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Gericht: Finanzgericht Köln
Beschluss verkündet am 11.05.2007
Aktenzeichen: 7 V 1438/07
Rechtsgebiete: AO, EStG, BGB, FGO, ZPO


Vorschriften:

AO § 30
AO § 31a
EStG § 18
BGB § 1004 Abs. 1 S. 1
FGO § 155
FGO § 114 Abs. 3
ZPO § 294
ZPO § 920 Abs. 1
ZPO § 920 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

7 V 1438/07

Tenor:

Dem Antragsgegner wird vorläufig untersagt, der Agentur für Arbeit die Höhe der im Jahr 2004 bezogenen Kapitaleinkünfte des Antragstellers mitzuteilen.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer beabsichtigten Auskunft des Antragsgegners an die Arbeitsverwaltung. Streitentscheidend ist die Frage, ob dem Antragsgegner eine Ermächtigung für die Erteilung der Auskunft zusteht.

Nachdem beim Antragsteller wegen dem Antragsgegner vorliegender Kontrollmitteilungen zunächst eine Umsatzsteuernachschau durchgeführt worden war, wurde diese in eine reguläre Außenprüfung wegen Einkommen- und Umsatzsteuer für die Jahre 2002 bis 2005 übergeleitet. Aufgrund neu gewonnener Erkenntnisse erweiterte der Antragsgegner in formell ordnungsgemäßer Weise die Außenprüfung auf die Jahre 1996 bis 2001. Hierbei gewährte der Antragsteller dem Antragsgegner Einsicht in seine Unterlagen, legte seine Bankauszüge vor und half mit, den Sachverhalt aufzuklären.

Der Prüfer ermittelte, dass der Antragsteller folgende - der Höhe nach unstreitige - Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 EStG erzielte, die er zum Teil nicht erklärt hatte; es handelt sich dabei um Einkünfte, die der Antragsteller aus seiner Tätigkeit als Berater und als nebenberuflicher und freiberuflicher Prüfer bei der ... erwirtschaftete:

2002: 34.621,90 €,

2003: 52.865,90 €,

2004: 49.028,81 €.

Ferner wurde bekannt, dass der Antragsteller folgende Leistungen von der Bundesagentur für Arbeit empfangen hatte:

2002: 6.749,04 €,

2003: 10.923,11 €,

2004: 16.328,01 €.

Die Außenprüfung wurde einvernehmlich abgeschlossen, wegen Einzelheiten wird auf den Bericht vom .......2007 verwiesen.

Bereits während der Prüfung hatte der Antragsgegner angekündigt, der Bundesagentur für Arbeit seien Erkenntnisse über die Höhe der freiberuflichen Einkünfte mitzuteilen. Dem wurde seitens des Antragstellers widersprochen.

Nachdem der Antragsgegner bei seiner vorgesetzten Behörde hinsichtlich der Auskunftserteilung nachgefragt hatte, wurde die - in den Steuerakten im Entwurf befindliche - Auskunft gefertigt. Danach ist vorgesehen, der Arbeitsverwaltung die Höhe der in den Jahren 2002 bis 2004 o.g. erzielten Gewinne aus selbständiger Arbeit sowie Einkünfte aus Gewerbebetrieb (3.494 €) und Einkünfte aus Kapitalvermögen des Jahres 2004 (2.244 €) mitzuteilen.

Hiergegen hat der Antragsteller den vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zur Begründung trägt er vor, dass er einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB analog gegen den Antragsgegner habe, die Auskunft zu unterlassen. Die Feststellungen, die der Antragsgegner getroffen habe, unterlägen dem Steuergeheimnis nach § 30 AO. Eine pauschale Weiterleitung sei unzulässig und verstoße gegen das Steuergeheimnis nach § 30 AO sowie das darin verankerte Recht auf Selbstbestimmung. Eine sich aus § 31a AO ergebende Mitteilungspflicht bestehe nicht. Der Antragsgegner habe in jedem Einzelfall die Voraussetzungen für die Offenbarung zu überprüfen sowie welche Auskünfte erforderlich seien und erteilt werden dürften. Dass dem Antragsteller in der Zeit, in der er arbeitslos gemeldet gewesen sei, Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit als Berater und IHK-Prüfer zuflossen, erfülle den Tatbestand des § 31a AO nicht, da dies weder den Tatbestand der Schwarzarbeit noch eine Mitteilungspflicht bei der Agentur für Arbeit zur Folge habe. Der Zufluss allein besage nichts über den Zeitpunkt der Tätigkeitsausübung. Selbst die Tätigkeitsausübung lasse den Anspruch auf Arbeitslosengeld nur dann entfallen, wenn sie mehr als 15 Stunden die Woche betrage. Dabei werde der Berechnungszeitraum aus der Sicht des Auftragnehmers für einen Zweimonatszeitraum berechnet. Im Ergebnis bedeute das, dass er - der Antragsteller - bei Annahme des Auftrages für einen Zweimonatszeitraum schätzen müsse, ob er für den Auftrag weniger als 15 Stunden die Woche arbeite. Sei dies der Fall, so werde er weiterhin als Arbeitsloser im Sinne des SGB III angesehen und habe weiterhin Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Von einem konkreten Anhaltspunkt, wie ihn § 31a AO für die Offenbarungspflicht voraussetze, könne somit keine Rede sein, insbesondere sei er - der Antragsteller - nicht während des gesamten Prüfungszeitraumes arbeitslos gemeldet gewesen. Dem Antragsgegner sei aufgrund der Außenprüfung bekannt, dass er - der Antragsteller - in dem Zeitraum von 1996 bis 2005 mehr als 6 Jahre und in dem Zeitraum von 2002 bis 2004 mehr als 40 Wochen nicht arbeitslos gemeldet gewesen sei. Außerdem sei er - der Antragsteller - seit Oktober 2004 nicht mehr arbeitslos gemeldet. Die Einnahmen oder auch nur die Tatsache von Einnahmen zu dieser Zeit dürften unter keinen Umständen weitergeleitet werden. Zudem habe es ständige Unterbrechungen zwischen der Arbeitslosigkeitsmeldung und -abmeldung gegeben. Zudem habe er in Zeiten, in denen er nicht arbeitslos gewesen sei, seine freiberuflichen Beratertätigkeiten ausgeübt, wobei ihm diese Einnahmen erst später zugeflossen seien. Solche Einnahmen rührten also aus einer Zeit, in der er nicht arbeitslos gewesen sei, so dass sie ihm daher auch nicht auf das Arbeitslosengeld anzurechen seien. Auskünfte aus diesen Zeiträumen dürften deshalb unter keinen Umständen weiter geleitet werden.

Ihm - dem Antragsteller - könne kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass ihm die Vergütungen aus den Zeiten, in denen er nicht arbeitslos gemeldet war, erst zu einem Zeitpunkt zugeflossen seien, in denen er Arbeitslosengeld bezogen habe. § 31a AO greife daher nicht ein. Anrechenbar sei die Leistung nur dann gewesen, wenn sie zu einem Zeitpunkt der Arbeitslosigkeit erzielt und auch tatsächlich zugeflossen sei.

Insbesondere die pauschale Weiterleitung ohne genaue Erarbeitung derjenigen Daten und Fakten, wann er tätig gewesen sei, ob er zu diesem Zeitpunkt Arbeitslosengeld bezogen habe und ob ihm aus dieser Tätigkeit, die im Hinblick auf eine vorausschauende Betrachtungsweise regelmäßig weniger als 15 Stunden wöchentlich betragen habe, tatsächlich eine Vergütung zugeflossen sei, sei unzulässig. Es bestehe schon kein in § 31a AO vorausgesetzter Anfangsverdacht. Werde daher eine pauschale Weiterleitung seiner Verhältnisse seitens des Antragsgegners an die Bundesagentur für Arbeit erfolgen, werde das in § 30 AO kodifizierte Recht als Konkretisierung und Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung unterlaufen werden.

Selbst die Mitteilung derjenigen Zeiträume - unterstellt, es gebe sie -, in denen er - der Antragsteller - gleichzeitig arbeitslos gemeldet, selbständig tätig gewesen sei und tatsächlich eine Vergütung für die Tätigkeit für diesen Zeitraum erhalten habe, widerspreche dem Zweck des Gesetzgebers. Bei abgeschlossener Schwarzarbeit bzw. Nichtanrechnung der Einkünfte auf das Arbeitslosengeld ohne Wiederholungsgefahr diene die Offenbarung nicht mehr der Bekämpfung, sondern lediglich ihrer Ahndung. Folglich besteht keine Befugnis zur Offenbarung, denn der Gedanke der Generalprävention widerspreche dem Zweck des Steuergeheimnisses. § 31a AO wolle lediglich weitere Steuerausfälle verhindert wissen wollen.

Es sei auch nicht das Hauptziel des Gesetzgebers, dem Antragsgegner aufzuerlegen, der Bundesagentur für Arbeit mitzuteilen, wann eventuell anrechenbare Einkünfte verdient und wann diese zugeflossen seien. Mit § 31a AO habe die illegale Beschäftigung im Baugewerbe eingedämmt werden sollen. Die Vorschrift sei daher vorliegend nicht einschlägig.

Der Antragsgegner verkenne, dass nicht automatisch jeder Leistungsbezug dazu führe, dass die Finanzverwaltung Mitteilungen an die entsprechenden Behörden leiten dürften. Der Antragsgegner müsse ausweislich des Gesetzeswortlauts prüfen, ob überhaupt die Möglichkeit der Durchführung eines Verwaltungsverfahrens i.S. des § 31a AO bestehe. Nur dann sei die Mitteilung "erforderlich". Dies gelte erst recht hinsichtlich der Mitteilung über die Kapitaleinkünfte, die in keinem Fall beim Arbeitslosengeld angerechnet würden.

Die beabsichtigte Mitteilung sei mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden und daher nach § 31a Abs. 2 Satz 2 AO unzulässig. Der Antragsgegner habe die o.g. Berechnungen für die einzelnen Zeiten durchzuführen und dabei die sozialversicherungsrechtlichen Freibeträge und anderweitige Regelungen zu beachten. Es könne nicht sein, dass steuerrechtliche Verhältnisse eines Betroffenen wegen der sozialversicherungsrechtlichen Unkenntnis des Antragsgegners offenbart würden.

Schließlich verstoße § 31a AO gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Insoweit bezieht sich der Antragsteller auf die einschlägige Kommentierung bei Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 31 Rn. 1, auf die verwiesen. Er - der Antragsteller - habe nach der Prüfungsanordnung in jeglicher Hinsicht mitgewirkt, um seine Steuerschuld festzustellen. Die daraus gewonnene Erkenntnis könne ihm nunmehr nicht entgegengehalten werden. Eine solche Handhabung gehe in keiner Hinsicht mit der Verfassung konform. Ferner stehe ihm ein Anordnungsgrund zu, weil mit der Mitteilung an die Arbeitsverwaltung sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung in nicht wiederherzustellender Weise verletzt werde und ihm dadurch unzumutbare Nachteile erwachsen würden.

Der Antragsteller beantragt,

1. dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens zu untersagen, der Bundesagentur für Arbeit pauschal mitzuteilen oder Auskünfte darüber zu erteilen, dass der Antragsteller Einkünfte aus freiberuflichen Tätigkeit erhielt;

2. dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens zu untersagen, der Bundesagentur für Arbeit pauschal mitzuteilen oder Auskünfte darüber zu erteilen, dass der Antragsteller in der Zeit, in der er arbeitslos gemeldet war, Tätigkeiten als ...-Prüfer und Berater wahrgenommen hat;

3. dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens zu untersagen, der Bundesagentur für Arbeit Auskünfte über die Art und Höhe der Einkünfte des Antragstellers aus seiner freiberuflichen Tätigkeit zu erteilen bzw. die Art und Höhe der Einkünfte des Antragstellers der Bundesagentur für Arbeit mitzuteilen;

4. hilfsweise dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens zu untersagen, der Bundesagentur Auskünfte über die Art und Höhe der Einkünfte des Antragstellers aus seiner freiberuflichen Tätigkeit zu erteilen, solange der Antragsgegner nicht die Zeiträume ermittelt hat, für die konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass die Bundesagentur für Arbeit einen Anspruch auf Rückgewähr einer Leistung aus öffentlichen Mitteln hat.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass er zu der beabsichtigten Mitteilung nach § 31a Abs. 2 AO verpflichtet sei. Ein Ausnahmefall des unverhältnismäßigen Aufwands liege nicht vor, weil die maßgeblichen Informationen bereits durch die Außenprüfung ermittelt seien.

Der Antragsteller habe selbst eingeräumt, dass er zwar derzeit keine Leistungen beziehe, sie aber bezogen habe und die Rückforderung befürchte. Ob es in dem Verwaltungsverfahren zur Rückforderung komme oder ob sich der Antragsteller mit seiner Behauptung, nicht zugleich Arbeitslosengeld bekommen und gearbeitet zu haben, durchsetze, könne dabei dahingestellt bleiben, weil die Ermöglichung einer Entscheidung ausreichend sei, ohne dass diese Entscheidung letztendlich gegen den Antragsteller ausfallen müsse. Nur durch die Kenntnis seiner - des Antragsgegners - Ergebnisse werde überhaupt eine Prüfung und Entscheidung durch die Bundesagentur für Arbeit erfolgen. Ob in gewissen Zeiträumen das Arbeitslosengeld zu Recht gewährt worden sei, ist nicht vom Antragsgegner, sondern von der Bundesagentur zu prüfen. Auf den Vortrag des Antragstellers zu den einzelnen Zeiten seiner Tätigkeit und deren sozialversicherungsrechtliche Würdigung komme es daher nicht an. Die Mitteilung sei für die Durchführung des Verwaltungsverfahrens, in dem die Bundesagentur die Rückforderung prüfen werde, erforderlich. Ohne die Mitteilung werde die Prüfung nicht erfolgen, sie sei auch ohne sie nicht möglich. Für die unberechtigte Inanspruchnahme von Leistungen hätten sich in der Außenprüfung konkrete Anhaltspunkte ergeben.

Über diese Verwaltungsmaßnahmen hinaus sei die Mitteilung auch für die Durchführung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens erforderlich, wobei dieses Verfahren als Bußgeldverfahren von der Bundesagentur für Arbeit durchzuführen bzw. einzuleiten sei. Ob es hierzu kommt, prüfe ebenfalls nicht die Finanzverwaltung. Die festgestellten Unregelmäßigkeiten genügten jedoch für die Möglichkeit, dass die mitgeteilten Tatsachen für die Durchführung eines Verfahrens erforderlich sind. Hierbei sei nicht erforderlich, dass sich ein strafrechtlicher Anfangsverdacht ergebe.

Dem stehe nicht entgegen, dass der Vorgang beendet und eine Wiederholung nicht zu besorgen sei. Denn wenn sich der Antragsteller in der Vergangenheit wiederholt trotz anderweitiger Einkünfte arbeitslos gemeldet habe, könne dies auch in Zukunft vorkommen. Ohne Meldung werde die Arbeitsagentur dies nicht prüfen. Es bestehe daher Wiederholungsgefahr. Unerheblich sei, dass der Antragsteller zur Zeit kein Arbeitslosengeld beziehe.

Zudem folge aus § 31a Abs. 1 b AO selbst, dass keine Wiederholungsgefahr zur Anwendung des erforderlich sei.

Die beabsichtigte Mitteilung sei nicht als pauschal zu werten. Es würden lediglich für die Zeiträume 2002 bis 2004 Mitteilungen gemacht, nicht für die übrigen Prüfungsjahre. Nach seinem eigenen Vorbringen sei der Antragsteller in jedem dieser drei Jahre arbeitslos gemeldet gewesen. Die Mitteilung werde nicht dadurch "pauschal", dass die Arbeitsagentur noch genauere Prüfungen in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich vorzunehmen habe.

§ 31a AO verstoße nicht gegen das GG. Soweit der Antragsteller sich hierzu auf die Kommentierung in Tipke/Kruse (a.a.O.) bezögen, sei dem nicht zu folgen. Selbst das BVerfG lasse bestimmte Ausnahmen bei der Durchbrechung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu.

Der Antragsteller habe auch keinen Anordnungsgrund dargelegt. Schließlich werde bei einer Stattgabe des Antrags das Ergebnis der Hauptsache vorweggenommen.

II.

Der Antrag ist teilweise begründet.

1. Der Senat versteht das Begehren des Antragstellers entgegen seinem umfangreichen Antrag dahingehend, dass nicht nur die von ihm erzielten freiberuflichen Einkünfte, sondern auch die übrigen Einkünfte, die der Antragsgegner der Arbeitsverwaltung mitteilen möchte, als Minus vom Antrag mit umfasst sind. Dies ergibt sich mittelbar aus dem Schriftsatz vom 17.04.2007.

2. Der Antrag ist begründet, soweit der Antragsgegner beabsichtigt, der Arbeitsverwaltung die Einkünfte des Antragstellers aus Kapitalvermögen für das Jahr 2004 mitzuteilen. Der Antragsteller weist insoweit zutreffend darauf hin, dass das Arbeitslosengeld I ein reine Versicherungsleistung ist, die unabhängig vom Vermögen des Antragstellers geleistet wird.

Nach § 114 Abs. 1 Satz 1 FGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern (Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in jedem Fall, dass der im Hauptverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer Regelung (Anordnungsgrund) bezeichnet und glaubhaft gemacht werden (§ 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 920 Abs. 1, 2 ZPO). Bezeichnung und Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs bedeuten, dass die Antragstellerin den Anspruch rechtlich schlüssig darlegen und dessen tatsächliche Voraussetzungen glaubhaft machen muss (§ 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO).

Vorliegend begehrt der Antragsteller den Erlass einer Regelungsanordnung, denn durch die gerichtliche Anordnung möchte er die Weiterleitung von Informationen über möglicherweise zur Rückzahlung von Sozialleistungen führende Vorgänge durch den Antragsgegner an die zuständigen Sozialbehörde verhindern und damit die Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erreichen.

a) Dem Antragsteller steht ein Anordnungsgrund zu. Denn es ist anerkannt, dass die Mitteilung von nach § 30 AO geschützten Rechtverhältnissen einen grundrechtsgleichen Eingriff darstellt, der bei - wie im Streitfall gegeben - vorhandener Eilbedürftigkeit nicht anders als durch Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewehrt werden kann (BFH-Beschluss vom 15.02.2006 I B 87/05, BFH/NV 2006, 1175).

b) Dem Antragsteller steht insoweit auch ein Anordnungsanspruch zu.

Nach der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung - welcher sich der beschließende Senat anschließt - ist als Grundlage für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB - in analoger Anwendung - i.V.m. § 30 AO anerkannt (BFHBeschluss vom 29.04.1992 I B 12/92, BFHE 167, 11, BStBl II 1992, 645). Der Antragsteller hat gegen den Antragsgegner insoweit einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der beabsichtigten Mitteilung wegen der Kapitaleinkünfte 2004. Er muss es nicht analog nach § 1004 Abs. 2 BGB dulden, dass sich der Antragsgegner an die zuständige Sozialbehörde wendet. Die Offenbarung ist insoweit nicht nach § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO durch Gesetz ausdrücklich gestattet. Denn die Voraussetzungen des § 31a Abs. 1 AO liegen insoweit nicht vor.

Nach § 31a Abs. 1 Nr. 1 lit. b) bb) AO ist die Offenbarung der nach § 30 geschützten Verhältnisse des Betroffenen u.a. zulässig, soweit sie für die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens mit dem Ziel der Entscheidung über Rückforderung oder Belassen einer Leistung aus öffentlichen Mitteln erforderlich ist.

Die Offenbarung ist hinsichtlich der Kapitaleinkünfte für das Jahr 2004 nicht erforderlich i.S. dieser Vorschrift. Denn nach § 118 SGB III besteht beim Arbeitnehmer ein Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, wenn er arbeitslos ist, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hat. Diese Voraussetzungen waren augenscheinlich erfüllt, denn die dem Senat vorliegende Bescheinigung der Agentur für Arbeit .......-......... vom 18.04.2004 weist nur den Bezug von Arbeitslosengeld und nicht von Arbeitslosenhilfe aus. Nur bei letzter käme eine Anrechnung von Vermögen in Betracht. Weitere Voraussetzungen wie die Anrechnung von Nebeneinkommen sieht das SGB III nur im Fall des § 141 SGB III bei bestimmten Tätigkeiten vor, die vorliegend nicht gegeben sind.

3. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.

Hinsichtlich seiner freiberuflichen Einkünfte für alle Jahre und seiner gewerblichen Einkünfte für 2004 muss der Antragsteller die Offenbarung nach § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO hinnehmen; denn sie ist gesetzlich gestattet. Die Voraussetzungen des § 31a Abs. 1 AO liegen insoweit vor. Die Offenbarungsbefugnis folgt aus der bereits o.g. Regelung des § 31a Abs. 1 Nr. 1 lit. b) bb) AO. Denn die Mitteilung ist erforderlich, zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens mit dem Ziel der Entscheidung über Rückforderung oder Belassen einer Leistung aus öffentlichen Mitteln.

a) Der Antragsteller ist Betroffener der zu offenbarenden Verhältnisse. Die Agentur für Arbeit ist nach § 19 SGB I die zuständige Behörde, an welche die Mitteilung zu richten ist.

b) Der Antragsteller hat in Form des Arbeitslosengeldes Sozialleistungen bezogen. Denn Sozialleistungen sind Ansprüche, die auf Grund der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit geltend gemacht werden können (vgl. § 1 Abs. 1 SGB I i.V. mit § 117 SGB III).

c) Die beabsichtigte Mitteilung ist zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens mit dem Ziel der Entscheidung über Rückforderung oder Belassen einer Leistung aus öffentlichen Mitteln erforderlich.

Der Antragsteller hat während der Jahre 2002 bis 2004 ausweislich der von ihm selbst vorgelegten der Bescheinigung der Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld bezogen (Bl. 62 FG-Akte). Im Hinblick auf seine nicht unbeachtlichen Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit in diesen Jahren, die durch die Außenprüfung einvernehmlich ermittelt worden sind, und auch wegen der gewerblichen Einkünfte im Jahr 2004 bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller das Arbeitslosengeld in diesen Jahren zumindest teilweise zu Unrecht bezogen haben könnte. Dies ist für eine Mitteilung ausreichend, denn nach nahezu übereinstimmender Auffassung ist das Bestehen eines konkreten Tatverdachts im strafprozessualen Sinn nicht notwendig (Hellwig in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 31a AO Rn. 28 zur Vorgängervorschrift des § 31a Abs. 3 AO; Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 31a AO Tz. 8; Rüsken in Klein, AO, 6. Aufl. 2006, § 31a Rn. 5; Blesinger in Kühn/v.Wedelstädt, AO/FGO, § 31a AO Rn. 7; Burchert, INF 2006, 237; Helmschroth/Eberhart, DStR 1994, 481; Dißars, DStR 1997, 1753, beide zum früheren § 31a Abs. 3 AO). In gleicher Weise wird § 31a Abs. 1 AO auch von der Finanzverwaltung ausgelegt (AEAO zu § 31a Tz. 1, 4.3).

Dabei ist es nicht Aufgabe des Antragsgegners, die genauen Zeiten der Arbeitslosigkeit mit den jeweiligen Geldzuflüssen abzugleichen. Dies ist allein Sache der Arbeitsverwaltung. Denn § 31a Abs. 1 AO führt nicht zu einer Aufgabenerweiterung der Finanzverwaltung. Ob es tatsächlich zu einer vollständigen oder ggf. teilweisen Rückforderung des Arbeitslosengeldes kommt, muss nach der gesetzlichen Aufgabenverteilung allein die Arbeitsverwaltung prüfen. Der Antragsgegner stößt die Prüfung mit seiner Mitteilung nur an.

Die vom Antragsteller vorliegend verneinte "Erforderlichkeit" der Auskunftserteilung liegt ebenfalls vor. Der Senat folgt der Ansicht von Tormöhlen (in Beermann, AO/FGO, § 31a AO Rn. 40), wonach die Erforderlichkeit der Mitteilung bereits dann gegeben ist, wenn sie conditio sine qua non für die Einleitung eines betreffenden behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens i.S. des § 31a Abs. 1 AO ist. Dies ist vorliegend gegeben. Denn eine anderweitige rechtmäßige Aufdeckung des potenziellen Leistungsmissbrauchs als durch die Mitteilung des Antragsgegners ist vorliegend ausgeschlossen. Die beabsichtigte Mitteilung des Antragsgegners versetzt die zuständige Behörde damit erstmals in die Lage, ein entsprechendes Verwaltungsverfahren in Gang zu setzen. In diesem neuen Verfahren muss die Arbeitsverwaltung sodann entscheiden, ob die dem Antragsteller in den Jahren 2002 bis 2004 gezahlten Beträge an Arbeitslosengeld belassen oder zurückgefordert werden. Dazu ist sie auf die Mitteilung über die Höhe der vom Antragsteller erzielten Einkünfte aus freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit angewiesen.

d) Der Senat teilt nicht die Auffassung des Antragstellers, dass im Streitfall die beabsichtigte Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand beim Antragsgegner verursachen würde, so dass die Mitteilung nach § 31a Abs. 2 Satz 3 AO nicht erteilt werden müsste. Abgesehen davon, dass in diesem Fall nur die Pflicht zur Mitteilung aufgehoben ist - so dass der Antragsgegner im Rahmen einer zu treffenden Ermessensentscheidung gleichwohl die Auskunft freiwillig erteilen könnte -, ist im Streitfall kein unverhältnismäßiger Aufwand beim Antragsgegner zu erkennen. Denn sowohl die Leistungsbezüge als auch die im Rahmen der Außenprüfung ohnehin ermittelten freiberuflichen Einkünfte des Antragstellers sind bekannt und erfordern keine weiteren Ermittlungsmaßnahmen seitens des Antragsgegners.

Soweit der Antragsteller davon ausgeht, dass der Antragsgegner die Zeiten der Arbeitslosigkeit und diejenigen der Betätigung sowie des Geldzuflusses einander zuordnen müsste, wird auf die o.g. Ausführungen verwiesen.

e) Ein vorheriges Auskunftsersuchen der Arbeitsverwaltung ist nicht notwendig (Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 31a AO Tz. 8; Rüsken in Klein, a.a.O., § 31a Rn. 5). Der Gesetzeswortlaut verlangt dies nicht. Ebenso ist es nach Auffassung des Senats nicht erforderlich, dass durch die zuständige Behörde bereits vor der Auskunftserteilung ein entsprechendes Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt worden ist. Denn der Gesetzeswortlaut, auf den sich der Antragsteller insoweit bezieht, regelt in § 31a Abs. 1 Nr. 1 lit. a) AO die "Bekämpfung der Schwarzarbeit". Der Senat kann offen lassen, ob damit gemeint sein könnte, dass tatsächlich ein vorheriges anderweitiges Verfahren eingeleitet sein und ob insoweit Wiederholungsgefahr bestehen muss. Denn diese Vorschrift ist vorliegend nicht einschlägig.

4. Die Regelung des § 31a AO ist nach Überzeugung des Senats auch nicht verfassungswidrig. Der Senat folgt damit nicht der gegenteiligen Ansicht von Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 31 AO Tz. 1. Denn die Einführung des früheren § 31a Abs. 3 AO bzw. die Neufassung des § 31a AO insgesamt beruht auf einer zulässigen gesetzgeberischen dahin gehenden Wertung, dass das Steuergeheimnis als Ausfluss des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung eingeschränkt wird, um einen Missbrauch von Sozialleistungen zu verhindern. So wird in der Gesetzesbegründung zur Einführung des früheren § 31a Abs. 3 AO, der erstmalig eine Mitteilung an die zuständigen Behörden regelte, ausdrücklich ausgeführt (BT-Drs. 12/5940, 23):

Die Vorschrift ... gestattet den Finanzbehörden die Offenbarung der nach § 30 AO geschützten Verhältnisse des Betroffenen auch dann, wenn sich aus ihnen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Betroffene staatliche Leistungen oder Leistungen von Sozialversicherungsträgern zu Unrecht in Anspruch nimmt oder genommen hat. Die Vorschrift soll der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Sozialleistungen entgegenwirken und verhindern, dass Personen, die Sozialleistungen mißbräuchlich in Anspruch nehmen, durch das Steuergeheimnis vor der Aufdeckung und der strafrechtlichen Verfolgung des Leistungsmißbrauchs geschützt werden.

Zum Entwurf der heutigen Gesetzesfassung führt die Gesetzesbegründung aus (BR-Drs. 1086/01, 42):

Den Grundsätzen des Datenschutzes ist durch die Einschränkung auf die Erforderlichkeit der Datenübermittlung für die Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs Rechnung getragen.

In der Rechtsprechung des BVerfG ist anerkannt, dass Gründe für eine Durchbrechung des einmal gewählten Ordnungsprinzips, um überzeugend zu sein, in ihrem Gewicht der Intensität der Abweichung von der zugrunde gelegten Ordnung entsprechen (BVerfG- Beschluss vom 15.05.1984 1 BvR 464/81, 1 BvR 427/82, 1 BvR 440/82, 1 BvR 605/81, BVerfGE 67, 70). Ferner ist es als ausreichend angesehen worden, dass die Durchbrechung eines Prinzips aus "objektiven Gründen" (BVerfG-Beschluss vom 11.02.1992 1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238) oder vernünftigen bzw. einleuchtenden Gründen (BVerfG-Beschluss vom 09.12.2003 1 BvR 558/99, BVerfGE 109, 96) erfolgte. Die o.g. Gesetzesbegründungen sind als derartige Erwägungen anzusehen. Der Gesetzgeber hat im Grunde seit 1993 immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass der Leistungsmissbrauch nicht durch das Steuergeheimnis gedeckt werden soll, sondern dass im Gegenteil eine Durchbrechung des Steuergeheimnisses zur Verhinderung des Leistungsmissbrauchs zulässig sei. Damit hat der Gesetzgeber selbst eine Wertung vorgenommen, die nicht per se verfassungswidrig ist. Dieser gesetzgeberischen Wertung ist zu folgen. Denn sie beinhaltet ihrerseits schon eine Güterabwägung zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Form des Steuergeheimnisses nach § 30 AO und dem Interesse der Allgemeinheit an der Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs, dem der Vorrang vor dem Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen eingeräumt worden ist. Damit sollte ein "Verstecken hinter dem Steuergeheimnis" insoweit nicht mehr möglich sein.

5. Der Antragsgegner war auch nicht gehalten, über die beabsichtigte Auskunftserteilung eine Ermessenentscheidung herbeizuführen. Denn nach § 31 Abs. 2 Satz 1 AO sind die Finanzbehörden in den Fällen des Absatzes 1 verpflichtet, der zuständigen Stelle die jeweils benötigten Tatsachen mitzuteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Der Antragsgegner ist nur zu einem ganz geringfügigen Teil unterlegen.

Die Beschwerde wird in entsprechender Anwendung des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.



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