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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 26.06.2008
Aktenzeichen: 2 K 4826/07
Rechtsgebiete: StBerG, FGO


Vorschriften:

StBerG § 47 Abs. 2
StBerG § 48 Abs. 1
FGO § 102
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

2 K 4826/07

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger nach § 47 Abs. 2 StBerG die Erlaubnis zu erteilen ist, sich weiterhin Steuerberater zu nennen.

Der Kläger war seit 0000 als Steuerberater bestellt. Im Dezember 2003 verzichtete der Kläger im Alter von nn Jahren auf seine Bestellung zum Steuerberater.

Der Kläger ist im Handelsregister als Kaufmann eingetragen. Er ist als Dn und Zo tätig.

Im August 2007 beantragte der Kläger die Erteilung der Erlaubnis, den Titel "Steuerberater" weiterhin zu führen. Der Briefkopf des Antrages enthielt folgende Angabe: "AS, XY Dn/Zo, F (r)".

Mit Bescheid vom 20. November 2007 wurde der Antrag des Klägers abgelehnt. Zur Begründung wird angeführt, dass die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 StBerG nicht erfüllt seien. Der Sinn und Zweck der Regelung bestünde darin, den Berufsangehörigen, die alters- oder gesundheitsbedingt nicht mehr beruflich tätig sein wollten oder könnten, die sich aber mit ihrer Berufsbezeichnung sehr verbunden fühlten, die Weiterführung der Berufsbezeichnung zu ge- statten. Dies erfordere, dass das Berufsleben insgesamt beendet werde und sich der Antragsteller insgesamt in die Privatsphäre zurückziehe. Hieran mangele es im Streitfall. Denn der Kläger sei gemäß den Angaben auf seinem Geschäftspapier als eingetragener Kaufmann bzw. Dn tätig.

Zur Begründung seiner hiergegen gerichteten Klage trägt der Kläger vor, dass die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 StBerG erfüllt seien. Die Ablehnung seines Antrags laufe Sinn und Zweck der Regelung entgegen.

Die Handelsregister-Eintragung sei durch das Gericht - lange Zeit vor Beendigung der Tätigkeit als Steuerberater - aus Anlass einer Umwandlung ohne sein Zutun von Amts wegen vorgenommen worden.

Weder die Tätigkeit als Dn und die hiermit verbundene Produktion von Kl noch die Tätigkeit als Zo und die hiermit einhergehende Erstellung von Pi würden eine von der Beklagten zu überwachende berufsmäßige Tätigkeit als Steuerberater darstellen. Als Steuerberater sei er nicht mehr tätig und er werde es auch in Zukunft nicht sein.

Angesichts dessen sei die Beklagte insoweit unzuständig. Denn bei der Ausübung seiner im Briefkopf angegebenen Tätigkeit handele es sich um einen Sachverhalt, der nur die Gestaltung seines Privatlebens betreffe, für die die Beklagte unzuständig sei. Die Gemeinschaft der Steuerberater sei hieran nicht interessiert.

Im Rahmen seiner Tätigkeit als Dn führe er schon lange Korrespondenz mit Eg. Für diese sei ein Hinweis auf seinen beruflichen Werdegang aus einleuchtenden Gründen hilfreich. Außerdem versuche er, im Hochschulbereich tätig zu werden. Mangels wissenschaftlicher Qualifikation stehe ihm als einziges Hilfsmittel zu, seine Berufserfahrung als Steuerberater einzubringen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sei eine zeitliche Frist für die Antragstellung ab Verzicht auf die Berufsbezeichnung vom Gesetz nicht vorgesehen.

Anderenfalls würde die Errichtung eines allgemeinen Berufsverbots für ehemalige Steuerberater ein allgemeines Berufsverbot für Rentner und damit einen Verstoß gegen das Grundgesetz darstellen.

Die Ablehnung sei zudem ermessensfehlerhaft. Die Beklagte habe - neben der Überwachung der beruflichen Pflichten der Steuerberater - die Belange der Gesamtheit der Mitglieder abzuwägen. Eine solche Abwägung habe nicht stattgefunden. Auch mangele es an einer ausreichenden Sachverhaltsermittlung. Der Namenszusatz "e.K." sei zeitlich lange vor Beendigung der Berufsausübung durch das Amtsgericht L von Amts wegen vorgenommen worden und habe mit der Frage nach einer tatsächlichen Berufsausübung als Steuerberater nichts zu tun. Es bestehe keine gesetzliche Grundlage dafür, auf die jetzige Tätigkeit als Dn bzw. Zo abzustellen. Eine dn Tätigkeit sei im übrigen selbst für praktizierende Steuerberater erlaubt und nicht berufswidrig.

Im Laufe des Klageverfahrens hat der Kläger seine Schriftsätze unter folgenden Briefköpfen erstellt: ""AS, XY e.K., Steuerberater a.D./eDn " und ""AS, XY e.K., eDn ".

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 20. November 2007 zu verpflichten, die Erlaubnis zu erteilen, sich weiterhin Steuerberater zu nennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 StBerG nicht erfüllt seien. In Ergänzung zur Begründung des Ablehnungsbescheides trägt sie vor, dass die Regelung keine Vorteile für eine anderweitige Berufsausübung gewähren wolle. Daher werde die begehrte Erlaubnis nur erteilt bei vollständiger Aufgabe der Berufstätigkeit und Rückzug in die Privatsphäre. Im Streitfall sei das Berufsleben nicht beendet worden. Denn es sei jede berufliche Tätigkeit zu berücksichtigen. Es sei nicht von der Regelung gedeckt, dem Kläger zu ermöglichen, die mit der Berufsbezeichnung verbundene Reputation für seine berufliche Tätigkeit in Anspruch zu nehmen.

Die Versagung der Erlaubnis stelle auch kein Berufsverbot dar. Der Kläger werde in seiner Freiheit, den Beruf des Zo und Dn auszuüben, nicht beschränkt.

Soweit er als Steuerberater unter Führung dieser Berufsbezeichnung dn tätig sein wolle, stehe ihm die Beantragung der Wiederbestellung gemäß § 48 StBerG frei.

Weiterhin erscheine fraglich, ob ein Zeitraum von fast vier Jahren zwischen dem Verzicht im Jahre 2003 und dem Antrag nach § 47 Abs. 2 StBerG im Jahre 2007 noch vom Sinn und Zweck der Regelung erfasst werde. Es könne in einem solchen Fall nicht mehr von einer "Weiterführung" der Berufsbezeichnung ausgegangen werden. Die Regelung wolle der engen Verbundenheit des Berufsangehörigen mit seiner Berufsbezeichnung Rechnung tragen. Je mehr Zeit seit dem Ausscheiden aus dem Berufsstand vergangen sei, desto weniger eng dürfte die Verbundenheit zum Berufsstand sein.

Das Ermessen sei nicht fehlerhaft, sondern in Ansehung von Sinn und Zweck des § 47 Abs. 2 StBerG ausgeübt worden.

Auch die Berücksichtigung der Interessen der Gemeinschaft der Berufsangehörigen führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Berufsstand habe ein Interesse daran, dass die Berufsbezeichnung nur diejenigen Personen führten, die dem Berufsstand angehörten. Es sei gerade nicht im Interesse des Berufsstandes, dass anderweitig beruflich tätige Personen die Berufsbezeichnung "Steuerberater" führen und nach außen dokumentieren würden, ohne als solche bestellt zu sein.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.

Die Klage ist unbegründet.

Der Ablehnungsbescheid vom 20. November 2007 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Voraussetzungen für eine Weiterführung der Berufsbezeichnung nach § 47 Abs. 2 StBerG sind nicht erfüllt.

I. Nach § 47 Abs. 2 StBerG kann die zuständige Steuerberaterkammer einem Steuerberater, der wegen hohen Alters oder wegen körperlicher Leiden auf die Rechte aus der Bestellung verzichtet, auf Antrag die Erlaubnis erteilen, sich weiterhin Steuerberater zu nennen.

Die Entscheidung über die Weiterführung der Berufsbezeichnung gemäß § 47 Abs. 2 StBerG ist eine Ermessensentscheidung, die gerichtlich nur in den durch § 102 FGO gezogenen Grenzen nachprüfbar ist. Nach dieser Vorschrift ist die gerichtliche Prüfung darauf beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle von Verwaltungsentscheidungen auf Ermessensfehler sind dementsprechend die tatsächlichen Verhältnisse, die der Behörde im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen (vgl. BFH, Beschl. v. 13.03.1990, VII S 3/90, BFH/NV 1991, 171; v. 29.09.1994, III S 5/94, BFH/NV 1995, 370). Eine fehlerfreie Ermessensausübung setzt voraus, dass die Behörden ihre Ermessensentscheidung aufgrund einer einwandfreien und erschöpfenden Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts getroffen und alle für die Ermessensausübung wesentlichen Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art spätestens im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung berücksichtigt haben.

1. Im Streitfall hat die Beklagte bei ihrer ablehnenden Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens weder überschritten noch von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht.

Die Beklagte ist bei seiner Entscheidung insbesondere in rechtlich nicht zu beanstandender Weise von dem Sinn und Zweck des § 47 Abs. 2 StBerG ausgegangen.

Der Sinn der Vorschrift besteht darin, einem Berufsangehörigen nach einem langen Arbeitsleben nicht die Berufsbezeichnung, die er viele Jahre geführt hat, zu nehmen (Gehre/von Borstel, StBerG, § 47 Rn. 7). Dies lässt sich daraus ableiten, dass die Norm voraussetzt, dass ein Steuerberater wegen hohen Alters oder körperlicher Leiden auf die Rechte aus der Bestellung verzichtet, sowie daraus, dass es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt, die als solche restriktiv anzuwenden ist. Folglich setzt § 47 Abs. 2 StBerG nach seinem Sinn und Zweck voraus, dass der Berufsangehörige in keinster Weise mehr beruflich tätig ist, sondern sich vollständig in sein Privatleben zurückzieht. Wenn die Weiterführung der Berufsbezeichnung wirtschaftlich oder beruflich, z.B. bei einer schriftstellerischen Tätigkeit, verwertet werden soll, scheidet eine Erlaubnis der Weiterführung der Berufsbezeichnung aus. Die gesetzliche Regelung will keine Vorteile für eine anderweitige Berufsausübung gewähren (Gehre/von Borstel, a.a.O.). Insoweit hat der Berufsangehörige die Möglichkeit, entweder schon gar nicht auf die Berufsbezeichnung nach § 45 Abs. 1 StBerG zu verzichten oder aber einen Antrag auf Wiederbestellung nach § 48 Abs. 1 StBerG zu stellen.

2. Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte die Weiterführung der Berufsbezeichnung zu Recht abgelehnt. Denn der Kläger wird nicht vom Anwendungsbereich des § 47 Abs. 2 StBerG erfasst. Er hat sich nicht vollständig in die Privatsphäre zurückgezogen, sondern übt weiterhin eine berufliche Tätigkeit aus, nämlich jedenfalls die Dn. Auch strebt er nach seinem eigenen Vortrag eine lehrende Tätigkeit im Hochschulbereich an. In diesem Zusammenhang würde ihm die Berufsbezeichnung des Steuerberaters einen wirtschaftlichen oder beruflichen Vorteil bringen, auch würde er die mit der Berufsbezeichnung verbundene Reputation in Anspruch nehmen. Für den Fall der beabsichtigten lehrenden Tätigkeit im Hochschulbereich räumt der Kläger sogar selbst ein, dass "einleuchtende Gründe" für die Weiterführung der Berufsbezeichnung bestünden. Allein die Beendigung der Tätigkeit als Steuerberater reicht für § 47 Abs. 2 StBerG nicht aus.

Angesichts dessen widerspricht die Versagung der Weiterführung der Berufsbezeichnung - entgegen der Auffassung des Klägers - gerade nicht gegen Sinn und Zweck des § 47 Abs. 2 StBerG, sondern steht hiermit im Einklang.

3. Die Ablehnung ist auch im übrigen nicht ermessensfehlerhaft. Die Beklagte hat ihre Entscheidung auf der Grundlage eines zutreffenden Sachverhaltes vorgenommen. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich, zumal die Beklagte ihre Entscheidung unter Abwägung mit dem Sinn und Zweck der Norm getroffen hat.

II. Die Einwände des Klägers vermögen dagegen nicht durchzugreifen.

1. Der klägerische Einwand, dass keine gesetzliche Grundlage dafür bestehe, auf die jetzige Tätigkeit als Dn bzw. Zo abzustellen, greift nicht. Denn diese Tätigkeit führt dazu, dass der Kläger sich nicht, wie von Sinn und Zweck des § 47 Abs. 2 erfordert, vollständig aus dem Berufsleben zurückgezogen hat. Ob die dn Tätigkeit selbst für praktizierende Steuerberater erlaubt und nicht berufswidrig ist, ist insoweit unerheblich.

2. Dass der Kläger, wie von ihm vorgetragen, von Amts wegen als Kaufmann im Handelsregister eingetragen worden sein soll, ist unerheblich. Denn es brauchte nicht auf eine vermeintliche Tätigkeit als eingetragener Kaufmann abgestellt zu werden, da der Kläger jedenfalls dn tätig ist. Allein dies reicht, um nicht von der vollständigen Beendigung der Berufstätigkeit des Klägers auszugehen. Insoweit hat die Beklagte keine sachfremden Erwägungen getroffen.

3. Der Einwand des Klägers, dass die Tätigkeit als Dn und als Zo keine von der Beklagten zu überwachende berufsmäßige Tätigkeit als Steuerberater darstellen würde, geht fehl. In der Sache mag der Kläger Recht haben, jedoch kommt es hierauf im Zusammenhang mit § 47 Abs. 2 StBerG nicht an. Die Beklagte überwacht im übrigen auch nicht die dn und edn Tätigkeit des Klägers. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass es sich bei diesen Tätigkeiten - nach dem klägerischen Vortrag - um die Gestaltung seines Privatlebens handelt. Denn diese Tätigkeiten stehen jedenfalls der Weiterführung der Berufsbezeichnung i.S.d. § 47 Abs. 2 StBerG entgegen, da sie dazu führen, dass der Kläger nicht seine gesamte Berufstätigkeit beendet hat. Die Prüfung der Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 StBerG fällt in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten.

Dass die Gemeinschaft der Steuerberater nicht an der dn Tätigkeit des Klägers interessiert sei, mag zutreffen, jedoch ist dies unerheblich. Denn die Gemeinschaft der Steuerberater hat ein Interesse daran, dass die Berufsbezeichnung nur durch diejenigen Personen geführt wird, die dem Berufsstand angehören.

4. Entgegen der Auffassung des Klägers führt die Versagung der Weiterführung der Berufsbezeichnung nicht zu einer Verletzung der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG. Denn dem Kläger ist es nicht verwehrt, als Dn tätig zu sein, sondern er darf lediglich nicht mehr die Berufsbezeichnung des Steuerberaters führen. Im übrigen hat der Kläger auch die Möglichkeit, sich als Steuerberater nach § 48 Abs. 1 StBerG wiederbestellen zu lassen.

III. Vor diesem Hintergrund kann es der Senat dahingestellt lassen, ob auch der lange Zeitraum zwischen dem Verzicht im Jahre 2003 und dem Antrag auf Weiterführung der Berufsbezeichnung im Jahre 2007 der "Weiterführung" der Berufsbezeichnung entgegensteht. Der Senat neigt allerdings zu der Auffassung, dass ein Zeitraum von dreieinhalb Jahren dazu führt, dass keine Härte i.S.d. Sinn und Zwecks der Vorschrift vorliegt. Denn in diesem Falle dürfte nicht mehr der von § 47 Abs. 2 StBerG geregelte Fall vorliegen, dass einem Berufsangehörigen nach einem langen Arbeitsleben die Berufsbezeichnung, die er viele Jahre geführt hat, genommen werden würde.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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