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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 05.02.2009
Aktenzeichen: 9 K 3686/07
Rechtsgebiete: AO, BewG, GG


Vorschriften:

AO § 5
AO § 163 Abs. 1
AO § 227 Abs. 1
BewG § 97 Abs. 1
BewG § 97 Abs. 1a
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Erbschaftsteuerbescheide vom 20. Dezember 2007 werden geändert. Dem Beklagten wird aufgegeben die Erbschaftsteuer unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu berechnen und den Klägerinnen neu bekannt zu geben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit diese nicht zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerinnen begehren den Erlass der gegen sie festgesetzten Erbschaftsteuer gemäß §§ 163, 227 Abgabenordnung (AO).

Die Klägerinnen wurden aufgrund notariellen Testaments vom 13. April 1999 von ihrem am 00.00.2000 verstorbenen Vater, Herrn S, dem Erblasser, zu je 1/3 Anteil als Miterbinnen eingesetzt. Aufgrund dieses Erwerbs von Todes wegen wurde durch geänderte Erbschaftsteuerbescheide vom April 2003 gegen die Klägerin zu 1. eine Erbschaftsteuer in Höhe von 51.246,79 €, gegen die Klägerin zu 2. eine Erbschaftsteuer in Höhe von 94.103,27 € sowie gegen die Klägerin zu 3. eine Erbschaftsteuer in Höhe von 17.322,57 € festgesetzt.

Bei der Berechnung der Erbschaftsteuer wurden neben verschiedenen Grundstücken, deren Wertigkeit vorliegend nicht im Streit ist, der vom Erblasser gehaltene Kommanditistenanteil an der F GmbH & Co. KG mit einem Steuerwert in Höhe von 1.100.648 DM in Ansatz gebracht.

Von dem Gesamtnachlass in Höhe von 3.429.747 € wurden Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 2.493.817 € abgesetzt. Der sich hieraus ergebende Reinnachlass in Höhe von 935.330 DM entfiel sodann in Höhe von jeweils 1/3, mithin 311.976 DM auf die Klägerinnen. Die unterschiedliche Höhe der festgesetzten Erbschaftsteuer resultierte dabei aus dem Ansatz von Vorerwerben, die bei der Klägerin zu 1. mit 756.250 DM, bei der Klägerin mit 1.156.182 DM und bei der Klägerin zu 3. mit 396.092 DM in Ansatz zu bringen waren.

Gegen die ursprünglichen Erbschaftsteuerbescheide vom 16. August 2002 hatten die Klägerinnen bereits fristgerecht Einspruch eingelegt und dabei u.a. geltend gemacht, dass der Ansatz eines Wertes des Kommanditistenanteils des Erblassers an der F GmbH & Co. KG nicht gerechtfertigt sei, da die Kommanditgesellschaft zum Todestag bereits völlig überschuldet gewesen sei. Die Kommanditgesellschaft sei lediglich durch ständige Geldeinlagen des Erblassers am Leben erhalten worden. Dies spiegele sich auch in den Bilanzen wider. So weise die Bilanz der F GmbH & Co. KG zum 31.12.1999 ein negatives Eigenkapital in Höhe von 652.395 DM aus. Beim Gesamtkapital der Gesellschafter der Kommanditgesellschaft entfalle auf den Erblasser ein positives Kapitalkonto in Höhe von 1.086.804 DM. Die Kapitalkonten der beiden weiteren Kommanditisten hätten hingegen einen negativen Wert mit 793.549 DM sowie 983.382 DM.

Wegen der Überschuldung der Kommanditgesellschaft dürfe für Zwecke der Erbschaftsteuerfestsetzung nicht von den Bilanzwerten ausgegangen werden, da die Beteiligung des Erblassers an der Kommanditgesellschaft zum Todestag nicht werthaltig gewesen sei und hieraus keine positiven Erbansprüche abgeleitet werden könnten. Hilfsweise sei eine Bilanz auf den Todeszeitpunkt zu erstellen und zugrunde zu legen. Dabei müsse die Bewertung mit Zerschlagungswerten erfolgen, da von einer Überschuldung der Kommanditgesellschaft bereits zum Todeszeitpunkt auszugehen sei. Darüber hinaus sei im Jahre 2002 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kommanditgesellschaft mangels einer die Kosten des Insolvenzverfahrens deckenden Masse erst gar nicht eröffnet worden.

Der in Ansatz gebrachte Beteiligungswert stelle auf der Grundlage des mangels Masse eingestellten Insolvenzverfahrens eine rein buchwertbezogene Größe dar, die unter der einzigen Prämisse stehe, die Firma weiterzuführen und den ausgewiesenen Kapitalanteil aus zukünftigen Gewinnen zu realisieren. Dies sei nach der Insolvenz jedoch endgültig ausgeschlossen gewesen. Bei Kenntnis der fehlenden Unternehmensfortführung hätte somit auch eine Teilwertabschreibung in den Bilanzen der Gesellschaft stattfinden können, so dass erhebliche Verluste entstanden wäre, die die zu übernehmenden Kapitalkonten gemindert hätten.

Der Einspruch der Klägerinnen gegen die Erbschaftsteuerfestsetzung wurde vom Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom 2. Januar 2004 als unbegründet zurückgewiesen.

Dabei stellte der Beklagte im Wesentlichen darauf ab, dass gemäß § 12 Abs. 5 Satz 2 Erbschaftsteuergesetz(ErbStG) für den Bestand und die Bewertung von Betriebsvermögen grundsätzlich die Vorschriften der §§ 95 bis 100, 103 bis 105 sowie 108 und 109 Abs. 1 und 4 Bewertungsgesetz (BewG) entsprechend anzuwenden seien. Nach § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG bildeten einen gewerblichen Betrieb und daher Betriebsvermögen u.a. alle diejenigen Wirtschaftsgüter, die inländischen Kommanditgesellschaften gehörten. Da die Wirtschaftsgüter des Personengesellschaftsvermögens mehreren Personen zur gesamten Hand zustünden, sei der Wert auf die Gesellschafter nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen. Die Verteilung des Vermögens einer Personengesellschaft auf die Gesellschaft erfolge in erster Linie nach dem Vermögensanteil der Gesellschafter am Gesamthandsvermögen. Danach sei zur Bestimmung des Vermögensanteils des einzelnen Gesellschafters an der Gesellschaft dessen Mitgliedschaft in allen ihren vermögensbezogenen Beziehungen zu den Mitgliedschaften der anderen Gesellschafter ins Verhältnis zu setzen. Zur Ermittlung des Beteiligungsverhältnisses am Substanzwert sei von den Kapitalkonten der Gesellschafter in der Handelsbilanz auszugehen. Dabei müssten die Kapitalkonten so verändert werden, dass sie das nach gesellschaftsrechtlichen Regeln auf den einzelnen Gesellschafter entfallende tatsächliche Gesellschaftsvermögen hinreichend zutreffend wiedergäbe. Hierzu seien die Kapitalkonten in der Weise zu berichtigen, dass zunächst das Mehrvermögen sowie Anteile an einem eventuell vorhandenen Firmenwert dem Kapitalkonto der einzelnen Gesellschafter nach dem Gewinnverteilungsschlüssel zugerechnet würden. Nach dieser klaren Gesetzeslage und eindeutigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei die betragsmäßige Ermittlung selbst unter Anpassung der Werte vom Bilanzstichtag 31.12.1999 bis zum Todestag 00.00.2000 nicht zu beanstanden.

Es sei zwar zutreffend, dass die Kommanditgesellschaft bereits zum Todeszeitpunkt überschuldet gewesen sei und eine Weiterführung der Kommanditgesellschaft durch die spätere Insolvenz tatsächlich nicht stattgefunden habe. Jedoch seien für die Erbschaftsteuer die tatsächlichen Verhältnisse zum Todestag (Stichtagsprinzip) maßgeblich. Zum Stichtag seien jedoch keine Maßnahmen ergriffen worden. So sei die Kommanditgesellschaft bis zur Insolvenz im Jahre 2002 fortgeführt worden und auch die Bilanzierung zumindest bis zum 31.12.2001 unverändert weitergeführt worden.

Gegen diese Einspruchsentscheidung erhoben die Klägerinnen fristgerecht Klage, die vor dem erkennenden Senat zum Az.: 9 K 438/04 geführt wurde. In diesem Verfahren machten die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, dass die Kommanditgesellschaft, an der der Erblasser als Kommanditist beteiligt gewesen sei, zum Todeszeitpunkt bereits überschuldet gewesen sei. Die Verluste seien jedes Jahr durch Einlagen des Erblassers ausgeglichen und damit finanziert worden, weshalb sich dessen Kapitalkonto nach und nach erhöht habe. Das Kapitalkonto des verstorbenen Gesellschafters sei auch die einzige Vermögensposition, die vom Beklagten entsprechend § 97 Abs. 1 a Nr. 2 BewG herangezogen werden könne, weiteres Betriebsvermögen habe es nicht gegeben.

Im Laufe des Klageverfahrens wies das Gericht die Klägerinnen darauf hin, dass der Beklagte den Steuerwert des Anteils des Erblassers am Betriebsvermögen der F GmbH & Co. KG nach Maßgabe des § 12 Abs. 5 ErbStG in Verbindung mit den dort genannten Vorschriften des Bewertungsgesetzes unter Beachtung der gesetzlich zwingenden Vorgaben zutreffend ermittelt habe.

Vor dem Hintergrund dieses gerichtlichen Hinweisschreibens des Gerichts nahmen die Klägerinnen die Klage zurück.

Sie beantragten sodann, die Erbschaftsteuer insoweit zu erlassen, als der Kommanditanteil des Erblassers mit einem Steuerwert von 1.100.648 DM in Ansatz gebracht worden sei.

Dieser Antrag wurde vom Beklagten abgelehnt.

Hiergegen legten die Klägerinnen fristgerecht Einspruch ein, den der Beklagte als unbegründet zurückwies.

Dabei stellte der Beklagte im Wesentlichen darauf ab, dass im Rahmen des ihm für eine Erlassentscheidung zustehenden Ermessensspielraums nicht erkennbar sei, dass eine sachliche Unbilligkeit vorliege und aus diesem Grunde ein teilweiser Erlass der Erbschaftsteuerfestsetzungen geboten sei. Ausgehend von den vorliegenden Bilanzen sei eine zutreffende Wertermittlung des Betriebsvermögens erfolgt und nach den geltenden Vorschriften der Besteuerung zugrundegelegt worden. Erwerbsgegenstand im Rahmen des Nachlasses sei der übertragene Anteil am Betriebsvermögen, der in dem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert des Anteils bestehe. Dazu sei zunächst der Gesamtsteuerwert des Gesellschaftsvermögens festzustellen und dann anteilig dem Erwerber im Rahmen des Nachlasses zuzuordnen. Nach diesen Grundsätzen komme dem Hinweis auf die Überschuldung der Kommanditgesellschaft und damit auf eine abweichende Bewertung mit 0 DM aufgrund der vorliegenden Bilanz keine Bedeutung zu.

Entgegen der Auffassung der Klägerinnen rechtfertige auch die spätere Insolvenz des ererbten Betriebsvermögens keinen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen. Der Gesetzgeber habe mit dem Stichtagsprinzip eine klare Regelung getroffen, die im Streitfall einschlägig sei.

Im Rahmen ihrer hiergegen fristgerecht erhobenen Klage machen die Klägerinnen geltend, dass die Kommanditgesellschaft im Zeitpunkt des Erbanfalls überschuldet und rein tatsächlich mit 0 DM/€ zu bewerten gewesen sei. Die Anknüpfung an die Bilanzwerte nach dem Bewertungsgesetz führe zu einem fiktiven Wert, der seitens des Beklagten für erbschaftssteuerliche Zwecke herangezogen werde. Tatsächlich liege jedoch ein Auseinanderfallen zwischen tatsächlichem Verkehrswert und fiktivem Verkehrswert vor.

Im Streitfall gehe es um die Widerlegung der Wertfeststellung des Betriebsvermögens nach § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG. So habe es der Bundesfinanzhof in anderem Zusammenhang zugelassen, dass die gesetzliche Bewertung nach dem Bewertungsgesetz widerlegt werde könne und der nachgewiesene tatsächliche Wert maßgeblich sei. Entscheidend für die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens sei das Verbot der Übermaßbesteuerung, das eine verfassungskonforme Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen des Bewertungsgesetzes gestatte.

Im Streitfall sei für die Erlassentscheidung insbesondere zu berücksichtigen, dass der Beklagte einen unzutreffenden Sachverhalt und eine falsche Rechtsauslegung seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe, die infolgedessen ermessensfehlerhaft sei. So habe der Beklagte den Erlass der Erbschaftsteuer mit dem Hinweis auf das Stichtagsprinzip des Erbschaftsteuergesetzes abgelehnt. Im Streitfall gehe es jedoch gerade nicht um das Stichtagsprinzip, sondern vielmehr darum, dass die vom Gesetz typisierte Bewertung nach dem Bewertungsgesetz den tatsächlichen Gegebenheiten und Wertigkeiten nicht gerecht werde. Insbesondere habe der Beklagte bei seiner Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt, dass gerade verfassungsrechtliche Wertungen und Gesichtspunkte eine sachliche Unbilligkeit begründen könnten.

Die typisierenden Bewertungsvorschriften führten im Streitfall jedenfalls zu einer Bewertung, die tatsächlich unstreitig zum Stichtag nicht gegeben gewesen sei. Dies habe vorliegend zur Folge, dass bei den Klägerinnen keine Bereicherung eingetreten sei. Aus diesem Grunde müssten die Klägerinnen aus ihrem persönlichen Vermögen und nicht aus dem der Besteuerung unterliegenden Vermögenszuwachs die entstehende Steuerschuld bezüglich des Kommanditanteils bezahlen. Dies sei verfassungsrechtlich als Verstoß sowohl gegen die Eigentumsbestandsgarantie des Art. 14 Grundgesetz (GG) als auch gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 GG anzusehen. Denn insoweit werde nicht die Leistungsfähigkeit besteuert. Im Streitfall komme es vielmehr zu einem gravierenden Auseinanderfallen zwischen tatsächlichem und typisiertem Wert und mithin zu einer verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung.

Soweit der Beklagte behaupte, der Gesetzgeber habe bewusst eine derartige typisierende Regelung hingenommen, so sei auch dies unzutreffend. Die Typisierung sei sicherlich vom Gesetzgeber bewusst aus Vereinfachungsgründen gewählt worden. Damit habe er jedoch nicht alle konkreten Folgen im Einzelfall hingenommen. In Fällen, wie dem vorliegenden, sei vielmehr ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen geboten, da die nunmehr eingetretene gesetzliche Folge nicht mit den gesetzgeberischen Zielen im Einklang stehe.

Aus den dem Beklagten vorliegenden Jahresabschlüssen der Gesellschaft ergebe sich, dass ebenso wie im Jahr 1999 auch in den Jahren 2000 und 2001 hohe Fehlbeträge von der Kommanditgesellschaft erzielt worden seien. Bis zu seinem Ableben seien die Verluste der Kommanditgesellschaft stets durch Einlagen des Erblassers ausgeglichen worden, weshalb sich dessen Kapitalkonto stets erhöht habe. Vor diesem Hintergrund sei die Kommanditbeteiligung des Erblassers nichts wert, da der sich aus dem Kapitalkonto ergebende Wert von der Kommanditgesellschaft nicht mehr habe erwirtschaftet werden können. Das Kapitalkonto sei offensichtlich nicht werthaltig gewesen. Dies belege letztlich auch der Umstand, dass die Kommanditgesellschaft ohne Einlagen des Erblassers durch die Erben eingestellt und das Insolvenzverfahren mangels Masse erst gar nicht eröffnet worden sei. Es könne deshalb als sehr wahrscheinlich gelten, dass zum Stichtag ein Dritter für die Gesellschaftsanteile auch keinen Kaufpreis bezahlt hätte. Die Kommanditgesellschaft sei aus lediglich persönlichen und subjektiven Gründen von dem Erblasser fortgeführt wurden. Dies habe nicht ansatzweise etwas mit dem Wert der Kommanditgesellschaft zu tun gehabt.

Aus den vorliegenden Umständen könne objektiv entnommen werden, dass die Kommanditgesellschaft bereits vor dem Tod des Erblassers und vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirtschaftlich nichts wert gewesen sei und damit keinerlei Bereicherung der Klägerinnen ausgelöst habe.

Die Klägerinnen beantragen,

die Erbschaftsteuer nach §§ 163, 127 AO insoweit zu erlassen, als sie auf dem Ansatz eines Steuerwerts i.H. von 1.100.648 DM für den Kommanditanteil des Erblassers an der F GmbH & Co. KG beruht.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er weist darauf hin, dass im vorliegenden Verfahren auf Steuererlass nicht die materielle Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung als solche angegriffen werden könne, sondern lediglich Umstände geltend gemacht werden könnten, die für eine persönliche oder sachliche Unbilligkeit der ansonsten zutreffenden Steuerfestsetzung sprächen.

Die Klägerinnen griffen jedoch in erheblichem Maße die Rechtmäßigkeit und Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen zur Bewertung von Anteilen an Personengesellschaften an.

Ein Billigkeitserlass nach § 163 AO scheide im Streitfall schon deshalb aus, weil es nicht um eine typisierende Bewertung gehe, sondern die vom Beklagten vorgenommene Bewertung auf den tatsächlichen Bilanzwerten beruhe, so wie diese sich aus den Jahresabschlüssen der betreffenden Kommanditgesellschaft ergäbe.

Nach Auffassung des Beklagten spiele im Streitfall das Stichtagsprinzip sehr wohl eine bedeutende Rolle. Die von den Klägerinnen geltend gemachten Wertveränderungen des Kommanditistenanteils seien nämlich erst nach dem Stichtag eingetreten und damit unbeachtlich. Ein tatsächlicher Nachweis der geringeren Werthaltigkeit des Kommanditistenanteils bereits auf den Todeszeitpunkt sei von den Klägerinnen weder bei der Erbschaftsteuerfestsetzung noch nunmehr im Rahmen der begehrten Billigkeitsmaßnahme geführt worden.

So sei z.B. die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse erst zum 29.05.2002 erfolgt und mithin ca. zwei Jahre nach dem Todestag. Von daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kommanditistenanteil bereits zum Todeszeitpunkt nicht mehr werthaltig gewesen sei.

Im Streitfall werde auch nicht gegen das Übermaßverbot verstoßen. Denn dieses sei nur dann verletzt, wenn die Folgen einer schematisierenden Belastung extrem über das normale Maß hinausgingen. Dies könne im Streitfall schon aus dem Grunde nicht zutreffen, da die vorgenommene Wertableitung des Kommanditistenanteils aus den Bilanzen keine typisierende Regelung darstelle.

Zu beachten sei weiterhin, dass der Erblasser in seiner Person den Geschäftsbetrieb des ... nicht unbeachtlich geprägt habe, was auch an seinen hohen Finanzeinlagen erkennbar gewesen sei, die letzten Endes den angesetzten Wert des Kommanditistenanteils ausgemacht hätten. Denn hätte der Erblasser die betreffenden privaten Einlagen in die Kommanditgesellschaft nicht getätigt, hätte er einen entsprechend höheren Bestand an privatem Kapitalguthaben vorzuweisen gehabt, der in den Nachlass gefallen wäre. Letztlich könne es daher dahingestellt bleiben, in welcher Gestalt die Finanzmittel des Erblassers in den Nachlass gefallen seien. Der Erblasser habe jedenfalls durch seine Einlagen den Schuldenstand der Kommanditgesellschaft vermindert, sodass sein Kapital im Betrieb gebunden gewesen sei. Bezogen auf den Anteil des Erblassers sei damit von der Werthaltigkeit durch die Kapitaleinlagen, wenn auch durch Verminderung der Schulden bzw. Forderungen, auszugehen. Eine Übermaßbesteuerung liege jedenfalls nicht vor, da die Geldmittel des Erblassers zutreffend im Nachlass zu erfassen seien. Ob die Erfassung im Rahmen eines positiven Kommanditistenanteils aufgrund der Einlagen in den Betrieb oder im Falle der Nichteinlage in das Betriebsvermögen als private Kapitalanlagen zu erfolgen habe, könne dahingestellt bleiben. Maßgeblich sei, dass Geldmittel vorhanden gewesen seien, die im Rahmen des Erbfalls nunmehr besteuert würden.

Der Beklagte hat am 20. Dezember 2007 aus für das vorliegende Verfahren nicht bedeutsamen Gründen geänderte Erbschaftsteuerbescheide erlassen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist begründet.

Zu Unrecht hat es der Beklagte abgelehnt, die auf die Kommanditbeteiligung des Erblassers entfallende Erbschaftsteuer zu erlassen. Denn der Beklagte hat im Streitfall verkannt, dass sich der ihm grundsätzlich nach §§ 5, 163, 227 AO eröffnete Ermessensspielraum derart verengt hat, dass nur ein Erlass der Erbschaftsteuer, soweit sie auf die Kommanditbeteiligung des Erblassers entfällt, rechtmäßig ist (Fall der sogenannten Ermessensreduzierung auf Null). Aus diesem Grunde braucht sich das Gericht unter Beachtung der Vorschrift des § 102 FGO nicht darauf zu beschränken, den Beklagten zu verurteilen, die Klägerinnen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, sondern kann selbst den Erlass der Erbschaftsteuer aussprechen.

1. Gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Dabei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, bei der Inhalt und Grenzen der Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden. Die Entscheidung der Finanzverwaltung darf gemäß § 102 FGO gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Sofern sich die Unbilligkeit aus sachlichen Gründen ergeben soll, muss die Steuererhebung zwar dem Gesetz entsprechen, aber den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderlaufen, dass sie unbillig erscheint. Dies ist anzunehmen, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers davon ausgegangen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage, hätte er sie geregelt, im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, vgl. z.B. Urteil vom 13. Mai 1998 II R 98/97, BFH/NV 1998, 1376).

2. Die gleichen Grundsätze gelten auch für den Erlass gemäß § 227 Abs. 1 AO. Danach können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Auch insoweit handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden. Auch diese Ermessensentscheidung darf gemäß § 102 FGO gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in eine dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Eine Unbilligkeit aus sachlichen Gründen ist insoweit gegeben, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspräche, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderliefe, dass sie unbillig erscheint. Dies setzt allerdings voraus, dass der Gesetzgeber die mit der Einziehung der Steuer verbundene Härte nicht bewusst in Kauf genommen hat. Denn § 227 AO stellt keine allgemeine Ermächtigung zur Korrektur des Gesetzes dar. Die Billigkeitsmaßnahme darf nicht auf Erwägungen gestützt werden, die die vorgesehene Besteuerung allgemein außer Kraft setzen würden. Ein Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit ist daher nur insoweit durch die Ermächtigungsnormen des § 227 AO gedeckt, wie angenommen werden kann, der Gesetzgeber würde die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage, hätte er sie geregelt, im Sinne des vorgesehenen Erlasses entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 23. März 1998 II R 41/96, BStBl II 1998, 396).

Entspricht die Einziehung der Steuer zwar dem zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers, hält dieser aber eine an den Grundrechten ausgerichteten verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht stand, ist bereits das Gesetz als solches verfassungswidrig. Dies kann aber nur in den dafür vorgesehenen Verfahren geltend gemacht werden und rechtfertigt keinen Billigkeitserlass (vgl. BFH-Urteil vom 23. November 1994, X R 124/92, BStBl II 1995, 824). Zur Wahrung der Grundrechte kann jedoch bei generalisierenden und typisierenden Steuertatbeständen ein Billigkeitserlass wegen sachlicher Härte geboten sein, wenn die Regelungen nur deshalb einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten, weil im Einzelfall oder in Gruppen von Einzelfällen die Möglichkeit besteht, auftretende Härten durch Billigkeitsmaßnahmen Rechnung zu tragen (vgl. BFH-Urteil vom 23. März 1998, II R 41/96, a.a.O.).

3. Zu den rechtsstaatlichen Grundsätzen, die von den Behörden und Gerichten gemäß Art. 20 Abs. 3 GG zu beachten sind, gehört u. a. auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit. Dieses Gebot, das auch als Übermaßverbot bezeichnet wird, besagt, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleiben muss. Geht es um die steuerliche Belastungswirkung, ist das so verstandene Verhältnismäßigkeitsgebot allerdings nur in abgewandelter Form durchzusetzen, weil es - vom Zweck der bloßen Geldbeschaffung abgesehen - an einem konkreten Eingriffszweck fehlt, an dem sich die zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit erforderliche Güterabwägung ausrichten könnte. Daher kann im Bereich steuerlicher Belastungswirkung die Frage, ob das Übermaßverbot verletzt ist, nur anhand der Eingriffsintensität in Gestalt der Steuerhöhe entschieden werden. Die Steuer darf nicht so hoch sein, dass sie erdrosselnd wirkt. Anderenfalls verletzt sie bei Steuergesetzen, die am Grundgesetz zu messen sind, die Eigentums- und Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als tragendes Element des Rechtsstaatsprinzips (vgl. BFH-Urteil vom 30. Mai 2001 II R 4/99, BStBl II 2001, 606).

Das Verfassungsrecht kann somit sowohl im Rahmen des § 163 AO als auch im Rahmen des § 227 AO den Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit beeinflussen. Als Generalklauseln sind die §§ 163, 227 AO einer solchen Wertausfüllung zugänglich. Diese Wertausfüllung muss sich allerdings stets auf einen atypischen Fall beschränken. Sie darf den Geltungsanspruch des Gesetzes nicht generell oder für den Regelfall verneinen, weil ein entsprechendes Verwerfungsmonopol nur dem Bundesverfassungsgericht zusteht. Die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes schlechthin rechtfertigt also keinen Billigkeitserlass. Sie muss in den dafür vorgesehenen Verfahren geltend gemacht werden.

Die Anwendung eines in seiner Allgemeinheit verfassungsmäßigen Gesetzes kann mithin in einem atypischen Einzelfall sachlich unbillig sein, weil es den verfassungsrechtlichen Wertungen widerspricht. Zur Wahrung der Grundrechte kann somit bei generalisierenden und typisierenden Steuertatbeständen ein Billigkeitserlass wegen sachlicher Härte geboten sein. In diesen Einzelfällen muss kraft Verfassungsrechts durch einen Billigkeitserlass eine gerechte Entscheidung getroffen werden (vgl. Stöcker in Beermann/Gosch, Stand Juni 2008, § 227 AO Rn. 92; Fritsch in Pahlke/König, 1. Auflage 2004, § 227 AO Rn. 45; Rüsken in Klein, 9. Auflage 2006, § 163 AO , Rn. 37/38).

4. Im Streitfall liegen sowohl die Voraussetzungen für eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1 AO als auch für einen Erlass der bereits festgesetzten Steuern im Rahmen des Erhebungsverfahrens gemäß § 227 Abs. 1 AO vor.

a. Der Ansatz der Kommanditbeteiligung des Erblassers an der F GmbH & Co. KG mit einem Steuerwert in Höhe von 1.100.648 DM stellt einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot dar. Denn ausweislich der Bilanz der KG zum 31.12.1999 standen zum Bewertungsstichtag Verbindlichkeiten in einer Größenordnung von etwas mehr als 1 Mio DM einem Anlagevermögen in Höhe von ca. 29.000 DM sowie einem Umlaufvermögen in Höhe von ca. 410.000 DM gegenüber. Dies bedeutet, dass die KG zu diesem Zeitpunkt ein negatives Kapital in Höhe von ca. 600.000 DM auswies. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Anlagevermögen der KG, die Betriebs- und Geschäftsausstattung in Höhe von 27.000 DM unstreitig keine nennenswerten stillen Reserven enthielt, jedenfalls nicht in einer Größenordnung, um die das Aktivvermögen übersteigenden Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 600.000 DM auszugleichen, sowie unter Berücksichtigung des Umstands, dass insoweit unstreitig auch kein nennenswerter Firmenwert vorhanden war, ist festzustellen, dass die KG zum Stichtag bereits überschuldet gewesen ist. Auch den im Umlaufvermögen enthaltenen, mit den Anschaffungskosten in der Bilanz ausgewiesenen fertigen Erzeugnissen und Waren kann angesichts der markt- und branchenüblichen Rohgewinnaufschlagsätze des Textileinzelhandels jedenfalls kein solcher Wert beigemessen werden, als dass hierdurch der Überhang der Verbindlichkeiten auch nur annähernd ausgeglichen würde.

Für die Vermögenssituation der Personengesellschaft selbst bedeutet dies, dass im Falle ihrer Liquidation auf den Stichtag zunächst die die Aktiva übersteigenden Verbindlichkeiten hätten bedient werden müssen. Sodann hätte sich angesichts der Überschuldungssituation der Gesellschaft allerdings kein zuteilungsfähiges Vermögen mehr für die Gesellschafter selbst ergeben. Bei dieser Sachlage steht daher fest, dass der Gesellschaftsbeteiligung des Gesellschafters trotz des Vorliegens eines positiven Kapitalkontos kein irgendwie gearteter positiver Steuerwert zukommen kann, der unter Berücksichtigung des Bereicherungsgrundsatzes des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts zu besteuern wäre. Denn das Abstellen allein auf das positive Kapitalkonto des Gesellschafters lässt außer Acht, dass dieser Gesellschaftsbeteiligung angesichts der finanziellen Gesamtsituation der Gesellschaft selbst kein besteuerungswürdiger oder besteuerungsfähiger Wert zukommt, die Gesellschaftsbeteiligung mithin nicht werthaltig ist, schon gar nicht im Umfang des nominellen Gesellschafterkapitalkontos.

Berücksichtigt man weiterhin, dass, was ebenfalls zwischen den Beteiligten unstreitig ist, der Erblasser über kein Sonderbetriebsvermögen verfügte, so wird erkennbar, dass weder in der Vermögenssphäre der KG als Gesamthand noch in der persönlichen Vermögenssphäre des Erblassers nennenswerte Wirtschaftsgüter oder Vermögensgegenstände vorhanden gewesen sind, die es rechtfertigen würden, das Kapitalkonto des Erblassers in Höhe von ca. 1 Mio. DM als echte Bereicherung für die Klägerinnen als Erbinnen anzusehen. Insbesondere ergeben sich aus einem positiven Kapitalkonto des Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auch keine Ansprüche gegen die Gesellschaft selbst, deren Vermögen im Übrigen im Falle einer Liquidation zum Stichtag noch nicht einmal ausgereicht hätte, um die Verbindlichkeiten abzudecken oder gegen die Mitgesellschafter, für die nach den §§ 167 bis 169 Handelsgesetzbuch (HGB) keine Nachschusspflicht besteht, die als werthaltig angesehen werden könnte. Der betreffende Kapitalanteil, d.h. das Kapitalkonto stellt insofern vielmehr nur eine buchhalterische Rechengröße zur Verteilung des zukünftigen Gewinns dar. Auch die Aussicht, entsprechend dem positiven Kapitalkonto an späteren Gewinnen gegenüber den Mitgesellschaftern überproportional beteiligt zu werden, stellt lediglich eine vage zukünftige Ertragsaussicht dar, die trotz ihres spekulativen Charakters im Geschäftsverkehr möglicherweise in gewissem Umfang vergütet wird. Anders als bei der Bewertung von nicht börsennotierten Anteilen an Kapitalgesellschaften nach dem sog. Stuttgarter Verfahren (R 96 ff. ErbStR) bleiben bei den Personengesellschaften jedoch die Ertragsaussichten bei der Bewertung unberücksichtigt. Bewertet wird allein die Substanz des Vermögens, so wie sich diese aus der Steuerbilanz ergibt bzw. ableiten lässt.

Der betreffende Kommanditanteil mit einem Nominalwert laut Kapitalkonto in Höhe von ca. 1 Mio. DM war somit zum Stichtag nicht werthaltig, er war nicht durch nennenswerte Wirtschaftsgüter oder Vermögensgegenstände des Anlage- oder Umlaufvermögens bzw. des Sonderbetriebsvermögens des Erblassers als Gesellschafters oder durch einen Firmenwert unterlegt. Die Besteuerung eines rein buchmäßig vorhandenen Vermögenswerts in Gestalt eines Kapitalkontos, dem kein realer Wert entspricht, sondern der mithin mit einem Wert von 0 DM anzusetzen ist, stellt jedoch einen Eingriff in die Eigentums- und Vermögenssphäre der Rechtsnachfolger, der Erbinnen, dar, der als Übermaß anzusehen ist. Denn die Besteuerung eines Vermögensgegenstandes, der zum Stichtag mit 0 DM anzusetzen ist, unter Ansatz eines fiktiven Steuerwerts von ca. 1 Mio. DM führt dazu, dass der Erbe die gesamte Steuer aus seinem bisherigen Vermögen aufzubringen hat. Er wird mithin für einen Rechtsvorgang mit Erbschaftsteuer belegt, der bei ihm zu keiner Bereicherung geführt hat, und mit einer Steuerzahlung belastet, die er insgesamt aus seinem bisherigen und übrigen Vermögen aufzubringen hat.

b. Dieser Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot kann im Streitfall auch im Wege eines Billigkeitserweises, mithin im Wege eines Erlasses der Erbschaftsteuer Berücksichtigung finden. Die Klägerinnen sind insoweit nicht lediglich darauf zu verweisen, die Besteuerung durch eine verfassungskonforme Auslegung im Rahmen der Gesetzesanwendung bei der Steuerfestsetzung zu erreichen. So hat der Bundesfinanzhof mehrfach selbst darauf hingewiesen, dass in den Fällen, in denen die Belastungsfolgen einer schematischen Anwendung der Bewertungsregeln nach dem Bewertungsgesetz gegen das Übermaßverbot verstoßen, es dem Steuerpflichtigen in verfassungskonformer Auslegung der allgemeinen Bewertungsvorschriften freistehe, den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des betreffenden Wirtschaftsguts zu erbringen. Die Generalisierungen und Typisierungen, die die Anwendung der Vorschriften des Bewertungsgesetzes mit sich bringen, rechtfertigen grundsätzlich keine Verletzung des Übermaßverbots im Einzelfall. Verfassungsgemäß sind solche generalisierenden und typisierenden Regelungen nur so lange, wie ein Verstoß gegen das Übermaßverbot im Einzelfall entweder durch verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift oder durch eine Billigkeitsmaßnahme abgewendet werden kann, wobei beide Instrumente, sowohl die verfassungskonforme Auslegung als auch die Billigkeitsmaßnahme, den normativen Gehalt der Vorschrift bzw. die dem Steuertatbestand innewohnende Bewertung des Gesetzgebers nicht durchbrechen dürfen. Grundsätzlich ist das Übermaßverbot verletzt, wenn die Folgen einer schematisierenden Belastung extrem über das Normale hinausgehen, das der Schematisierung zugrunde liegt oder - anders ausgedrückt - die Folgen auch unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Planvorstellungen durch den gebotenen Anlass nicht mehr gerechtfertigt sind (vgl. BFH-Urteile vom 5. Mai 2004 II R 45/01; vom 2. Juli 2004 II R 9/02 sowie vom 29. September 2004 II R 57/02, BStBl II 2004, 1036, 1039 sowie 1041).

Im Streitfall beruht die Bewertung des Kommanditanteils des Erblassers auf einer Anwendung der Vorschriften des § 97 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 1 a BewG. Danach bilden einen Gewerbebetrieb u.a. insbesondere auch Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Der Wert des Betriebsvermögens von Gesellschaften im Sinne des Abs. 1 Nr. 5 ist nach Abs. 1 a u.a. so aufzuteilen, dass die Kapitalkonten aus der Steuerbilanz der Gesellschaft mit Ausnahme der Kapitalkonten aus den Sonderbilanzen dem jeweiligen Gesellschafter vorweg zuzurechnen sind. Diese Regelungen stellen aus Sicht des erkennenden Senats generalisierende und typisierende Regelungen hinsichtlich der Frage dar, wie das Betriebsvermögen der Personengesellschaft auf die einzelnen Gesellschafter aufzuteilen ist. Sie stellen grundsätzlich sinnvolle Regelungen dar, um den Steuerwert einer Beteiligung eines Gesellschafters an einer Personengesellschaft zu ermitteln. Gegen diese Regelungen bestehen daher im Allgemeinen keine verfassungsrechtlich oder einfach gesetzlich begründeten Bedenken.

Nur in denjenigen atypischen Ausnahmefällen, in denen die betreffende Gesellschaft ein negatives Kapital aufweist, über keine nennenswerten stillen Reserven und keinen Firmenwert verfügt sowie auch kein Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters vorhanden ist, kann das ihm zuzurechende Kapitalkonto keine tragfähige Aussage darüber enthalten, dass ein entsprechender Wert gegeben ist, der als Steuerwert der Erbschaft- und Schenkungsteuer zugrunde gelegt werden kann. In diesem Fall führt vielmehr die schematische Anwendung der typisierenden und generalisierenden Vorschriften des § 97 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 1 a BewG dazu, dass ein Wert der Besteuerung zugrunde gelegt wird, der nicht den realen und tatsächlichen Wert der betreffenden Beteiligung an der Personenhandelsgesellschaft abbildet, sondern rein formal auf den Nennwert des Kapitalkontos des Gesellschafters abstellt.

Führt jedoch die Anwendung einer typisierenden und generalisierenden Vorschrift, die wie im Streitfall rein schematisch auf das Kapitalkonto des betreffenden Gesellschafters der Personenhandelsgesellschaft abstellt, dazu, dass ein Steuerwert von ca. 1 Mio. DM in Ansatz gebracht wird, obwohl tatsächlich eine solche Werthaltigkeit nicht feststellbar und die betreffende Beteiligung vielmehr unter Berücksichtigung aller Umstände mit 0 DM anzusetzen ist, liegt ein Fall vor, in dem ein Billigkeitserlass wegen sachlicher Unbilligkeit geboten ist, da die gesetzlichen Regelungen nur deshalb einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten, weil im Einzelfall die Möglichkeit besteht, auftretenden Härten durch Billigkeitsmaßnahmen Rechnung zu tragen. In diesem Sinne kann der sich aus der Anwendung der typisierenden und generalisierenden Regelungen des § 97 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 1 a BewG ergebenden sachlichen Unbilligkeit nur dadurch begegnet werden, dass im Streitfall der Wert der Kommanditistenbeteiligung im Wege des Billigkeitserweises bzw. des Erlasses mit 0 DM in Ansatz gebracht wird.

c. Soweit der Beklagte demgegenüber eingewandt hatte, im Streitfall gehe es nicht um die Anwendung generalisierender oder typisierender Regelungen, sondern allein um die Zugrundelegung der konkreten Bilanzwerte der betreffenden Kommanditgesellschaft, so ist dies nicht zutreffend. Durch die Regelungen des § 97 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 1 a BewG wird zwar Bezug genommen auf die Kapitalkonten der Gesellschafter, so wie diese sich aus der Rechnungslegung der Personenhandelsgesellschaft ergeben. Die typisierende und generalisierende Regelung liegt jedoch darin, dass die gesetzlichen Tatbestände lediglich auf die Kapitalkonten abstellen, ohne insoweit zu berücksichtigen, inwieweit die betreffende Personengesellschaft überschuldet ist, ein negatives Kapital hat bzw. inwieweit die betreffenden Kapitalkonten der Gesellschafter überhaupt mit Wirtschaftsgütern oder Vermögenswerten unterlegt und mithin überhaupt werthaltig sind. Hierin liegt eine typisierende und generalisierende gesetzliche Regelung, die in Einzel- oder Härtefällen dahingehend zu korrigieren ist, dass einer Übermaßbesteuerung in verfassungskonformer Art und Weise durch einen Billigkeitserlass entgegenzuwirken ist. d. Soweit der Beklagte des weiteren geltend gemacht hat, die von den Klägerinnen behaupteten Wertveränderungen des Kommanditistenanteils seien erst nach dem Stichtag eingetreten, was insbesondere auch das Insolvenzverfahren zeige, das erst im Jahre 2002 beantragt worden sei, so ist auch dieser Einwand nicht durchgreifend. Der Senat stützt sich für seine Feststellung, dass der Kommanditistenanteil des Erblassers nicht werthaltig geworden ist, auf die Bilanz zum 31.12.1999, also auf Wertverhältnisse, die bereits acht Monate vor dem Tod des Erblassers eingetreten sind und ausweislich der Bilanz zum 31.12.2000 auch zum Stichtag noch vorgelegen haben.

e. Erstaunlich mutet aus Sicht des Senats der Einwand des Beklagten an, dass es im Streitfall keinen Unterschied machen könne, ob der Erblasser hohe Privateinlagen in die Kommanditgesellschaft erbracht oder das betreffende Kapital in seinem Privatvermögen zurückbehalten habe. In beiden Fällen seien die betreffenden Finanzmittel des Erblassers jedenfalls entweder in Gestalt einer Wertsteigerung seines Gesellschaftsanteils - auch durch Verminderung der Gesellschaftsschulden - oder durch einen entsprechend höheren Bestand an privatem Kapitalguthaben in den Nachlass gefallen.

Bei dieser Betrachtungsweise lässt der Beklagte jedoch unberücksichtigt, dass die vom Erblasser über Jahre hinweg in die Kommanditgesellschaft eingelegten Gelder aufgrund der von der Kommanditgesellschaft erzielten erheblichen Verluste nicht mehr existent sind, sondern zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs und zur Tilgung weitergehender Verbindlichkeiten verbraucht worden sind. Dem Gericht ist nicht erklärlich, warum die in die Kommanditgesellschaft eingelegten Gelder nach wie vor ebenso noch vorhanden sein sollen, wie in dem Fall, in dem der Erblasser die betreffenden Einlagen nicht vorgenommen hat und die entsprechenden Finanzmittel noch in seinem privaten Kapitalvermögen vorhält.

5. Da nach dem Gesagten nur durch einen Erlass der Erbschaftsteuer, soweit diese auf die nicht werthaltige Gesellschaftsbeteiligung entfällt, die unbillige Härte und sachliche Unbilligkeit dieser Besteuerung zu vermeiden ist, liegt vorliegend ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null vor, sodass das Gericht selbst den Beklagten verpflichten kann, die Steuer insoweit zu erlassen.

Die Erbschaftsteuerbescheide sind daher dementsprechend zu ändern. Bei der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Erbschaftsteuer ist die Gesellschaftsbeteiligung des Erblassers an der F GmbH & Co. KG mit einem Steuerwert von 0 DM anzusetzen, die Bemessungsgrundlage ist mithin um einen Betrag in Höhe von 1.100.648 DM zu vermindern. Dem Beklagten wird im Übrigen gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO aufgegeben, die auf die Klägerinnen entfallende Erbschaftsteuer dementsprechend neu zu berechnen und den Klägerinnen bekannt zu geben.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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