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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 21.10.2008
Aktenzeichen: 10 K 4128/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

10 K 4128/07

Einkommensteuer 2001

In der Streitsache

...

hat das Finanzgericht München, 10. Senat,

durch

...

ohne mündliche Verhandlung am 21. Oktober 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. In Ihrer ESt-Erklärung machten sie bei den Sonderausgaben zunächst eine dauernde Last aufgrund eines Überlassungsvertrags vom 12.06.1997 in Höhe von 4.200 DM geltend.

Hierin hatte D, die Großmutter der Klägerin, der Klägerin das Anwesen B, überlassen. Als Gegenleistungen wurden vereinbart:

ein lebenslanges Wohnungsrecht der D für die im Erdgeschoss befindliche Wohnung und ein lebenslanges Benutzungsrecht für weitere Einzelräume im 1. Obergeschoss und im Keller

eine wertgesicherte, bis zum 3. jedes Kalendermonats im Voraus erfolgende Rentenzahlung in Höhe von 350 DM

die Übernahme einer Darlehensverbindlichkeit gegenüber der S-Bank in Höhe von ca. 18.000 DM

die Zahlung eines Betrages in Höhe von 40.295,54 DM Im Übrigen sollte die Überlassung unentgeltlich erfolgen.

Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte die geltend gemachte dauernde Last zunächst durch Bescheid vom 29.01.2004 nicht an. Hiergegen erhoben die Kläger fristgerecht Einspruch. Im Laufe des Einspruchsverfahrens reichten die Kläger eine korrigierte ESt-Erklärung ein. Hierin erklärte der Kläger weitere selbstständige Einkünfte. Die Klägerin erhöhte die als dauernde Last geltend gemachten Aufwendungen auf 7.140 DM. Mit nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) ergangenem und unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestelltem Änderungsbescheid vom 18.08.2004 berücksichtigte das FA nur die weiteren selbstständigen Einkünfte, nicht dagegen die dauernde Last. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 23.08.2004 erkannte das FA eine dauernde Last in Höhe von 4.200 DM an und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Die ESt wurde auf 16.248,86 EUR festgesetzt. Hiergegen erhoben die Kläger erneut Einspruch und legten einen Nachtrag zum Überlassungsvertrag vom 20.06.2001 vor.

Hierin wurde vereinbart:

die Aufhebung des Wohnungs- und Benutzungsrechts

die Verpflichtung zum Abschluss eines unbefristeten Mietvertrags zwischen den Vertragsparteien zu 480 DM Kaltmiete

die Erhöhung der dauernden Last auf monatlich 1.120 DM rückwirkend ab 12.06.1997

eine Wart- und Pflegeverpflichtung der Klägerin

Am 20.06.2001 schloss die Klägerin mit D (Mieterin) einen am selben Tag beginnenden Mietvertrag ab.

Mit Schreiben vom 05.07.2007 teilte das FA dem steuerlichen Vertreter der Kläger mit, dass es die Zahlungen ab Juli 2001 wegen Gestaltungsmissbrauchs und die Zahlungen für Januar bis Juni 2001 mangels Nachweises derselben nicht mehr anerkennen wolle und somit vorbehaltlich einer Rücknahme des Einspruchs eine Erhöhung der Steuer drohe. Die Kläger legten daraufhin Quittungen vor, in denen D zum jeweils 1. Kalendertag des Monats eine Barzahlung in Höhe von 1.120 DM bestätigte.

Mit Einspruchsentscheidung vom 26.10.2007 erkannte das FA nur noch Zahlungen von Januar bis Juni in Höhe von 2.100 DM (6 x 350 DM) als dauernde Last an und erhöhte die ESt auf 16.627,21 EUR.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Es liege kein Gestaltungsmissbrauch vor, da außer-steuerliche Gründe für die Änderung des Überlassungsvertrags vom 12.06.1997 vorgelegen hätten. D habe durch den Nachtrag eine Enterbung ihres Sohnes bezweckt, da dieser bereits beim Tod seines Vaters seine Interessen rücksichtslos durchgesetzt habe. Ein Schenkungsvertrag mit Einräumung eines Wohnrechts habe die 10-Jahresfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht in Lauf gesetzt. Daher sei eine Änderung notwendig gewesen.

Die Kläger beantragen,

den ESt-Bescheid 2001 vom 23.08.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.10.2007 dahingehend abzuändern, dass weitere Sonderausgaben in Höhe von 6.720 DM berücksichtigt werden und die ESt entsprechend herabgesetzt wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf ...Bezug genommen.

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 15. Oktober 2008 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

II. 1. Die Klage ist unbegründet.

a) Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a Einkommensteuergesetz (EStG) sind Aufwendungen, die weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind, als Sonderausgaben abziehbar, soweit es sich um auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten handelt, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben.

Insoweit ist anerkannt, dass Versorgungsleistungen, die anlässlich der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vom Übernehmer zugesagt werden, weder Veräußerungsentgelt noch Anschaffungskosten, sondern wiederkehrende Bezüge (§ 22 Nr. 1 EStG) und Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG) darstellen (Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10.11.1999 X R 46/97, BFHE 189, 497, BStBl II 2000, 188 m.w.N.). Voraussetzung für die Annahme einer derartigen Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist zum einen die Übergabe einer wenigstens teilweise die Existenz sichernden ertragbringenden Wirtschaftseinheit (BFHBeschluss vom 12.05.2003 GrS 1/00, BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95 ). Die Versorgungsleistungen müssen aus den erzielbaren Nettoerträgen des überlassenen Vermögens bestritten werden können (BFH-Beschluss in BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95 ). Begünstigter Empfänger des zu übertragenden Vermögens kann nur eine Person des Generationennachfolgeverbundes sein (BFH-Urteil vom 26.11.2003 X R 11/01 BFHE 204, 192, BStBl II 2004, 820). Es werden wiederkehrende Leistungen zur Existenzsicherung an den Übergeber erbracht oder einmalige Aufwendungen, die zum Inbegriff "typi5 scher" Versorgungsleistungen gehören (BFH-Urteil vom 15.02.2006 X R 5/04, BFHE 212, 450, BStBl II 2007, 160). Schließlich müssen unter nahen Angehörigen zu Beginn des Rechtsverhältnisses im Übergabevertrag im Vorhinein die die Vermögensübergabe kennzeichnenden Rechte und Pflichten klar und rechtswirksam vereinbart (BFH-Urteile vom 28.06.2000 X R 48/98, BFH/NV 01, 592; undvom 25.11.1992 X R 148/90, BFH/NV 93, 586) und tatsächlich wie vereinbart durchgeführt werden (BFH-Urteil vom 03.03.2004 X R 14/01, BFHE 205, 261, BStBl II 2004, 826).

b) Im vorliegenden Fall ergibt sich ein höherer Sonderausgabenabzug nicht aufgrund von Versorgungsleistungen für den Zeitraum Januar bis Juni 2001

aa) Insoweit ist bereits die Rückbeziehung der Vereinbarung vom 20.06.2001 --ungeachtet ihrer bürgerlichrechtlichen Wirksamkeit-- steuerrechtlich unbeachtlich.

Wie ausgeführt wurde, muss die Vereinbarung im Vorhinein, d.h. zu Beginn des maßgeblichen Rechtsverhältnisses oder bei Änderung des Verhältnisses für die Zukunft getroffen worden sein. Rückwirkende Vereinbarungen sind steuerrechtlich grundsätzlich nicht anzuerkennen, weil der Steuerpflichtige auf einen entstandenen Steueranspruch nicht mit Wirkung für die Vergangenheit Einfluss nehmen kann. Eine schuldrechtliche Rückbeziehung kann nach der Rechtsprechung des BFH allenfalls dann anerkannt werden, wenn sie nur von kurzer Dauer ist und sich steuerrechtliche Folgen daraus nicht ergeben (BFH-Urteil in BFH/NV 93, 586 m.w.N.). Dies ist im Streitfall mit der zum 12.06.1997 und damit 4 Jahre zurück wirkenden Änderung der steuererheblichen dauernden Last nicht der Fall.

bb) Darüber hinaus haben die Kläger die tatsächliche Durchführung der Vereinbarung hinsichtlich der geltend gemachten Zahlungen in Höhe von monatlich 1.120 DM nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen. Die vorgelegten Kontoauszüge für Januar bis Juni 2001 weisen nur monatliche Überweisungen in Höhe von 350 DM aus. Die vorgelegten Barquittungen der D weisen zwar monatliche Zahlungen in Höhe von 1.120 DM aus. Das Gericht hält diese Quittungen jedoch nicht für geeignet, den tatsächlichen Zahlungsfluss nachzuweisen. Denn zum einen tragen die Quittungen das Ausstellungsdatum des jeweils 1. Kalendertages der Monate Januar bis Juni 2001. Dies steht jedoch in Widerspruch zu dem Umstand, dass die Erhöhung der Leistungen erst am 20.06.2001 vereinbart wurde und dort unter Nr. V eine Nachzahlung des gesamten ab 12.06.1997 rückständigen Betrages innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss vereinbart wurde. Die Vertragsparteien gingen also offensichtlich selbst davon aus, dass der Erhöhungsbetrag --entgegen den Quittungen-- noch nicht bezahlt war. Aber auch die Nachzahlung des für 2001 rückständigen Betrages innerhalb 14 Tagen nach Vertragsschluss haben die Kläger nicht nachgewiesen. Zum anderen wurde auch auf die Aufklärungsanordnung vom 29.08.2008 kein Nachweis über den Barzahlungen vorangehende Barabhebungen geführt. Solche Abhebungen ergeben sich insbesondere nicht aus den vorgelegten Kontoauszügen. Auch der Umstand, dass jede Quittung den vollen Betrag als Barzahlung ausweist, obwohl nachweislich ein Teilbetrag in Höhe von 350 DM überwiesen wurde, spricht gegen die Richtigkeit der Quittungen. Weiter ist auch nicht glaubhaft, dass von D tatsächlich jeden Monat um Überweisung gebeten worden sein soll (so der jeweils angebrachte Quittungszusatz: "bitte in Zukunft auf Konto überweisen"), dies jedoch trotz bereits bestehendem Dauerauftrag nicht beachtet worden sein soll. Schließlich spricht auch der Umstand, dass in der von den Klägern selbst angefertigten Steuererklärung vom 29.12.2003 eine dauernde Last in Höhe von 4.200 DM (= 12 x 350 DM), in der vom steuerlichen Berater gefertigten berichtigten Erklärung in Höhe von 7.140 DM angegeben wurde und nun von 8.820 DM geltend gemacht wird, gegen die tatsächliche Durchführung der Vereinbarung vom 20.06.2001. Das FA war daher jedenfalls nicht verpflichtet, mehr als 350 DM monatliche Versorgungsleistungen anzuerkennen.

c) Ein höherer Sonderausgabenabzug ergibt sich auch nicht aufgrund von Versorgungsleistungen für den Zeitraum Juli bis Dezember 2001.

Auch insoweit haben die Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass der Vertrag vom 20.06.2001 tatsächlich wie vereinbart durchgeführt wurde. Aus den vorgelegten Kontoauszügen für die Monate Juli bis Dezember 2001 ergibt sich, dass die Klin weiterhin nur 350 DM pro Monat an D überwiesen hat. Auch aufgrund der vorgelegten Barquittungen für die Monate Juli bis Dezember 2001 ergibt sich nicht zur Überzeugung des Gerichts, dass die erhöhten Leistungen tatsächlich erbracht wurden. Denn auch insoweit wurden keine den Barzahlungen vorausgehenden Barabhebungen nachgewiesen. Zudem widerspricht die Quittierung des vollen Barzahlungsbetrags (1.120 DM pro Monat) dem Umstand der nachgewiesenen Überweisung eines Teilbetrags (350 DM pro Monat). Auch ergibt sich aus dem Kontoauszug vom 11.02.2002, dass selbst in 2002 nach wie vor nur ein Betrag von 178,95 EUR (= 350 DM) überwiesen wurde. Weiter ist auch nicht glaubhaft, dass selbst nach erfolgter vertraglicher Regelung und trotz angeblich bereits sechsmaligen Hinweises der D (Januar bis Juni 2001) keine Umstellung des bestehenden Dauerauftrags erfolgte. Das Gericht ist daher nach den Gesamtumständen davon überzeugt, dass die Quittungen nur zum Schein abgegeben wurden, und dass die Klägerin die Vereinbarung mit D jedenfalls hinsichtlich einer ihrer Hauptleistungspflichten (Versorgungsleistungen) tatsächlich nicht durchgeführt hat. Die Vereinbarung ist daher mangels tatsächlicher Durchführung steuerlich nicht anzuerkennen.

Zu Recht hat das FA aber auch die nachgewiesenen tatsächlichen Zahlungen in Höhe von monatlich 350 DM für Juli bis Dezember 2001 nicht anerkannt, da es hierfür bereits an einer klaren und eindeutigen, steuerlich anzuerkennenden Vereinbarung fehlt. Denn der dieser Zahlung ursprünglich zugrundeliegende Überlassungsvertrag vom 12.06.1997 wurde insoweit durch den Nachtrag zum Überlassungsvertrag vom 20.06.2001 gerade aufgehoben.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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