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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 29.01.2007
Aktenzeichen: 7 K 6072/04
Rechtsgebiete: Richtlinie 77/388/EWG, UStG


Vorschriften:

Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g
Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. h
Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i
UStG § 4 Nr. 25
UStG § 24 Nr. 23
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

7 K 6072/04

Tenor:

Der Umsatzsteuerbescheid 2001 vom ........2004 wird unter Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom ......2004 geändert.

Die Umsatzsteuer 2001 wird auf 0,- DM herabgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Sozialarbeiter und Therapeut im Streitjahr 2001 umsatzsteuerbefreite Leistungen erbracht hat.

Der Kläger hat an der Gesamthochschule Siegen am ......1979 die staatliche Abschlussprüfung der Studienrichtung Sozialarbeit mit Erfolg abgelegt und darauf hin den akademischen Grad des "Sozialarbeiters", graduiert, verliehen bekommen.

Dem Kläger wurde am .....1997 vom Institut für .................. Psychologie in ............... nach den Richtlinien dieses Instituts im Kontext des Berufsverbandes für Beratung, Pädagogik und Psychiatrie (BVPPT) die Anerkennung als "Pädagogischer Psychotherapeut" mit der Fachrichtung Humanistische Psychologie (andragogischberaterische Orientierung, Methode: Gestalttherapie und Transaktionsanalyse) erteilt.

Der Kläger hat des weiteren am ......1998 vom Institut für ................ Psychologie in ........... gemäß den Richtlinien dieses Instituts im Kontext des Berufsverbandes für Beratung, Pädagogik und Psychiatrie (BVPPT) die Berechtigung erhalten, ab dem 01.01.1999 den Titel "Pädagogisch-Therapeutischer Berater", Counselor graduiert, zu führen und zwar für die Fachrichtung Humanistische Psychologie mit dem Methodenschwerpunkt Gestalttherapie und Transaktionsanalyse.

Am .....1998 meldete der Kläger bei der Gemeinde ....... ein Unternehmen mit dem Gegenstand "Projektentwicklung und Durchführung sozialpädagogischer und sozialtherapeutischer Maßnahmen" an. Der Kläger ist seit diesem Zeitpunkt als Sozialarbeiter und Therapeut selbständig tätig und arbeitet im wesentlichen im Bereich der ambulanten Kinder und Jugendhilfe. Sein Aufgabengebiet ist die schwerpunktmäßig pädagogischtherapeutische Betreuung von Kindern und Jugendlichen. In diesem Zusammenhang wird er ganz überwiegend für das Kreisjugendamt ............. tätig.

Der Kläger hat im Verlaufe seiner Tätigkeit ein Konzept besonderer erlebnispädagogischtherapeutischer Maßnahmen mit Kindern und Jugendlichen im Rahmen entwicklungsbegleitender Sozialarbeit entwickelt und dabei insbesondere den Schwerpunkt oder die Spezialität herausgebildet, erlebnispädagogische Projekte mit therapeutischer Wirkung durchzuführen, insbesondere zur Delinquenzprophylaxe sowie zur Gewalt und Suchtprävention. Daneben werden die erlebnispädagogischtherapeutischen Maßnahmen auch zur sozialen und beruflichen Integration durchgeführt.

Für das Streitjahr 2001 reichte der Kläger am ......2004 eine Umsatzsteuererklärung beim Beklagten ein, in der er die von ihm im Rahmen seiner genannten Tätigkeiten erzielten Umsätze in Höhe von netto ....... DM anmeldete. Dieser Steueranmeldung folgte der Beklagte und erließ am ....2004 einen entsprechenden Abrechnungsbescheid.

Hiergegen legte der Kläger am .....2004 Einspruch ein und erläuterte im Rahmen des Einspruchsverfahrens auf Befragen des Beklagten, dass er keine psychologischen Gutachten erstelle. Nur in Einzelfällen führe er im Rahmen der Berufsorientierung sogenannte Berufsinteressentests durch.

Als pädagogischtherapeutischer Berater/Counselor begleite er im Rahmen erzieherischer Hilfen vor allem Kinder und Jugendliche in ihrem Entwicklungsprozess. Handwerkszeug sei dabei die Sozialpädagogik unterstützt durch die Methode der Gestalttherapie. Dies bedeute intensive lösungsorientierte erzieherische Interventionen mit therapeutischer Wirkung. Die tatsächlich entwicklungsbegleitende Arbeit bewege sich methodisch und inhaltlich zwischen Pädagogik und Therapie mit dem Ziel einer positiven Lebensorientierung.

Von seinem Grundberuf sei er Sozialarbeiter mit der psychotherapeutischen Zusatzausbildung und Graduierung in Gestalttherapie und Transaktionsanalyse. Grundsätzlich sei diese Richtung der Therapie pädagogisch und nicht heilkundlich orientiert.

Der Kläger überreichte dabei auch einen Qualifikationsnachweis bzw. einen Leistungsprofil, aus dem sich u.a. ein Arbeitsansatz ergibt, nach dem der Kläger mit Schulen, Eltern und entsprechenden Erziehungsinstanzen zusammenarbeite, sowie bei Notwendigkeit auch mit Fachärzten und Jugendpsychiatern. Im Rahmen der pädagogischtherapeutischen Intervention und Beratung werde zielgerichtet und ergebnisorientiert an Alltagskonflikten im Hier und Jetzt gearbeitet, um sozialadäquate Lösungswege zu entwickeln. Anders ausgedrückt, in Einübung lebenspraktischer und lebensbejahender Techniken werde mit neuem Mut und wiedergewonnenen Selbstbewusstsein eine konstruktive Lebensorientierung gefunden. Mit dem spezifisch pädagogischtherapeutischen Ansatz der intensive Grenzerfahrung sei der Kläger in der Lage, innerhalb kurzer Zeit Entwicklungsschritte zu initiieren, die auch nachhaltig wirksam seien. Er weise einen reichhaltigen Erfahrungsschatz vor, gerade in der entwicklungsbegleitenden Arbeit mit schwieriger Klientel, wie z.B. schulmüden Jugendlichen, Jugendlichen mit hoher Gewaltbereitschaft und krimineller Gefährdung, Kindern und Jugendlichen mit massiven psychosozialen Schwierigkeiten und stark verminderter emotionaler Belastbarkeit. Insoweit würden Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Einzelsitzungen und Gruppen in ihrem Wachstumsprozess begleitet.

Methodisch könne man diesen Arbeitsansatz als Synthese von sozialarbeiterischer Erfahrung, gestalttherapeutischer Methodik mit transaktionsanalytischer Erklärungssicht im erlebnispädagogischen Rahmen bezeichnen. Die erlebnistherapeutischen Projekte beinhalteten Selbsterfahrung pur mit dem Thema "Grenzen erleben mit Spaß und Abenteuer" im Rahmen entwicklungsbegleitender Prozesse. Zielgruppe seien vor allem Kinder und Jugendliche mit besonderen psychosozialen Schwierigkeiten.

Darüber hinaus berate und begleite er auch im NRW Landesprogramm "Jugend in Arbeit" arbeitslose Jugendliche berufs- und arbeitsintegrativ auf dem 1. Arbeitsmarkt.

Der Kläger hat des weiteren sein Konzept für besondere erlebnispädagogischtherapeutische Maßnahmen mit Kindern und Jugendlichen im Rahmen entwicklungsbegleitender Sozialarbeit vorgelegt. Daraus ergibt sich u.a., dass es erstrebtes Ziel dieses Konzeptes sei, besonders benachteiligte Kinder und Jugendliche durch Selbsterfahrung an eigene Grenzen zu bringen und begleitend dahin zu führen, diese zu erkennen, zuzulassen und möglicherweise zu lernen, authentisch und realitätsbezogen damit umzugehen. Es gehe dabei darum, mit dem Medium Motorrad oder Fahrrad (ausschließlich Trial/Geschicklichkeitsfahren) oder Klettern oder Paddeln, natürliche Hindernisse im Gelände, wie auch übertragen auf die eigenen Lebensbereiche überwinden zu lernen. Unwegsamkeiten, Schwierigkeiten und Konflikte könnten anhand direkter Beispiele lernend gelöst werden, ohne selbstzerstörerische oder nach außen gerichtete Aggressionen, also sozialverträglich. Dabei sei ein weiteres nahezu existentiell wichtiges Moment der Selbsterfahrung der Umgang mit der Angst. Diese unausweichlich auch ohne Scham vor sich selbst, wie auch vor der Gruppe zuzulassen zu können, sei ein wichtiger Themenbereich.

Der Kläger versteht seine konzeptionierten Maßnahmen als ernsthaften Versuch, prophylaktisch einer vorprogrammierten Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit oder Kriminalität, Brutalität, Verwahrlosung und Drogenabhängigkeit entgegenzuwirken. Seine Zielgruppe seien diejenigen Kinder und Jugendlichen, die mit Attributen besonderer Aggressivität, Brutalität, Aufmüpfigkeit, Schulmüdigkeit, Verweigerung, "Null-Bock-Einstellung", Asozialität und dergleichen beschrieben würden.

Mit Einspruchsentscheidung vom .....2004 wurde der Einspruch des Klägers vom Beklagten als unbegründet zurückgewiesen.

Dabei stellte der Beklagte im wesentlichen darauf ab, dass keiner der Steuerbefreiungstatbestände des § 4 UStG im Falle des Klägers eingreife. Die vom Kläger erbrachten Leistungen seien insbesondere nicht nach § 4 Nr. 23 bzw. Nr. 25 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 25 UStG sei insbesondere deshalb nicht anwendbar, da der Kläger nicht einem Träger der öffentlichen Jugendhilfe gleichgestellt werden könne.

Im Rahmen seiner hiergegen fristgerecht erhobenen Klage macht der Kläger geltend, dass seine Tätigkeit insgesamt der ambulanten Kinder und Jugendhilfe zuzuordnen sei. Auftraggeber seien die Kreise und Kommunen. Neben der täglichen Einzelarbeit kämen 10 bis 15 mal im Jahr erlebnispädagogische Projekte hinzu, zu denen gegebenenfalls weitere Fachkräfte hinzugezogen würden. Das gesamte Arbeitsgebiet des Klägers sei in drei Bereiche aufzuteilen, die etwa gleichstark vertreten seien. Dabei handele es sich zum einen um die Erlebnispädagogik, zum anderen um die pädagogischtherapeutische Arbeit sowie drittens um die Tätigkeit im Rahmen des Landesprogramms Jugend in Arbeit.

Der Kläger rechne seine Tätigkeit mit den öffentlichen Institutionen, Kreisen und Städten ab. Hierbei könne er keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Dies habe er bis jetzt auch noch nicht getan.

Der Kläger vertritt die Rechtsauffassung, dass seine Tätigkeit umsatzsteuerbefreit sei. Dies beruhe auf einer richtlinienkonformen Auslegung des § 4 Nr. 23 UStG gemäß Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstaben h und i der 77/388/EWG.

Gleichwohl habe der Kläger vorsorglich eine Umsatzsteuererklärung abgegeben. Gegen diese Steueranmeldung sei er sodann fristgerecht vorgegangen.

Es sei zwar zutreffend, dass die Richtlinie 77/388/EWG insoweit bisher noch nicht in das nationale Umsatzsteuerrecht umgesetzt worden sei. Die Bundesrepublik Deutschland sei aufgrund des Artikel 1 der Richtlinie 77/388/EWG jedoch bereits seit geraumer Zeit verpflichtet, die Umsetzung der Richtlinie in das nationale Umsatzsteuerrecht vorzunehmen. Da dies bislang noch nicht erfolgt sei, sei durch richtlinienkonforme Auslegung sicherzustellen, dass diese Bestimmungen im Umsatzsteuerbescheid für 2001 zum Tragen kämen.

Auf den Kläger sei jedenfalls die Bestimmung des Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe h Richtlinie 77/388/EWG anwendbar. Es sei insoweit unstreitig, dass die Tätigkeit des Klägers die erzieherische Hilfe bei verhaltens und erziehungsauffälligen Jugendlichen in Einzel und Gruppensitzungen im Auftrag der Jugendämter umfasse. Daneben sei der Kläger auch im Rahmen der durch die Jugendämter und Kreise beauftragten Selbsterfahrungsmaßnahmen der erlebnispädagogischtherapeutischen Projekte tätig. Die vom Kläger erbrachten Leistungen stellten deshalb eng mit der Kinder und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen im Sinne der vorgenannten Richtlinienbestimmung dar.

Entscheidend sei jedenfalls, dass sich der Kläger unmittelbar auf die Richtlinienbestimmung des Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe h der Richtlinie 77/388/EWG berufen könne, da diese für ihn eine gegenüber dem nationalen Recht günstigere Rechtsposition einräume, hinreichend genau sei und nicht an Bedingungen geknüpft sei. Da die betreffende Richtlinienbestimmung bislang noch nicht in das nationale Umsatzsteuerrecht zutreffend umgesetzt worden sei, könne der Kläger sich mithin unmittelbar auf die betreffende Richtlinienbestimmung berufen.

Zu den vertraglichen Beziehungen des Klägers zu den öffentlichen Stellen, insbesondere den Kreisjugendämtern, weist der Kläger darauf hin, dass jeweils einzelne Zuweisungen durch die Jugendämter unter Erklärung der entsprechenden Kostenübernahme erfolgten. Wesentlich sei insoweit allein, dass der Kläger Leistungen erbringe und die Kosten mit dem Jugendamt bzw. dem für Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe zuständigen Leistungsträger abrechnen würde.

Der Kläger beantragt,

die Leistungen des Klägers als umsatzsteuerfrei zu behandeln und die Umsatzsteuer 2001 auf 0,- DM herabzusetzen, im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Der Beklagte vertritt die Rechtsauffassung, dass sich die Dienstleistungen des Klägers nicht unter den Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstaben h und i der Richtlinie 77/388/EWG einordnen lassen würden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die vom Kläger im Streitjahr 2001 erbrachten Leistungen sind zwar nicht nach § 4 Nr. 23 oder 25 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Die vom Kläger gegenüber den betreffenden Jugendämtern erbrachten Leistungen im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe sind jedoch in unmittelbarer Anwendung des Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g, h und i der Richtlinie 77/388/EWG von der Umsatzsteuer befreit, da eine entsprechende Befreiungsvorschrift im nationalen Umsatzsteuerrecht fehlt.

I.

Grundsätzlich ist dem Beklagten insoweit zuzustimmen, dass im Streitfall die Leistungen des Klägers im Rahmen der von ihm durchgeführten erlebnispädagogischtherapeutischen Maßnahmen im Rahmen entwicklungsbegleitender Sozialarbeit nicht von einer Befreiungsvorschrift des nationalen Umsatzsteuerrechts erfasst werden.

Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der insoweit allein ernsthaft in Betracht kommenden Befreiungsvorschriften des § 4 Nr. 23 UStG bzw. des § 4 Nr. 25 UStG sind im Streitfall nicht gegeben.

1. Nach der Vorschrift des § 24 Nr. 23 UStG ist die Gewährung von Beherbergung, Beköstigung und der üblichen Naturalleistungen durch Personen und Einrichtungen steuerbefreit, wenn sie überwiegend Jugendliche für Erziehungs, Ausbildungs oder Fortbildungszwecke bei sich aufnehmen. Die Anwendung dieser Befreiungsvorschrift im Streitfall scheitert bereits allein an den Umstand, dass der Kläger die betreffenden, im Rahmen seiner Maßnahmen betreuten Jugendlichen und Kinder nicht bei sich aufnimmt. Die im Rahmen der von ihm durchgeführten Maßnahmen erfolgenden kurzfristigen Verköstigungen bzw. die dabei durchgeführten vorübergehenden Beherbergungen können nicht das Tatbestandsmerkmal des "bei sich Aufnehmens" erfüllen, da dies eine gewisse Stetigkeit bzw. Dauer der örtlichräumlichen Verbindung voraussetzt.

2. Ebenso wenig kann im Streitfall auch die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 25 UStG zur Anwendung gelangen. Danach sind steuerfrei die Leistungen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der förderungswürdigen Träger der freien Jugendhilfe, soweit diese in der Durchführung von Lehrgängen, Freizeiten, Zeltlagern, Fahrten und Treffen sowie von Veranstaltungen, die dem Sport und der Erholung dienen, bestehen.

Förderungswürdig im Sinne dieser Vorschrift sind dabei neben den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe nur diejenigen Träger der freien Jugendhilfe, die kraft Gesetzes oder von der zuständigen Jugendbehörde anerkannt sind oder die die Voraussetzungen für eine Förderung durch die Träger der öffentlichen Jugendhilfe erfüllen.

Insoweit ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Kläger im Streitjahr nicht die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe gemäß § 75 SGB VIII besessen hat.

Auch wenn insoweit die nationale Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 25 UStG in gewissem Umfang die Steuerbefreiung gemäß Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe h der Richtlinie 77/388/EWG umsetzt, so steht die Beschränkung der Steuerbefreiung auf Träger der öffentlichen Jugendhilfe bzw. auf Träger der freien Jugendhilfe nicht im Widerspruch zu dieser Richtlinienbestimmung. Die Beschränkung der Steuerbefreiung auf die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe steht nämlich insofern vielmehr in Einklang mit Artikel 13 Teil A Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie 77/388/EWG, denn danach können die Mitgliedsstaaten die Gewährung der u.a. unter Abs. 1, Buchstabe h vorgesehenen Befreiung für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, von Fall zu Fall von der Erfüllung einer oder mehrerer der näher bezeichneten Bedingungen, unter anderem auch von dem Fehlen einer systematischen Gewinnerzielungsabsicht, abhängig machen. Mit dieser Beschränkungsbefugnis steht im Einklang, dass das nationale Umsatzsteuerrecht die betreffende Umsatzsteuerbefreiung nur den insoweit gemeinnützig handelnden Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe vorbehält (vgl. BFH-Entscheidung vom 28. Februar 2002 V B 31/01, BFH/NV 2002, 957).

II.

Nach Auffassung des erkennenden Senats setzt jedoch die Vorschrift des § 4 Nr. 25 UStG die Richtlinienbestimmungen des Artikels 13 Teil A Abs. 1 Buchstaben g, h und i nicht vollständig um. Die Regelungen dieser Richtlinienbestimmungen sind nach Auffassung des erkennenden Senats in erheblichem Umfang weitergefasst, als dies in § 4 Nr. 25 UStG, der im übrigen bereits im Umsatzsteuergesetz 1951 enthalten gewesen ist (vgl. hierzu Weymüller in Sölch/Ringleb, Stand September 2005, § 4 Nr. 25 UStG, Rdn. 1), umgesetzt worden ist.

1. Die Vorschrift des § 4 Nr. 25 UStG befreit nämlich lediglich diejenigen Leistungen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der förderungswürdigen Träger der freien Jugendhilfe, die in der Durchführung von Lehrgängen, Freizeiten, Zeltlagern, Fahrten und Treffen sowie von Veranstaltungen, die dem Sport und der Erholung dienen, bestehen.

Die Richtlinienbestimmungen des Artikels 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g, h und i der Richtlinie 77/388/EWG befreit hingegen die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit, der Kinder- und Jugendbetreuung sowie der Erziehung verbundenen Dienstleistungen. Auch wenn die Vorschrift nicht definiert, was unter eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit bzw. mit Kinder- und Jugendbetreuung verbundenen Umsätzen zu verstehen ist (vgl. Langer in Reiß/Kraeusel/ Langer, Stand November 2005, Artikel 13 EG-Richtlinie, Rdn. 29 und 32), so vertritt der erkennende Senat jedoch die Auffassung, dass damit eindeutig ein wesentlich weiterer Leistungsbegriff gemeint ist, als dieser in § 4 Nr. 25 UStG zum Tragen kommt

a. So wird unter dem Begriff des Lehrgangs der nach einem bestimmten Stunden- und Stoffplan erteilte Unterricht auf einem bestimmten Sachgebiet verstanden (vgl. Schuhmann in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Stand Mai 2006, § 4 Nr. 25 UStG Rdn. 20; Weymüller, a.a.O., § 4 Nr. 25 UStG Rdn. 31). Mit den Begriffen Freizeit, Zeltlagern, Fahrten verbindet der Senat allgemeine der Erholung von Kindern und Jugendlichen dienende Maßnahmen, was im übrigen auch durch den nachfolgenden Hinweis auf Veranstaltungen, die dem Sport oder der Erholung dienen, bestätigt wird (so auch das Hessische Finanzgericht im Urteil vom 13. Dezember 2005 6 K 4053/04, EFG 2006, 937).

Der Begriff des Treffens kann insoweit insgesamt als Versammlung, Zusammenkunft oder Begegnung von Jugendlichen angesehen werden, wobei es auf die Art des Treffens ankommt, ob insoweit eine Förderungswürdigkeit anerkannt werden kann (vgl. Schuhmann, a.a.O., § 4 Nr. 25 UStG Rdn. 18, 19).

b. Das vom Kläger erbrachte Leistungsspektrum geht hingegen weit über die in § 4 Nr. 25 UStG angesprochenen Leistungen hinaus und kann vielmehr unter die Richtlinienbestimmungen des Artikels 13 Teil A Abs. 1 Buchstaben g, h und i Richtlinie 77/388/EWG subsumiert werden.

Danach sind nämlich steuerbefreit die eng mit der Sozialfürsorge verbundenen Dienstleistungen, die eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundenen Dienstleistungen sowie die Erziehung von Kindern und Jugendlichen.

Der Senat vertritt insoweit den Rechtsstandpunkt, dass der Kläger mit den von ihm erbrachten vielschichtigen Leistungen sowohl die Gesichtspunkte der Sozialfürsorge als auch der Kinder- und Jugendbetreuung als auch insbesondere den Gesichtspunkt der Erziehung von Kindern und Jugendlichen erfasst und daher nach Maßgabe dieser Richtlinienbestimmungen mit dem von ihm erbrachten Leistungsspektrum von der Umsatzsteuer befreit ist.

Nach Auffassung des Senats gehen dabei die vom Kläger durchgeführten erlebnispädagogischtherapeutischen Maßnahmen im Rahmen entwicklungsbegleitender Sozialarbeit in erheblichem Umfang über diese von § 4 Nr. 25 UStG in Bezug genommene Leistungen hinaus. Hier steht weniger ein wie auch immer gearteter Erholungszweck bzw. die allgemeinen Zielsetzungen des Kinder und Jugendhilferechts gemäß SGB VIII im Vordergrund als vielmehr eine konkrete psychologische, pädagogische bzw. therapeutische Zielsetzung. Diese psychologische und pädagogische Zielsetzung ist bedingt durch Verhaltungsauffälligkeit bei bestimmten Kindern und Jugendlichen bzw. bei Vorliegen eines erheblichen Gefährdungspotential in dem vom Kläger angegebenen Umfang.

Diese therapeutischen Zielsetzungen der vom Kläger durchgeführten Maßnahmen, die nicht nur in Gruppentherapien erbracht werden, sondern durchaus auch in Einzelbehandlungen, Gesprächen und Maßnahmen, haben insofern einen ganz konkreten anlassbezogenen therapeutischen Ausgangspunkt und eine ganz konkrete pädagogischtherapeutische Zielsetzung. Insoweit geht es nicht um allgemeine Erholungszwecke, sondern vielmehr um die Behandlung von Verhaltungsauffälligkeiten jeder Art, psychologischen und psychosozialen Schwierigkeiten und insbesondere auch um den Abbau von Gefährdungspotentialen bei aggressiven und gewaltbereiten Kinder und Jugendlichen mit labilen oder gestörten Persönlichkeitsstrukturen, die insbesondere auch eine hohe Verweigerungshaltung gegenüber jeglichen Erziehungs und Ausbildungsmaßnahmen sowie gesellschaftlichen Anpassungsprozessen aufweisen und dabei vielfach zugleich auch in hohem Maße suchtgefährdet (Alkohol und Drogen) sind.

c. Der erkennende Senat sieht im Streitfall auch keine Möglichkeit, § 4 Nr. 25 UStG richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass die vom Kläger erbrachten Leistungen von dieser nationalen Steuerbefreiungsvorschrift noch erfasst werden.

Grundsätzlich ergibt sich die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts bereits aus der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung der Gerichte und der sonstigen Träger öffentlicher Gewalt in den Mitgliedsstaaten, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alle zur Erreichung der durch die Richtlinie vorgeschriebenen Ziele erforderlichen Maßnahmen zu treffen (st. Rspr. des EuGH und des BFH, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15.07.2004 V R 27/03, BStBl II 2004, 862). Ihre Grenze findet die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung allerdings in den allgemeinen Grundssätzen und Regeln der Auslegung, insbesondere verbietet sich eine Auslegung, die den Wortlaut der betreffenden nationalen Umsatzsteuerregelung bei weitem überschreitet (vgl. hierzu nur Klenk in Sölch/Ringleb, Stand April 2006, vor § 1 UStG Rdn. 16).

Angesichts der spezifischen, pädagogischpsychologisch angelegten Leistungen des Klägers im Rahmen der von ihm konzeptionierten erlebnispädagogischtherapeutischen Maßnahmen sieht der Senat keine Möglichkeit, diese Leistungen im Wege richtlinienkonformer Auslegung noch als von § 4 Nr. 25 UStG umfasst anzusehen. Denn die vom Kläger erbrachten Leistungen können bereits begrifflich nicht mit der Durchführung von Lehrgängen, Freizeiten, Zeltlagern und ähnlichen dem Sport oder der Erholung dienenden Veranstaltungen mit Kindern und Jugendlichen in Zusammenhang gebracht werden. Eine solche Auslegung würde die Grenzen des Wortlauts des § 4 Nr. 25 UStG bei weitem überschreiten.

2. Der Kläger kann sich für die Steuerfreiheit seiner gegenüber dem Jugendamt erbrachten Leistungen vielmehr unmittelbar auf Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstaben g, h und i der Richtlinie 77/388/EWG berufen.

a. Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g, h und i der Richtlinie 77/388/EWG bestimmen:

"Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedsstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiung sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

g) Die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von den betreffendem Mitgliedsstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen.

h) Die eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundenen Dienstleistungen Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedsstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen.

i) die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedsstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung."

Das Umsatzsteuergesetz hat diese Richtlinienbestimmungen, wie auch die anderen in Artikel 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG aufgeführten Steuerbefreiungen, bisher lediglich dadurch umgesetzt, dass es die bereits bei Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG vorhandenen teilweise bereits im UStG 1951 enthaltenen Steuerbefreiungstatbestände im wesentlichen unverändert weitergeführt hat (so der BFH in der zu Art 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g der Richtlinie 77/388/EWG ergangenen Entscheidung vom 18. August 2005 V R 71/03, BStBl II 2006, 143).

Die vom Kläger erbrachten Leistungen gegenüber den Jugendämtern gehen jedoch weit über die in § 4 Nr. 25 UStG steuerbefreiten Leistungen hinaus. Die entwicklungsbegleitende Arbeit mit "schwieriger Klientel", also schulmüden Jugendlichen, Jugendlichen mit hoher Gewaltbereitschaft und krimineller Gefährdung, mit massiven psychosozialen Schwierigkeiten und stark verminderter emotionaler Belastbarkeit stellen andere Leistungen dar, als die Durchführung von Lehrgängen, Freizeiten, Zeltlagern sowie von Veranstaltungen, die dem Sport oder der Erholung dienen. Die vom Kläger erbrachten Leistungen auf den Feldern der Sozialarbeit, der Erlebnispädagogik sowie der Transaktionsanalyse sowie die gestalttherapeutische Methodik stellen vielmehr weitaus umfassendere Leistungen dar, die den Fachrichtungen der Pädagogik, der Psychologie sowie der praktischen Sozialarbeit zuzuordnen sind. Diese vom Kläger erbrachten Leistungen werden mithin von den Steuerbefreiungsvorschriften des § 4 UStG, insbesondere auch nicht von Nr. 25 dieser Vorschrift, nicht erfasst.

b. Hingegen lässt sich das vom Kläger angebotene und tatsächlich erbrachte Leistungsspektrum nach Überzeugung des Senats sowohl unter die Richtlinienbestimmung des Artikels 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g, h als auch i der Richtlinie 77/388/E subsumieren. Die Leistungen des Klägers können nämlich sowohl als mit der Sozialfürsorge, der Kinder- und Jugendbetreuung als auch mit der Erziehung von Kinder und Jugendlichen eng verbundene Leistungen qualifiziert werden. Insbesondere besitzen die von den genannten Richtlinienbestimmungen benutzten Begriffe der Sozialfürsorge, der Kinder- und Jugendbetreuung sowie der Erziehung von Kindern und Jugendlichen genügend Klarheit und Eindeutigkeit, um verlässlich beurteilen zu können, ob die vom Kläger erbrachten Leistungen diesen Tatbeständen zugeordnet werden können. Angesichts der Verhaltensauffälligkeiten der zu therapierenden Kinder und Jugendlichen und in Anbetracht der Tatsache, dass die Kosten für diese Maßnahmen im wesentlichen allein von den Jugendbehörden übernommen werden, wird nämlich erkennbar, dass es zum einen um die Betreuung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen geht und dass es zum anderen auch gerade um Maßnahmen der Sozialfürsorge geht, denn andernfalls könnten die betreffenden Maßnahmen auch von den Eltern oder Erziehungsberechtigten wirtschaftlich und finanziell getragen werden.

Der Senat sieht daher im Streitfall keine Veranlassung, den EuGH nach Art. 234 EGV zur Auslegung der Bestimmungen der Buchstaben g, h und i des Art 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG anzurufen. Denn eine solche Vorlage an den EuGH scheidet aus, wenn die betreffende Richtlinienbestimmung hinreichend klar und bestimmt ist und keiner weitergehenden Auslegung bedarf (vgl. hierzu mit Nachweisen zur Rspr. des EuGH Klenk, a.a.O., vor § 1 UStG Rdn. 34).

3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie des Bundesfinanzhofs kann sich ein Einzelner in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf diejenigen Bestimmungen der Richtlinie 77/388/EWG berufen, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, und zwar gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften (vgl. hierzu nur Jakob, Umsatzsteuer, 3. Auflage 2005, Rdn. 13 ff. mit umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen).

Für die Richtlinienbestimmung des Artikels 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g der Richtlinie 77/388/EWG hat der Bundesfinanzhof zuletzt ausgeführt, dass sich der Steuerpflichtige auf diese Bestimmung auch berufen könne, soweit sie so geartet sei, dass sie Rechte festlege, die der Einzelne dem Staat gegenüber geltend machen könne. Ein Mitgliedsstaat könne einem Steuerpflichtigen, der beweisen könne, dass er steuerrechtlich unter einem Befreiungstatbestand der Richtlinie falle, nicht entgegenhalten, dass er die Vorschriften, die die Anwendung eben dieser Steuerbefreiung erleichtern sollen, nicht erlassen habe (vgl. BFH-Urteil vom 18. August 2005 V R 71/03, BStBl II 2006, 143).

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs zählt Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g der Richtlinie 77/388/EWG die Tätigkeiten, die steuerfrei sein sollen, hinreichend genau und unbedingt auf (vgl. BFH-Urteil vom 18. August 2005 V R 71/03, a.a.O.).

Darüber hinaus sind nach Auffassung des erkennenden Senats jedoch auch die in Buchstaben h und i genannten Tätigkeiten, die eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundenen Dienstleistungen sowie die eng mit der Erziehung von Kindern und Jugendlichen verbundenen Leistungen hinreichend genau und bestimmt, um danach entscheiden zu können, inwieweit bestimmte Tätigkeiten nach den Richtlinienbestimmungen der Richtlinie 77/388/EWG als steuerfrei anzusehen sind.

Die vom Kläger durchgeführten Maßnahmen auf der Basis erlebnispädagogischer und therapeutischer Ausrichtung stellen Dienstleistungen dar, die zumindest eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbunden sind sowie darüber hinaus auch insbesondere der Erziehung von Kindern und Jugendlichen dienen.

4. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH stellen die in Artikel 13 der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Steuerbefreiungen eigenständige Begriffe des Gemeinschaftsrechts dar und erfordern daher ein gemeinschaftsrechtliche Definition. Dies gilt auch für die spezifischen Bedingungen, von denen die Gewährung dieser Befreiung abhängig gemacht wird, insbesondere für diejenigen, die die Eigenschaft oder die Identität des Wirtschaftsteilnehmers betreffen, der die von der Befreiung erfassten Leistungen erbringt (vgl. BFH-Urteil vom 18. August 2005 V R 71/03, a.a.O.).

Für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstaben g, h und i der Richtlinie 77/388/EWG ist danach erforderlich, dass die betreffenden Leistungen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedsstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bzw. durch Einrichtung des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder anderen Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedsstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung, erbracht werden.

Diese Voraussetzung ist im Streitfall jedoch erfüllt. Der Europäische Gerichtshof vertritt insoweit auf der Grundlage seiner geänderten Rechtsprechung den Standpunkt, dass der Begriff Einrichtung grundsätzlich weit genug gefasst sei, um auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht zu erfassen. Habe der Gemeinschaftsgesetzgeber die Inanspruchnahme der betreffenden Befreiung nicht ausdrücklich vom Fehlen eines Gewinnstrebens abhängig gemacht, wie z.B. in Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstaben g und h der Richtlinie 77/388/EWG, könne das Streben nach Gewinnerzielung die Inanspruchnahme dieser Befreiung nicht ausschließen (vgl. EuGH-Urteil vom 26. Mai 2005 Rs.C/498/03, BFH/NV 2005, Beilage, Seite 310).

Danach räume zwar Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g der Richtlinie 77/388/EWG den Mitgliedsstaaten ein Ermessen in der Frage ein, ob sie bestimmten Einrichtungen sozialen Charakter zuerkennen. Der Einzelne könne die Eigenschaft einer Einrichtung mit sozialem Charakter nicht schon dadurch erlangen, dass er sich auf diese Bestimmung berufe. Vielmehr sei es Sache der nationalen Behörden, nach dem Gemeinschaftsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte, insbesondere unter Berücksichtigung der Praxis der zuständigen Verwaltung in ähnlichen Fällen zu bestimmen, welche Einrichtungen als Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne von Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g der Richtlinie 77/388/EWG anzuerkennen seien (vgl. EuGH-Urteil vom 26. Mai 2005 Rs.C/498/03, a.a.O.).

Dabei seien spezifische nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit zu berücksichtigen. Außerdem sei der Umstand zu beachten, ob Gemeinschaften mit den gleichen Tätigkeiten wegen des mit diesen Tätigkeiten verbundenen Gemeinwohlinteresses bereits in den Genuss einer ähnlichen Steuerbefreiung gekommen seien. Auch komme dem Umstand rechtserhebliche Bedeutung zu, ob und welche Kosten für welche Leistungen zum großen Teil von durch Gesetz errichtete Krankenkassen oder von Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen würden, zu denen die privaten Wirtschaftsteilnehmer vertragliche Beziehungen unterhielten (vgl. EuGH-Urteil vom 26. Mai 2005 Rs.C/498/03, a.a.O.).

Zu Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g der Richtlinie 77/388/EWG vertritt der Bundesfinanzhof die Auffassung, dass die Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit sozialem Charakter auch aus der Übernahme der Kosten für seine Leistungen durch Krankenkassen oder durch andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit abgeleitet werden könne. Maßgeblich sei insoweit, dass es sich in ihrer Art nach um Leistungen handele, für die die Kosten von den Sozialversicherungsträgern übernehmbar seien. Von diesen Grundsätzen sei auch für andere mit der Fürsorge oder der sozialen Sicherheit zusammenhängende Leistungen auszugehen (vgl. BFH-Urteile vom 22. April 2004 V R 1/98, BStBl 2004, 849; vom 18. August 2005 V R 71/03, a.a.O.).

Im Streitfall ist insoweit festzustellen, dass der Kläger aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit den Jugendämtern Leistungen erbringt und die Kosten mit dem Jugendamt, dem für Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe zuständigen Leistungsträger für die betreffenden Sozialleistungen, abgerechnet hat. Daraus ergibt sich bereits, dass es sich insoweit um Leistungen der sozialen Fürsorge, der Kinder- und Jugendhilfe handelt, die von öffentlichen Trägern übernommen werden und die mithin der sozialen Daseinsvorsorge im Kinder- und Jugendbereich zuzurechnen sind. Damit handelt es sich zugleich aber auch bei dem Unternehmen des Klägers um eine Einrichtung mit sozialem Charakter im Sinne der Richtlinienbestimmungen des Artikels 13 Teil A Abs. 1 Buchstaben g, h und i der Richtlinie 77/388/EWG.

5. Der Beklagte kann letztendlich sich auch nicht auf den Standpunkt stellen, dass sich aus Artikel 13 Teil A Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ergebe, dass die Gewährung der in Absatz 1 vorgesehenen Steuerbefreiung von der Erfüllung einer oder mehrerer Bedingungen abhängig gemacht werden könne. Diese Beschränkung der Befreiungsregelung hat nämlich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur Eventualcharakter. Ein Mitgliedsstaat, der es unterlassen habe, die insoweit erforderlichen Maßnahmen zu treffen, könne sich nicht auf sein eigenes Unterlassen berufen, um einem Steuerpflichtigen eine Steuerbefreiung zu verwehren, die dieser unmittelbar nach der Richtlinie 77/388/EWG in Anspruch nehmen könne (vgl. BFH-Urteil vom 18. August 2005 V R 71/03, a.a.O.).

Insoweit ist es zwar zutreffend, dass der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 28. Februar 2002 (V B 31/01, BFH/NV 2002, 957) darauf hingewiesen hat, dass die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 25 UStG nur für Leistungen der förderungswürdigen Träger und Einrichtungen der freien Jugendhilfe und der Organe der öffentlichen Jugendhilfe gelte. Förderungswürdig seien im Sinne der Vorschrift des § 4 Nr. 25 UStG danach nur die Träger der freien Jugendhilfe, die von der obersten Landesjugendbehörde oder einer von dieser beauftragten Stelle nach den Vorschriften der §§ 74, 75 SGB VIII öffentlich anerkannt worden seien, Diese Einschränkung stehe im Einklang mit der Befugnis der Mitgliedsstaaten, entsprechende einschränkende Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerbefreiung zu schaffen, und zwar gemäß Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe h i.V.m. Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie 77/388/EWG.

Da im Streitfall jedoch die Tätigkeit des Klägers bereits tatbestandlich und begrifflich nicht von der Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 25 UStG erfasst wird, sondern vielmehr weit über den dort zugrundegelegten Leistungs- und Tätigkeitsbegriff hinausgeht und vielmehr von den Steuerbefreiungsvorschriften der Buchstaben g, h und i des Artikels 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG erfasst wird, kann die für § 4 Nr. 25 UStG geltende Beschränkung der Steuerbefreiung im Streitfall auch nicht durchgreifen.

Der Gesetzgeber des nationalen, deutschen Umsatzsteuerrechts hat es vielmehr versäumt, die viel weitergehende Steuerbefreiung nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstaben g, h und i der Richtlinie 77/388/EWG, in das nationale deutsche Umsatzsteuerrecht umzusetzen.

Die lediglich für § 4 Nr. 25 UStG geltende Beschränkung auf die Träger der freien Jugendhilfe kann mithin keine Geltung für die in Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g, h und i der Richtlinie 77/388/EWG aufgeführten Steuerbefreiungstatbestände entfalten, die betreffende Beschränkung bezieht sich vielmehr allein auf Leistungen und Tätigkeiten im Sinne des § 4 Nr. 25 UStG.

III.

Damit sind die vom Kläger im Streitjahr erzielten Umsätze als insgesamt von der Umsatzsteuer befreit zu behandeln. Im Hinblick auf diese ausschließlich steuerfreien Ausgangsumsätze entfällt allerdings gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG auch die Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Die Umsatzsteuer ist daher im Streitfall auf 0,- DM herabzusetzen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

V.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

VI.

Der Senat lässt die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zu. In Anbetracht der Tatsache, dass für das vom Kläger angebotene Leistungsspektrum bislang eine höchstrichterliche Entscheidung hinsichtlich der Zuordnung zu den einzelnen Steuerbefreiungstatbeständen der Buchstaben g, h und i des Artikels 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG noch nicht vorliegt, hat der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung. Aus diesem Grunde erachtet der Senat auch zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs für erforderlich. Zudem würde der Senat für den Fall, dass die vom Kläger erbrachten Leistungen doch noch der nationalen Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 25 UStG zugeordnet werden könnten, von der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 28.02.2002 (V B 31/01, a.a.O.) abweichen, so dass bereits aus diesem Grunde die Zulassung der Revision geboten ist.



Ende der Entscheidung

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