderen Betrieben (Urteil des BFH vom 21. Juni 1994, a. a. O.).

Die Intensität des mit der Anschlussprüfung verbundenen belastenden Eingriffs erfährt eine weitere Steigerung, wenn gegen den Willen des Steuerpflichtigen der Prüfungszeitraum auf einen Besteuerungszeitraum verkürzt wird, so dass im Ergebnis jährlich die Durchführung einer Betriebsprüfung erduldet werden muss. Zwar kann der Antragsgegner zutreffend darauf verweisen, dass weder § 194 Abs. 1 Satz 2 AO noch § 4 Abs. 2 BpO eine Untergrenze für die Anzahl der zu prüfenden Besteuerungszeiträume vorsehen. Indessen entspricht es gerichtsbekannter Weise der jahrzehntelang geübten Praxis der Finanzverwaltung, die Anschlussprüfung in aller Regel auf mehrere Besteuerungszeiträume zu erstrecken, ohne dass insoweit in dem regelmäßigen dreijährigen Besteuerungszeitraum des § 4 Abs. 3 Satz 1 BpO eine Obergrenze gesehen würde. Für diese Praxis der zeitlichen und sachlichen Konzentration der Prüfungshandlungen dürften aus Sicht der Finanzverwaltung einerseits die zeitliche Entzerrung der einzelnen Betriebsprüfungen und andererseits der verminderte Arbeitsaufwand bei der Überprüfung jahrgangsübergreifender Sach- und Rechtsfragen sprechen. Dem steht aus der Sicht des Steuerpflichtigen, wie die Antragstellerin plausibel dargelegt hat, ein geringerer Aufwand für die Mitwirkung bei der Prüfung und die Einbindung seines steuerlichen Beraters in deren Abwicklung gegenüber.

Wenn nun im Rahmen des Auswahlermessens nach § 194 Abs. 1 Satz 2 AO von dieser bislang für den Regelfall allseits als sachgerecht beurteilten Praxis abgewichen werden soll, bedarf es hierfür angesichts der von der Finanzverwaltung zu beachtenden Grundsätze der Verhältnismäßigkeit der Mittel und des geringstmöglichen Eingriffs gewichtiger Gründe. Der mit Verfassungsrang ausgestattete und auch in § 2 Abs. 1 Satz 2 BpO niedergelegte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besagt, daß das eingesetzte Mittel geeignet und erforderlich sein muß, um den erstrebten Zweck zu erreichen. Das Mittel ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann; es ist erforderlich, wenn nicht ein anderes, gleich wirksames, aber weniger fühlbar einschränkendes Mittel hätte gewählt werden können. Überdies dürfen dem Steuerpflichtigen durch die Maßnahme keine unverhältnismäßigen Nachteile entstehen. Allein die Einordnung eines Steuerpflichtigen als Großbetrieb reicht daher nach Auffassung des beschließenden Senats noch nicht aus, um die Verhältnismäßigkeit und damit Ermessensgerechtigkeit einer Verkürzung des Prüfungszeitraums im Interesse einer größeren zeitlichen Nähe der Prüfung zu begründen. Vielmehr sind gerade bei einem der Anschlussprüfung unterliegenden Großbetrieb mit dem Vorteil der größeren Zeitnähe unabweisbar die Nachteile sich jährlich wiederholender Prüfungen und eines relativ höheren Aufwandes für die einzelne Prüfung verbunden. Anders als etwa bei Mittel- und Kleinbetrieben kann die Verkürzung des Prüfungszeitraums eines Großbetriebs also nicht als nur vorteilhafte Maßnahme angesehen werden. Es bedarf daher jeweils der Abwägung der Vor- und Nachteile im Einzelfall. Der Aussage des Antragsgegners, dass angesichts der fehlenden Untergrenzen in §§ 194 Abs. 1 Satz 2 AO, 4 Abs. 2 BpO und der Vorgaben des Erlasses des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11.6.2008 im Grundsatz jeder Großbetrieb für eine Verkürzung des Prüfungszeitraums geeignet sei, wobei die Entscheidung letztlich dem Prüfungsfinanzamt überlassen werde, vermag der beschließende Senat daher nicht zuzustimmen. Er versteht vielmehr den Erlass des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11.6.2008 als Kriterienkatalog für die gebotene Einzelfallprüfung mit ermessensregelnder und selbstbindender Wirkung.

Die danach maßgeblichen Auswahlkriterien können, soweit sie im Streitfall von dem Antragsgegner bei der Ausübung seines Ermessens herangezogen wurden, die Verkürzung des Prüfungszeitraums in der gegenüber der Antragstellerin ergangenen Prüfungsanordnung nicht rechtfertigen.

Der Antragsgegner hat sein Auswahlermessen zunächst darauf gestützt, dass die Antragstellerin als konzernunabhängiger Betrieb für eine zeitnahe Betriebsprüfung besonders geeignet sei. Dieses Kriterium muss allerdings im Gesamtkontext, namentlich der als Nr. 1 bis 5 bezifferten Gründe des Erlasses für eine größere Zeitnähe bei Prüfungen, gesehen werden. Sind diese Auswahlkriterien nicht oder nur in einem für die Gesamtabwägung nicht ausschlaggebenden Umfang erfüllt, kann allein die Konzernunabhängigkeit der Antragstellerin kein sachgerechter Grund für einen belastenden Eingriff sein. Diese zusätzlichen Voraussetzungen liegen aber im Streitfall gerade nicht vor.

Die Klägerin ist ausweislich der zum Stichtag vorliegenden Jahresabschlüsse 2004 und 2005 eine kleine Kapitalgesellschaft im Sinne des § 267 Abs. 1 HGB, deren Bilanzsumme weit unter der Hälfte des gesetzlichen Grenzwerts verbleibt. Wie die Klägerin unwidersprochen vorträgt, gibt es bei ihr keine Konzernsachverhalte, Auslandssachverhalte, Umwandlungsvorgänge oder komplexe Bewertungsfragestellungen. Sie kann daher schwerlich als "großes Unternehmen" angesehen werden, bei dem Steuerrechtsänderungen und strategische Umorganisationen typischerweise zu Effizienzverlusten bei der Prüfung weit zurückliegender Anlagenzeiträume führen.

Weiterhin ist bei der Antragstellerin, wie ebenfalls außer Streit steht, weder ein Zugriff auf archivierte elektronische Daten der Buchführung und Jahresabschlusserstellung erforderlich noch waren die für Großunternehmen üblichen personellen Schwankungen im Bereich Buchführung/Jahresabschluss/Organisation oder aufwändige Bilanzanpassungen an die Vorprüfung zu gewärtigen. Auch für die Erforderlichkeit der Prüfung von Verrechnungspreisen ist nichts erkennbar.

Die Erwartung der schnelleren haushaltswirksamen Festsetzung und Erhebung von Steuern ist schließlich im Einzelfall nur dann begründet, wenn Anhaltspunkte für derartige Nachforderungen bestehen. Das allfällige, abstrakte Risiko von Steuernachforderungen hält der beschließende Senat hingegen nicht für ausreichend, zumal dem fiskalischen Interesse insoweit durch die Verzinsung gemäß § 233a AO Rechnung getragen wird.

Allerdings hat der Antragsgegner im Streitfall seine Ermessensauswahl gerade mit einem aus den Mehrergebnissen der Vorprüfungen resultierenden hohen Risikopotenzial für Nachforderungen begründet und hierzu konkret auf die partielle Hinzurechnung der Vergütung des vormaligen Alleingeschäftsführers als verdeckte Gewinnausschüttung in den Jahren 2004 und 2005 verwiesen. Der Wahrscheinlichkeit eines steuerlichen Mehrergebnisses aus der Prüfung der Geschäftsführervergütung im Jahr 2007 steht indessen die zwischenzeitliche Einigung der Beteiligten über das angemessene Gehaltsniveau in den im Jahr 2006 neugefassten Anstellungsverträgen der nunmehr dreiköpfigen Geschäftsführung entgegen. Wenn dieser Einigung auch keine Bindungswirkung für die Zukunft zukommt, so ist doch nicht erkennbar, warum gerade hierin ein Risiko für Steuernachforderungen für das der einverständlichen Beurteilung unmittelbar nachfolgende Prüfungsjahr erkannt werden sollte. Die Hinzurechnung bislang von der Gesellschafterin versteuerter Provisionszahlungen zu den Erlösen der Antragstellerin in den Jahren 2000 bis 2003 kommt als risikoträchtiges Prüffeld für die Zukunft ebenfalls nicht mehr in Betracht. Denn dabei handelt es sich um einen hinsichtlich der steuerlichen Behandlung zwischenzeitlich korrigierten und deshalb bereits in der Vorprüfung nicht mehr aufgegriffenen Sachverhalt.

Ob höhere interne und externe Kosten bei einem nur einjährigen Prüfungszeitraum durch geringere Zinsbelastungen bei Nachzahlungen oder gar die Vermeidung von Nachzahlungen ausgeglichen werden könnten, wie der Antragsgegner meint, kann letztlich dahinstehen. Denn die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung ergibt sich bereits aus dem Fehlen nachvollziehbarer Ermessensgründe, die sie stützen könnten. Auf die Verhältnismäßigkeit von Kostennachteilen, die an dem Stellenwert des mit einer dem Grunde nach geeigneten und erforderlichen Maßnahme verfolgten Ziels zu messen wäre, kann es daher nicht mehr entscheidend ankommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

Zurück