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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 18.03.2009
Aktenzeichen: 7 K 4902/07
Rechtsgebiete: EStG, ZPO


Vorschriften:

EStG § 22
ZPO § 323
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen:

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Zahlungen aufgrund eines Rentenvertrages in voller Höhe oder nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig sind.

Die am xxx und am xxx geborenen Kläger sind zusammenveranlagte Ehegatten, die seit dem 1.4.2004 in Deutschland (wieder) unbeschränkt steuerpflichtig sind. Sie schlossen mit ihren in der Schweiz lebenden leiblichen Kindern KB und PD, geb. B , am 12.3.2004 einen "Leibrentenvertrag" im Sinne von Art. 516 des Schweizerischen Obligationenrechts. Nach den einführenden "Feststellungen(I.)" des Vertrages wollten die Kläger (Leibrentenempfänger) zur Sicherung des Alterseinkommens einen Teil ihres Vermögens an ihre Kinder (Leibrentenschuldner) mit der Verpflichtung übertragen, ihnen eine jährliche Rente auszurichten. Sie wollten sich im hohen Alter nicht mehr selbst um ihr Vermögen kümmern müssen. Das übergebene Vermögen sollte primär der Rentengenerierung dienen und daher in einem bestimmten Umfang gemeinsam verwaltet und nicht verbraucht werden. Zusätzlich sollte es aber auch den Leibrentenschuldnern in einem zu bestimmenden Umfang vollumfänglich zu eigenen Verwendung zur Verfügung stehen, um sie in ihrem Fortkommen zu unterstützen.

Unter Abschnitt II. (Leibrentenvertrag) des Vertrages vereinbarten die Vertragspartner, dass den Leibrentenschuldnern gesamthänderisch Wertpapiervermögen der Klägerin im Umfang von 3 Millionen EUR übertragen wird. Zur Gegenleistung heißt es unter II. des Vertrages u. a.:

" 6. Im Gegenzug verpflichteten sich die Leibrentenschuldner den Leibrentenempfängern eine jährliche Rente im Umfang von heute Euro 96.000 auszuzahlen, die sich mindestens aus diesem Vermögen erwirtschaften lässt. Diese Rente ist auch zu zahlen, wenn eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse eintrifft, die zur Bemessung diese Rente beigetragen hat. Eine Abänderung der Rente im Wege der Klage ist insoweit nicht zulässig.

7. Die Rentenleistungspflicht beginnt sofort mit der Übertragung des Rentenvermögens an die Leibrentenschuldner zu laufen. Die Rente wird erstmals geschuldet für das Kalenderjahr 2004 beginnend mit dem Monat April....

9. Die Leibrente wird indexiert. Als Leitindex gilt der Schweizerische Landesindex für Konsumentenpreise, Basis 2000 = 100 Punkte, ... die Leibrente beträgt in jedem Fall mindestens Euro 96.000...."

In Ziffer IV. des Vertrages trafen die Kläger mit ihren Kindern unter der Überschrift "Absicherung bei Pflegebedürftigkeit eines oder beider Rentenempfänger" folgende Vereinbarung:

" 17. Im Falle, dass einer der beiden oder beide Rentenempfänger pflegebedürftig würden und die Leibrente den gewöhnlichen Lebensaufwand zuzüglich den Pflegeaufwand nicht zu decken vermag, verpflichten sich die Rentenschuldner, für den pflegebedürftigen Rentenempfänger eine zusätzliche jährliche Leistung von maximal Euro 130.000 auszurichten.

Diese Euro 130.000 sind primär aus der nicht ausgeschütteten Vermögensstandssteigerung von 5% zu entrichten....

20. Sollten beide Leibrentenempfänger gleichzeitig pflegebedürftig sein, so beschränkt sich die jährliche zusätzliche Leistung der Rentenschuldner auf maximal die in Ziffer 17 erwähnten Euro 130.000."

Wegen der weiteren Einzelheiten der Rentenvereinbarung wird auf den Vertrag verwiesen, der sich abschriftlich in den Gerichtsakten (Bl 31 - 35) befindet.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärten die Kläger die Leistungen aus dem Übergabevertrag in Höhe von insgesamt 72.000 Euro (April bis Dezember 2004) als Leibrente. Der Beklagte behandelte die Zahlungen demgegenüber als wiederkehrende Leistungen und legte sie in voller Höhe der Besteuerung zugrunde. Er vertrat die Auffassung, dass im Streitfall keine gleichmäßigen und gleichbleibenden Leistungen und somit keine Leibrente vereinbart worden sei, weil die Zahlungen bei Pflegebedürftigkeit zu erhöhen seien. Hierdurch ergab sich für den Veranlagungszeitraum 2004 ein Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 71.871 Euro. Nach Abzug eines entsprechenden Verlustvortrages wurde die Einkommensteuer 2004 mit Bescheid vom 19.10.2005 auf 0 Euro festgesetzt. Der verbleibende Verlustvortrag zum 31.12. 2004 wurde ebenfalls am 19.10.2005 mit dem angefochtenen Bescheid gem. § 10 d Abs. 4 EStG auf 211.492 Euro festgestellt. Der verbleibende Verlustvortrag zum 31.12.2003 hatte 283.363 Euro betragen.

Der Einspruch der Kläger gegen den Verlustfeststellungsbescheid blieb erfolglos. Der Beklagte lehnte die Besteuerung der Rentenzahlungen als Leibrente mit dem Ertragsanteil ab. Er vertrat in der Einspruchsentscheidung vom ....2007 weiterhin die Auffassung, dass die Leistungen aus dem "Rentenvertrag" in voller Höhe zu besteuern seien, weil die vereinbarten Leistungsverpflichtungen nicht die Merkmale einer Leibrente im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 a) EStG erfüllten.

Offen bleiben könne dabei, ob sich die vertragliche Vereinbarung der Versorgungsleistungen nach schweizerischem Recht als Leibrentenvertrag darstelle. Für die steuerrechtliche Beurteilung, ob es sich um wiederkehrende Bezüge handele, die in vollem Umfang steuerpflichtig seien oder um eine nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtige Leibrente, sei allein die Abänderbarkeit der wiederkehrenden Leistungen entscheidend. Die vertraglich getroffenen Vereinbarungen könnten dabei entgegen der Auffassung der Kläger nicht getrennt beurteilt werden. Unter Ziffer II. des Leibrentenvertrages werde den Klägern eine jährliche Rente von 96.000 Euro zugesagt. Im Falle ihrer Pflegebedürftigkeit könnten die Kläger nach den Vereinbarungen unter IV. des Vertrages erhöhte Leistungen bis zu 130.000 Euro zusätzlich beanspruchen. In Ziffer II. werde somit das Minimum und in Ziffer IV. das Maximum der geschuldeten Versorgungsleistungen geregelt. Beide Versorgungsleistungen seien als gleichgewichtig zu beurteilen. Den Klägern komme es offensichtlich gerade auch auf die Absicherung für den Pflegefall an, da hierfür sogar an den Bestand des übertragenen Wertpapierbestandes herangegangen werden dürfe. Die Versorgungsleistungen seien durch die gemeinsame Zweckbestimmung, die Kläger zur Gänze zu versorgen, zu einer Einheit verbunden. Daher seien sie nach der Rechtsprechung des BFH auch einheitlich zu beurteilen (Hinweis auf BFH-Urteile vom 19.1.2005 X R 23/04, BStBl II 2005,434, und vom 13.12.2005 X R 61/01).Die für eine dauernde Last entscheidende Bezugnahme auf § 323 ZPO ergebe sich im Streitfall aus der gleichwertigen Änderungsmöglichkeit aufgrund des abgeschlossenen Vertrages. Der Vertrag erlaube eine Anpassung nach den Bedürfnissen der Vermögensübergeber (Hinweis auf BFH-Urteil vom 11.3.1992 X R 141/88, BStBl II 1992, 449). Die Vertragsbeteiligten hätten eine Geldleistung vereinbart, die sich der Höhe nach an der Bedürftigkeit der Versorgungsempfänger orientiere, wobei der Vertrag durch die Regelung in II. ein Versorgungsminimum in Höhe von 96.000 Euro jährlich vorsehe. Dass es nicht mehr zu einer Absicherung bei Pflegebedürftigkeit kommen könne, weil die Regelung unter IV. des Leibrentenvertrages mit Nachtrag vom 22.12.2005 ersatzlos aufgehoben worden sei, sei für die steuerliche Beurteilung im Streitjahr unerheblich.

Eine andere Beurteilung ergebe sich letztlich auch nicht aus dem Urteil des Finanzgerichts Münster vom 20.3.2002 (VII K 1725/00 E, EFG 2003, 930). Dort gehe es nicht wie im Streitfall um die Abgrenzung zwischen dauernder Last und Leibrente, sondern um die steuerlichen Folgen, wenn ein Bestandteil der Rente nicht gezahlt werde.

Mit der vorliegenden Klage machen die Kläger weiterhin geltend, dass die Verpflichtungen aus dem Rentenvertrag die Voraussetzungen einer Leibrente erfüllten und die Zahlungen daher lediglich mit dem Ertragsanteil zu besteuern seien. Der BFH habe mit Urteil vom 18.3.1980 (VIII R 69/78, BStBl II 1980, 501) eine getrennte Beurteilung von einzelnen Vertragselementen eines Versorgungsvertrages ausdrücklich zugelassen. Hiervon ausgehend habe das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 20.3.2002 (VII K 1725/00 E, EFG 2003, 930) rechtskräftig entschieden, dass die aufgrund eines Vermögensübergabevertrages ordnungsgemäß geleisteten Versorgungsleistungen auch dann als dauernde Last zu berücksichtigen seien, wenn darüber hinaus in demselben Vertrag vereinbarte Umsatzrenten steuerlich nicht anzuerkennen seien. Das bedeute, dass eine unterschiedliche steuerrechtliche Würdigung von zwei (oder auch mehr) Absprachen in einem Vermögensübertragungsvertrag möglich und im Streitfall auch erforderlich sei.

Unter Ziffer II. des Leibrentenvertrages vom 12.3.2004 hätten sie, die Kläger, als Gegenleistung für die Übertragung des Depots in Höhe von 3 Millionen Euro ein Rentenstammrecht auf Lebensdauer in der Form fortlaufend wiederkehrender gleichmäßiger Geldleistungen erworben. Die Beträge seien fest begrenzt und gleichmäßig, da die wiederkehrenden Zahlungen nicht von wirtschaftlichen Voraussetzungen irgendwelcher Art abhängig seien. Würden im Zuge einer vorweggenommenen Erbfolge in einem einheitlichen Vertrag unterschiedliche bürgerlich-rechtliche Leistungen vereinbart und erfüllt, so seien die auf dieser Verpflichtung beruhenden wiederkehrenden Bezüge eine Leibrente und vom Berechtigten nur mit dem Ertragsanteil zu versteuern (Hinweis auf BFH-Urteil vom 18.3.1980 in BStBl II 1980, 501).

Die zusätzlich unter Ziffer IV. des Leibrentenvertrages aufgenommene Absicherung bei Pflegebedürftigkeit stehe unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Pflegebedürftigkeit eingetreten und nachgewiesen sein müsse. Diese Vereinbarung sei zudem mit Nachtrag vom 22. 12. 2005 zwischenzeitlich ersatzlos aufgehoben worden und somit niemals zur Anwendung gelangt. Tatsächlich sei vom Streitjahr bis heute lediglich die Leibrente von 96.000 Euro jährlich in monatlichen Beträgen von den Leibrenteverpflichteten gezahlt worden. Deutlicher könne eine Rente nicht vereinbart sein. Im Streitfall sei auf der Linie der o. g. Urteile des BFH und des FG Münster eine getrennte Beurteilung der einzelnen Vertragselemente vorzunehmen. Ihre Unterhaltsbedürfnisse seien durch die Zahlung von 96.000 Euro abgedeckt. Die Vereinbarungen zur Pflegebedürftigkeit seien kein Element des eigentlichen Leibrentenvertrages und die in 2004 gezahlten Beträge daher als Rente und nicht als dauernde Last zu behandeln.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH seien mehrere Versorgungsleistungen getrennt voneinander darauf zu überprüfen, ob sie Renten oder dauernde Lasten darstellten. Eine einheitliche Beurteilung der Zuwendungen komme allenfalls in Betracht, wenn eine von mehreren Versorgungsleistungen geringfügig sei oder ein besonders enger Zusammenhang der verschiedenartigen Versorgungsleistungen bestehe (Hinweis auf BFH-Urteile vom 30.5.1980 VI R 153/77, BStBl II 1980, 575, und vom 30.10.1984 IX R 2/84, BStBl II 1985, 610). Die im ursprünglichen Vertrag vom 12.3.2004 vorgesehene Zahlung bei Pflegebedürftigkeit stelle sich aber im Vergleich zu der Zahlung der Leibrente weder als geringfügige Versorgungsleistung dar, noch stehe diese Möglichkeit der Zuwendung in einem besonders enger Zusammenhang mit der Leibrente. Diese Vereinbarungen seien insoweit nicht mit einer Regelung vergleichbar, bei der die Höhe von Rentenzahlungen, unter Festlegung eines Mindestbetrages, von der Höhe eines Unternehmensgewinns abhängig sei.

Demgegenüber entspreche der Streitfall dem Sachverhalt, der der BFH-Entscheidung vom 28.1.1986 (IX R 5/80, BFH/NV 1986, 526) zugrunde gelegen habe. Dort habe der BFH wiederkehrende Barleistungen als Leibrente beurteilt, obwohl die Rentenschuldner sich verpflichtet hatten, Krankheitskosten der Rentenempfänger ab einer bestimmten Höhe zu übernehmen.

Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung dienten immer der umfassenderen Altersvorsorge der Rentenberechtigten. Daraus könne nicht geschlossen werden, dass diese Leistungen einheitlich zu bewerten seien. Auch die Finanzverwaltung gehe in dem BMF-Schreiben vom 16.9.2004 (BStBl I 2004, 922, Tz. 48) davon aus, dass bei bürgerlich-rechtlich unterschiedlichen Leistungsverpflichtungen in einem einheitlichen Vertrag eine getrennte Beurteilung erforderlich sei. Dabei seien nur die Leistungen als Leibrenten zu beurteilen, deren Abänderbarkeit ausdrücklich ausgeschlossen worden sei. Diese Voraussetzung sei in Bezug auf die jährliche Rente in Höhe von 96.000 Euro erfüllt. Ihre Abänderung sei vertraglich explizit ausgeschlossen.

Letztlich ergebe sich auch aus der Rücknahme der Regelung über die Pflegebedürftigkeit, dass beide Teile unabhängig seien und nur die Leibrente der ausreichenden Alterssicherung diene.

Die Kläger beantragen,

die erhaltenen Zahlungen nur mit dem Ertragsanteil zu versteuern und den festgestellten Verlust zum 31.12.2004 um 58.680 Euro zu erhöhen,

im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom ....2007. Ergänzend weist er daraufhin, dass es sich im Streitfall schon deshalb nicht um getrennte Vertragsleistungen handele, weil die unter Ziffer IV. beschriebene Zusatzleistung bei Pflegebedürftigkeit davon abhängig sei, dass die in Ziffer II. zugesagten Beträge nicht ausreichten, um den gesteigerten Lebensaufwand zu decken.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Der Beklagte hat die Zahlungen aufgrund des Rentenvertrages vom 12.3.2004 im Streitjahr zu Recht als wiederkehrende Bezüge i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG in vollem Umfang der Besteuerung zugrunde gelegt. Die Voraussetzungen einer Leibrente, die gem. § 22 Nr. 1 Satz 3a) EStG nur mit ihrem Ertragsanteil der Besteuerung unterliegt, sind im Streitfall nicht erfüllt.

Die monatlichen Zahlungen aufgrund des Rentenvertrages vom 12.3.2004 sind Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung. Sie stellen bei den Klägern als Zahlungsempfänger sonstige Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 1 EStG dar (vgl. BFH-Beschluss vom 12.5.2003 GrS 1/00, BStBl 2004 II S. 95). Sonstige Einkünfte sind nach § 22 Nr. 1 EStG u. a. Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen, soweit sie nicht zu den in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG bezeichneten Einkunftsarten gehören.

Eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist gegeben, wenn kraft einzelvertraglicher Regelung unter Lebenden mit Rücksicht auf die künftige Erbfolge eine existenzsichernde und ertragbringende Wirtschaftseinheit des Privat- und/oder Betriebsvermögens übertragen wird, deren Erträge ausreichen, um die zugesagten wiederkehrenden Leistungen zu erbringen (BFH-Beschlüsse vom 12.5.2003 GrS 1/00, BStBl 2004 II S. 95, und vom 15.07.1991 GrS 1/90, BStBl II 1992, 78). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die Kläger haben an ihre Kinder Wertpapiere und vergleichbare Kapitalforderungen übertragen, aus deren Erträgen die versprochenen Leistungen erfüllt werden können und die geeignet sind, ihre Existenz zu sichern (vgl. BFH-Beschluss vom 12.5.2003 GrS 1/00, BStBl 2004 II S. 95, und BMF-Schreiben vom 16.9.2004, IV C 3 - S 2255 - 354/04, BStBl I, 2004, 922).

Die jährliche Rentenzahlung in Höhe von 96.000 Euro und die bei Pflegebedürftigkeit der Kläger versprochene zusätzliche Leistung bis zu weiteren 130.000 Euro sind im Streitfall einheitlich zu beurteilende Versorgungsleistungen. Sie stellen als solche keine Leibrenten i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 a) EStG dar, die nur mit dem Ertragsanteil der Besteuerung unterliegen.

Für die Einordnung von Versorgungsleistungen als Leibrente oder als dauernde Last bzw. sonstige wiederkehrende Bezüge hat der BFH auf der Grundlage des Beschlusses des Großen Senats vom 15.07.1991 (in BStBl II 1992, 78) im Wesentlichen folgende Grundsätze aufgestellt (vgl. BFH-Urteil vom 31.3. 2004 X R 3/01, BFH/NV 2004, 1386):

aa) Wiederkehrende Sach- und Geldleistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbart werden, stellen beim Verpflichteten in vollem Umfang abzugsfähige dauernde Lasten und beim Berechtigten voll zu versteuernde wiederkehrende Bezüge dar, wenn sie abänderbar sind.

bb) Für eine steuerrechtlich zu beachtende Änderungsklausel genügt der Vorbehalt der Rechte aus § 323 ZPO, weil dies so zu verstehen ist, dass der Vertrag nach Maßgabe des materiellen Rechts abänderbar sein soll. Eine ausdrückliche Bezugnahme auf § 323 ZPO führt jedoch nicht zur Annahme abänderbarer Leistungen, wenn die Vertragspartner die Höhe der Leistungen von Voraussetzungen abhängig gemacht haben, die einer Wertsicherungsklausel entsprechen (BFH-Urteile vom BFH Urteil vom 31.03.2004 X R 3/01, BFH/NV 2004, 1386; vom 15. März 1994 X R 93/90, BFH/NV 1994, 848, m. w. N.).

cc) Fehlt eine Bezugnahme auf § 323 ZPO, kann sich eine gleichwertige Änderungsmöglichkeit aufgrund eines Vertragsinhalts ergeben, der eine Anpassung nach den Bedürfnissen des Übergebers oder der Leistungsfähigkeit des Übernehmers erlaubt (BFH-Beschluss in BStBl II 1992, 78, unter C. II. 3. c). Die Abänderbarkeit kann auch aus der Rechtsnatur des typischen Versorgungsvertrags folgen (BFH-Urteil vom 11. März 1992 X R 141/88, BStBl II 1992, 499).

Unter Anwendung dieser Grundsätze handelt es sich bei den Ansprüchen aus dem Rentenvertrag vom 12.3.2004 nicht um Leibrenten. Es fehlt an der für die Annahme einer Leibrente erforderlichen Gleichmäßigkeit der Leistungen. Die Höhe der im Streitfall vereinbarten Versorgungsleistungen ist abänderbar, weil sie sich letztlich nach der (Pflege-)Bedürftigkeit der Kläger richtet.

Die den Klägern in II. zugesagten Leistungen in Höhe von 96.000 Euro jährlich sollten zwar nach der vertraglichen Regelung - mit Ausnahme einer unschädlichen Wertsicherungsklausel - grundsätzlich unabänderbar sein. Eine Abänderung der Rente im Wege der Klage wurde ausdrücklich ausgeschlossen (II. 6 des Vertrages). Unter VI. wurde aber für den Fall, dass einer der Kläger pflegebedürftig wird und die Rente von 96.000 Euro deshalb den gesteigerten Lebensaufwand nicht mehr deckt, ein zusätzlicher Betrag bis zu 130.000 Euro zugesagt.

Der Senat hält insoweit die vom Beklagten vorgenommene Gesamtbeurteilung der jährlichen "Grundrente" und der erhöhten "Pflegerente" als einheitliche Versorgungsleistung für zutreffend. Die Regelungen in II. und VI. des Vertrages stellen keine verschiedenartigen Einzelleistungen dar, die einer getrennten Beurteilung zugänglich sind.

Nach der Rechtsprechung des BFH ist zwar grundsätzlich für jede Leistung gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Annahme einer nur mit dem Ertragsanteil zu versteuernden Leibrente oder voll zu versteuernder wiederkehrender Bezüge gegeben sind, wenn aufgrund eines Übergabevertrages verschiedenartige Leistungen geschuldet werden. Dies gilt grundsätzlich auch für reine Geldleistungen. Auch diese können gesondert und unterschiedlich beurteilt werden mit dem Ergebnis, dass teils eine Leibrente, teils eine dauernde Last angenommen werden kann (BFH-Urteil in BStBl II 1980, 575). Eine Zusammenfassung kommt allerdings u. a. auch bei verschiedenartigen Versorgungsleistungen in Betracht, wenn zwischen ihnen ein besonders enger Zusammenhang besteht (BFH-Urteile vom 30.5.1980 VI R 153/77, BStBl II 1980, 575, und vom 30.10.1984 IX R 2/84, BStBl II 1985, 610).

Nicht um verschiedenartige Versorgungsleistungen im Sinne dieser Rechtsprechung handelt es sich außerdem bei einer einheitlichen Leistung, die sich aus einem Mindestbetrag und Erhöhungen zusammensetzt. Diese Leistung kann nicht in einen gleichmäßigen Sockelbetrag als "Mindestleibrente" und in Erhöhungsbeträge als dauernde Last bzw. sonstige wiederkehrende Bezüge aufgespalten werden. Eine solche Aufspaltung einer einheitlichen Leistung widerspräche dem bürgerlichen Recht, auf das sich die Unterscheidung zwischen Leibrente und dauernder Last gründet (BFH-Urteile vom 10.06.1986 IX R 7/82, BFH/NV 1987, 26, und vom 30.5.1980 VI R 153/77, BStBl II 1980, 575). Dementsprechend ist z. B. auch dort nicht zwischen einer unabänderbaren "Grundversorgung" und einer flexiblen Zusatzversorgung zu unterscheiden, wo die Höhe einer Versorgungsrente von der Entwicklung der Kosten der Unterbringung des Rentenberechtigten in einem Altersheim abhängig gemacht wird. Die Höhe der Rente richtet sich dann - einheitlich - nach der Bedürftigkeit des Rentenberechtigten mit der Folge, dass die Rentenleistungen mangels Gleichmäßigkeit keine Leibrente darstellen (vgl. BFH-Urteil vom 10.06.1986 IX R 7/82, BFH/NV 1987, 26).

Hiervon ausgehend sind die im Streitfall unter II. und VI. des Rentenvertrages geregelten Versorgungsleistungen als Einheit zu betrachten und gemeinsam zu beurteilen. Sowohl die unbedingt zugesagten jährlichen Zahlungen in Höhe von 96.000 Euro als auch die weitere "Absicherung bei Pflegebedürftigkeit" dienen einheitlich der "Sicherung des Alterseinkommens" der Kläger. Dieser Zweck wurde auch ausdrücklich unter I. (Feststellungen) des Vertrages vom 12.3.2004 festgehalten. Dass beide Leistungen trotz der Regelung in unterschiedlichen Vertragsteilen in diesem Sinne eine Einheit bilden, ergibt sich nach der Überzeugung des Senats insbesondere auch aus dem Vertragswortlaut. Nach der Regelung in IV. 17. des Vertrages setzt eine Aufstockung der jährlichen Zahlungen nicht nur die Pflegebedürftigkeit einer der Kläger voraus. Sie ist vielmehr außerdem davon abhängig, dass die in II. zugesagte Jahresleistung von 96.000 Euro nicht ausreicht, den anfallenden Pflegeaufwand mit abzudecken. Durch diese Verknüpfung zeigt sich, dass beide Regelungen im Zusammenspiel das Versorgungsbedürfnis der Kläger im Alter umfassend abdecken sollen. Die Kläger erhielten durch die Vereinbarung zur "Absicherung der Pflegebedürftigkeit" eine Anpassungsmöglichkeit entsprechend § 323 ZPO, auf die sich der in II. geregelte "Klageausschluss" nicht erstreckt.

Bei dieser Beurteilung hält das Gericht insbesondere auch für bedeutsam, dass es sich bei der Pflegebedürftigkeit der Kläger nicht um einen relativ abseitigen Ausnahmefall handelt, mit dessen Eintritt allenfalls theoretisch zu rechnen ist. Die Kläger waren bei Vertragsschluss im März 2004 bereits 72 bzw. 73 Jahre alt. In diesem Alter ist der Eintritt der Pflegebedürftigkeit der wesentliche Umstand, durch den sich die Bedürftigkeit der Versorgungsberechtigten ändern kann. Es konnte daher im Streitjahr keineswegs davon ausgegangen werden, dass aufgrund des Rentenvertrages auch künftig immer nur die "Mindestleistungen" in Höhe von 96.000 Euro jährlich zu erbringen sein werden. Es war vielmehr vom Abschluss des Vertrages an durchaus wahrscheinlich, dass die Versorgungsleistungen, je nach Art und Umfang der Pflegebedürftigkeit, erheblich über die Mindestzahlungen hinausgehen würden. Es handelte sich in Bezug auf die eingeräumten Zusatzleistungen bei Pflegebedürftigkeit keineswegs um eine rein theoretische Schwankungsmöglichkeit der zu erbringenden Zahlungen, die es rechtfertigen würde, in Höhe der Mindestleistungen von 96.000 Euro eine "Mindestleibrente" anzunehmen (vgl. BFH-Urteil vom 30.5.1980 VI R 153/77, BStBl II 1980, 575, m.w.N.). Der Umstand, dass die wiederkehrenden Bezüge der Höhe nach unbestimmt sind, betrifft die Gesamtleistung, der damit das für Leibrenten erforderliche Merkmal der Gleichmäßigkeit fehlt.

Diese einheitliche Betrachtungsweise entspricht insbesondere auch der aktuellen BFH-Rechtsprechung zum Wesen eines Versorgungsvertrages, der sich der erkennende Senat anschließt. Danach ist die Interessenlage bei einem Versorgungsvertrag u. a. geprägt durch das Versorgungsbedürfnis als typischerweise notwendige Folge der Übertragung von existenzsicherndem Vermögen und der wechselseitigen Verknüpfung der beiderseitigen Lebensverhältnisse. Es handelt sich um einen Inbegriff von Versorgungsleistungen, die durch die gemeinsame Zweckbestimmung, den Berechtigten ganz oder teilweise zu versorgen, zu einer rechtlichen Einheit verbunden sind. Im Hinblick auf diese Zweckbestimmung sind die einzelnen geschuldeten Versorgungsleistungen grundsätzlich keiner jeweils eigenen Beurteilung und im Verhältnis zueinander keiner abstufenden Wertung zugänglich (BFH-Urteile vom 13.12.2005 X R 61/01, BStBl II 2008, 16, und vom 19.1.2005 X R 23/04, BFH/NV 2005, 778).

Die Kläger können sich auch nicht mit Erfolg auf die Rücknahme der Regelung zur Pflegebedürftigkeit in der Nachtragsvereinbarung vom 22.12.2005 berufen.

Der Entscheidung des Streitfalls kann nur die Fassung der Rentenvereinbarung zugrunde gelegt werden, die im Streitjahr 2004 Gültigkeit hatte. Danach war die Regelung in VI. des Vertrages aber (noch) Teil der Vereinbarung. Eine nachträgliche Vertragsänderung mit steuerlicher Rückwirkung kommt nicht in Betracht. Im Übrigen sollte die Regelung zur Pflegebedürftigkeit auch nach dem Wortlaut des Nachtrages nicht rückwirkend, sondern erst mit dessen Unterzeichnung , am 22.12.2005, aufgehoben werden.

Aus der nachträglichen Aufhebung der Regelung unter VI. des Vertrages vom 12.3.2004 ergeben sich darüber hinaus auch keine Gesichtspunkte, die gegen eine einheitliche Beurteilung der Versorgungsleistungen in der im Streitjahr geltenden Vertragsfassung sprechen. Die teilweise Aufhebung einer vertraglichen Vereinbarung sagt nichts darüber aus, welche Bedeutung dem aufgehobenen Vertragsteil in dem (ursprünglichen) Gesamtvertrag zukam. Grundsätzlich ist jeder Vertragsbestandteil einer Änderung oder Aufhebung zugänglich.

Eine andere Beurteilung zu Gunsten der Kläger ergibt sich weder aus den angeführten BFH-Urteilen in BStBl II 1980, 501, und in BFH/NV 1986, 526, noch aus dem Urteil des FG Münster vom 20.3.2002 (in EFG 2003, 930). Die entschiedenen Sachverhalte sind nach Auffassung des Gerichts mit den konkreten Umständen des Streitfalls nicht vergleichbar.

Die Entscheidung in BStBl II 1980, 501, betraf einen Fall, bei dem eine festgelegte "Mindestrente" sich um einen weiteren Fixbetrag erhöhen sollte, wenn der übergebene Betrieb einen bestimmten Reingewinn erreicht. Anders als im Streitfall war die Höhe der letztlich zu gewährenden Leistungen nicht vom Versorgungsbedürfnis der Berechtigten abhängig. Deshalb fehlte es bei den vom BFH zu beurteilenden Regelungen notwendiger Weise auch an einer konkreten Verknüpfung zwischen Grundleistung und pflegebedingtem Mehraufwand, wie sie im Streitfall von den Vertragsparteien in VI. 17. des Vertrages ausdrücklich hergestellt wurde.

In dem Urteil in BFH/NV 1986, 526, hat der BFH zwar tatsächlich wiederkehrende Barleistungen als Leibrente beurteilt, obwohl die Rentenschuldner sich verpflichtet hatten, Krankheitskosten der Rentenempfänger ab einer bestimmten Höhe zu übernehmen. Aber auch insoweit ergibt sich ein entscheidender Unterschied zum Streitfall aus der konkreten Formulierung in VI. 17. des Rentenvertrages vom 12.3.2004. In dem vom BFH zu entscheidenden Fall sollten neben der (gleichbleibenden) monatlichen Rente "Krankheitskosten ab einer bestimmten Grenze" zusätzlich übernommen werden. Dagegen vereinbarten die Vertragsparteien im Streitfall, dass die zu zahlende Jahresrente sich im Falle der Pflegebedürftigkeit erhöhen kann, wenn der gesteigerte Lebensaufwand durch die in II. festgelegte Rentenhöhe nicht mehr gedeckt ist.

Das Urteil des FG Münster in EFG 2003, 930, betrifft nicht die Abgrenzung zwischen einer Leibrente und sonstigen wiederkehrenden Bezügen. Es setzt sich lediglich damit auseinander, ob eine teilweise Anerkennung von Versorgungsleistungen aufgrund eines Vermögensübergabevertrages in Betracht kommt. Dabei kommt es u. a. unter Hinweis auf das o.g. BFH-Urteil in BStBl II 1980, 501, zu dem Ergebnis, dass ordnungsgemäß geleisteten Versorgungsleistungen auch dann als dauernde Last zu berücksichtigen sind, wenn darüber hinaus in demselben Vertrag vereinbarte Umsatzrenten steuerlich nicht anzuerkennen sind. Für den Streitfall lassen sich hieraus keine weitergehenden Erkenntnisse gewinnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor. Bei der Streitsache handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, die auf der Grundlage der gefestigten Rechtsprechung des BFH getroffen wurde. Die im Streitfall zu beurteilende Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Eine Revisionszulassung ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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