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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 23.05.2007
Aktenzeichen: 9 K 2354/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 7g Abs. 3 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

9 K 2354/04

Einkommensteuer 2001

Gewerbesteuermessbetrag 2001

In der Streitsache

...

hat der 9. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung ...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung einer Ansparrücklage nach § 7 g Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin.

Die Klägerin erzielte im Streitjahr mit ihrer Firma M-Travel, welche die Beratung und Betreuung von Touristen in Deutschland betrieb, gewerbliche Einkünfte und wurde mit ihrem Ehemann, dem Kläger, vom Finanzamt (= der Beklagte) zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt. Zusätzlich wurde sie zur Gewerbesteuer (GewSt) veranlagt. Sie ermittelte ihren Gewinn nach § 5 EStG. Im mit den ESt-und GewSt-Erklärungen 2001 vom 17. März 2003 eingereichten Jahresabschluss zum 31. Dezember 2001, der am 9. Dezember 2002 erstellt worden war, machte die Klägerin eine Ansparrücklage nach § 7 g Abs. 3 EStG i.H.v. 232.000 DM (Investitionsvolumen: 580.000 DM) geltend und erklärte einen Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. 401.149 DM. Bezüglich der Zusammensetzung des Investitionsvolumens wird auf die Einspruchsentscheidung vom 27. April 2004 Bezug genommen. Mit Gewerbeabmeldung vom 28. Februar 2003 erklärte die Klägerin rückwirkend zum 31. Dezember 2002 die Aufgabe des Betriebs.

Das FA erkannte daraufhin die geltend gemachte Rücklage nicht an, erhöhte den Gewinn auf 633.150 DM und setzte mit Bescheiden vom 22. Mai 2003 die ESt 2001 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) auf 151.145,55 EUR und den Gewerbsteuermessbetrag (GewStMB) auf 13.730,74 EUR fest. Im Rahmen der dagegen geführten Einsprüche verminderte das FA unter Gegenrechnung der sich aufgrund der Gewinnerhöhung ergebenden zusätzlichen GewSt-Rückstellung i.H.v. 45.658 EUR den Gewinn aus Gewerbebetrieb auf 587.492 DM und setzte die ESt 2001 unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung auf 143.713,92 EUR und den GewStMB 2001 auf 12.562,44 EUR herab, wies die Einsprüche im Übrigen jedoch als unbegründet zurück (vgl. Einspruchsentscheidungen vom 27. April 2004). Mit der hiergegen erhobenen Klage begehren die Kläger weiterhin die Anerkennung der Rücklage und tragen zur Begründung vor, die Klägerin sei, wie der Bundesfinanzhof (BFH) in seinemUrteil vom 12. Dezember 2001 XI R 13/00 (Bundessteuerblatt - BStBl - II 2002, 385) festgestellt habe, da sie einen laufenden Geschäftsbetrieb führe, nicht gehalten, die Investitionsabsicht nachzuweisen. Die Investition müsse nach dem BFH-Urteil vom 25. April 2002 IV R 30/00 (BFH/NV 2002, 1097) nur hinreichend konkretisiert und überhaupt möglich sein. Dies sei gegeben. Die Sonderfälle der nachträglichen Rücklagenbildung bzw. der Rücklagenbildung "ins Blaue hinein" lägen nicht vor.

Ebenso wenig handle es sich bei der von ihr vorgenommenen Umstrukturierung des Betriebs von einem Vermittlungsgeschäft in ein Direktgeschäft um eine Neugründung oder eine wesentliche Erweiterung, die, in Anlehnung an die handelsrechtliche Wertung, der "Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs" gemäß § 269 Handelsgesetzbuch gleichzusetzen sei. Es seien keine Kosten für außerordentliche Maßnahmen wie Marktforschung, Werbung, Personalgewinnung oder Schulung, sondern nur für normale Rationalisierungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen angefallen.

Dass die Bilanz zum 31. Dezember 2001, erstellt am 9. Dezember 2002, erst am 17. März 2003 beim FA abgegeben worden sei, sei ebenso unbeachtlich wie die rückwirkende Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit am 28. Februar 2003 zum 31. Dezember 2002. Entscheidend sei vielmehr, dass sie ihren steuerlichen Vertreter mit Schreiben vom 25. November 2001 aufgefordert habe, in der Bilanz zum 31. Dezember 2001 entsprechende Ansparrücklagen nach § 7 g EStG zu bilden. Dies ergebe sich auch daraus, dass der aus der Auflösung der Ansparabschreibung entstehende Gewinn nach Tz. 9 des Schreibens des Bundesfinanzministeriums vom 12. Dezember 1996 (BStBl I 1996,1441), die für bis zum 31. Dezember 2003 endende Wirtschaftsjahre gelte, zum Veräußerungsgewinn rechne.

Auf die Schriftsätze vom 15. Juli, 11. August und 30. Dezember 2004 sowie vom 9. August und 11. Oktober 2005 wird ergänzend Bezug genommen.

Unter dem Datum vom 3. Juni 2004 änderte das FA unter Anrechnung einbehaltener Lohnsteuerbeträge im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beim Kläger den ESt- Bescheid 2001 nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und setzte die ESt 2001 auf 141.919,29 EUR herab.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des ESt-Bescheids 2001 vom 3. Juni 2004 und des GewStMB 2001 vom 22. Mai 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. April 2004, die Ansparrücklage i.H.v. 232.000 DM anzuerkennen und die ESt sowie den GewStMB 2001 auf der Basis eines Gewinns aus Gewerbebetrieb der Klägerin i.H.v. 401.149 DM entsprechend herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Er bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidungen und weist auf das BFH-Urteil vom 17. November 2004 X R 41/03 (BFH/NV 2005, 848) hin. Im Übrigen komme der von der Klägerin ins Auge gefasste Einstieg in das sog. Direktgeschäft aufgrund der dann anfallenden sächlichen Investitionen einer Neugründung eines Betriebs gleich, so dass zum Zwecke der gebotenen Konkretisierung der Investitionen ein Nachweis der verbindlichen Bestellung der Investitionsgüter erforderlich sei.

Auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2007 wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Zu Recht hat das FA die Ansparrücklage nach § 7 g Abs. 3 EStG i.H.v. 232.000 DM nicht anerkannt.

1. Nach § 7g Abs. 3 bis 5 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung können Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Die Ansparrücklage darf dabei 40 v.H. der Anschaffungsoder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der Steuerpflichtige "voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs anschaffen oder herstellen wird". Spätestens am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs ist die Ansparrücklage gewinnerhöhend aufzulösen (§ 7g Abs. 4 EStG). Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, ob und ggf. wie nachzuweisen ist, dass eine Investition i.S. von § 7g Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 EStG "beabsichtigt" ist. Der Steuerpflichtige ist daher nicht gehalten, die Absicht einer Investition nachzuweisen. Allerdings muss die Investition ausreichend konkretisiert sein. Im Rahmen der zur Annahme einer "voraussichtlichen" Investition erforderlichen Prognose ist vor allem zu prüfen, ob der Ansparrücklage eine (noch) durchführbare, objektiv mögliche Investition zugrunde liegt, denn die Anerkennung der Ansparrücklage setzt nach dem Sinn und Zweck der mit ihr vom Gesetzgeber intendierten Steuervergünstigung voraus, dass die der Rücklage zugrunde liegenden Investitionen nicht nur am betreffenden Bilanzstichtag, sondern auch noch im Zeitpunkt der Errichtung, Feststellung und Abgabe des Jahresabschlusses realisierbar sind.

§ 7g EStG dient der Verbesserung der Liquidität und Eigenkapitalausstattung kleiner und mittlerer Betriebe. § 7g Abs. 3 EStG gestattet den Inhabern solcher Betriebe im Vorgriff auf künftige Investitionen die Bildung einer gewinnmindernden und damit eigenkapitalschonenden Investitionsrücklage, durch welche die späteren Absetzungen für Abnutzung in ihrer Aufwandswirkung vorgezogen werden und damit ein Steuerstundungseffekt erzielt wird.

Diese Ziele lassen sich nach einer vollzogenen Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung nicht mehr erreichen. Mit der damit verbundenen Beendigung der konkreten betrieblichen Betätigung des Steuerpflichtigen steht definitiv fest, dass es nicht mehr zu den vormals ins Auge gefassten ("voraussichtlichen") Investitionen kommen wird und deshalb auch keine künftigen Absetzungen für Abnutzung vorgezogen werden können.

Gemäß § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG steht dem Steuerpflichtigen hinsichtlich der Bildung der Ansparrücklage ein (Bilanz-)Ansatzwahlrecht zu. Dabei übt der Steuerpflichtige dieses Bilanzierungswahlrecht nicht schon durch den entsprechenden Ausweis in seiner Buchführung oder in seinen sonstigen Unterlagen aus. Vielmehr trifft der Steuerpflichtige seine verbindliche Wahl insoweit erst durch den Ausweis eines entsprechenden Passivpostens in seiner (Handels- und Steuer-)Bilanz. Kommt es danach für die Bildung der Ansparrücklage entscheidend auf den Zeitpunkt der Bilanzerstellung und -feststellung bzw. auf deren Manifestierung durch Einreichung der Bilanz beim FA an, so ist auch für das Erfordernis der objektiven Möglichkeit zur Durchführung der geplanten Investitionen auf diesen Zeitpunkt abzustellen (BFH-Urteil vom 17. November 2004 X R 41/03, BFH/NV 2005, 848).

2. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall führt zu dem Ergebnis, dass eine Durchführung der geplanten Investitionen im Zeitpunkt der Einreichung des Jahresabschlusses beim FA objektiv nicht mehr möglich war, da die Aufgabe des Betriebs mit Erklärung vom 28. Februar 2003 bereits zum 31. Dezember 2002 erfolgte, während der am 9. Dezember 2002 erstellte Jahresabschluss zum 31. Dezember 2001 erst mit der ESt- und der GewSt-Erklärung 2001 am 17. März 2003 beim FA eingereicht wurde. Dass die Klägerin ihren steuerlichen Vertreter mit Schreiben vom 25. November 2001 aufgefordert hat, entsprechende Rückstellungen zu bilden, ist insoweit unbeachtlich. Fehlt es - wie im Streitfall - bei Einreichung der entsprechenden Erklärung beim FA bereits an der Möglichkeit zur Vornahme der Investition, kommt es nicht mehr darauf an, ob die übrigen Voraussetzungen für eine Rücklagenbildung vorliegen. Der Senat braucht daher nicht zu prüfen, ob die Kläger die beabsichtigten Investitionen in der Anlage zum Jahresabschluss hinreichend konkretisiert haben. Auch kann offen bleiben, ob die nach dem BFH-Urteil vom 19. September 2002 X R 51/00 (BStBl II 2004, 184) erforderliche Prognose über die Wahrscheinlichkeit der angegebenen Investitionen aus der Sicht am Ende des betreffenden Gewinnermittlungszeitraums (hier 2001) positiv ausgefallen wäre (vgl. BFH-Urteil vom 13. Mai 2004 IV R 11/02, BFH/NV 2004,1400).

3. Das FA hat den gewerblichen Gewinn der Klägerin auch der Höhe nach unter Abzug der sich nach Kürzung der Ansparrücklage ergebenden höheren GewSt-Rückstellung i.H.v. 45.658 DM zutreffend mit 587.492 DM im Rahmen der ESt 2001 und der Berechnung des GewStMB 2001 angesetzt. Dagegen sprechende Gründe wurden weder von den Klägern vorgetragen, noch sind solche aus den Akten ersichtlich.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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