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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 14.02.2007
Aktenzeichen: 5 K 3473/05
Rechtsgebiete: AO 1977, GrEStG


Vorschriften:

AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 2
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
GrEStG § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

5 K 3473/05

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte die Grunderwerbsteuerbescheide vom 12.03.2001 ändern muss bzw. ob die Ablehnung der Änderung durch Verfügung vom 29.03.2005 rechtswidrig ist. Grundlage für die Grunderwerbsteuerfestsetzungen vom 12.03.2001 war der notarielle Vertrag vom 22.01.2001, durch den die Kläger von den Eheleuten L den im Grundbuch des Amtsgerichts H, Gemarkung N, Bl. xxxx, Flur y, eingetragenen, mit einer Tankstelle und einer Wohnung bebauten Grundbesitz nebst Aufbauten erwarben (§ 1 Nr.2 und § 2 Nr. 1 a des Vertrages). Zum Kaufgegenstand gehörten darüber hinaus alle wesentlichen Bestandteile und etwa vorhandenes gesetzliches Grundstückszubehör (§ 2 Nr. 1 b des Vertrages), die in der Anlage zum Vertrag aufgeführten, zum Betrieb der Tankstelle und Werkstatt zählenden Gegenstände (§ 2 Nr. 1 c des Vertrages), sowie der im Zeitpunkt des Besitzübergangs vorhandene und noch verkäufliche Warenbestand (§ 2 Nr. 1 d des Vertrages). Ausdrücklich nicht mit verkauft wurden alle übrigen zum Tankstellen und Werkstattbereich der Verkäufer zählenden Gegenstände einschließlich der im Eigentum der B AG befindlichen Tanktechnik (Lagerkessel, Rohrleitungen und ... Tanksäulen) und der bis zum Besitzübergang eingegangenen Forderungen und Verbindlichkeiten etc. (§ 2 Nr. 2 des Vertrages). Als Kaufpreis für die unter § 2 Nr. 1 a und b des Vertrages aufgeführten Gegenstände wurde ein Betrag i.H.v. 1.250.000,00 DM vereinbart (§ 7 Nr. 1). Ein Betrag i.H.v. 30.000,00 DM sollte laut § 2 Nr. 1 c für die sich aus der Anlage zum Vertrag ergebenden verkauften Gegenstände gezahlt werden (§ 7 Nr. 2). In der Anlage waren unter anderem genannt "Hebebühne, Auswuchtmaschine, Reifenmontiergerät, Reifenwagen, Rangierheber, Luftschrauber, Werkzeugschrank, Reifenwandregale, Ölabsauger, Ölauffanggerät, Einstempelhebebühne, Hochdruckreiniger, Hochdruckschläuche, Fensterleder, Kompressor, Batterieladegerät, Batterietestgerät, Kehrmaschine, Werkzeugwagen mit Werkzeug und Schiebetürschrank". Im Übrigen sollte für das nach § 2 Nr. 1 d des Vertrages verkaufte Inventar der Einkaufspreis noch ermittelt werden (§ 7 Nr. 3). In § 15 des Vertrages wurde darüber hinaus vereinbart, dass der jeweilige Eigentümer der erworbenen, im Grundbuch N Bl. xxxx eingetragenen, Grundstücke Flur y Nr. 123 und 456 dem jeweiligen Eigentümer des Grundbesitzes der Flurstücke Nr. 789 und 101112 das Recht einräumt, den in der Örtlichkeit bereits vorhandenen Schmutz und Regenwasserkanal auf dem dienenden Grundstück zu nutzen, zu belassen, zu warten, instandzuhalten und zu erneuern, sowie zu diesem Zweck den dienenden Grundbesitz zu betreten bzw. durch Dritte betreten zu lassen. Es wurde weiter vereinbart, dass dieses Nutzungsrecht durch eine Grunddienstbarkeit im Grundbuch abzusichern sei. Der Wert der Dienstbarkeit wurde mit 5.000,00 DM angegeben.

Der Kaufvertrag ging am 26.01.2001 beim Beklagten ein und veranlasste diesen, die am 12.03.2001 gegen die Kläger gerichteten, an diese bekannt gegebenen Grunderwerbsteuerbescheide zu erlassen. Hierbei legte der Beklagte als Bemessungsgrundlage einen Betrag von je 627.500 DM (1/2 von 1.255.000,00 DM /1.280.000,00 DM + 5.000,00 DM - 30.000,00 DM) zugrunde. Die Grunderwerbsteuer wurde dementsprechend auf jeweils 21.962,00 DM festgesetzt. Die Bescheide wurden bestandskräftig.

Am 09.12.2004 ging beim Beklagten ein Antrag der Kläger auf Änderung dieser Steuerfestsetzungen ein. Als steuerpflichtige Gegenleistung sei nicht der Betrag von 1.255.000,00 DM maßgeblich, sondern ein Wert von nur 501.000,00 DM (496.000 + 5.000). Nach der im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2001 durchgeführten Verkehrswertermittlung stehe fest, dass der Verkehrswert des erworbenen Grundstückes nur 496.000,00 DM betragen habe. Dies sei eine neue Tatsache, die nunmehr nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) zu berücksichtigen sei.

Der Beklagte lehnte den Änderungsantrag mit Verfügung vom 29.03.2005 ab. Die Höhe der Grunderwerbsteuer richte sich nach dem Wert der Gegenleistung, also nach dem vereinbarten Kaufpreis. Nur dann, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder zu ermitteln sei, müsse die Grunderwerbsteuer unter Berücksichtigung des Grundstückswertes festgesetzt werden. In dem für die Grunderwerbsteuerfestsetzung maßgeblichen Kaufvertrag vom 22.01.2001 sei aber unter § 7 ein Kaufpreis von 1.250.000,00 DM vereinbart worden.

Der dagegen gerichtete Einspruch der Kläger blieb erfolglos.

Mit ihrer gegen die Einspruchsentscheidung vom 26.07.2005 gerichteten Klage verfolgen die Kläger ihren Zweck, die bisher festgesetzte Grunderwerbsteuer zu reduzieren, weiter. Nach dem Gutachten des Bausachverständigen des Finanzamtes Gummersbach vom 12.10.2004 sei für das erworbene Grundstück "Tankstelle mit Wohnung" eine auf 496.000,00 DM lautende Wertermittlung erstellt worden. Gegenstand dieser Wertermittlung sei gewesen der Bodenwert, die Gebäudewerte sowie der Wert der Außenanlagen. Betriebsvorrichtungen so wie die flüssigkeitsdichte Fahrbahn im Bereich der Zapfsäulen, die Tankanlagen, Tanks etc. sowie Betriebseinrichtungen wie Inneneinrichtung, Shop, Hebebühnen etc. seien hierbei nicht berücksichtigt worden. Laut Gutachten entfielen 39,68 % des Kaufpreises in Höhe von 1.250.000,00 DM auf das Grundstück. Ein Betrag in Höhe von 754.000,00 DM entfalle somit auf verschiedene Positionen bzw. Wirtschaftsgüter (flüssigkeitsdichte Fahrbahn, Belieferungsrechte, Lichtkuppeln, Beleuchtungsumrandungen, Unterkonstruktionsbeleuchter, Beleuchtungsanlagen, Shop und Hallen, Alarm und Videoanlage, Luft-Wasser-Insel, Schlammfänger, Leichtflüssigkeitsabscheider, Gebläseheizung in Waschanlage und weitere Positionen). Das diesbezügliche Anlageverzeichnis liege dem Beklagten vor und sei mit entsprechender AfA der Einkommensteuerfestsetzung 2001 zugrunde gelegt worden. Die in diesem Anlageverzeichnis erfassten Positionen beträfen nicht die in der Anlage zum Kaufvertrag aufgeführten Wirtschaftsgüter. Die im Anlageverzeichnis genannten Wirtschaftsgüter ermöglichten erst den Betrieb der Tankstelle, unterlägen aber nicht der Grunderwerbsteuer.

Soweit der Beklagte eine Gegenleistung in Höhe von 5.000,00 DM erfasst habe, werde dies nicht aufgegriffen.

Die Voraussetzungen für eine Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung gemäß § 173 Abs.1 Nr.2 AO seien gegeben. Dem Beklagten sei der Verkehrswert #des Grundstückes erst nachträglich bekannt geworden. Aus dem Wortlaut des Kaufvertrages gehe nicht hervor, dass neben dem Grundstück im grunderwerbsteuerlichen Sinne und dem Inventar, das keinen Grundstücksbestandteil bilde, auch noch wesentliche Grundstücksbestandteile mitverkauft worden seien, die steuerlich als Betriebsvorrichtungen einzuordnen seien. Weitergehende Ermittlungen seien von Seiten des beklagten Finanzamtes vor Erlass der Grunderwerbsteuerbescheide nicht angestellt worden. Die Kläger treffe kein grobes Verschulden daran, dass diese Tatsachen erst nachträglich bekannt geworden seien. Sie habe keine Rechtspflicht getroffen, das Finanzamt über die grunderwerbsteuerlich relevanten Tatsachen zu informieren. Vielmehr habe das Finanzamt seine Amtsermittlungspflicht verletzt. Aus dem Kaufvertrag ergebe sich unzweifelhaft, dass es sich bei dem Kaufobjekt um ein Tankstellengrundstück handele. Derartige Grundstücke wiesen typischerweise eine Vielzahl von Betriebsvorrichtungen auf, weshalb das Finanzamt hier in besonderem Maße zur Ermittlung des Sachverhaltes verpflichtet gewesen wäre. Aus der Anlage zum Kaufvertrag sei zudem ersichtlich, dass das für 30.000,00 DM mitverkaufte Inventar gerade nicht die Betriebsvorrichtungen umfasse. Entgegen der Auffassung des Beklagten schließe der Wortlaut des § 2 Nr. 1 a des Vertrages nicht aus, dass der Kaufpreis auch zum Teil für die Übereignung von Betriebsvorrichtungen gezahlt worden sei. Der Beklagte verkenne, dass sich der bürgerlich - rechtliche Grundstücksbegriff in wesentlichen Punkten vom grunderwerbsteuerlichen unterscheide. Während zum Grundbesitz im bürgerlich - rechtlichen Sinne der Grund und Boden, die aufstehenden Gebäude, alle weiteren fest mit dem Grundstück verbundenen Bestandteile sowie das gesetzliche Zubehör gehörten, beschränke das Grunderwerbsteuergesetz die Steuerbarkeit auf Kaufverträge über Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts mit Ausnahme insbesondere von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehörten, selbst wenn diese wesentliche Bestandteile des Grundstückes seien. Der Kaufvertrag sei lediglich dazu bestimmt gewesen, das bürgerlich - rechtliche Rechtsverhältnis zu regeln, so dass es keiner weiteren Klarstellung bedurft habe, welche wesentlichen Grundstücksbestandteile im Einzelnen mitverkauft worden seien. Welche Bestandteile im Einzelnen seinerzeit vorhanden gewesen seien, ergebe sich aus dem Gutachten des Bausachverständigen vom 12.10.2004. Danach entfielen von dem insgesamt für das Grundstück gezahlten Kaufpreis rund 108.500,00 DM auf den Grund und Boden, rund 25.500,00 DM auf die Außenanlagen sowie rund 362.000,00 DM auf die baulichen Anlagen. Den Gebäudewert für die baulichen Anlagen habe der Sachverständige in seiner Verkehrswertermittlung auf die einzelnen Bauteile wie folgt aufgeteilt:

 Shop/Büro43.316,00 DM
Werkstatt/Lager62.918,00 DM
Wohnung Bj. 196287.006,00 DM
Wohnung Bj. 1975125.639,00 DM
2 Garagen40.000,00 DM
Tankstellenüberdachung 66.976,00 DM
Summe 425.855,00 DM

Unter Hinzurechnung eines Wertes von Außenanlagen und Berücksichtigung eines Marktanpassungsabschlages sei ein Verkehrswert des Grundstücks i.H.v. 496.000 DM ermittelt worden. Der vom Gesamtkaufpreis verbleibende Teil von 754.000,00 DM entfalle auf Gegenstände, die zwar wesentliche Bestandteile oder Zubehör seien und daher zivilrechtlich zum Grundstück gehörten, jedoch steuerlich als Vorrichtungen einzuordnen seien, die zur Tankstellenanlage gehörten und damit nicht der Grunderwerbsteuer unterlägen. Im Einzelnen benennen die Kläger als übernommene Betriebsvorrichtungen folgende Gegenstände:

 Fahrbahn, Flüssigkeitsdicht127.771,00 DM
Fahrbahn47.543,00 DM
Lichtkuppeln17.829,00 DM
Beleuchtungsumrandungen74.286,00 DM
Unterkonstruktionsbeleuchter22.286,00 DM
Beleuchtungsanlagen Shop3.714,00 DM
Beleuchtungsanlagen Hallen4.457,00 DM
Alarmanlage11.886,00 DM
Videoanlage7.429,00 DM
Luft-Wasser-Insel29.714,00 DM
Schlammfänger22.286,00 DM
Leichtflüssigkeitsabscheider22.286,00 DM
Rohleitungssystem89.143,00 DM
Inneneinrichtung Shop29.714,00 DM
Gebläseheizung/Waschanlagen29.714,00 DM
Kompressor6.686,00 DM
Bodentresor2.674,00 DM
Wandtresor1.783,00 DM
Wasseraufbereitungsanlage32.684,00 DM
Einstempelhebebühne6.686,00 DM
Belieferungsrechte 163.429,00 DM
Summe 754.000,00 DM

Die Kläger tragen weiter vor, sie hätten seinerzeit keinen Steuerberater mit der Prüfung der Grunderwerbsteuerbescheide beauftragt. Erst als im Jahre 2004 das Finanzamt C Ermittlungen hinsichtlich der Höhe der AfA - Bemessungsgrundlage für das Tankstellengrundstück angestrengt und den Bausachverständigen des Finanzamtes Gummersbach mit der Ermittlung von Boden- und Gebäudewert beauftragt habe, sei bemerkt worden, dass zu Unrecht Gegenleistungen für Betriebsvorrichtungen in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezogen worden seien. Die Kläger seien vor Erlass der Grunderwerbsteuerbescheide nicht angehört worden. Wäre dies geschehen, hätten die Kläger dies zum Anlass genommen, steuerlichen Rat einzuholen. Als steuerliche Laien seien sie nach Erhalt der Bescheide außer Stande gewesen, den komplexen steuerlichen Sachverhalt bis ins Detail zu erfassen und die Rechtswidrigkeit der Grunderwerbsteuerbescheide zu bemerken. Da der Beklagte ohne ihre Mitwirkung Steuerbescheide erlassen habe, habe für sie keine Pflicht bestanden, zur Prüfung derselben einen Steuerberater hinzuzuziehen. Der Steuerberater der Kläger habe ein Mandat nur für die laufend veranlagten Steuern.

Jedenfalls habe der Beklagte seine Ermittlungspflicht verletzt. Er sei zwar nicht verpflichtet, einen Sachverhalt auf alle möglichen Fallkonstellationen zu erforschen und könne auch im Regelfall davon ausgehen, dass die Angaben des Steuerpflichtigen in der Steuererklärung vollständig seien. Dies ändere jedoch nichts daran, dass sich im Streitfalle das Vorhandensein von Betriebsvorrichtungen aufgedrängt habe. Dementsprechend treffe die Kläger kein grobes Verschulden daran, dass das Vorhandensein von Betriebsvorrichtungen dem Beklagten erst nachträglich bekannt geworden sei.

Nachdem das Gericht Beweis erhoben hat durch Vernehmung der beiden Veräußerer, der Eheleute L, sowie des beurkundenden Notars O, tragen die Kläger unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme (Protokoll, Bl. 160-169 der FG-Akte) ergänzend vor. Ihnen gehöre nur eine -die neu erworbene- Tankstelle, im Übrigen habe der Kläger mehrere Tankstellen gepachtet. Richtig sei, dass in der dem Gericht zur Darstellung der mit dem Grundstück erworbenen Betriebsvorrichtungen vorgelegten Aufstellung über 754.000 DM nicht hierzu zu rechnende Belieferungsrechte mit einem Wert von 163.429 DM enthalten seien. Richtig sei auch, dass die Aufstellung Betriebsvorrichtungen enthalte, die nicht von den Veräußerern Krahn erworben worden seien. Eine genaue Aufstellung mit genauen Werten könne zwar nicht vorgelegt werden. Dies sei jedoch auch nicht erforderlich, weil dies nichts daran ändere, dass ein Teil der 1,25 Mio. DM für andere Gegenstände als Grund und Boden aufgewandt worden sei. Für letzteren habe der Sachverständige des Finanzamtes Gummersbach einen Betrag von 496.000 DM ermittelt. Wenn die Finanzverwaltung nach der Aufgabegewinnermittlung der Veräußerer bei diesen von einem Wert von 674.500 DM ausgegangen sei, so beruhe dies offenbar auf einer tatsächlichen Verständigung mit diesen, die jedoch für die Kläger nicht maßgeblich sei, da der Beklagte ohne ihre Mitwirkung Steuerbescheide erlassen habe, sodass für sie keine Pflicht bestanden habe, zur Prüfung derselben einen Steuerberater hinzuzuziehen.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 29.03.2005 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung den Beklagten zu verpflichten, die durch Bescheide vom 12.03.2001 festgesetzte Grunderwerbsteuer auf jeweils 8.767,50 DM herabzusetzen,

hilfsweise

Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bleibt bei seiner bisher vertretenen Auffassung, wonach eine Änderung der Grunderwerbsteuerbescheide vom 12.03.2001 nicht möglich sei. Der vereinbarte Kaufpreis sei maßgeblich. In § 2 des Kaufvertrages sei der Kaufgegenstand eindeutig bezeichnet gewesen. In § 2 Nr. 1 c sei auf eine Anlage hingewiesen worden, in der die zum Betrieb der Tankstelle und der Werkstatt zählenden Gegenstände enthalten seien. Der Hinweis der Kläger, dass in der Anlage keine Betriebsvorrichtungen aufgeführt seien, sei nicht plausibel. Unter § 2 Nr. 2 des Vertrages sei eindeutig vereinbart worden, dass alle übrigen zum Tankstellen- und Werkstattbetrieb zählenden Gegenstände nicht mitverkauft würden. Ebenso eindeutig seien die Vereinbarungen zur Kaufpreishöhe in § 7 des Kaufvertrages. Für alle verkauften, gemäß § 2 Abs. 1 Ziffer 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) nicht zu den Grundstücken gehörenden Gegenstände, die von den Klägern als Betriebsvorrichtungen bezeichnet worden seien, gelte ein Kaufpreis von 30.000,00 DM. Der Kaufpreis für den Grundbesitz mit Aufbauten, wesentlichen Bestandteilen und etwa vorhandenes Zubehör betrage 1,25 Mio. DM. Der Kaufpreis für den im Zeitpunkt des Besitzübergangs vorhandenen noch verkäuflichen Warenbestand habe später ermittelt werden sollen. Da somit Einzelkaufpreise und kein Gesamtkaufpreis vereinbart worden seien, sei der für die Grundstücke vereinbarte Kaufpreis zwingend anzusetzen. Im Übrigen werde dem Vortrag der Kläger widersprochen, wonach das Finanzamt vor Erlass der Steuerbescheide den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt habe. § 2 des Kaufvertrages sei eindeutig und klar, sodass Anlass für eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes nicht gegeben gewesen sei, was durch die Beweisaufnahme bestätigt worden sei. Die unterlassene Anhörung der Kläger sei jedenfalls nicht ursächlich gewesen für das spätere Bekanntwerden der steuermindernden Tatsachen. Dies sei vielmehr die fehlende Überprüfung der Steuerfestsetzung durch die Kläger gewesen, die sich in Anbetracht der Tragweite der Bescheide aufgedrängt hätte.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht den Antrag der Kläger auf Änderung der Grunderwerbsteuerbescheide vom 12.03.2001 abgelehnt.

Eine von den Klägern begehrte Änderung nach § 173 Abs.1 Nr. 2 AO setzte voraus, dass steuermindernde Tatsachen nachträglich, das heißt nach abschließender Zeichnung der Grunderwerbsteuerbescheide vom 12.03.2001, bekannt geworden sind, wobei auf die Kenntnis des zur Entscheidung berufenen Sachbearbeiters des Beklagten abzustellen ist (vgl. nur Urteil des Bundesfinanzhofes -BFH- vom 28.04.1998, BStBl II 1998, 458 m.w.N.).

Soweit die Kläger vortragen, neu sei die Höhe des Verkehrswertes des erworbenen Grundstückes, vermag dies einen Anspruch auf Änderung nach § 173 Abs.1 Nr.2 AO nicht zu begründen. Die Höhe des vom Bausachverständigen des Finanzamtes Gummersbach mit 496.000 DM ermittelten Verkehrswertes war zwar dem beklagten Finanzamt bei Erlass der Grunderwerbsteuerbescheide vom 12.03.2001 unstreitig nicht bekannt. Gleichwohl kann diese Tatsache nicht zu einer Änderung nach § 173 Abs.1 Nr. 2 AO führen, da sie nicht rechtserheblich im Sinne der Vorschrift ist, weil sie nicht zu einer niedrigeren Steuer führt. Denn der Verkehrswert eines Grundstückes stellt keine die Grunderwerbsteuer mindernde Tatsache dar. Bemessungsgrundlage für die bei Abschluss eines Kaufvertrages gemäß § 1 Abs.1 Nr.1 GrEStG entstehende Grunderwerbsteuer ist gemäß §§ 8 Abs.1, 9 Abs.1 Nr.1 GrEStG nicht der Verkehrswert eines Grundstückes, sondern der vereinbarte Kaufpreis. Die nachträgliche Kenntnis des Beklagten in Bezug auf den im Zusammenhang mit der Einkommensteuerveranlagung der Kläger festgestellten Verkehrswert des von diesen erworbenen Grundstückes ist somit als Grundlage für eine Änderung der Grunderwerbsteuerbescheide gemäß § 173 Abs.1 Nr.2 AO nicht geeignet.

Soweit die Kläger geltend machen, dem Beklagten sei bei Erlass der Grunderwerbsteuerbescheide nicht bekannt gewesen, dass mit dem Grundstück und dessen wesentlichen Bestandteilen auch fest verbundene Betriebsvorrichtungen, also zur Betriebsanlage Tankstelle gehörende Vorrichtungen im Sinne des § 2 Abs.1 Satz 2 Nr.1 GrEStG (zur Definition vgl. auch § 68 Abs.2 Nr.2 des Bewertungsgesetzes), veräußert bzw. erworben worden seien und ein Teil des Kaufpreises in Höhe von 1,25 Mio. DM hierauf entfiel, kann auch dies nicht zu einer Änderung nach § 173 Abs.1 Nr.2 AO führen. Zwar wurde im Streitfalle für die unter § 2 Nr.1 a und b des Vertrages genannten Gegenstände nach § 7 Nr.1 des Vertrages ein Gesamtkaufpreis vereinbart, sodass für die nach dem Klägervortrag unter § 2 Nr.1 b fallenden, mit dem Grundstück fest verbundenen Betriebsvorrichtungen bei der Ermittlung der Grunderwerbsteuer ein Teil des Kaufpreises nach § 7 Nr.1 des Vertrages gemäß §§ 1 Abs.1 Nr.1, 8 Abs.1, 9 Abs.1 Nr.1, 2 Abs.1 Satz 2 Nr.1 GrEStG als grunderwerbsteuerfrei herauszurechnen gewesen wäre, mithin der Erwerb von Betriebsvorrichtungen seitens der Kläger eine rechtserhebliche, weil zu einer niedrigeren Steuerfestsetzung führende Tatsache ist. Eine Änderung nach § 173 Abs.1 Nr. 2 AO scheitert im Streitfalle jedoch daran, dass dem Beklagten aufgrund des Kaufvertrages der Erwerb von Betriebsvorrichtungen durch die Kläger bekannt war. Bekannt sind der Finanzbehörde alle diejenigen Tatsachen, die sich aus den von der zuständigen Stelle geführten Akten ergeben, ohne dass es darauf ankommt, ob der die Steuer festsetzende Bearbeiter den Akteninhalt vollständig zur Kenntnis nimmt oder Überlegungen hierzu anstellt (vgl. nur Urteil des BFH vom 31.07.2002 X R 49/00, BFH/NV 2003, 2 m.w.N.). Da sich aus den §§ 1 Nr. 2, 2 Nr.1 a und b, 7 Nr.1 des dem Beklagten bei Festsetzung der Grunderwerbsteuer vorliegenden Kaufvertrages ergibt, dass die Kläger eine Tankstelle mit ihren wesentlichen Bestandteilen erworben haben, war ihm bzw. dem im Amt für die Grunderwerbsteuerfestsetzung zuständigen Bearbeiter im Sinne des § 173 Abs.1 Nr. 2 AO bekannt, dass der gemäß § 7 Nr.1 des Vertrages mit 1,25 Mio. DM vereinbarte Kaufpreis ein auch auf Betriebsvorrichtungen entfallender Gesamtkaufpreis war, der nach geltender Rechtslage gemäß § 2 Abs.1 Satz 2 Nr.1 GrEStG insoweit zu reduzieren gewesen wäre. Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass in § 2 Nr.1 b des Vertrages der Begriff der Betriebsvorrichtungen nicht ausdrücklich genannt wird. Denn bei Kauf einer Tankstelle steht fest, dass wenn auch je nach Anlage in unterschiedlichem Umfang wesentliche Bestandteile mitveräußert werden, die Betriebsvorrichtungen im genannten Sinne darstellen. Hiervon gehen offenbar auch die Kläger aus, nach deren Vortrag ein Tankstellengrundstück typischerweise eine Vielzahl von Betriebsvorrichtungen aufweist. Bestätigt wird dies auch dadurch, dass im Kaufvertrag unter § 2 Nr.2 Lagerkessel, Rohrleitungen und Tanksäulen, die unzweifelhaft Betriebsvorrichtungen darstellen, als übrige, nicht mitverkaufte Gegenstände genannt werden, woraus zwingend folgt, dass andere Betriebsvorrichtungen mitverkauft wurden. Dementsprechend war dem Beklagten bekannt, dass gemäß § 2 Nr.1 b des Kaufvertrages auch Betriebsvorrichtungen mitveräußert bzw. erworben wurden, sodass insoweit keine neue Tatsache im Sinne des § 173 Abs.1 Nr. 2 AO festgestellt werden kann.

Eine neue Tatsache lässt sich auch nicht damit begründen, dass dem Beklagten erst im Klageverfahren - und dies bis heute nur unvollständig - bekanntgeworden ist, welche der von Gesetzes wegen (§§ 93, 94 des Bürgerlichen Gesetzbuches, § 2 Abs.1 GrEStG), im Übrigen nach § 2 Nr.1 b des Kaufvertrages mit dem Grundstück verkauften wesentlichen Bestandteile im Einzelnen Betriebsvorrichtungen darstellen und damit gemäß § 2 Abs.1 Satz 2 Nr.1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen sind. Entscheidend ist nur, dass dem Beklagten die Veräußerung von wesentlichen Bestandteilen und damit von Betriebsvorrichtungen dem Grunde nach aus den Akten bekannt war bzw. der die Grunderwerbsteuer festsetzende Bearbeiter diese Tatsache hätte zur Kenntnis nehmen können. Mit welchem Wert die mitveräußerten Betriebsvorrichtungen anzusetzen und in welcher Höhe damit der Kaufpreis von 1,25 Mio. DM zu reduzieren gewesen wäre, wäre nur im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung zur Höhe der Grunderwerbsteuer zu ermitteln gewesen, die im Streitfalle unterblieben ist.

Ob dem Beklagten insoweit eine Verletzung seiner Amtsermittlungspflicht vorzuwerfen ist, ist nach Auffassung des erkennenden Senats im Rahmen des § 173 Abs.1 Nr. 2 AO - anders als bei einer Änderung zu Lasten des Steuerpflichtigen nach § 173 Abs.1 Nr.1 AO - unbeachtlich (a.A. FG Münster im Urteil vom 10.08.2005 1 K 5419/02). Denn die Berücksichtigung von Aufklärungsmängeln im Rahmen des § 173 Abs.1 Nr.1 AO erfolgt dort nach den Grundsätzen von Treu und Glauben, um eine nachträgliche Belastung des Steuerpflichtigen zu verhindern, die ihre Ursache in der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der behördlichen Ermittlungspflichten hat (vgl. nur Urteil des BFH vom 04.03.1999 II R 79/97, BFH/NV 1999, 1301 m.w.N.). Demgegenüber erfasst § 173 Abs.1 Nr. 2 AO den Fall, dass der Steuerpflichtige eine gegen ihn wirkende bestandskräftige fehlerhafte Steuerfestsetzung beseitigen will. In diesem Falle besteht kein Bedarf für den Schutz vor staatlichem Zugriff, sodass die diesen Zweck sichernden Grundsätze von Treu und Glauben nicht heranzuziehen sind.

Somit scheitert eine Änderung der bestandskräftigen Grunderwerbsteuerbescheide vom 12.03.2001 nach § 173 Abs.1 Nr.2 AO bereits an einer nachträglich bekannt gewordenen Tatsache, sodass es auf die Frage eines Verschuldens der Kläger vor oder nach Ergehen der Bescheide nicht mehr ankam.

Andere Änderungsvorschriften kommen nach Aktenlage nicht ernsthaft in Betracht.

Im Ergebnis konnte daher die Klage keinen Erfolg haben und musste abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Gründe für die beantragte Zulassung der Revision im Sinne des § 115 Abs.2 FGO sind nicht gegeben. Im Übrigen wollten die Kläger mit der Revision vom BFH die Frage des Verschuldens geklärt wissen, welches für die Entscheidung des Senats unbeachtlich war.

Ende der Entscheidung

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