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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 08.06.2006
Aktenzeichen: 3 K 4744/02
Rechtsgebiete: EStG, BGB


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 3
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 18 Abs. 4
BGB § 716 Abs. 1
BGB § 722 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

3 K 4744/02

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Tatbestand:

Streitig ist, ob es sich bei dem von den Klägern betriebenen Ingenieurbüro steuerlich um eine Mitunternehmerschaft handelt und wie die Einkünfte zu qualifizieren sind.

Die Kläger, Diplom-Ingenieure, betrieben in Köln ein Ingenieurbüro für Baustatik und Massivbau. Sie wurden in den Streitjahren ausschließlich für Großkunden tätig, insbesondere für Kunden aus der Versicherungswirtschaft, dem Bankenbereich und der öffentlichen Hand. In den Streitjahren wurden insgesamt 63 Großaufträge bearbeitet, z.B. das Bürogebäude zur ... Sich ähnelnde Gebäude wie Reihenhäuser wurden nicht angenommen.

Die einzelnen Projekte wurden entweder dem Kläger zu 1) oder dem Kläger zu 2) zugeordnet und von diesen leitend und eigenverantwortlich bearbeitet. In den Jahren 1993 bis 1996 übernahm der Kläger zu 1) insgesamt 41 Aufträge. Der Kläger zu 2) betreute insgesamt 37 Aufträge, die jedoch nicht in gleichem Maße anspruchsvoll waren wie die Projekte des Klägers zu 1). Nach einer von den Klägern gefertigten Aufstellung (Bl. 269 ff der Akte 3 K 4699/02) entfiel das Auftragsvolumen der Jahre 1993 bis 1996 zu 79 % auf den Kläger zu 1) und zu 21 % auf den Kläger zu 2). Eine gemeinsame Bearbeitung von Aufträgen in dem Sinne, dass beide federführend tätig gewesen wären, fand nach eigenen Angaben nicht statt.

Die Kläger hatten das Ingenieurbüro 1968 durch schriftlichen Vertrag als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet. Danach waren der Kläger zu 1) mit 55 v.H. und der Kläger zu 2) mit 45 v.H. beteiligt. In den Jahren 1972 bis 1979 führte der Kläger zu 1) das Unternehmen allein ohne Beteiligung des Klägers zu 2). In der Zeit von 1980 bis 2002 betrieben die Kläger das Büro wieder gemeinsam, wobei der Kläger zu 1) nach außen als Einzelunternehmer auftrat. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existierte - anders als in den Jahren 1968 bis 1971 - nicht. Der Kläger zu 2) leistete keine Einlage in das Unternehmen des Klägers zu 1). Eine schriftliche Vereinbarung über die Beteiligung des Klägers zu 2) an den Gewinnen und Verlusten existierte ebenfalls nicht. Für seine Tätigkeit erhielt der Kläger zu 2) in den Streitjahren folgende Beträge:

 Zahlungen an Kläger zu 2)Gewinn/Verlust des Ingenieurbüros
993.DM 280.000DM 9 Mio.
994.DM 222.000DM 14 Mio.
995.DM 300.000DM 5 Mio.
996.DM 270.000DM 10 Mio.
997.DM 270.000DM 10 Mio.
998.DM 240.000DM - 4 Mio.
999.DM 260.000DM 5 Mio.

Wie der an den Kläger zu 2) gezahlte Betrag ermittelt wurde, ist rechnerisch nicht nachvollziehbar. Schriftliche Aufzeichnungen über die Berechnung des Betrags wurden nicht gefertigt.

Im Jahr 2003 wurde der Sohn des Klägers zu 1), ebenfalls Diplom-Ingenieur, in das Unternehmen aufgenommen. Zur weiteren Umsetzung der Nachfolgegestaltung wurde das Unternehmen als OHG im Handelsregister eingetragen und schließlich in eine GmbH & Co. KG umgewandelt, an welcher der Kläger zu 2) mit einer ausgewiesenen Kapitalbeteiligung von 0,2 % ab dem 01.06.2003 beteiligt ist.

Die Kläger gaben für das Ingenieurbüro beim Beklagten Erklärungen über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ab und erklärten Einkünfte aus § 18 EStG. Die Gewinnermittlungen für die Jahre 1993 bis 1997 lauten ausschließlich auf den Kläger zu 1) und nicht auf eine Gesellschaft oder Gemeinschaft. Sie wurden auch ausschließlich von dem Kläger zu 1) unterschrieben. Der Beklagte folgte den Erklärungen zunächst erklärungsgemäß. In den Jahren 1999/2000 wurde bei dem Ingenieurbüro eine Betriebsprüfung durchgeführt. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass steuerlich eine Mitunternehmerschaft zu verneinen sei, weil der Kläger zu 2) kein ausreichendes Mitunternehmerrisiko getragen und keine ausreichende Mitunternehmerinitiative gezeigt habe. Da der Kläger zu 1) nicht leitend und eigenverantwortlich im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG tätig gewesen sei, seien die im Ingenieurbüro erzielten Gewinne als gewerbliche Einkünfte des Einzelunternehmens des Klägers zu 1) zu qualifizieren.

Dem folgend hob der Beklagte mit Bescheiden vom ........2001 für die Jahre 1993 bis 1997 die unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Gewinnfeststellungsbescheide für das Ingenieurbüro auf und lehnte, ebenso wie mit erstmaligen Bescheiden vom ... 2001 für 1998 und vom ... 2002 für 1999, die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ab. Außerdem erließ er erstmalige Gewerbesteuermessbescheide 1993 bis 1996 für das Einzelunternehmen des Klägers zu 1), die Gegenstand des unter dem Az. 3 K 4699/02 anhängigen Parallelverfahrens sind. Gegen die negativen Feststellungsbescheide haben die Kläger nach erfolglosem Vorverfahren die vorliegende Klage erhoben.

Sie vertreten die Ansicht, es liege eine steuerlich anzuerkennende Mitunternehmerschaft in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Innengesellschaft vor. Sie hätten sich zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen. Eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages bedürfe es nicht. Ebenso sei unschädlich, das die Gesellschaft nicht nach außen aufgetreten sei und nicht über Gesamthandsvermögen verfüge.

Entgegen der Auffassung des Beklagten habe der Kläger zu 2) Mitunternehmerrisiko getragen. Er habe zwar keine Einlage in das Kapital geleistet. Dies sei jedoch bei der erneuten Gründung der Innengesellschaft im Jahr 1980 nicht erforderlich gewesen, da der Kläger zu 1) einen funktionierenden Betrieb und der Kläger zu 2) sein Know-how im IT-Bereich, insbesondere im Bereich der Datenverarbeitung und -vernetzung, eingebracht habe. Nachfolgende Investitionen seien aus laufenden Erträgen finanziert worden; die Gesellschaft habe keine Schulden gehabt. Ausreichend sei, dass der Kläger zu 2) bei Beendigung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Jahr 2003 an den stillen Reserven der Gesellschaft beteiligt worden sei und eine ausgewiesene Kapitalbeteiligung von 0,2 % an der GmbH & Co KG erhalten habe. Im Rahmen der Nachfolgegestaltung sei die Beteiligung des Klägers zu 2) bewertet und in die neue Gesellschaftsform übertragen worden. Damit habe sich die Auffassung der Gesellschafter, den Kläger zu 2) am Gesellschaftsvermögen zu beteiligen, nach außen manifestiert.

Der Kläger zu 2) sei auch am Gewinn der Gesellschaft beteiligt gewesen. Zwar sei die Höhe seiner Beteiligung nicht prozentual als Anteil am Gewinn oder Umsatz des Ingenieurbüros vereinbart worden. Doch hätten die Gesellschafter - so der Vortrag laut Klagebegründung vom 15.04.2003 - die Höhe der Beteiligung jeweils am Jahresanfang unter Beachtung der Auftragslage festgelegt. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17.05.2006 schildern die Kläger die Gewinnverteilung wie folgt:

"Der Kläger zu 1) erhielt basierend auf der Qualität der von ihm für die Gesellschaft verschafften Statikaufträge zunächst einen Gewinnvorab, der sich nach der Honorarqualität der tatsächlich ausgeführten Aufträge ergab. In einigen Jahren ist auch einbezogen worden, dass besonders umfangreiche Aufträge zu bearbeiten waren, die sich honorarmäßig noch nicht niedergeschlagen hatten, weil es hier Sondervereinbarungen zur Zahlung des Honorars erst bei Abschluss der Baumaßnahme gab. So war es z.B. bei dem Projekt ... Aufträge, die also gemessen an dem Honorarvolumen eine höhere Gewinnrealisierung als 40 % ermöglichten, führten zu einem Gewinnvorab in Höhe des diese 40 % übersteigenden Gewinns. Im Übrigen wurde der Gewinn so verteilt, dass im Wesentlichen die persönlich bearbeiteten Aufträge gewinnmäßig zuflossen, bei dem Kläger zu 1) zu 95 %, bei dem Kläger zu 2) bis zu ca. 25 %. Diese Quotelung ergab sich unter Berücksichtigung der Art der Aufträge und der daraus erzielten Gewinnmargen. Dementsprechend haben die Kläger jeweils nach Vorlage der entsprechenden Jahreszahlen die Gewinnverteilung festgelegt."

Der Kläger zu 2) sei auch an den Verlusten beteiligt gewesen. Es sei zwar keine ausdrückliche Vereinbarung über eine Verlustbeteiligung getroffen worden, eine solche ergebe sich jedoch aus § 722 Abs. 2 BGB, der auch auf Innengesellschaften Anwendung finde. Im Übrigen sei eine Verlustbeteiligung ohne jegliche praktische Bedeutung, weil die Gesellschaft keine Verluste erlitten habe. Der in 1998 ausgewiesene Verlust beruhe ausschließlich auf einer Steuerrückstellung für die streitige Gewerbesteuer. Der Jahresabschluss 1998 sei erst im Frühjahr 2001 aufgestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Gewerbesteuerbelastung bereits streitig und demgemäß zu berücksichtigen gewesen. Die Gesellschafter hätten die Gewinnverteilung unter Außerachtlassung dieser Rückstellung bereits nach Abschluss des Jahres vorgenommen. Da sie vom Obsiegen im vorliegenden Verfahren ausgingen, sei von Korrekturen bisher abgesehen worden.

Der Kläger zu 2) habe auch Mitunternehmerinitiative gehabt. Er habe zahlreiche Aufträge allein bearbeitet und abgeschlossen, so beispielsweise ein Bauvorhaben in Berlin, Quartier 108 (Projekt 1600). Im umgekehrten Fall seien Projekte im Wesentlichen von dem Kläger zu 1) bearbeitet worden. Diese partnerschaftliche Aufgabenverteilung gehe weit über die eines vergleichbaren Angestellten hinaus und erfolge in absoluter Gleichberechtigung. Weiterhin zeige sich die Mitunternehmerinitiative des Klägers zu 2) an dessen umfassendem Weisungsrecht hinsichtlich der Mitarbeiter des Büros. Er habe sämtliche Personalangelegenheiten betreut, insbesondere Arbeitsverträge abgeschlossen, Gehaltsverhandlungen geführt und Kündigungen ausgesprochen. Für das Vorliegen einer Mitunternehmerinitiative spreche auch, dass er in finanzielle Entscheidungen eingebunden gewesen sei. Er habe die Erstellung des Jahresabschlusses betreut und die Besprechungen mit dem Steuerberater und dem Außenprüfer geführt. Damit sei er in der Lage gewesen, die ihm als Gesellschafter zustehenden Kontrollrechte (§ 716 Abs. 1 BGB) auszuüben.

Die Tätigkeit der Kläger sei auch als selbständig im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu bewerten. Der Umstand, dass sich die Kläger der Mithilfe fachlich vorgebildeter Mitarbeiter bedienten, stehe dem nicht entgegen. Ausreichend sei, dass sowohl der Kläger zu 1) als auch der Kläger zu 2) in ihren jeweiligen Aufgabenbereichen leitend und eigenverantwortlich tätig gewesen seien. Beide hätten die Grundsätze für die Organisation und die Durchführung der Ingenieurtätigkeit in ihren Aufgabenbereichen festgelegt und die Arbeiten unter Beachtung der aufgestellten Grundsätze überwacht und grundsätzliche Fragen selbst entschieden. Ihre persönliche Teilnahme an der praktischen Arbeit sei trotz Einschaltung zahlreicher Arbeitnehmer und selbständiger Ingenieure in ausreichendem Umfang gewährleistet gewesen.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung der negativen Feststellungsbescheide für die Jahre 1993 bis 1999 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung eine einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für die GbR durchzuführen und die Einkünfte als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit festzustellen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte lehnt eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Ingenieurbüro ab. Er vertritt die Auffassung, steuerlich sei eine Mitunternehmerschaft zu verneinen. Da kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag vorliege, müsse davon ausgegangen werden, dass ein Gesellschaftsvertrag nicht bestehe und der Kläger zu 2) folglich nicht Mitunternehmer, sondern leitender Angestellter gewesen sei. Es handele sich nicht um eine unbedeutende Gelegenheitsgesellschaft, sondern um das Betreiben eines Unternehmens in großem Umfang und auf Dauer. Dies auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage ohne schriftliche Vertragsfixierung vorzunehmen, erscheine wegen der damit verbundenen Rechtsunsicherheit und den Unwägbarkeiten als unvernünftig. Weiterhin spreche ein Vergleich mit den Verhältnissen früherer Jahre, in denen ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag abgeschlossen wurde, gegen das Vorliegen einer Gesellschaft.

Nach Ansicht des Beklagten hat der Kläger zu 2) auch kein Mitunternehmerrisiko getragen. Die an ihn geflossenen Beträge deuteten eher auf ein Festgehalt mit Tantiemeanspruch hin als auf eine Gewinnbeteiligung. Die Vergütung bleibe trotz unterschiedlicher Auftrags- und Gewinnentwicklung nahezu gleich. Ein Zusammenhang zwischen den Zahlungen und den Umsätzen oder Gewinnen des Ingenieurbüros sei nicht herzustellen. Der Kläger zu 2) sei auch nicht am Kapital, den stillen Reserven und an Verlusten beteiligt gewesen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Vorlage des Gesellschaftsvertrags aus dem Jahr 2003, da dieser Vertrag einen späteren Zeitraum betreffe und damit keine Rückschlüsse für die Streitjahre erlaube.

Ebenso könne aus der Tätigkeit des Klägers zu 2) nicht auf eine Mitunternehmerinitiative geschlossen werden. Er habe nach der internen Aufgabenverteilung zwischen den Klägern die Stellung eines Geschäftsführers gehabt. Allein die Tatsache, dass er als solcher aufgetreten sei, sei noch kein zwingendes Indiz für eine Mitunternehmerinitiative.

Selbst wenn aber eine Mitunternehmerschaft vorgelegen haben sollte, seien allenfalls gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 EStG festzustellen. Aufgrund der Höhe der Umsätze der Gesellschaft und des Umfangs der Tätigkeit sei das Kriterium der Eigenverantwortlichkeit im Sinne einer freiberuflichen Tätigkeit nicht mehr erfüllt.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht legt die vorliegende Klage im Interesse der Kläger als Klage der Kläger zu 1) und 2) persönlich und nicht als Klage der vermeintlichen Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts wäre nämlich - wenn überhaupt eine solche bestanden hat - als bloße Innengesellschaft nicht klagebefugt; unabhängig davon wäre sie durch die Nachfolgegestaltung im Jahr 2003 zwischenzeitlich vollbeendet. Denn die Befugnis einer Personengesellschaft, für ihre Gesellschafter Rechtsbehelfe gegen Gewinnfeststellungsbescheide einzulegen, entfällt mit ihrer Vollbeendigung (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 19.11.1985 VIII R 25/85, BStBl II 1986, 520 m.w.N.). Nach Vollbeendigung sind allein die von dem angefochtenen Feststellungsbescheid betroffenen Gesellschafter einspruchs- und klagebefugt (BFH-Urteil vom 21.06.1994 VIII R 5/92, BStBl. II 1994, 856).

II. Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Ingenieurbüro für die Jahre 1993 bis 1999 abgelehnt und die für die Jahre 1993 bis 1997 ergangenen Feststellungsbescheide aufgehoben. Eine steuerlich anzuerkennende Mitunternehmerschaft der Kläger zu 1) und 2) liegt nicht vor.

Voraussetzung sowohl einer freiberuflichen als auch einer gewerblichen Mitunternehmerschaft ist gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. § 18 Abs. 4 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, dass zivilrechtlich eine Personengesellschaft bzw. ein gleichwertiges Gemeinschaftsverhältnis besteht, die Gesellschafter Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten können. Dabei kann auch eine zivilrechtliche Innengesellschaft als Mitunternehmerschaft zu bewerten sein. Voraussetzung ist, dass der nicht nach außen auftretende Gesellschafter Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann. Beide Merkmale müssen vorliegen; jedoch kann die geringere Ausprägung eines Merkmals im Rahmen der gebotenen Gesamtbeurteilung der Umstände des Einzelfalles durch eine stärkere Ausprägung des anderen Merkmals ausgeglichen werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 11.12.1990 VIII R 122/86, BFHE 163, 346;vom 13.05.1998 VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355;vom 28.10.1999 VIII R 66-70/97, BStBl II 2000, 183 und vom 9.12.2002 VIII R 20/01, BFH/NV 2003, 601).

Kennzeichnend für das Mitunternehmerrisiko des Gesellschafters einer Innengesellschaft ist, dass das Unternehmen im Innenverhältnis, d.h. mit schuldrechtlicher Wirkung auf gemeinsame Rechnung und Gefahr des nach außen auftretenden Geschäftsinhabers und des anderen Gesellschafters geführt wird. (BFH-Urteil vom 01.08.1996 VIII R 12/94, BFHE 181, 423, BStBl II 1997, 272). Der Gesellschafter der Innengesellschaft muss daher nicht nur am laufenden Unternehmenserfolg (Gewinn und Verlust) beteiligt sein; die Regelungen des Gesellschaftsvertrags müssen darüber hinaus die Gewähr dafür bieten, dass er grundsätzlich im Fall der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses entsprechend seinem Gewinnanteil Anspruch auf den Zuwachs an den stillen Reserven des Betriebsvermögens einschließlich des Zuwachses an dem - nach den üblichen Methoden des Geschäftsverkehrs ermittelten - Firmenwert hat (BFH-Urteile vom 25.06.1981 IV R 61/78, BStBl II 1982, 59;vom 27.05.1993 IV R 1/92, BStBl II 1994, 700;vom 22.08.2002 IV R 6/01, BFH/NV 2003, 36).

Mitunternehmerinitiative bedeutet Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen. Die Möglichkeit, Gesellschaftsrechte auszuüben, die zumindest den einem Kommanditisten nach dem HGB zustehenden Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind oder den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten nach § 716 Abs. 1 BGB entsprechen, reicht bereits aus (BFH-Urteil vom 18.06.1998 IV R 94/96, BFH/NV 1999, 295).

1. Im Streitfall ist schon fraglich, ob zivilrechtlich überhaupt eine Personengesellschaft oder ein gleichwertiges Gemeinschaftsverhältnis als Innengesellschaft bestand. Möglicherweise besaßen die Kläger überhaupt nicht den Rechtsbindungswillen, das Ingenieurbüro auf Grundlage partnerschaftlicher Gleichordnung für gemeinsame Rechnung zu führen. Dafür spricht, dass die Kläger keinen schriftlichen Gesellschaftsvertrag geschlossen hatten. Zwar ist ein solcher nicht zwingend erforderlich. Das Fehlen eines schriftlichen Gesellschaftsvertrags ist jedoch bei einem Unternehmen wie dem vorliegenden mit Umsätzen zwischen DM 11 Mio. und 19 Mio. und Gewinnen bzw. Verlusten von DM - 4 Mio. bis 14 Mio. jährlich jedenfalls unüblich. Hinzu kommt, dass die Kläger für ihre gemeinsame Zusammenarbeit in der Zeit von 1968 bis 1971 anders als für die Streitjahre die Grundlagen ihrer Zusammenarbeit schriftlich fixiert hatten. Es ist also davon auszugehen, dass sie mit dem Verfassen schriftlicher Gesellschaftsverträge vertraut waren.

Weiterhin spricht gegen das Vorliegen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, dass die Gewinnermittlungen für die Jahre 1993 bis 1997 nur auf den Namen des Klägers zu 1) und nicht auf eine Gesellschaft lauten und diese auch nur von dem Kläger zu 1) und nicht von beiden Klägern unterschrieben wurden.

2. Die Frage kann jedoch im Ergebnis dahingestellt bleiben, da der Kläger zu 2) jedenfalls kein Mitunternehmerrisiko getragen hat. Der Kläger zu 2) war nicht am Erfolg bzw. Misserfolg des Ingenieurbüros beteiligt.

a) Der Senat hat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger zu 2) am laufenden Gewinn des Ingenieurbüros beteiligt war. Die Kläger haben nicht nachgewiesen, dass der Kläger zu 2) am Erfolg des Ingenieurbüros partizipierte und Zahlungen erhielt, die sich an den Gewinnen des Ingenieurbüros bemaßen. Die Kläger konnten nicht nachvollziehbar erklären, wie die an den Kläger zu 2) geleisteten Beträge ermittelt wurden. Zunächst haben sie vorgetragen, die Höhe der Beteiligung sei jeweils am Jahresanfang unter Beachtung der Auftragslage festgelegt worden. Wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung haben die Kläger erstmals durch ihre Prozessbevollmächtigten schriftsätzlich eine komplexe Gewinnverteilungsabrede mit einem Gewinnvorab vorgetragen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 370 der Akten verwiesen. In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger persönlich ihre Gewinnverteilung dargestellt. Diese Darstellung stimmt zwar in den Grundzügen mit der zuvor schriftsätzlich dargelegten Gewinnverteilung überein. In einem wesentlichen Punkt unterscheiden sich aber die Darstellungen, denn die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung - anders als ihre Prozessbevollmächtigten - einen Gewinnvorab nicht erwähnt. Hinzu kommt, dass die Kläger keine schriftlichen Unterlagen über die Berechnung der Beträge vorlegen konnten. Insbesondere aufgrund der Höhe der von dem Ingenieurbüro erwirtschafteten Gewinne erscheint dies ungewöhnlich. Ob überhaupt eine Gewinnbeteiligung vereinbart wurde und wenn ja, in welcher Höhe, ist aufgrund des mehrfachen Wechsels im Vortrag und der teilweise widersprüchlichen Darstellung der Kläger und ihrer Prozessbevollmächtigten nicht feststellbar.

Im Ergebnis erscheint es dem Senat ebenso möglich, dass der Kläger zu 2) nicht an den Gewinnen beteiligt war, sondern lediglich eine Tätigkeitsvergütung erhielt. Für das Vorliegen einer Tätigkeitsvergütung spricht, dass die Zahlungen an den Kläger zu 2) sich über alle Streitjahre in ungefähr gleichem Rahmen (DM 220.000 bis DM 300.000,-) bewegen, nur geringfügig schwanken und in keinem erkennbaren Verhältnis zum Gewinn bzw. Verlust des Ingenieurbüros stehen. So mindern sich die Zahlungen an den Kläger zu 2) von 1993 zu 1994 um DM 60.0000, wohingegen der Gewinn um DM 5 Mio. ansteigt. Im Gegensatz dazu steigen die Zahlungen an den Kläger zu 2) von 1994 zu 1995 um DM 80.000,-, wohingegen der Gewinn des Ingenieurbüros um DM 9 Mio. sinkt. Die verbleibenden Ungewissheiten bezüglich der getroffenen Abreden gehen zu Lasten der Kläger.

b) Insbesondere steht nicht fest, dass der Kläger zu 2) persönlichen finanziellen Risiken ausgesetzt war. Der erkennende Senat hat nicht die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger zu 2) an den Verlusten des Ingenieurbüros beteiligt war. Die Zweifel des Senats ergeben sich aus folgenden Umständen: Zum einen haben die Kläger zunächst eine Verlustbeteilung des Klägers zu 2) selbst nicht behauptet. In der Klagebegründung (Bl. 45 der Akten) tragen sie vor, über eine Verlustbeteiligung habe es keine Vereinbarung gegeben. Zum anderen hat im Erörterungstermin vom 09.12.2004 die für die Kläger anwesende Prozessbevollmächtigte den Ausführungen des Vorberichterstatters bezüglich einer fehlenden Verlustbeteiligung des Klägers zu 2) zunächst nicht widersprochen. Erstmals mit Schriftsatz vom 25.01.2005 (Bl. 230 der Akte) behaupten die Kläger eine Verlustbeteiligung und berufen sich auf § 722 Abs. 2 BGB. Es läßt sich nicht ausschließen, dass dieser Wechsel des Vorbringens unter dem Eindruck des anhängigen Prozesses erfolgt ist.

Schließlich spricht auch das tatsächliche Verhalten der Kläger gegen eine Verlustbeteiligung des Klägers zu 2). Im Jahr 1998 wurde mit dem Ingenieurbüro ein Verlust von ca. 4 Mio. DM erzielt, an dem der Kläger zu 2) nicht beteiligt wurde. Zwar handelt es sich nicht um einen Verlust aus dem operativen Geschäft, sondern um einen Verlust, der bei Umstellung von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG durch Bildung der Gewerbesteuerrückstellung für die sich in Streit befindliche Gewerbesteuerpflicht entstand. Bei Vereinbarung einer Verlustbeteiligung des Klägers zu 2) wäre zu erwarten gewesen, dass die bei Bilanzaufstellung bereits durchgeführte Gewinn- und Verlustbeteiligung korrigiert worden und der Kläger zu 2) entsprechend seines Anteils beteiligt worden wäre. Für den Senat ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger zu 1) das Verlustrisiko in der Hoffnung auf einen positiven Prozessausgang allein trägt, wenn er im Falle eines ungünstigen Prozessausgangs Ansprüche gegen den Kläger zu 2) hätte.

Weiterhin haftet der Kläger zu 2) auch nicht nach außen, da der Kläger zu 1) als Einzelunternehmer aufgetreten und sämtliche Verpflichtungen im eigenen Namen eingegangen ist. Eine Haftung unter Rechtsscheinsgesichtspunkten kommt ebenfalls nicht in Betracht, da der Kläger zu 2) nicht im Briefkopf der Ingenieurgesellschaft aufgeführt ist.

c) Der Kläger zu 2) ist weder am Kapital noch an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt. Er hat unstreitig bei Eintritt in das Ingenieurbüro keine Kapitaleinlage geleistet. Dass er später am Kapital und den stillen Reserven beteiligt worden sein soll, haben die Kläger zwar behauptet, aber hierzu nicht substantiiert vorgetragen. Insbesondere haben sie nicht dargelegt, bei welcher Gelegenheit, ab wann und in welcher Höhe eine Beteiligung vereinbart worden sein und wie diese sich in den Streitjahren entwickelt haben soll. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger zu 2) am Kapital der im Jahr 2003 gegründeten GmbH & Co. KG mit 0,2 % beteiligt wurde. Rückschlüsse lassen sich hieraus für die Streitjahre nicht ziehen, zumal an der GmbH & Co. KG noch weitere Personen beteiligt waren.

3. Da nicht feststellbar ist, dass der Kläger zu 2) ein Mitunternehmerrisiko getragen hat, ist das Vorliegen einer steuerlich anzuerkennenden Mitunternehmerschaft schon aus diesem Grund zu verneinen. Selbst wenn jedoch für den Kläger zu 2) ein geringes Mitunternehmerrisiko bestanden hätte, könnte die geringe Ausprägung dieses Merkmals nicht durch eine stärkere Ausprägung der Mitunternehmerinitiative kompensiert werden.

Sofern der Kläger zu 2) Rechte gehabt haben sollte, die denen eines Kommanditisten vergleichbar sind, wären diese jedenfalls nicht in besonderem Maße ausgeprägt. Da der Kläger zu 1) seine vergleichsweise großen und umsatzstarken Projekte nach dem übereinstimmenden Vortrag beider Kläger leitend und eigenverantwortlich ohne Einflussnahme des Klägers zu 2) abgewickelt hat, konnte der Kläger zu 2) nicht in besonderem Maße wie ein Unternehmer auf das Schicksal des Unternehmens Einfluss nehmen. Seine Einflussmöglichkeiten waren auf die kleineren, von ihm allein betreuten Projekte beschränkt. Damit ist ein Überhang an Unternehmerinitiative des Klägers zu 2) nicht ersichtlich. Dies wird auch bestätigt durch die Angabe der Kläger, sie hätten absolut gleichberechtigt gearbeitet.

Da eine Mitunternehmerschaft nicht vorliegt, war eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte nicht vorzunehmen. Über die Frage, ob die dem Kläger zu 1) allein zuzurechnenden Einkünfte als gewerblich oder freiberuflich zu qualifizieren sind, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Revisionszulassung zur Rechtsfortbildung oder Sicherung der Rechtseinheit geboten. Es handelt sich um die Anwendung feststehender Rechtssätze auf einen unstreitigen Sachverhalt.



Ende der Entscheidung

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