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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 01.04.2009
Aktenzeichen: 5 K 2342/05 E
Rechtsgebiete: AO, FGO


Vorschriften:

AO § 71
AO § 191 Abs. 1
AO § 235
AO § 370 Abs. 1
FGO § 102
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 59 v.H. und dem Beklagten zu 41. v.H. auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides.

Die Klägerin erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 2. Januar 1992 zusammen mit ihrer Schwester das Erbbaurecht an dem Grundstück A-Straße 24 in T. Das Grundstück wurde in der Folgezeit mit einem 9-Familienhaus bebaut und an den einzelnen Wohnungen Teileigentum gebildet. Nach Fertigstellung wurden die Wohnungen teils kurzzeitig vermietet und teils direkt veräußert. Sechs Wohnungen wurden in 1992, zwei Wohnungen in 1993 und 1 Wohnung in 1994 veräußert.

Aufgrund steuerstrafrechtlicher Ermittlungen gegen die Eltern der Klägerin und gegen die Klägerin selbst vertrat das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung I (nachfolgend: Steufa I) die Auffassung, dass die Klägerin bei Kauf, Bebauung und Verkauf nur als "Strohfrau" ihres Vaters fungiert habe. Der Vater der Klägerin hatte in diesem Zusammenhang am 9. Juli 2002 gegenüber den ermittelnden Beamten der Steufa I erklärt, dass er allein der Bauherr und Veräußerer gewesen sei. Seine Familienangehörigen hätten nur im Vertrauen auf ihn einen Teil der Bauten über ihren Namen laufen lassen. Die Steufa I kam im Rahmen ihrer Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass die Klägerin zusammen mit ihrer Schwester das Grundstück zwar im eigenen Namen gekauft und später die einzelnen hierauf errichteten Wohnungen verkauft hätten, tatsächlich hätten sie jedoch keinerlei Einflussmöglichkeiten auf diese Geschäfte gehabt und insbesondere keine Vorteile hieraus. Der wirtschaftliche Vorteil sei allein beim Vater verblieben. Die entsprechenden Gewinne aus dem Verkauf der Wohnungen seien daher allein dem Vater der Klägerin zuzurechnen. Aufgrund der Prüfungsfeststellung der Steufa I sind am 12. März 2003 erstmals ESt-Bescheide für 1992, 1993 und 1994 gegen die Eltern der Klägerin erlassen worden, in denen der Gewinn aus der Veräußerung der vorgenannten Wohnungen bzw. der kurzzeitigen Vermietung als gewerbliche Einkünfte des Vaters berücksichtigt sind. Zugleich sind Zinsen zur Einkommensteuer (Nachzahlungszinsen) festgesetzt worden. Die ESt-Bescheide sind zwischenzeitlich bestandskräftig geworden. Die Eltern der Klägerin beantragten eine Aufteilung der ESt-Schuld. Ausweislich des Aufteilungsbescheides entfällt die Steuerschuld ausschließlich auf den Vater der Klägerin.

Mit Bescheid vom 11. März 2004 nahm das beklagte Finanzamt die Klägerin nach § 71 der Abgabenordnung - AO - wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des Vaters in Höhe der anteilig auf den gewerblichen Gewinn (aus der Vermietung bzw. Veräußerung) der Wohnungen entfallenden Einkommensteuer 1993 (7.940,- € ) und Einkommensteuer 1994 (15.532,- € ) und der anteiligen Zinsen gem. § 233a AO (1.902,- € und 6.428,- € ) in Haftung, da Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihren Vater, der zwischenzeitlich die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte, nicht zum Erfolg geführt hatten.

Hinsichtlich des Auswahlermessens führte der Beklagte im Haftungsbescheid, auf den Bezug genommen wird, aus, dass die Mutter der Klägerin als Mittäterin zu beurteilen sei. Gegen die Mutter und die Schwester seien ebenfalls Haftungsbescheide erlassen worden.

Zur Begründung ihres hiergegen eingelegten Einspruchs trug die Klägerin vor, dass sie nicht mit dem für eine Haftungsinanspruchnahme erforderlichen doppelten Gehilfenvorsatz gehandelt habe. Der beurkundende Notar habe sie darauf hingewiesen, dass ihre in dieser Angelegenheit entwickelte Tätigkeit rechtlich und steuerlich völlig in Ordnung sei. Auch komme eine Haftung schon deshalb nicht in Betracht, da zwischenzeitlich Verjährung eingetreten sei. Zudem sei bei der Berechnung der gewerblichen Gewinne, für die sie haften solle, von einem falschen Veräußerungspreis hinsichtlich der in 1994 verkauften Wohnung ausgegangen worden. Der Verkaufspreis habe tatsächlich nur 133.000,- DM betragen und nicht - wie vom Beklagten angenommen - 200.000,- DM.

Das AG B stellte mit Beschluss vom 2. März 2005 (Az. 0 Cs 000 Js 000/00 (000/00) das Strafverfahren gegen die Klägerin wegen Verjährung gem. § 206a StPO ein.

Mit Einspruchsentscheidung vom 11. Mai 2005 setzte der Beklagte die Haftungssumme auf 20.213,- € herab. Bei der Berechnung der hinterzogenen Einkommensteuer des Vaters für 1994 ging er nunmehr von dem von der Klägerin genannten Verkaufspreis aus. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin den objektiven und subjektiven Tatbestand der Beihilfe zur Steuerhinterziehung des Vaters erfülle. Die strafrechtliche Verjährung sei ohne Bedeutung, da bei der Festsetzung der Einkommensteuer andere Verjährungsfristen gelten würden und vorliegend noch keine Verjährung eingetreten sei. Die Inanspruchnahme der Haftungsschuldnerin stehe im pflichtgemäßen Entschließungs- und Auswahlermessen. Ihre Inanspruchnahme als Haftungsschuldnerin sei ermessensgerecht. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage wiederholt die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, dass wegen fehlerhafter Bauausführungen für drei der in 1992 veräußerten Wohnungen der vereinbarte Kaufpreis vermindert worden sei um insgesamt 33.223,- DM. In dieser Höhe sei der vom Beklagten angesetzte Rohgewinn zu hoch.

Der Beklagte hat im Klageverfahren am 20. Januar 2006 einen geänderten Haftungsbescheid erlassen, in dem es die Haftungssumme auf 11.883,- € (nur hinterzogene ESt 1993 und 1994 ohne Nachzahlungszinsen) herabgesetzt hat.

Die Klägerin beantragt,

den Haftungsbescheid vom 11. März 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Mai 2005, zuletzt geändert durch Bescheid vom 20. Januar 2006, aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass der doppelte Gehilfenvorsatz gegeben sei. Die Klägerin habe die Verträge bewusst unterschrieben, um ihrem Vater die Steuerhinterziehung zu ermöglichen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Haftungsbescheid in der Fassung vom 20.01.2006 ist rechtmäßig.

Nach § 191 Abs. 1 AO kann derjenige, der kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Entscheidung über die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners ist zweigliedrig (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -, vgl. u.a. Urteil vom 13. Juni 1997 VI R 96/96, BFH/NV 1998, 4). Das Finanzamt hat zunächst zu prüfen, ob in der Person oder den Personen, die es zur Haftung heranziehen will, die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme erfüllt sind. Hierbei handelt es sich um eine vom Gericht in vollem Umfang überprüfbare Rechtsentscheidung. Daran schließt sich die nach § 191 Abs. 1 AO zu treffende Ermessensentscheidung - vgl. § 5 AO - des Finanzamts an, ob und ggf. wen es als Haftenden in Anspruch nehmen will. Diese auf der zweiten Stufe zu treffende Entscheidung ist gerichtlich nur im Rahmen des § 102 S. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO - auf Ermessensfehler (Ermessensfehlgebrauch bzw. Ermessensüberschreitung) überprüfbar (vgl. u.a. Urteil des BFH vom 11. März 2004 VII R 52/02, BStBl II 2004, 579, unter II 1 a m.w.N.).

Gem. §§ 191 Abs. 1 S. 1, 71 i.V.m. 370 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 2 AO kann derjenige, der eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen teilnimmt, für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 AO in Haftung genommen werden.

Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 71 AO kommt bei einer Haftungsinanspruchnahme nach dieser Norm nur eine Haftung für die verkürzten Steuern bzw. für die zu Unrecht gewährten Steuervorteile und für Hinterziehungszinsen in Betracht, nicht jedoch für Nachzahlungszinsen.

Nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO wird bestraft, wer den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht. Nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO wird bestraft, wer die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt.

Nach Auffassung des Senates sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme der Klägerin nach § 71 AO wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ihres Vaters gegeben.

Im Streitfall hat der Vater der Klägerin für die Streitjahre 1993 und 1994 keine ESt-Erklärungen abgegeben, obwohl er in nicht unerheblicher Höhe einkommensteuerpflichtige Einnahmen - u.a. aus der Bebauung, kurzzeitige Vermietung und Veräußerung von Wohnungen auf dem Grundstück A-Straße 24 in T - (gewerblicher Grundstückshandel) erzielt hatte und zur Abgabe von ESt-Erklärungen verpflichtet war. Er hat hierdurch pflichtwidrig und vorsätzlich die Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und Einkommensteuern für 1993 und 1994 hinterzogen.

Die Klägerin hat ihrem Vater zu dessen Tat Beihilfe geleistet, indem sie - zusammen mit ihrer Schwester - das Erbbaurecht an dem Grundstück A-Straße 24 in T erworben hat und als Bauherr bzw. Veräußerer aufgetreten ist. Hierdurch hat sie mitgeholfen, gegenüber der Finanzbehörde zu verschleiern, dass nicht sie selbst bzw. ihre Schwester Bauherr und Veräußerer gewesen sind, sie vielmehr nur als Strohfrauen ihres Vaters fungierten, um dessen steuerliche Gewinne aus den Vermietungen und Veräußerungen zu verschleiern. Der Vater der Klägerin hat anlässlich seiner Vernehmung am 9. Juli 2002 zugegeben, dass er allein der Bauherr und Veräußerer der Wohnungen gewesen sei. Seine Familienangehörigen hätten nur im Vertrauen auf ihn einen Teil der Bauten über ihren Namen laufen lassen. Die Klägerin selbst hatte keinen eigenen wirtschaftlichen Vorteil aus den An- und Verkäufen. Der Klägerin war - aufgrund der Aussage ihres Vaters - nach Ansicht des Senats klar und auch bewusst, dass sie nur als Strohfrau ihres Vaters fungierte, damit diesem die entsprechenden Objekte und Gewinne hieraus nicht zugerechnet wurden.

Sie hat ihrem Vater auch vorsätzlich zu dessen vorsätzlicher Steuerhinterziehung Hilfe geleistet, indem sie ihren Namen für die entsprechenden An- und Verkäufe zur Verfügung gestellt und entsprechende Kaufverträge unterschrieben hat. Auch war sich die Klägerin aufgrund des gesamten Geschehensablaufs nach Auffassung des Senats darüber im Klaren, dass der An- und Verkauf wirtschaftlich ihrem Vater zuzurechnen war, was dieser in seiner Vernehmung am 9. Juli 2002 auch zugegeben hat, zumal sie selbst zu dieser Zeit nicht über ausreichende Mittel und eine entsprechende Kreditwürdigkeit verfügte, um ein derartiges Bauvorhaben zu realisieren. Sie hat sich ganz bewusst von ihrem Vater einschalten lassen, um gegenüber den Finanzbehörden eine Zurechnung der Grundstücksverkäufe beim Vater zu verschleiern.

In diesem Zusammenhang führt auch die - angebliche - Aussage des zwischenzeitlich verstorbenen Notars N, dass die Vorgehensweise rechtlich einwandfrei sei, zu keiner anderen Beurteilung bei der Klägerin. Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf einen Verbotsirrtum i.S. des § 17 Strafgesetzbuch - StGB - berufen. Ein solcher könnte im Hinblick auf eine unzutreffenden Rechtsauskunft eines Steuerberaters, Rechtsanwalts oder Notars allenfalls dann in Betracht zu ziehen sein, wenn diesem der zutreffende Sachverhalt unterbreitet worden wäre. Vorliegend waren die Gewinne aus der Vermietung bzw. Veräußerung der Wohnungen dem Vater der Klägerin steuerlich zuzurechnen. Auf die Frage, ob und wenn ja, welche Auskunft der Notar der Klägerin zur steuerlichen Behandlung der Gewinne bei ihr selbst erteilt hat, kommt es deshalb nicht an. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, um Rechtsrat zur Versteuerung und Zurechnung von Gewinnen bei Zwischenschaltung eines Strohmanns gebeten zu haben.

Des Weiteren hat die Einstellung des Strafverfahrens keine Auswirkungen auf die steuerliche Inhaftungnahme der Klägerin. Der angefochtene Haftungsbescheid ist innerhalb der Festsetzungsfrist ergangen.

Nach § 191 Abs. 3 S. 1 AO sind die Vorschriften über die Festsetzungsfrist auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt in den Fällen des § 71 AO zehn Jahre (§ 191 Abs. 3 S. 2 AO). Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft (§ 191 Abs. 3 S. 3 AO). Ist die Steuer, für die gehaftet wird, bereits festgesetzt, gilt § 171 Abs. 10 AO sinngemäß (§ 191 Abs. 3 S. 4 Hs. 2 AO). Die sinngemäße Anwendung des § 171 Abs. 10 AO bedeutet, dass die für den Haftungsbescheid laufende Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von 2 Jahren nach Bekanntgabe der Festsetzung der Erstschuld endet. Die Festsetzung der Erstschuld, d.h. die ESt-Festsetzungen 1993 und 1994 gegen den Vater, erfolgte jeweils mit Bescheid vom 12. März 2003. Der Haftungsbescheid gegen die Klägerin ist damit noch innerhalb der Festsetzungsfrist erfolgt.

Auch hinsichtlich der Höhe der Haftungssumme ist der geänderte Haftungsbescheid vom 20. Januar 2006, der zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist, nicht zu beanstanden.

Soweit die Klägerin hierzu vorgetragen hat, dass das beklagte Finanzamt von einem zu hohen Rohgewinn und damit einem zu hohen gewerblichen Gewinn und entsprechend einem zu hohen Hinterziehungsbetrag ausgegangen sei, weist der erkennende Senat darauf hin, dass die nach dem Vorbringen der Klägerin verminderten Verkaufspreise für einzelne in 1992 veräußerte Wohnungen sich nur auf den Gewinn und die Einkommensteuer 1992 auswirken können. Für die Einkommensteuer 1992 ihres Vaters ist die Klägerin aber nicht in Haftung genommen worden. Der angefochtene Haftungsbescheid betrifft ausschließlich die Haftung für Einkommensteuer 1993 und 1994.

Es sind auch keine Ermessensfehler des Beklagten bei Erlass des Haftungsbescheides erkennbar.

Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Haftungsnorm steht die Inanspruchnahme als Haftender im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde sowohl hinsichtlich der Frage, ob die entsprechende Person als Haftender in Anspruch genommen wird (Entschließungsermessen) als auch hinsichtlich der Frage, wer von mehreren in Betracht kommenden Haftenden in Anspruch genommen wird (Auswahlermessen). Die Ermessensentscheidung ist - wie oben dargelegt - nur eingeschränkt nach § 102 FGO vom Gericht daraufhin zu überprüfen, ob der Verwaltungsakt deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

Der BFH hat die Auffassung vertreten, dass im Falle der vorsätzlichen Steuerverkürzung oder einer Beihilfe dazu die Ermessensentscheidung i.S. der Inanspruchnahme der hierfür verantwortlichen Personen vorgeprägt sei, und zwar nicht nur dem Grunde nach, sondern auch hinsichtlich der vollen Höhe des hinterzogenen Betrages; auf die nähere Darlegung der Ermessenserwägungen kann in solchen Fällen grundsätzlich verzichtet werden (zuletzt BFH-Urteil vom 21. Januar 2004 XI R 3/03, BStBl II 2004, 919). Allerdings ist er in seiner Entscheidung vom 21. Januar 2004 in eine Überprüfung der Ausübung des Auswahlermessens auch bei einem auf § 71 AO gestützten Haftungsbescheid eingetreten. Er hat dessen Ergebnis im konkreten Fall mit der Erwägung gebilligt, dass neben dem Kläger auch der weitere wegen Teilnahme an der Steuerhinterziehung strafrechtlich belangte Geschäftsführer in Anspruch genommen worden sei. Der 7. Senat des BFH hat zudem mit Urteil vom 2. Dezember 2003 (VII R 17/03, BFH/NV 2004, 597) entschieden, dass im Falle einer vorsätzlich begangenen Steuerstraftat auch das Auswahlermessen der Finanzbehörde, in diesem Fall des Hauptzollamtes, vorgeprägt sei, dass es einer besonderen Begründung dieser Ermessensentscheidung nicht bedürfe. In der letztgenannten BFH-Entscheidung konnte der in Anspruch genommene Kläger aus dem Bescheid erkennen, dass er neben weiteren Personen in Anspruch genommen worden ist.

Im Streitfall schließt sich der Senat der Auffassung des BFH an, dass bei einer auf § 71 AO beruhenden Haftungsinanspruchnahme jedenfalls dann keine weiteren Ausführungen zum Auswahlermessen geboten sind, wenn außer dem Adressaten des Haftungsbescheides auch alle weiteren Personen, die den Haftungstatbestand in (mindestens) derselben Verschuldensform verwirklicht haben, in Anspruch genommen werden (vgl. auch BFH-Urteil vom 24. November 1987 VII R 82/84, BFH/NV 1988, 206).

Vorliegend hat der Beklagte seine Ermessenserwägungen, von denen er sich bei seiner Entscheidung, die Klägerin in Haftung zu nehmen, hat leiten lassen, sowohl im Haftungsbescheid selbst als auch in der Einspruchsentscheidung dargelegt. Er hat auch ein Auswahlermessen vorgenommen, in dem er im Haftungsbescheid auf die gleichzeitige Haftungsinanspruchnahme der Mutter und der Schwester der Klägerin hingewiesen hat.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 136 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gem. §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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