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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 21.02.2008
Aktenzeichen: 2 K 754/04
Rechtsgebiete: UStG, AO


Vorschriften:

UStG § 18 Abs. 9 S. 1
AO § 150 Abs. 3 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

2 K 754/04

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin ein Anspruch auf Vorsteuervergütung nach § 18 Abs. 9 Umsatzsteuergesetz - UStG - i.V.m. §§ 59 ff. der Umsatzsteuer-Durch-führungsverordnung - UStDV - zusteht.

Die Klägerin, die A-B N.V., ist eine in Belgien ansässige Kapitalgesellschaft.

Am 25. Juni 2001 stellte sie beim Bundesamt für Finanzen - BfF - (seit dem 01. Januar 2006 Bundeszentralamt für Steuern - BZSt -) einen Antrag auf Vergütung von Vorsteuern für den Zeitraum Januar bis Dezember 2000 i.H.v. 295.205,18 DM.

Mit Bescheid vom 4. Juli 2003 lehnte das BfF die Vergütung der Vorsteuern ab. Zur Begründung führte das BfF aus, dass eine gültige Unternehmerbescheinigung fehle und streiterhebliche Fragen von der Klägerin trotz ausdrücklicher Anfrage nicht beantwortet worden seien.

Die Klägerin legte hiergegen Einspruch ein. Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos.

Mit der gegen die Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2004 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor:

Sie, die Klägerin, sei zum 1. August 2000 gemäß Art. 174/54 ff. des belgischen Gesellschaftsgesetzes ohne Auflösung in die A-C S.A. eingebracht worden, die danach unter dem Namen A-C-X N.V. firmiert habe. Nach der Einbringung habe sie neben der A-C-X N.V. rechtlich weiter bestanden.

Der Vergütungsantrag sei eigenhändig i.S.d. § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG unterschrieben worden. Der Vergütungsantrag trage die Unterschrift von Herrn R.M. Herr R.M. sei aufgrund einer vom Vorstand der Klägerin, Herrn K.P, am 1. März 2001 erteilten Vollmacht berechtigt gewesen, sämtliche Steuererklärungen und Vergütungsanträge zu unterzeichnen und einzureichen. Da Herr K.P., ebenso wie das zweite Vorstandsmitglied, Herr D.F., sein Amt ohne Vergütung ehrenamtlich ausgeübt habe, sei er im Tagesgeschäft, soweit ein solches für eine "ruhende" Gesellschaft überhaupt noch stattgefunden habe, nicht tätig gewesen. Aus diesem Grunde sei Herr R.M. als faktischer Geschäftsführer mit weitreichen Vollmachten ausgestattet worden, um die Angelegenheiten der Klägerin abzuwickeln.

Der Vergütungsantrag sei damit rechtswirksam gestellt worden. Dem Erfordernis der Eigenhändigkeit der Unterschrift in § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG i.V.m. § 150 Abs. 3 Satz 1 Abgabenordnung - AO - sei in ausreichendem Umfang Rechnung getragen worden. Herr R.M. sei während der gesamten Zeit im Unternehmen mit den steuerlichen Angelegenheiten befasst gewesen. Nur er habe sich also über die Richtigkeit der getätigten Eintragungen vergewissern können. Auch die Verpflichtung zur Rückzahlung unrechtmäßig erhaltener Vergütungsbeträge werde durch die Unterschrift eines für den Einzelfall bevollmächtigten Vertreters des Vorstandes nicht beeinträchtigt, denn der Vollmachtsgeber sei sich der Bedeutung der Verpflichtungswirkung der erteilten Vollmacht in vollem Umfang bewusst. Er wisse, dass die durch die Unterschrift des Bevollmächtigten eingegangene Rückzahlungsverpflichtung den Vergütungsgläubiger rechtswirksam und unwiderruflich binde. Dies würde sogar im Falle einer Duldungsvollmacht gelten.

Sie, die Klägerin, sei außerdem durch die englischsprachige Erläuterung und Anweisung zum Ausfüllen des Vergütungsantrags des BfF, in die Irre geleitet worden. Das dort verwendete Wort "should" lasse die Auslegung zu, dass auch andere Personen als der Steuerpflichtige den Vergütungsantrag unterzeichnen dürften. Die irreführende Anleitung des BfF dürfe nicht dazu führen, dass dem durch die Behörde irregeleiteten ausländischen Antragsteller sein materiell-rechtlicher Erstattungsanspruch verweigert werde.

Fraglich sei auch, ob es mit Art. 6 der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Umsatzsteuern vereinbar sei, wenn im belgischen Vorsteuervergütungsverfahren, ebenso wie in den Vorsteuervergütungsverfahren der meisten anderen EU-Mitgliedsstaaten, die Unterschrift eines Bevollmächtigten zugelassen werde, im deutschen Verfahren dies für einen belgischen Antragsteller jedoch nicht gelte. Wenn die deutsche Finanzverwaltung entgegen dem Wortlaut des Art. 6 der Achten Richtlinie die Gültigkeit des Antrags von restriktiven Bedingungen bezüglich der Person des Unterzeichners abhängig mache und damit die materielle Gerechtigkeit zugunsten eng ausgelegter formaler Anforderungen aushebele, liege nach Auffassung der Klägerin ein Verstoß sowohl gegen die Bestimmungen der Achten Richtlinie als auch gegen die grundlegenden Bestimmungen des EG-Vertrages, wie das steuerliche Diskriminierungsverbot (Art. 90 - 92 EG), das Steuerharmonisierungsgebot (Art. 93 EG) und das Verbot der Behinderung des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs (Art. 90 EG) vor. Die Versagung einer Vorsteuervergütung für einen ausländischen Unternehmer stelle eine klare Diskriminierung dieses Unternehmers gegenüber seinen inländischen Wettbewerbern dar, denen der Vorsteuerabzug nicht versagt werde, wenn ihre Umsatzsteuererklärungen von einem Bevollmächtigten unterschrieben seien. Desgleichen werde der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr behindert, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Vorsteuern auf Messekosten nicht vergütet würden und somit vom ausländischen Unternehmer als Aufwand getragen werden müssten.

Außerdem seien die Mitgliedsstaaten bei der Festlegung der Voraussetzungen für die Vorsteuervergütung an die Grundsätze des Gemeinschaftsrechts gebunden. Danach dürfe die Erstattung nicht verwehrt werden, wenn die Voraussetzungen für eine Vergütung zweifelsfrei feststünden. Eine Verweigerung der Erstattung aus formalen Gründen sei nicht zulässig.

Es verstoße auch gegen die aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleiteten Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Effektivität, wenn die Vergütung von der eigenhändigen Unterschrift der Organe einer Gesellschaft abhängig gemacht werde. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verbiete Regelungen, die nicht erforderlich oder die unangemessen seien. Nach dem Grundsatz der Effektivität müssten nationale Regelungen so ausgestaltet seien, dass sie die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaft einräume, nicht übermäßig erschweren oder gar de facto unmöglich machten. Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift sei für die ordnungsgemäße Durchführung des Vergütungsverfahrens weder zwingend erforderlich noch angemessen. Das Vergütungsverfahren werde hierdurch auch in unangemessener Weise erschwert. Durch die Unternehmerbescheinigung und die Vorlage der Originalrechnungen werde im Vergütungsverfahren in ausreichendem Maße sichergestellt, dass die Voraussetzungen für den Vorsteuervergütungsanspruch gegeben seien.

Die vom Beklagten vertretene Rechtsauffassung sei auch deshalb fragwürdig, weil es für eine inländische Behörde ohne exakte Kenntnisse der Gesellschaftsrechtssysteme jedes einzelnen Mitgliedsstaates im Einzelfall oft nur schwer möglich sei, zu entscheiden, wer oberstes Organ einer juristischen Person sei.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 4. Juli 2003 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2004 den Beklagten zu verpflichten, die Vorsteuervergütung für den Zeitraum Januar bis Dezember 2000 i.H.v. 150.936,01 EUR (295.205,18 DM) festzusetzen,

hilfsweise,

2. das Verfahren zum Ruhen zu bringen bzw. auszusetzen bis über eine bei der Kommission der Europäischen Union unter dem Aktenzeichen 2008/4012, SG (2008) A/487 anhängige Beschwerde gegen die Verwaltungspraxis des Beklagten entschieden ist,

höchst hilfsweise,

3. das Verfahren auszusetzen und den Rechtsstreit dem Europäischen Gerichtshof - EuGH - vorzulegen und

äußerst hilfsweise

4. die Revision zum Bundesfinanzhof - BFH - zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt im Wesentlichen Folgendes vor:

Der Vergütungsantrag der Klägerin sei nicht eigenhändig im Sinne des § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG unterschrieben worden.

Dem Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift sei nur dann genügt, wenn der gesetzliche Vertreter des Antragstellers den Antrag persönlich unterzeichne. Die Stellung des Vergütungsantrags sei ebenso wie die Abgabe einer Steuererklärung ein Akt der Außenvertretung, welche in die ausschließliche Zuständigkeit des gesetzlichen Vertretungsorgans falle. Dies ergebe sich aus § 150 Abs. 3 Satz 1 AO, nach dem bei gesetzlich angeordneter Eigenhändigkeit der Unterschrift die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten nur ausnahmsweise zulässig sei. Durch die Unterschrift auf dem Antragsvordruck solle sichergestellt werden, dass sich der Unternehmer über die Richtigkeit der Eintragungen vergewissere. Er müsse auch die Verantwortung für diese Angaben übernehmen.

Im Streitfall bestehe die Besonderheit, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Antragstellung bereits in die A-C-X N.V. eingebracht gewesen sei. Infolge der Verschmelzung hätte damit nur der gesetzliche Vertreter der A-C-X N.V. den Vergütungsantrag für die Klägerin eigenhändig unterschreiben und damit wirksam stelle können.

Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Organstellung des Vorstandes der Klägerin trotz der Verschmelzung nicht erloschen sei, hätte nur der Vorstand der Klägerin den Vorsteuervergütungsantrag wirksam unterzeichnen können. Da Herr R.M. nicht Vorstandsmitglied und somit auch nicht gesetzlicher Vertreter der Klägerin gewesen sei, sei die durch § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG geforderte eigenhändige Unterschrift nicht gegeben.

Entscheidungsgründe:

I.

Eine Aussetzung des Verfahrens entsprechend § 74 Finanzgerichtsordnung - FGO - bzw. ein Ruhen des Verfahrens i.S. des § 155 FGO i.V.m. § 251 Zivilprozessordnung - ZPO - kommt nicht in Betracht. Es ist für den erkennenden Senat nicht ersichtlich, dass die EU-Kommission aufgrund der von der Klägerin behaupteten Beschwerde gegen die Verwaltungspraxis des Beklagten von einem Vertragsverstoß durch die Bundesrepublik Deutschland ausgeht und insoweit eine Klage zum EuGH bevorsteht.

II.

Die Klage ist unbegründet.

Der Ablehnungsbescheid vom 4. Juli 2003 und die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2004 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO).

Der Beklagte hat die von der Klägerin beantragte Vorsteuervergütung im Ergebnis zu Recht unter Berufung auf § 18 Abs. 9 Sätze 3 und 5 UStG sowie § 110 AO verweigert, weil die Klägerin in der in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG genannten Frist keinen ordnungsgemäßen Vergütungsantrag gestellt hat und insoweit auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.

Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG in der für die Antragsjahre geltenden Fassung kann zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15 UStG) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 UStG und von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG, in einem besonderen Verfahren regeln. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in §§ 59 ff. UStDV Gebrauch gemacht.

1. Die nationalen Vorschriften beruhen für Steuerpflichtige, die - wie die Klägerin - im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, auf den Vorgaben der Achten Richtlinie vom 6. Dezember 1979 (79/1072/EWG, ABl.EG Nr. L 331/1979, 11, im Folgenden: Achte Richtlinie), insbesondere auf Art. 3, 4 und 7 dieser Richtlinie. Diese europarechtlichen Vorgaben für Anträge von im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen hat der deutsche Gesetzgeber in den Vorschriften des § 18 Abs. 9 Sätze 3 ff. UStG umgesetzt. Danach ist der Vergütungsantrag binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist (§ 18 Abs. 9 Satz 3 UStG). Bei der Sechs-Monats-Frist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG handelt es sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999 V R 76/98, BFHE 190, 293, BStBl II 2000, 214; Stadie in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 18 UStG Rz. 881.2 m.w.N.). Die vorgenannte Ausschlussfrist steht dabei nicht nur in Zusammenhang mit § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG (so bereits Urteil des erkennenden Senats vom 24. Februar 2005 2 K 5219/01, EFG 2005, 913), sondern auch mit § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG. Deshalb muss ein ordnungsgemäßer, innerhalb der Ausschlussfrist gestellter Vergütungsantrag auch eine eigenhändige Unterschrift des Unternehmers aufweisen. Andernfalls ist der Vergütungsantrag als Verfahrenshandlung unwirksam (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 19. Oktober 2006 2 K 1629/05, EFG 2007, 635, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Aktenzeichen des BFH XI B 207/06).

2. Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin widerspricht das nationale Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift des Unternehmers in § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG nicht den Art. 3 und 6 der Achten Richtlinie.

a) Gemäß Art. 6 der Achten Richtlinie dürfen die Mitgliedstaaten den in Art. 2 genannten Steuerpflichtigen außer den Pflichten nach Art. 3 und 4 keine anderen Pflichten auferlegen als die, in Sonderfällen die Auskünfte zu erteilen, die erforderlich sind, um beurteilen zu können, ob der Erstattungsantrag begründet ist.

b) Durch das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift des Unternehmers wird dem Steuerpflichtigen vom deutschen Gesetzgeber jedoch keine Pflicht auferlegt, die über die in Art. 3 und 4 der Achten Richtlinie genannten Pflichten hinausgeht.

aa) Art. 3 Buchst. a der Achten Richtlinie schreibt insoweit vor, dass ein in Art. 2 genannter Steuerpflichtiger, der im Inland keine Gegenstände liefert oder Dienstleistungen erbringt, bei der zuständigen Behörde "nach dem in Anhang A aufgeführten Muster" einen Antrag zu stellen hat. Das entsprechende Muster selbst sieht aber eine "Unterschrift" vor. Das gilt nicht nur für die deutsche Fassung der Achten Richtlinie, sondern ebenso für deren englische und französische Fassungen, welche entsprechende Regelungen enthalten und ebenfalls in der Anlage A eine "signature" verlangen.

bb) Die vorgenannte "Unterschrift" bezieht sich auf den Antrag stellenden Steuerpflichtigen. Dieser muss durch diverse Angaben seinen unternehmerischen Status belegen und Wissenserklärungen hierzu abgeben. Außerdem muss er versichern, dass er die Angaben in dem Antrag nach bestem Wissen und Gewissen gemacht hat. Schließlich muss er sich dazu verpflichten, jeden unrechtmäßig empfangenen Betrag zurückzuzahlen. Dem entsprechend enthält die Achten Richtlinie auch keinen Hinweis auf eine "Antragsstellvertretung".

cc) Dem vorgenannten Ergebnis steht es nicht entgegen, dass der Steuerpflichtige nach Art. 3 Buchst. c der Achten Richtlinie lediglich "schriftlich erklären" muss, dass er während des Vergütungszeitraums im Inland keine Gegenstände geliefert und keine Dienstleistungen erbracht hat. Daraus folgt ausweislich des Anhangs A gerade nicht, dass insoweit generell nur eine nicht unterschriebene Erklärung des Unternehmers verlangt wäre.

dd) Vor diesem Hintergrund ist der erkennende Senat der Ansicht, dass nach den zwingenden Vorgaben der Achten Richtlinie eine Unterschrift des Antrag stellenden Unternehmers erforderlich ist und die Unterschrift eines rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten nicht ausreicht (ebenso bereits Urteil des erkennenden Senats vom 19. Oktober 2006 2 K 1629/05, a.a.O.).

ee) Dieses Ergebnis verstößt auch nicht gegen das Diskriminierungsverbot, weil insoweit nicht erkennbar ist, dass die Vorgaben der Achten Richtlinie selbst primäres Europarecht verletzen würden.

3. Zu einer anderen rechtlichen Schlussfolgerung gelangt man auch dann nicht, wenn man - anders als vorliegend der erkennende Senat - davon ausgeht, dass die Achte Richtlinie die verfahrensrechtliche Frage, wer den Vorsteuervergütungsantrag rechtswirksam unterschrieben kann und muss, in ihren konkreten Einzelheiten offen lässt. Denn dann besteht für den nationalen Gesetzgeber insoweit ein verfahrensrechtlicher Konkretisierungsspielraum (vgl. Art. 249 Abs. 3 EG), den dieser mit der Regelung in § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG i.V.m. § 150 Abs. 3 AO europarechtskonform ausgefüllt hat. Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin hat der nationale Gesetzgeber durch diese Regelungen nicht gegen die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Gleichwertigkeit, der Effektivität und der Verhältnismäßigkeit verstoßen.

a) Nach der Rechtsprechung des EuGH muss zwar das abgeleitete Recht (wie z.B. das Richtlinien-Recht oder das nationale Verfahrensrecht) die allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie z.B. die Grundsätze der Gleichwertigkeit, der Effektivität und der Verhältnismäßigkeit beachten (vgl. EuGH-Urteile vom 15. März 2007 Rs. C-35/05, Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH, Slg. 2007, I-2425, IStR 2007, 261, UR 2007, 343; vom 17. Juni 2004 Rs. C-30/02, Recheio - Cash & Carry, Slg. 2004, I-6051, BFH/NV 2004, Beilage 4, 358; vom 11. Juni 1998 Rs. C-361/96, Societé générale des grandes sources d'eaux minerales francaises, Slg. 1998, I-3495, IStR 1998, 401, UVR 1998, 275; und vom 30. Juni 1987 Rs. C-47/86, Roquette Frères/ONIC, Slg. 1987, 2889).

Gemäß dieser Rechtsprechung darf ein Mitgliedsstaat nach dem Grundsatz der Gleichwertigkeit die Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsende Rechte gewährleisten sollen, nicht ungünstiger ausgestalten als er dies bei entsprechenden Verfahren, die nur innerstaatliches Recht betreffen, getan hat. Der Grundsatz der Effektivität verbietet nationale Verfahrensregelungen, die die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaftsordnung einräumt, praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Bei der Frage, ob eine nationale Verfahrensregelung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Einklang steht, ist schließlich zu prüfen, ob die von ihr eingesetzten Mittel zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet sind und ob sie nicht über das dazu erforderliche Maß hinausgehen.

b) Im Streitfall verletzt die nationale Regelung in § 18 Abs.9 Satz 5 UStG i.V.m. § 150 Abs. 3 AO diese Grundsätze nicht.

aa) Im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer werden durch das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift bei der Vorsteuervergütung nicht schlechter behandelt als inländische Unternehmer, die in ihren Umsatzsteuer-Jahreserklärungen Vorsteuerbeträge geltend machen. § 18 Abs. 3 Satz 3 UStG erfordert auch hier die eigenhändige Unterschrift des Unternehmers.

bb) Für den erkennenden Senat ist außerdem schon im Grundsatz nicht ersichtlich, weshalb durch das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift durch den Steuerpflichtigen die Geltendmachung des Vorsteuervergütungsanspruchs im Grundsatz unmöglich oder übermäßig erschwert sein sollte. In Ausnahmefällen, in denen diese eigenhändige Unterschrift durch den Steuerpflichtigen infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes oder durch längere Abwesenheit nicht möglich sein sollte, erlaubt die Regelung in § 150 Abs. 3 Satz 1 AO darüber hinaus, dass die Unterschrift zumindest vorläufig (vgl. § 150 Abs. 3 Satz 2 AO) durch einen Bevollmächtigten geleistet werden kann.

cc) Schließlich ist die Voraussetzung der eigenhändigen Unterschrift zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und geht auch nicht über das dazu erforderliche Maß hinaus.

(1) Die geforderte Eigenhändigkeit der Unterschrift dient dazu, den vergütungsberechtigten Unternehmer die Verantwortung für die Richtigkeit der der Erklärung zugrunde liegenden Tatsachen und Belege übernehmen zu lassen. Bei einem Antrag auf Vorsteuervergütung gilt dies vor allem für die im Mustervordruck nach Anhang A zur Achten Richtlinie geforderten Angaben (z.B. dazu, dass die bezogenen Lieferungen und sonstigen Leistungen für seine Zwecke als Unternehmer verwendet worden sind oder dazu, im Inland keine Lieferungen und sonstigen Leistungen ausgeführt und keinen innergemeinschaftlichen Erwerb getätigt zu haben) sowie die dort ebenfalls verlangte Erklärung, die Angaben nach besten Wissen und Gewissen gemacht zu haben. Dem vergütungsberechtigten Unternehmer soll durch das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift vor Augen geführt werden, dass er auch die strafrechtliche Verantwortung für seine steuerlichen Angaben übernehmen muss (vgl. BFH-Urteile vom 16. Mai 2002 III R 27/01, BFHE 198, 283, BStBl II 2002, 668; vom 13. Dezember 2001 III R 24/99, BFHE 196, 464, BStBl II 2002, 159; vom 15. Oktober 1998 III R 58/95, BFHE 187, 141, BStBl II 1999, 237; vom 30. Juni 1998 III R 5/97, BFH/NV 1999, 363).

(2) Die Wirksamkeitsvoraussetzung der Eigenhändigkeit der Unterschrift des vergütungsberechtigten Unternehmers ist daher ein geeignetes Mittel, um Steuerhinterziehungen oder Steuerumgehungen wirksam zu vermeiden. Insoweit steht diese besondere verfahrensrechtliche Anforderung auch in Einklang mit dem in der sechsten Begründungserwägung der Achten Richtlinie genannten allgemeinen Ziel der Richtlinie, "bestimmte Formen der Steuerhinterziehung und Steuerumgehung" wirksam zu bekämpfen.

(3) Schließlich geht das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift auch nicht über das zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung erforderliche Maß hinaus. Eine solche Unverhältnismäßigkeit des Mittels liegt schon deshalb nicht vor, weil - wie oben bereits dargelegt - § 150 Abs. 3 Satz 1 AO für bestimmte Ausnahmefälle, in denen die eigenhändige Unterschrift dem Unternehmer nicht möglich ist, zumindest vorübergehend auch die Unterschrift eines hierzu Bevollmächtigten ausreichen lässt.

4. Im Streitfall weist der am 25. Juni 2001 beim Beklagten eingegangenen Vergütungsantrag für den Zeitraum Januar bis Dezember 2000 keine eigenhändige Unterschrift der "Klägerin" auf.

a) Für die Klägerin als juristische Person in der Rechtsform einer belgischen N.V., die als solche nach §§ 2 Abs. 1, 18 Abs. 9 Satz 1 ff. UStG zwar antragsberechtigter Unternehmer, selbst aber verfahrensrechtlich nicht handlungsfähig ist, ist nur ihr gesetzlicher Vertreter zur Vornahme von Verfahrenshandlungen und somit zur Stellung eines Vorsteuervergütungsantrags fähig. Im Streitfall konnte damit der durch rechtsgeschäftliche Vollmacht vom 1. März 2001 (Gerichtsakte, Seite 134) zur Wahrnehmung der Angelegenheiten der Klägerin im Bereich der Umsatzsteuer lediglich rechtsgeschäftlich bevollmächtigte Herr R.M. den streitigen Vorsteuervergütungsantrag nicht wirksam unterzeichnen. Zu dieser Verfahrenshandlung waren nur der bzw. die gesetzlichen Vertreter der Klägerin berechtigt. Gesetzliche Vertreter der Klägerin im Zeitpunkt der Antragstellung waren nach dem von der Klägerin vorgelegten Auszug aus dem "Moniteur Belge" - Belgischer Staatsanzeiger - vom 10. Mai 2001 (Gerichtsakte, Seite 135) die beiden Vorstände der Klägerin, Herr D.E. und Herr K.P..

b) Selbst wenn man entgegen der hier vertretenen Ansicht davon ausgeht, dass der Gesetzgeber durch die Regelungen in § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG i.V.m. § 150 Abs. 3 AO einen durch die Achte Richtlinie offen gelassenen Konkretisierungsspielraum ausgefüllt hat, war im Streitfall die Unterzeichnung durch Herrn R.M. auch nicht ausnahmsweise nach § 150 Abs. 3 Satz 1 AO zulässig.

aa) Orden die Steuergesetze an, dass der Steuerpflichtige die Steuererklärung eigenhändig zu unterschreiben hat, so ist die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten nach § 150 Abs. 3 Satz 1 AO nur dann zulässig, wenn der Steuerpflichtige infolge seinen körperlichen oder geistigen Zustands oder durch längere Abwesenheit an der Unterschrift gehindert ist.

bb) Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nach § 150 Abs. 3 Satz 1 AO nicht vor.

(1) Nach der vom erkennenden Senat geteilten Rechtsprechung des BFH erfordert eine nach § 150 Abs. 3 Satz 1 AO zulässige Unterschrift durch einen Bevollmächtigten, dass die Bevollmächtigung offen zulegen ist. Nur durch die Offenlegung wird es der Finanzbehörde ermöglicht zu überprüfen, ob die Voraussetzungen des § 150 Abs. 3 Satz 1 AO für einen Verzicht auf eine eigenhändige Unterschrift des Steuerpflichtigen oder Antragstellers vorliegen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Voraussetzungen, unter denen nach § 150 Abs. 3 Satz 1 AO einen Unterzeichung durch einen Bevollmächtigen zulässig ist, im konkreten Fall vorgelegen haben oder nicht (vgl. BFH-Urteil vom 7. November 1997 VI R 45/97, BFHE 184, 381, BStBl II 1998, 54 m.w.N.; BFH-Beschluss vom 19. November 1990 III B 120/89, BFH/NV 1991, 349 m.w.N.).

(2) Im Streitfall kommt es damit nicht darauf an, ob - wie die Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2008 behauptet hat - die Vorstände der Klägerin für Herrn R.M. bis zum Fristablauf für den Vorsteuervergütungsantrag tatsächlich nicht erreichbar waren. Denn Herr R.M. hat den Vorsteuervergütungsantrag ohne Offenlegung seiner Bevollmächtigung unterschrieben. Der Umstand, dass er nicht der gesetzliche Vertreter der Klägerin ist, sondern lediglich zur Wahrnehmung deren steuerlicher Angelegenheiten bevollmächtigt war, wurde daher auch erst im Laufe des Klageverfahrens von der Klägerin offen gelegt.

5. Der Klägerin ist im Hinblick auf die versäumte Ausschlussfrist nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 AO zu gewähren.

a) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm nach § 110 Abs. 1 Satz 1 AO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen (§ 110 Abs. 1 Satz 2 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 110 Abs. 2 Satz 3 AO). Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 110 Abs. 2 Satz 4 AO). Nach einem Jahr seit Ende der versäumten Handlung kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 110 Abs. 3 AO).

b) Im Streitfall hat die Klägerin, obwohl ihr die Problematik der fehlenden eigenhändigen Unterschrift ihrer gesetzlichen Vertreter spätestens seit dem Zugang des Schriftsatzes des Beklagten vom 22. Mai 2007 (Gerichtsakte, Seite 111 ff.) bewusst sein musste, keinen ordnungsgemäß unterschriebenen Vorsteuervergütungsantrag beim Beklagten eingereicht. Da somit die versäumte Handlung nicht innerhalb der Antragsfrist nachgeholt wurde, kann offen bleiben, ob die Klägerin - wie sie vorträgt - ursprünglich tatsächlich durch eine unzutreffende englischsprachige Erläuterung des BfF zum Ausfüllen des Vergütungsantrags in die Irre geleitet wurde. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Ausschlussfrist nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG kommt daher schon aus diesem Grund nicht in Betracht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

IV.

Ein Vorlage an den EuGH gemäß Art. 234 Abs. 2 EG kam im Streitfall nicht in Betracht. Wie oben ausgeführt wurde, sieht der erkennende Senat die Gemeinschaftsrechtslage im Hinblick auf die Frage, ob ein Vorsteuervergütungsantrag vom Antrag stellenden Unternehmer unterschrieben sein muss, als eindeutig an.

V.

Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Der erkennende Senat hat zwar in seinen Urteilen vom 19. Oktober 2006 (2 K 1629/05, a.a.O.) und vom 25. Januar 2007 (2 K 1092/05, EFG 2007, 1386 und 2 K 1107/05, n.v.) die Revision jeweils nicht zugelassen, obwohl es auch in diesen Verfahren um die Rechtsfrage ging, ob ein rechtsgeschäftlich Bevollmächtigter einen Vorsteuervergütungsantrag rechtswirksam unterschreiben kann. Inzwischen hat der Senat jedoch aufgrund einer Vielzahl von anhängigen Klageverfahren wegen Vorsteuervergütung, die ebenfalls diese klärungsbedürftige Rechtsfrage betreffen, die Überzeugung gewonnen, dass diese Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 30. Mai 2007 V B 104/05, BFH/NV 2007, 1724 m.w.N.).



Ende der Entscheidung

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