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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 18.08.2008
Aktenzeichen: 7 K 585/07
Rechtsgebiete: EStG, KStG, HGB


Vorschriften:

EStG § 5 Abs. 1 S. 1
EStG § 5 Abs. 4a
KStG § 8 Abs. 1
HGB § 238 ff.
Verluste, die dem Verkäufer eines Grundstücks, das er verkauft und wieder zurückgemietet hat, in Zukunft dadurch entstehen, dass er eine höhere Miete aufwenden muss als er aus der Weitervermietung erzielen kann dürfen nicht passiviert werden.
Finanzgericht München

7 K 585/07

Körperschaftsteuer 1998

In der Streitsache

...

hat der 7. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Präsidenten des Finanzgerichts ...,

des Richters am Finanzgericht ... und

der Richterin am Finanzgericht ... sowie

der ehrenamtlichen Richter ... und

auf Grund mündlicher Verhandlung vom 18. August 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine 100%ige Tochter der ehemaligen ...Bank AG, erwarb 1994 ein Grundstück mit 26.489 m² in S für 53 Mio. DM. Mit notariellen Vertrag vom 29. Oktober 1996 verkaufte sie einen von ihr mit einem Bürocenter bebauten Teil dieses Grundstücks von 14.269 m² (Objekt X I) für 110 Mio. DM an den H. Übergang von Nutzen und Lasten war am 1. April 1997 vereinbart. Durch Vertrag vom 7. November 1996 vermietete H ab 1. April 1997 das veräußerte Objekt mit einer Vertragslaufzeit bis 31. Dezember 2018 an die Klägerin (sog. Generalmietvertrag). Als monatliche Grundmiete waren netto 614.667,50 DM vereinbart. Ab dem 01.01.2002 wurde eine jährliche Steigerung der Miete festgeschrieben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Kaufvertrag vom 29. Oktober 1996 und den Mietvertrag vom 7. November 1996 Bezug genommen.

Die Klägerin vermietete das Objekt X I weiter. Da die Mietaufwendungen die voraussichtlich zu erzielenden Mieterträge übersteigen werden, bildete die Klägerin in der Handelsbilanz eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.

Der Jahresabschluss zum 31.12.1998 wies eine Drohverlustrückstellung in Höhe von 19.185.000,- DM aus. Diese wurde nach § 5 Abs. 4a in Verbindung mit § 52 Abs. 13 Einkommensteuergesetzt (EStG) sukzessive aufgelöst; in 1998 ergab sich dadurch eine Gewinnerhöhung um 662.000,- DM. Die entsprechende Körperschaftssteuerfestsetzung erfolgte mit Bescheid vom 18. Juni 1999 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO).

Am 7. März 2001 reichte die Klägerin berichtigte Steuererklärungen - unter anderem für Körperschaftsteuer 1998 - ein und beantragte, die für das Objekt X I gebildete Rückstellungen nicht als Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, sondern als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu qualifizieren und demgemäß die Rückstellung zum 31.12.1998 in Höhe von 19.185.000,- DM laut Handelsbilanz in voller Höhe auch für die Steuerbilanz anzuerkennen. Zur Begründung trug sie vor, dass die auf der Unterdeckung des Mietvertrages beruhenden Kosten, für die die Rückstellung gebildet worden sei, bereits im Geschäftsjahr der Grundstücksveräußerung entstanden seien, da sie durch diese Veräußerung wirtschaftlich verursacht worden seien. Zwischen dem Kaufvertrag und dem Generalmietvertrag bestehe eine wirtschaftliche Einheit. Bei der Bemessung des Kaufpreises sei der Ertragswert zu Grunde gelegt worden, der auf langfristigen Ertragsmöglichkeiten nachhaltig erzielbarer Mieten beruhe. Da hierbei die Miete aus dem Generalmietvertrag berücksichtigt worden sei, habe sich auf diese Weise ein höherer Kaufpreis ergeben, als er ohne Rücksicht auf die langfristig garantierten Erträge hätte erzielt werden können. Ein kaufmännisch denkender Erwerber wäre ohne die langfristige Mietgarantie nicht zur Zahlung dieses Kaufpreises bereit gewesen. Andererseits sei die Vereinbarung eines derart langfristigen Mietvertrages zu den vorliegenden Konditionen ohne entsprechende Vergütung durch einen relativ hohen Kaufpreis unter fremden Dritten kaufmännisch nicht denkbar. Der vereinbarte Kaufpreis einerseits und die langfristige Mietgarantie über den Rückmietvertrag andererseits bedingten sich daher gegenseitig. Der Abschluss des langfristigen Rückmietvertrages habe der Verkaufsförderung des Objekts gedient, die Mietgarantie sei damit wirtschaftlicher Bestandteil des Grundstückskaufvertrags. Daran ändere auch nichts, dass in den einzelnen Verträgen nicht aufeinander Bezug genommen werde. Die in Kopie vorgelegten Vorstandsvorlagen aus der Konzeption des H belegten, dass von Anfang an geplant gewesen sei das Objekt X I zu verkaufen und gleichzeitig einen Generalmietvertrag abzuschließen.

Das beklagte Finanzamt (das Finanzamt) lehnte mit Schreiben vom 25. Oktober 2002 die Änderung des Körperschaftssteuerbescheids 1998 ab, da nach seiner Auffassung ein Zusammenhang zwischen dem Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks und dem Verlust aus der Vermietung nicht hergestellt werden könne. Vielmehr sei der Mietvertrag ein vom Kaufvertrag unabhängiges Geschäft, für das nur eine steuerlich nicht berücksichtigungsfähige Rückstellung für drohende Verluste gebildet werden könne. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2007).

Dagegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass es sich um eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten handle. Die Erwerberin des Bürocenters sei bei der damaligen Marktsituation nur unter der Bedingung der Zusicherung eines bestimmten Ertragswerts der Immobilie bereit gewesen, den von der Klägerin geforderten Kaufpreis zu akzeptieren. Der Generalmietvertrag sei eine geläufige Form der Mietpreiszusicherung bei Grundstücksveräußerungen. Nur auf Grund dieser, zu der Verpflichtung der Übereignung des Grundstücks hinzutretenden Zusicherung, habe der vereinbarte Kaufpreis erzielt werden können; der Mietvertrag sei damit Bestandteil des Kaufvertrags. Der Generalmietvertrag sei im Ergebnis wie eine Mietpreiszusicherung zu behandeln. Es mache wirtschaftlich keinen Unterschied, ob der Grundstückserwerber die Vermietung selbst übernehme und der Verkäufer verpflichtet sei, den Differenzbetrag zwischen der garantierten und der letztlich erzielten Miete zu zahlen, oder ob der Veräußerer die Weitervermietung selbst übernehme und dabei den entsprechenden Differenzbetrag als Aufwand in Kauf nehmen müsse. Entscheidend sei, dass dieser Aufwand in einem untrennbaren wirtschaftlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Kaufvertrag stehe. Gehe man davon aus, dass der Gewinn aus dem Verkauf des Grundstücks mit der Übereignung der Immobilie realisiert und damit der Schwebezustand des Kaufvertrags beendet worden sei, fehle es ab diesem Zeitpunkt auch an dem für Drohverlustrückstellungen charakteristischen Merkmal, dass dem künftigen Aufwand die künftigen Erträge gegenüber zu stellen seien. Es verbleibe zur bilanziellen Darstellung des aus dem Geschäft folgenden Risikos nur eine Verbindlichkeitsrückstellung, deren Voraussetzungen hier sowohl mit der rechtlichen als auch mit der wirtschaftlichen Verursachung im Wirtschaftsjahr des Abschlusses des Kauf- und Generalmietvertrages am Bilanzstichtag bereits vorgelegen hätten. Der künftige Aufwand ergebe sich hier durch einen Vergleich der nach den Marktverhältnissen nach dem Bilanzstichtag erzielbaren zu denen im Generalmietvertrag vereinbarten Mieten.

Der Grund für die Zeitdifferenz zwischen dem Abschluss des Kaufvertrages und des Mietvertrages lasse sich ohne größeren Aufwand nicht ermitteln, weil die am Vertragsabschluss beteiligten Personen inzwischen nicht mehr aktiv tätig seien. Diese Frage sei jedoch nicht erheblich. Dass die Verträge auf einem einheitlichen Konzept beruhten, zeigten die dem Verkauf zu Grunde liegenden Überlegungen, die letztlich zur Realisierung des hier vorliegenden Fondskonzepts geführt hätten. Hierzu werde auf die Planungsalternativen gemäß dem als Anlage vorgelegten Schreiben der S vom 10. September 1996 verwiesen. An dem Gesamtplan, auf dem beide Verträge beruhten, könne angesichts des engen zeitlichen Zusammenhangs der beiden Vertragsabschlüsse nicht gezweifelt werden. Gemäß der Wertermittlung der S vom 10. September 1996 habe der Wert des Grundstücks 101.320.000,- DM betragen. Der tatsächlich erzielte Kaufpreis habe dagegen 110 Mio. DM betragen. Ob der Kaufpreis von 101.320.000,- DM tatsächlich erreichbar gewesen wäre, lasse sich nicht sagen. Die S und mit ihr die Klägerin seien jedenfalls davon ausgegangen, dass ohne Rückmietung auch dieser Preis nicht hätte erzielt werden können; ein Käufer hätte vielmehr auf einem Abschlag von rund 16 Mio. DM bestanden. Die hierauf beruhende Kalkulation sei die Grundlage der in Modell A (Konzept ohne Veräußerung an den Fonds) beruhenden Kalkulation gewesen. Nach der schließlich verwirklichten Alternative B (Konzept mit Veräußerung an den Fonds) habe ein Kaufpreis von 110 Mio. DM erzielt werden können. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass bei Abschluss des Kaufvertrags mit Fertigstellungskosten in Höhe von 128.929.000,- DM habe gerechnet werden müssen. Dadurch hätte die Klägerin zum 31.07.1997 eine Teilwertabschreibung in Höhe von 43.609.000,- DM durchführen müssen, wenn sie ohne Verwirklichung des Fondskonzepts das Grundstück behalten hätte. Die Wahl des Fondskonzepts könne steuerlich nicht anders beurteilt werden. Modell B führe über eine Verbindlichkeitsrückstellung ebenfalls zu einem Aufwand in Höhe von 24.680.000,- DM. Dazu müsse man - unter Hinweis auf die systematische Nähe von Teilwertabschreibung und Drohverlustrückstellung - nicht die verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 4a EStG mit dem Ziel bemühen, die Grenze zwischen Drohverlustrückstellung und Verbindlichkeitsrückstellung in der Weise zu ziehen, dass stets eine Verbindlichkeitsrückstellung anzunehmen sei, wenn ein gedachter Erwerber im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die streitige Belastung kaufpreismindernd berücksichtigt hätte. Es genüge schon eine an den einfachgesetzlichen bilanzrechtlichen Grundsätzen orientierte Auslegung des Begriffs der Drohverlustrückstellung, nach der eine solche Rückstellung nur dann gebildet werden dürfe, wenn der künftige Aufwand die zu erwartenden künftigen Erträge übersteige; sei der künftige Aufwand bereits realisierten Erträgen zuzuordnen, sei die Rückstellung nach den für Verbindlichkeitsrückstellung geltenden Grundsätzen zu bilden.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 25. Oktober 2002 und der hierzu erlassenden Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2007 den Körperschaftssteuerbescheid 1998 dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftssteuer unter Berücksichtigung eines Rückstellungsaufwands in Höhe von 19.185.000,- DM festgesetzt wird; hilfsweise die Zulassung der Revision.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen und beruft sich zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung.

Auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 18. August 2008 wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat die Rückstellung für die zu erwartenden Verluste aus dem Generalmietvertrag zu Recht als Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften nach § 5 Abs. 4a EStG behandelt.

1. Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG hat die Klägerin in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die "handelsrechtlichen" GoB ergeben sich insbesondere aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs "Vorschriften für alle Kaufleute" der §§ 238 ff. Handelsgesetzbuch (HGB). Nach § 240 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1, § 242 Abs. 1, § 246 Abs. 1 HGB hat der Kaufmann zu Beginn seines Handelsgewerbes und in der Bilanz für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres u.a. seine Verbindlichkeiten (Schulden) vollständig auszuweisen. Eine Verbindlichkeit verkörpert eine dem Inhalt und der Höhe nach bestimmte Leistungspflicht, die erzwingbar ist und deren Erfüllung eine wirtschaftliche Belastung darstellt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Dezember 2002 I R 17/02, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2004, 126, m.w.N.). Ist eine bestehende Verbindlichkeit der Höhe nach ungewiss, ist sie unter den Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten i.S. des § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB auszuweisen (vgl. BFH-Urteil vom 19. November 2003 I R 77/01, BFH/NV 2004, 271).

2. Vorliegend ist streitig, ob Verpflichtungen aus einem zum Bilanzstichtag fortbestehenden Mietverhältnis insoweit passivierungsfähig sind, als sie nicht aus den Erträgen aus der Weitervermietung des Objekts gedeckt werden können. Das fortbestehende Mietverhältnis ist ein schwebendes Geschäft, da es - wie dies für Dauerschuldverhältnisse typisch ist - auf eine ratierliche, gegenseitige Leistungserbringung in der Zukunft gerichtet ist.

Da sich im Rahmen schwebender Geschäfte - anders als bei nur einseitig verpflichtenden Schuldverhältnissen - Forderungen und Leistungen regelmäßig ausgleichend gegenüberstehen, scheidet der einseitige bilanzielle Ausweis von (ungewissen) Verbindlichkeiten grundsätzlich aus (BFH-Beschluss vom 23. Juni 1997 - GrS 2/93, BStBl II 1997, 735). Im Streitfall liegt kein lediglich einseitig verpflichtender Vertrag vor, wie dies im Regelfall bei Garantieverträgen der Fall ist. Einseitig verpflichtende Verträge zeichnen sich dadurch aus, dass durch sie nur eine Vertragspartei zu einer Leistung verpflichtet wird. Sie sind daher keine gegenseitige Verträge, die Grundsätze zur bilanziellen Behandlung von schwebenden Geschäften und damit auch das Verbot des § 5 Abs. 4a EStG kommen auf diesen Vertragstyp nicht zur Anwendung (vgl. BFH-Beschluss vom 11. April 2003 IV B 176/02, BFH/NV 2003, 919). Der Umstand, dass im vorliegenden Fall im Mietvertrag die Miethöhe für längere Zeit festgeschrieben wird, hat jedoch nichts mit einem Garantieversprechen oder einer einseitigen Mietgarantie zu tun, sondern ist nur Ausfluss der in einem Dauerschuldverhältnis verbindlich festgelegten beiderseitigen Leistungspflichten. Im Übrigen liegt ein schwebendes Geschäft auch dann vor, wenn ein Garantieversprechen Bestandteil eines gegenseitigen Vertrags ist, was z.B. dann der Fall ist, wenn sich der Gläubiger verpflichtet, seinerseits dem Garantiegeber eine Leistung zu erbringen (vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 11. Januar 1996 IX ZR 56/95, NJW 1996, 930; ein solcher Fall lag auch dem BFH-Urteil vom 15. September 2004 I R 5/04, BFH/NV 2005, 421 zugrunde).

Entgegen der Auffassung der Klägerin war der den Generalmietvertrag betreffende Schwebezustand zum Bilanzstichtag nicht beendet. Der Streitfall ist mit dem vom BFH im Urteil vom 11. Oktober 2007 IV R 52/04 (BFH/NV 2008, 437) entschiedenen Fall nicht vergleichbar, denn anders als der Kfz-Händler, der sich bei Veräußerung von Kraftfahrzeugen an Leasinggesellschaften zum Rückkauf der Fahrzeuge nach Ende der Leasingzeit verpflichtet hat und hierfür ein im Kaufpreis des Neuwagens enthaltenes Entgelt erhielt, war im Kaufpreis, den die Klägerin für die Veräußerung des Grundstücks erhielt, kein Entgelt für eine erst in der Zukunft von ihr zu erbringende Leistung enthalten. Auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Grundstückskaufvertrag wegen der Identität der handelnden Personen nicht ohne den nachfolgenden Generalmietvertrag zustande gekommen wäre, ist es im Streitfall nicht möglich, die rechtlich getrennten Verträge als einheitlichen Vertrag zu behandeln. Anders als im vorgenannten, vom BFH entschiedenen Fall, gab es hier keinen Rahmenvertrag, der die Rechtsgrundlage dafür geschaffen hätte, dass sich der Verkäufer mit dem Abschluss des Kaufvertrags zu einer - neben den Verkäuferpflichten - zusätzlichen Leistung gegenüber dem Käufer verpflichtet. Damit war - im Unterschied zu dem vom BFH entschieden Fall - der Abschluss des Folgevertrags (hier Generalmietvertrag) durch den Abschluss des ersten Vertrags (hier Grundstückskaufvertrag) für die Erwerberin rechtlich nicht erzwingbar. Nur eine rechtlich bindende Verknüpfung der jeweiligen Leistungspflichten aus den beiden Verträgen und nicht - wie im Streitfall - ein lediglich tatsächliches Abhängigkeitsverhältnis des einen von dem anderen Vertrags kann dazu führen, dass die Zahlung des Kaufpreises den Schwebezustand aus einer vom Verkäufer neben dem Kaufvertrag eingegangen Verpflichtung zu künftigen Leistungen an den Käufer beendet.

Verbindlichkeiten aus schwebenden Geschäften sind nur insoweit passivierungsfähig, wie sich aus ihnen ein Verpflichtungsüberschuss (drohender Verlust) ergibt ( § 249 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 HGB); dies gilt gemäß § 5 Abs. 4a EStG jedoch nicht für die Steuerbilanz des Streitjahres. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschrift des § 5 Abs. 4a EStG bestehen nicht (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG 27. Aufl. § 5 Rz. 450).

3. Unbeschadet dessen sind Verpflichtungen jedoch dann auszuweisen, wenn sie auf Ausgleich eines sog. Erfüllungsrückstandes gerichtet sind. Ein Erfüllungsrückstand bildet einen Fall der Unausgewogenheit schwebender Geschäfte ab, wenn das Gleichgewicht der gegenseitigen Leistungsbeziehungen durch Vorleistungen eines --und daraus folgenden rückständigen Gegenleistungen des anderen-- Vertragspartners gestört ist. Dies gilt insbesondere im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen, wenn der Verpflichtete sich mit seinen Leistungen gegenüber seinem Vertragspartner im Rückstand befindet, also weniger geleistet hat, als er nach dem Vertrag für die bis dahin vom Vertragspartner erbrachte Leistung insgesamt zu leisten hatte (BFH-Urteil vom 5. April 2006 I R 43/05, BStBl II 2006, 593 m.w.N.).

Die Voraussetzungen eines Erfüllungsrückstandes liegen im Streitfall nicht vor, denn ein im Rahmen der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise als Vorleistung anzusehendes Entgelt eines Vertragspartners, das dazu führen würde, dass die Klägerin sich mit der von ihr zu erbringenden Leistung in Rückstand befindet, hat sie zum Bilanzstichtag nicht erhalten. Das Vorbringen, für das Grundstücksobjekt X I sei im Hinblick auf die zu erwartenden Mieterträge aus dem Globalmietvertrag ein überhöhter Kaufpreis gezahlt worden, kann aus mehreren Gründen die Passivierung eines Erfüllungsrückstandes nicht rechtfertigen:

Zum einen hält der Senat bereits die Behauptung der Klägerin nicht für ausreichend belegt, dass im Hinblick auf die im Generalmietvertrag langfristig festgelegten Mietzahlungen ein über dem Marktpreis liegender Kaufpreis für das Grundstücksobjekt X I gezahlt worden sei. Im Schreiben der S vom 10. September 1996 werden zwar verschiedene Vermarktungsszenarien des Objekts X I (ohne Entwicklung eines Fondskonzepts und mit Realisierung eines Fondskonzepts) miteinander verglichen. Der Umstand, dass im Rahmen eines Fondskonzepts, wie es dann zur Ausführung kam, ein höherer Kaufpreis zum Tragen kam als bei einer Konzeption ohne die Zwischenschaltung eines Fonds, bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass der höhere Kaufpreis eine antizipierte Rückzahlung von künftigen Mietzahlungen der Klägerin darstellen würde. Vielmehr ist der Umstand, dass beim Vergleich zweier verschiedener Vermarktungsstrategien mit unterschiedlichen Umsatzzahlen kalkuliert wird, die Folge der unterschiedlichen zum Tragen kommenden wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen, so dass es denkbar erscheint, dass es ein Abhängigkeitsverhältnis von dem Vermarktungskonzept der Immobilie und dem Immobilienpreis gibt. Aus jeweils in sich geschlossenen Konzeptionen einzelne Zahlen herauszugreifen und miteinander zu vergleichen, ist daher kein geeigneter Maßstab.

Zum anderen besteht zwischen der Kaufpreiszahlung aus dem Grundstückskaufvertrag und den Mietforderungen aus dem Generalmietvertrag keine enge synallagmatische Verknüpfung, wie sie der BFH für das Vorliegen eines Erfüllungsrückstandes fordert (vgl. BFH in BStBl II 2006, 593). Wie bereits ausgeführt, sind Mietvertrag und Grundstückskaufvertrag rechtlich getrennte Verträge und stellen - unbeschadet etwaiger tatsächlicher Abhängigkeitsverhältnisse - kein einheitliches Vertragswerk dar. Leistungsstörungen sind nur innerhalb des jeweiligen Vertrags zur regeln. Der Abschluss des Generalmietvertrages ist nicht Bedingung im Sinne von § 158 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für die Gültigkeit des Grundstückskaufvertrags geworden. Auch hätte die H - wenn es nicht zum späteren Abschluss des Generalmietvertrags gekommen wäre - jedenfalls keinen sich aus dem Vertrag ergebenden Anspruch gegen die Klägerin auf eine Reduzierung des Kaufpreises gehabt.

Selbst wenn der Abschluss des Generalmietvertrags Geschäftsgrundlage für den Abschluss des Grundstückskaufvertrags geworden sein sollte und die H im Hinblick auf die daraus zur erwartenden Mieterträge einen höheren Kaufpreis akzeptiert haben sollte, als sie ohne den Abschluss des Generalmietvertrages zu zahlen bereit gewesen wäre, würde dies nicht die Passivierung einer Erfüllungsrückstandes rechtfertigen. Nach der Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, gehen die Anforderungen an die Passivierungsfähigkeit eines Erfüllungsrückstandes über die hinaus, die für ungewisse Verbindlichkeiten allgemein gelten (BFH in BStBl II 2006, 593). Über das allgemeine wirtschaftliche Synallagma hinaus (vgl. Beck'scher Bilanzkommentar a.a.O.; BFH GrS in BStBl II 1997, 735) ist für einen Erfüllungsrückstand eine engere Verknüpfung im Sinne einer "Abgeltung" der noch offenen Verbindlichkeit für eine bereits erbrachte Vorleistung erforderlich. Die rückständige Gegenleistung muss der erbrachten Vorleistung synallagmatisch, zweckgerichtet und zeitbezogen zuordenbar sein. Daran fehlt es im Streitfall, denn die Klägerin hat die Miete nicht gezahlt, um den für die Veräußerung des Grundstücks erhaltenen Kaufpreis abzugelten, sondern allein als Gegenleistung für die Überlassung der Mietsache. Wenn die zu erwartenden Mietzahlungen aus dem Generalmietvertrag über die nach Ertragswertgesichtspunkten vorgenommenen Bewertung des Grundstücksobjekts Einfluss auf die Höhe des Kaufpreises genommen haben sollte, so handelt es sich doch nur um eine bloße kalkulatorische Berücksichtigung der künftigen Mieterträge im Rahmen des Grundstückskaufvertrags, welche für die Passivierung einer Verbindlichkeit auf Grund eines Erfüllungsrückstandes nicht ausreichend ist (vgl. BFH in BStBl II 2006, 593 Ziff. II.5).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.



Ende der Entscheidung

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