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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 24.11.2008
Aktenzeichen: 5 K 6417/04
Rechtsgebiete: EStG, GG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 4
EStG § 10 Abs. 1
GG Art. 7 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheides vom ........2006 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom ......2004 wird dem Beklagten aufgegeben, die Einkommensteuer für 2000 unter Berücksichtigung weiterer Sonderausgaben von 776,00 DM neu zu berechnen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger war im Streitjahr als Beamter (...) beurlaubt und als Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft der Stadt .......... mbH tätig. Daneben war er im Streitjahr als außerordentlicher Professor im Fach ... an der Universität ........ tätig. Für seine Lehr- und Prüfungstätigkeit erhielt er im Streitjahr - wie in den Vorjahren - weder eine Lehrvergütung noch eine Aufwandsentschädigung. Von seiner inzwischen geschiedenen Ehefrau lebte der Kläger im Streitjahr dauernd getrennt. Zusammen mit der Ehefrau erzielte er im Streitjahr negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die am ....... geborene Tochter des Klägers .............. besuchte im ersten Halbjahr 2000 die .................. ...., eine private Berufsfachschule für ... in .........., und im zweiten Halbjahr die Hochschule für ... in ................/Niederlande (...........).

Wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung schätzte der Beklagte mit Bescheid vom .......2002 die Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr. Hiergegen wendete sich der Kläger mit dem Einspruch vom ........2002 und legte zur Begründung die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr vom ........2002 vor. Mit der Einkommensteuererklärung machte er unter anderem bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit als Professor einen Verlust i.H.v. 2.010,-- DM geltend. Dieser Verlust setzte sich zusammen aus pauschalen Aufwendungen für Büromaterial, Porto und Telefon i.H.v. 200,-- DM, Fahrtkosten für eine zweistündige Lehrveranstaltung an 34 Semesterwochen i.H.v. 1.183,20 DM (34 x 2 x 30 km x 0,58 DM) sowie Fahrtkosten für jeweils drei Beratungs- und Prüfungstermine für sechs Examenskandidaten i.H.v. 626,40 DM (6 x 3 x 2 x 30 km x 0,58 DM). Zur weiteren Erläuterung war ausgeführt, dass der Kläger an der Universität ........ seit 1985 zunächst als Privatdozent und ab 1995 als außerordentlicher Professor tätig sei. Nach dem Landeshochschulgesetz erhielten Privatdozenten und außerordentliche Professoren keine Lehrvergütung. Seit 1998 sei auch die Prüfungsvergütung weggefallen. In jedem Semester biete er eine zweistündige Lehrveranstaltung für die Studenten an. Darüber hinaus betreue er im Jahr durchschnittlich sechs Examenskandidaten. Dementsprechend sei der Aufwand für Fahrtkosten in den zurückliegenden Jahren stets gleich geblieben. Ferner machte der Kläger für den Besuch der Berufsfachschule für ... in ......... durch die Tochter ....... die Studiengebühr von monatlich 650,-- DM, mithin einen Gesamtbetrag von 3.900,-- DM als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Darüber hinaus begehrte er unter Vorlage der Studienbescheinigung sowie der getätigten Überweisung den Abzug der Studiengebühr für den Besuch der ...hochschule in ........ durch die Tochter ........ im zweiten Halbjahr 2000 i.H.v. 2.874,-- HFL (umgerechnet 2.587,-- DM) als Sonderausgaben. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte am .....2002 auf der Grundlage der eingereichten Steuererklärung einen Teiländerungsbescheid, mit dem er den geltend gemachten Verlust aus der Hochschullehrertätigkeit berücksichtigte und den Abzug von Schul- bzw. Studiengeld für die Tochter .......... versagte.

Mit Einspruchsentscheidung vom ......2004 machte der Beklagte - nach entsprechendem Verböserungshinweis - den zunächst anerkannten Verlust aus selbständiger Arbeit rückgängig und führte zur Begründung aus, der Kläger übe die Lehr- und Prüfungstätigkeit nur aus, um weiterhin den Professorentitel führen zu dürfen. Zwar dürfte die Führung des Professorentitels durchaus hilfreich sein, um Gutachtenaufträge zu erhalten und somit Einnahmen zu erzielen. Voraussetzung sei dies jedoch nicht. Die geltend gemachten Aufwendungen im Zusammenhang mit der Prüfungstätigkeit fielen dementsprechend unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Den geltend gemachten Abzug von Schulgeldzahlungen für die Tochter ........ lehnte der Beklagte weiterhin ab. Bei der ....... .. ............ in .......... handele es sich nicht um eine förmlich anerkannte bzw. genehmigte Ersatz- oder Ergänzungsschule im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG. Ein Abzug von Schulgeldzahlungen an Auslandsschulen (Hochschule für Künste ...........) komme nach dieser Vorschrift generell nicht in Betracht. Mit der Einspruchsentscheidung setzte der Beklagte die Einkommensteuer für das Streitjahr neu auf ......,53 € fest.

Gegen die Einspruchsentscheidung hat der Kläger mit Schreiben vom .......2004 die vorliegende Klage erhoben. Im Verlauf des Klageverfahrens hat der Beklagte am ........2006 einen Änderungsbescheid erlassen und dem Kläger antragsgemäß den ungekürzten Vorwegabzug gewährt. Hierdurch ist die Einkommensteuer für das Streitjahr auf ......,52 € herabgesetzt worden. Nach umfangreichen Erörterungen ist zwischenzeitlich nur noch streitig die Berücksichtigung des beantragten Verlustes aus der Professorentätigkeit sowie der Abzug der Studiengebühr für die Tochter ........... für den Besuch der Kunsthochschule in ............. Die weiteren Streitpunkte (anderweitige Verteilung der Einkünfte aus der Vermietungsgemeinschaft ............., Gewährung der vollen Kinder- und Ausbildungsfreibeträge für die drei Kinder, Rückgängigmachung der Anrechnung des an die Ehefrau ausgezahlten Kindergeldes als zusätzliche Steuerschuld sowie Abzug des Schulgeldes für die Tochter ....... für den Besuch der Berufsfachschule für Bühnentanz in ...........) hat der Kläger fallen gelassen. Zu den noch streitigen Punkten trägt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor: Der Beklagte habe den begehrten Verlust aus der Hochschullehrertätigkeit zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Er, der Kläger, erhalte von der Universität ...... keinerlei Vergütung oder Entschädigung für seine Tätigkeit. Die Hochschullehrertätigkeit alleine wegen der fehlenden Bezahlung als Liebhaberei zu bewerten, zeuge von einer kaum noch zu überbietenden Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse an den deutschen Hochschulen. So werde mehr als die Hälfte der Lehr- und Prüfungstätigkeit an der philosophischen Fakultät der Universität ...... von nebenamtlichen Privatdozenten, Honorarprofessoren und außerplanmäßigen Professoren erbracht. Der Hochschulbetrieb würde zusammenberechen, wenn diese Lehrenden künftig nicht mehr bereit wären, ihre Leistungen unentgeltlich zu erbringen. Zudem komme in der Rechtsauffassung des Beklagten eine Missachtung seiner mehr als 30-jährigen ehrenamtlichen und unentgeltlichen Tätigkeit an der Universität ...... zum Ausdruck, da diese als Privatvergnügen abgetan werde. Auch sei es für die Fortführung des Professorentitels erforderlich, dass er weiterhin seiner Mindestlehrverpflichtung nachkomme. Im Übrigen gehöre zu der eigentlichen Lehr- und Prüfungstätigkeit auch die hochschulexterne Vortragstätigkeit, die Veröffentlichungstätigkeit sowie die Gutachtertätigkeit. Aus der hochschulexternen Tätigkeit habe er in der Vergangenheit gelegentlich auch Einnahmen erzielt. Im Jahre 2004 habe er erneut Einnahmen aus Gutachtertätigkeit erzielt. Schließlich könne er nicht nachvollziehen, aus welchen Gründen der Beklagte im Gegensatz zu früheren Jahren nunmehr die Nebentätigkeit als privat veranlasst ansehe. -- Die Anerkennung der Studiengebühren für die staatliche Hochschule für bildende Künste in ....... könne nicht mit dem dürren Hinweis verweigert werden, dass § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG den Sonderausgabenabzug von Zahlungen an Auslandsschulen nicht zulasse. Diese Rechtsauffassung verstoße gegen EG-Recht. Denn die Mitgliedstaaten der EU seien innerstaatlich verpflichtet, alles zu unterlassen, was den freien Personenverkehr und das uneingeschränkte Aufenthaltsrecht der EU-Bürger beeinträchtige. Das Ausland kenne häufig die feinsäuberliche Trennung zwischen öffentlichem und privatem Recht nicht. Damit verschwimme zunehmend die Grenze zwischen staatlichen und privaten Hochschulen im einheitlichen europäischen Hochschulraum. Das führe dazu, dass das Instrument der staatlichen Anerkennung der Institution "Hochschule" verdrängt werde von teils privat und teils staatlich organisierten Auditverfahren zur international vereinbarten Akkreditierung von Studiengängen an diesen Hochschulen (Bologna-Prozess). Aus den vorgelegten Unterlagen zur Hochschule ....... ergebe sich, dass die Höhe der Studiengebühren durch Gesetz festgelegt sei. Damit dürfte der Einstufung der Kunsthochschule in ....... - unabhängig von ihrem Organisations- oder Rechtsstatus - als staatliche oder staatlich anerkannte Hochschule nichts im Wege stehen. Auch im Abschlusszeugnis werde mehrfach auf gesetzliche Bestimmungen verwiesen. - Zwischenzeitlich hat die Tochter .......... am .........2005 das Studium mit dem Bachelor of Dance abgeschlossen.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheides vom ........2006 die Einkommensteuer für 2000 unter Berücksichtigung eines Verlustes aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 2.010,-- DM sowie Schuldgeldzahlungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG i.H.v. insgesamt 2.587,-- DM neu festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist vollinhaltlich auf seine Ausführungen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus, der Anerkennung des geltend gemachten Verlustes aus der selbständigen Tätigkeit stehe entgegen, dass die Möglichkeit der Einnahmeerzielung ausscheide. Aufwendungen könnten im Steuerrecht nur steuermindernd anerkannt werden, wenn die Möglichkeit der Einnahmeerzielung gegeben sei und letztlich ein Überschuss bzw. ein Gewinn erzielt werden könnte. Hieran fehle es im Streitfall. Es komme hinzu, dass der Kläger für die Folgejahre 2004 und 2005 keine Einnahmen aus einer selbständigen Tätigkeit erklärt habe. Damit komme auch sein Argument, die Hochschultätigkeit stehe im unmittelbaren Zusammenhang mit seiner steuerpflichtigen Tätigkeit als Gutachter, Berater oder Vortragender, nicht zum Tragen. Fest stehe vielmehr, dass der Kläger im Streitjahr 2000 und in den Folgejahren keinerlei Einnahmen erzielt habe, die den geltend gemachten Ausgaben gegenüber stünden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nur teilweise begründet. Die streitige Studiengebühr ist im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgaben abzuziehen; demgegenüber hat der Beklagte die Berücksichtigung des geltend gemachten Verlustes aus der Professorentätigkeit zu Recht abgelehnt.

1. Die streitigen Aufwendungen des Klägers aus der Hochschullehrertätigkeit können nicht als Betriebsausgaben ( § 4 Abs. 4 EStG) steuermindernd berücksichtigt werden, da sie nicht durch die Erzielung steuerpflichtiger Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG veranlasst sind. Der Betriebsausgabenabzug setzt voraus, dass die Aufwendungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer einkunftserzielenden Tätigkeit stehen; zwischen dieser und den Kosten muss ein objektiver kausaler Zusammenhang vorliegen. Hieran fehlt es im Streitfall. Die Tätigkeit des Klägers als außerordentlicher Professor wird von der Universität ...... nicht vergütet. Der Kläger erhält weder eine Lehrvergütung noch eine Aufwandsentschädigung. Dies gilt sowohl für seine Lehr- als auch Prüfungstätigkeit. Wird eine Tätigkeit nicht vergütet, wird diese vielmehr unentgeltlich ausgeübt, scheiden schon begrifflich Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten aus (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.09.2006 2 K 1375/05, DStRE 2007, 1147). Dies folgt auch aus § 3 c Abs. 1 EStG, wonach Ausgaben nicht einkünftemindernd abgezogen werden können, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Erst recht gilt dies für den hier vorliegenden Fall, dass überhaupt keine Einnahmen anfallen. Im Übrigen fehlt es im Streitfall neben dem Merkmal der Einkunftserzielung auch an der erforderlichen Einkunftserzielungsabsicht des Klägers (vgl. BFH-Urteil vom 05.11.1993 VI R 24/93, BStBl II 1994, 238). Denn der Kläger wird nicht eines Entgelts wegen tätig, sondern weil die weitere Führung des Professorentitels - wie er selbst ausführt - davon abhängig ist, dass er in jedem Semester seiner Lehrverpflichtung von zumindest einer zweistündigen Vorlesung nachkommt. Im Streitfall stehen die streitigen Aufwendungen auch nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Einnahmen des Klägers aus Berater- bzw. Gutachtertätigkeit. Der Kläger hat weder im Streitjahr noch in den Folgejahren Vergütungen für eine Berater- oder Gutachtertätigkeit erhalten. Soweit er vorträgt, er habe im Jahr 2004 Einnahmen aus Gutachtertätigkeit erzielt, steht dem entgegen, dass er nach den Ausführungen des Beklagten weder für 2004 noch für das Folgejahr 2005 Einnahmen aus Beratertätigkeit erklärt hat. Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er jedenfalls in den siebziger Jahren nicht unerhebliche Gewinne aus Gutachtertätigkeit versteuert habe. Denn maßgebend sind die Verhältnisse im Streitjahr. Im Streitjahr hat der Kläger jedoch offensichtlich keine selbständige Gutachter- oder Beratertätigkeit ausgeübt. Er hat auch nicht substantiiert vorgetragen, dass er mit einer entsprechenden Beauftragung als Gutachter oder Berater habe rechnen können, für die der Professorentitel hätte von Nutzen sein können. Im Übrigen war der Kläger im Streitjahr hauptberuflich als Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft der Stadt Rheinbach mbH tätig mit der Folge, dass einer nebenberuflichen Gutachter- bzw. Beratertätigkeit zeitliche und rechtliche Gründe entgegen gestanden haben dürften. Dass der Beklagte die geltend gemachten Verluste aus der Professorentätigkeit in den zurückliegenden Jahren stets anerkannt hat, ist ohne Belang. Denn nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung ist die Finanzbehörde verpflichtet, eine als falsch erkannte Rechtsauffassung zum frühest möglichen Zeitpunkt aufzugeben, selbst wenn der Steuerpflichtige auf diese Rechtsauffassung vertraut haben sollte (vgl. BFH-Beschluss vom 28.04.2004 IX B 41/04, BFH/NV 2005, 68 m. w. Nachweisen).

2. Die Studiengebühr von (umgerechnet) 2.587,00 DM für den Besuch der Kunsthochschule in ...... durch die Tochter ........ ist im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Nach dieser Vorschrift sind abziehbar 30% des Entgelts, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld hat, für den Besuch einer gemäß Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten allgemein bildenden Ergänzungsschule entrichtet. Ausgenommen vom Schulgeldabzug ist das Entgelt für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung. Der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG bezweckt die Förderung von Privatschulen unter gleichzeitiger Beschränkung des Abzugs auf den Besuch solcher Schulen, die in gewisser Weise in das öffentliche Schulwesen einbezogen sind, bestimmte staatliche Anforderungen erfüllen müssen und deshalb typischerweise besonders förderungsbedürftig sowie förderungswürdig sind (vgl. BFH-Urteile vom 11.06.1997 X R 77/94, BStBl II 1997, 615 und vom 11.06.1997 X R 74/95, BStBl II 1997, 617). Die Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG gilt auch für Hochschulen und Fachholschulen (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.04.2006 8 K 57/03, EFG 2006, 976).

Mit Urteil vom 11.09.2007 hat der EuGH in der Sache C-76/05 - Schwarz und Gootjes-Schwarz - (Slg. 2007, I-6849, Deutsches Steuerrecht <DStR> 2007, 1670) entschieden, dass dann, wenn Steuerpflichtige eines Mitgliedstaats ihre Kinder zur Schulausbildung in eine Schule in einem anderen Mitgliedstaat schickten, deren Leistungen nicht unter Art. 49 EG fielen, Art. 18 EG einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehe, die vorsehe, dass Schuldgeldzahlungen an bestimmte Schulen im Inland als Sonderausgaben einkommensteuermindernd berücksichtigt werden könnten, diese Möglichkeit aber in Bezug auf Schulgeldzahlungen an Schulen anderer Mitgliedstaaten generell ausschließe. Gleiches gelte für Privatschulen, da dann ein Verstoß gegen Art. 49 EG vorliege. Nach Auffassung des BFH ist die Norm des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG wegen des Anwendungsvorrangs des EG-Rechts normerhaltend im Sinne der EuGH-Entscheidung in Slg. 2007, I-6849 europarechtskonform auszulegen (vgl. BFH-Urteil vom 17.07.2008 X R 62/04, BFH/NV 2008, 1927). Dies führt dazu, dass das "europarechtswidrige Tatbestandsmerkmal" nicht zu beachten ist, dass also dann, wenn die Schule im EU-Ausland - gleichgültig ob öffentliche oder private Schule im Sinne des EuGH-Urteils - zu einem im Inland ohne Abstriche anerkannten Schulabschluss führt, der Abzug des für den Besuch dieser Schule gezahlten Schulgeldes dem Grunde nach in Betracht zu ziehen ist. Der Vorgang des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem nationalen Recht hat insbesondere zur Folge, dass gemeinschaftsrechtswidrige Vorschriften des nationalen Steuerrechts nicht anzuwenden sind, ohne dass es einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) oder den EuGH bedarf (Anwendungsvorrang). Dieser Anwendungsvorrang ist durch die Rechtsprechung des EuGH und auch des BVerfG abgedeckt (vgl. EuGH-Urteil vom 10.04.2008 Rs. C-309/06 -- Marks & Spencer - Betriebs-Berater <BB> 2008, 1158 und BVerfG-Beschluss vom 07.06.2000 2 BvL 1/97, BVerfGE 102, 147). Nach der letztgenannten Entscheidung des BVerfG sind Verfassungsbeschwerden und Vorlagen von Gerichten von vornherein unzulässig, wenn ihre Begründung nicht darlegt, dass die europäische Rechtsentwicklung einschließlich der Rechtsprechung des EuGH nach Ergehen der Solange II-Entscheidung ( BVerfG-Beschluss vom 22.10.1986 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339) unter den erforderlichen Grundrechtsstandard abgesunken sei. Im Streitfall kommt eine Vorlage nach Art. 100 GG daher nicht in Betracht; denn es ist nicht zu erkennen, dass die Entscheidung des EuGH in Grundrechte des Klägers eingreifen könnte. Ganz im Gegenteil kommt ihm diese zugute, indem möglicherweise die für den Besuch der niederländischen Kunsthochschule geleistete Studiengebühr abziehbar ist. Zur Nichtanwendung des dem Gemeinschaftsrecht widersprechenden nationalen Rechts sind alle mit der Rechtssache befassten Instanzen verpflichtet, mithin auch der erkennende Senat.

Hiervon ausgehend ist die streitige Studiengebühr nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG abziehbar. Hierbei bedarf es keiner näheren Betrachtung, ob es sich bei der Hochschule für Künste in ....... um eine private oder aber öffentliche Hochschule handelt. Es dürfte viel dafür sprechen, dass es sich um eine öffentliche Hochschule handelt, weil die Höhe des Studiengeldes (Kolleggeld) - wie sich aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen ergibt - durch Gesetz festgesetzt wird. Maßgebend ist vielmehr, dass die dort angebotenen Studiengänge zu allgemein anerkannten Studienabschlüssen führen. Im Streitfall hat die Tochter des Klägers das Studium zwischenzeitlich mit dem Bachelor of Dance abgeschlossen. Bei dem Bachelor handelt es sich jedoch unstreitig um einen allgemein gültigen Universitätsabschluss.

Im Streitfall verstößt die Höhe des gezahlten Studiengeldes für das 1. Studienjahr 2000/2001 von umgerechnet 2.587,00 DM auch nicht gegen das sog. Sonderungsverbot. Denn nach der Rechtsprechung des BVerfG darf durch die Höhe der Schulgeldzahlungen keine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern gefördert werden. Hergeleitet wird das Sonderungsverbot aus Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG. Danach müssen alle Schüler ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Lage die Schule besuchen können. Nach der Rechtsprechung des BVerfG kann bereits ein Schulgeld von mehreren Hundert DM schädlich sein (vgl. BVerfG-Urteil vom 08.04.1987 1 BvL 8/84, BVerfGE 75, 40 [63]). Zwar ist das Sonderungsverbot kein Tatbestandsmerkmal des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG. Bei dem Besuch einer Auslandsschule ist aber fiktiv zu prüfen, ob sie nach deutschem Recht anerkannt worden wäre. In diesem Zusammenhang ist das Sonderungsverbot von Bedeutung (vgl. BFH-Urteil vom 17.07.2008 X R 62/04, BFH/NV 2008, 1927). Im Streitfall ist das Sonderungsverbot nach Auffassung des erkennenden Senats nicht verletzt. Zwar hat das BVerfG in der angeführten Entscheidung festgestellt, dass schon ein Schulgeld von 170,00 bis 190,00 DM monatlich zu einer verfassungsrechtlich untersagten Sonderung nach den Besitzverhältnissen führt. Diese Entscheidung betrifft jedoch das Jahr 1983. Zwischen dem Jahr 1983 und dem Streitjahr liegt ein Zeitraum von 17 Jahren. In diesem Zeitraum haben sich die durchschnittlichen Einkommen und damit die durchschnittlich tatsächlichen Ausgaben ganz erheblich erhöht. Rechnet man das Studiengeld von jährlich 2.587,00 DM um, so ergibt sich ein monatlicher Betrag von rund 215,00 DM. Ohne statistisches Material zu bemühen, steht für den erkennenden Senat fest, dass ein monatliches Studiengeld von 215,00 DM im Jahr 2002 nicht so hoch ist, dass es nicht mehr von jedermann erbracht werden könnte. Hierfür sprechen im Übrigen auch die statistischen Erhebungen im Zusammenhang mit dem Steuerreformgesetz 2009, mit dem beabsichtigt ist, das Schulgeld auch auf Auslandsschulen im EU/EWR-Ausland zu erstrecken, jedoch auf einen Höchstbetrag von 3.000,00 &#8364; jährlich zu deckeln. Dem Höchstbetrag von 3.000,00 &#8364; liegt die Erkenntnis des Gesetzgebers zugrunde, dass in rund 97% der Fälle bisher ein Schulgeld von max. 2.000,00 &#8364; geltend gemacht worden ist. In DM umgerechnet ergäbe sich damit ein Betrag von monatlich rund 326,00 DM. Damit liegt das im Streitfall gezahlte Studiengeld noch unterhalb des durchschnittlich geltend gemachten Schulgeldes. Da für die Tochter ......... bei der Steuerfestsetzung für das Streitjahr auch der erforderliche Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG gewährt worden ist, steht dem Kläger nach alledem gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG ein zusätzlicher Sonderausgabenabzug von 776,00 DM, nämlich 30% von 2.587,00 DM, zu.

3. Die Neuberechnung der festzusetzenden Einkommensteuer für das Streitjahr wird dem Beklagten aufgegeben (§ 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung <FGO>). Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Hierbei war zu berücksichtigen, dass der Kläger im Verlauf des Klageverfahrens diverse Streitpunkte fallen gelassen bzw. der Beklagte den ungekürzten Vorwegabzug gewährt hat.

Ende der Entscheidung

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