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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 25.04.2007
Aktenzeichen: 5 K 3453/04 U
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 3 Abs. 1
UStG § 25a Abs. 1 Nr. 2b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

5 K 3453/04 U

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob auf die Lieferung von Gebrauchtwagen die Differenzbesteuerung anwendbar ist.

Die Klägerin betreibt einen Kfz-Handel mit Gebrauchtwagen.

Mit Schreiben vom 16. Juni 1997 fragte die Klägerin beim Beklagten an, ob die Differenzbesteuerung beim Weiterverkauf von Gebrauchtwagen, die von einem Händler aus einem anderen EG-Staat, der die Lieferungen nicht als steuerfreie Lieferungen behandelt habe, anwendbar sei. Der Beklagte teilte ihr daraufhin mit Schreiben vom 2. Juli 1997 mit, dass in diesem Fall der ausländische Unternehmer die USt schulde und die Differenzbesteuerung gem. § 25a Abs. 1 Nr. 2a UstG für den Weiterverkauf vom inländischen Erwerber nicht in Anspruch genommen werden könne. Nur wenn der ausländische Unternehmer auf seine grenzüberschreitende Lieferung an die Klägerin selbst die Differenzbesteuerung anwende, weil er die Pkw ohne Vorsteuerabzugsberechtigung erworben habe, komme die Differenzbesteuerung in Betracht. Die in einem Schreiben des FA C an Frau B vertretene Auffassung werde aus den vorgenannten Gründen nicht geteilt.

Anlässlich einer Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin in den Monaten Juni/Juli 1997 insgesamt 90 Pkw, die ihr zuvor mit Fax vom 3. Juni 1997 von der Fa. TD aus Spanien angeboten worden waren, erworben hatte. Bei den Fahrzeugen handelte es sich ausschließlich um durchschnittlich ca. 6 - 7 Monate alte Kleinwagen vom Typ Ford Fiesta, Ford Ka und Opel Corsa mit einer durchschnittlichen Fahrleistung von rd. 8.000 Kilometer. Das als Sonderangebot deklarierte Fax-Schreiben der Fa. TD, vom 3. Juni 1997 enthält folgenden Hinweis:

"Die Fahrzeugpreise enthalten die span. Mehrwertsteuer, d.h. sie unterliegen der Differenzbesteuerung."

Die Pkw wurden aus Spanien durch Übergabe an beauftragte Frachtführer geliefert und die ausländischen Fahrzeugpapiere, denen zu entnehmen ist, dass die Fahrzeuge zuvor auf ausländischen Mietwagenunternehmen zugelassen waren, wurden der Klägerin übergeben, die sodann die Zulassung der Fahrzeuge im Inland veranlasste.

Die Zahlungen erfolgten jeweils bei Übergabe der CMR-Papiere (Frachtpapiere) wie folgt:

 11.6.199740 Pkw485.686,25 DMBegünstigter: FSD, Spanien
26.6.199730 Pkw366.284,96 DMBegünstigter: TD, Spanien
16.7.1997 20 Pkw 247.130,00 DM Begünstigter: S, C
  1.099.101,21 DM

Für sämtliche 90 Fahrzeuge wurden Einzelrechnungen an die Klägerin von der Fa. S, Kfz-Handel, A-Straße 10 in 00000 C ausgestellt. Alle Rechnungen enthalten den Zusatz:

"Das Fahrzeug unterliegt der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG."

Die Klägerin veräußerte alle Fahrzeuge im Inland unter Anwendung der Differenzbesteuerung, zum überwiegenden Teil an Wiederverkäufer.

Nach Auffassung des Prüfer lagen die Voraussetzungen für die Anwendung der Differenzbesteuerung nicht vor. Aufgrund der Vielzahl gleichartiger Fahrzeuge mit teilweise fortlaufender Fahrgestellnummer und der Überweisung an FSD sei der Klägerin bekannt gewesen, dass es sich bei den Fahrzeugen um Mietwagen gehandelt habe. Lediglich der Hinweis in den Rechnungen, dass es sich um differenzbesteuerte Fahrzeuge handele, entbinde die Klägerin nicht von ihrer Prüfungspflicht, ob der Lieferant doch USt schulde und demgemäß die Anwendung der Differenzbesteuerung nicht in Betracht komme. Unabhängig davon scheide hinsichtlich der ersten 70 Pkw die Differenzbesteuerung gem. § 25a Abs. 7 Nr. 1b UStG bereits deshalb aus, weil es sich um Neufahrzeuge i.S. des § 1b Abs. 3 Nr. 1 UStG handele, da deren erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs durch die Klägerin nicht mehr als 6 Monate zurückgelegen habe.

Der Prüfer erhöhte die USt entsprechend um 143.360,87 DM (= 1.099.100,- DM : 1,15 x 15%).

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 15. Februar 2001 Bezug genommen. Der Beklagte erließ am 27. April 2001 einen entsprechend geänderten USt-Bescheid für 1997.

Zur Begründung ihres Einspruchs trug die Klägerin vor, dass die Differenzbesteuerung vorliegend zulässig sei, da die Fa. S die Lieferung an sie ebenfalls der Differenzbesteuerung unterworfen habe. Ob dies rechtmäßig erfolgt sei, unterliege weder ihrer Prüfungspflicht, noch sei dies Tatbestandsvoraussetzung des § 25a UStG. Die Differenzbesteuerung sei auch nicht nach § 25a Abs. 7 Nr. 1a UStG ausgeschlossen, da die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen auf die Lieferungen der Fa. S gerade nicht angewendet worden sei. Zudem seien die Prüfungsfeststellungen in sich widersprüchlich hinsichtlich der Frage, ob es sich um Neuwagen gehandelt habe.

Auf Anfrage der Prüfer holte das Bundesamt für Finanzen eine Stellungnahme vom Spanischen Ministerio de Hacienda (Finanzministerium) ein. Dieses teilte in seiner Stellungnahme vom 9. September 2002 mit, dass Art. 26 Teil B Abs. 2 der 6. EG-RL durch Art. 135 des Gesetzes 37/1992 (= spanisches Mehrwertsteuergesetz) umgesetzt worden ist. Danach kann die Lieferung nicht in Anlehnung an die Vorschriften von Gebrauchtgütern erfolgen, wenn der spanische Unternehmer die Fahrzeuge von vorsteuerabzugsberechtigten Vorbesitzern erstanden hat.

Mit Einspruchsentscheidung vom 7. Juni 2004 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Zur Begründung ihrer hiergegen erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, dass aufgrund einer telefonischen Anfrage von Frau B das FA C ihr mit Schreiben vom 5. Juni 1997 mitgeteilt habe, dass keine Bedenken gegen die Anwendung der Differenzbesteuerung auf die Weiterlieferung von gebrauchten Kraftfahrzeugen im Inland bestünden. Dabei habe es ausdrücklich Bezug auf einen von Frau B vorgelegten Beleg, wonach die Lieferung durch den spanischen Vorlieferer nicht steuerbefreit sei, Bezug genommen. Die (mündlichen) Kaufverträge seien zwischen der Fa. S und ihr, der Klägerin, abgeschlossen worden. Zu der spanischen Fa. TD, Spanien, habe kein Vertragsverhältnis bestanden. Die Vertragsverhandlungen seien allein mit der Fa. S geführt worden. Die Gründe, die zur Ablehnung des Fax-Angebotes der Fa. TD geführt hätten, seien heute nicht mehr rekonstruierbar. Das Transportunternehmen UD sei von der Fa. S beauftragt worden. Auf Grund der Vereinbarungen mit der Fa. S habe sie die Transportkosten übernommen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass alle tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung der Differenzbesteuerung auf den Weiterverkauf der 90 Fahrzeuge gegeben seien. Die Fa. S habe in ihren Rechnungen ausdrücklich auf die Vornahme der Differenzbesteuerung ihrerseits hingewiesen. Sie habe auch zu Recht ihrerseits die Differenzbesteuerung angewandt. Dies habe sie gekonnt, da - wie sich aus dem Fax der Fa. TD ergebe - diese in Spanien selbst die Differenzbesteuerung angewandt habe. Dies habe sie gekonnt, denn sie habe auf die USt-Freiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen verzichtet.

Das spanische Umsatzsteuerrecht gestatte den Verzicht auf die Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen. In der Stellungnahme der Amtlichen Spanischen Handelskammer, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, werde dies bestätigt. Gleiches ergebe sich auch aus dem beigefügten Gutachten des Abogados, Rechtsanwalts und Steuerberaters O vom 18.11.1999, auf das ebenfalls Bezug genommen wird. Die Fa. TD habe auch wirksam die Option zur Sonderbesteuerung ausgeübt und die Lieferung der spanischen Umsatzbesteuerung unterworfen. Dies ergebe sich zum einen aus der Bemerkung "IVA incluidio" und zum anderen aus dem Umstand, dass die USt-ID-Nummer des spanischen Händlers, welche für den Nachweis einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung erforderlich sei, nicht angegeben worden sei.

Doch selbst wenn die Fa. S ihrerseits die Differenzbesteuerung zu Unrecht vorgenommen habe, ändere dies nichts daran, dass sie - die Klägerin - die Differenzbesteuerung zu Recht angewendet habe. Sie unterliege insoweit keiner besonderen Prüfungspflicht hinsichtlich der Zulässigkeit der Differenzbesteuerung beim Vorlieferer. Eine solche Prüfungspflicht sei weder Tatbestandsmerkmal des § 25a UStG noch wäre sie mit dem Prinzip der Mehrwertsteuerneutralität vereinbar. Eine Prüfungspflicht ergebe sich auch nicht aus den allgemeinen Beweislastregeln. Sie müsse nur nachweisen, dass der Lieferer die Differenzbesteuerung überhaupt angewendet habe. Hiervon könne der Wiederverkäufer regelmäßig ausgehen, wenn der Lieferer die Lieferung nicht als steuerbefreit behandelt habe, insbesondere also in der Rechnung nicht auf die Steuerfreiheit hingewiesen habe. Vorliegend habe sie aufgrund des ihr zugesandten Faxes gewusst, dass der spanische Lieferant die Differenzbesteuerung angewandt habe. Weitere Nachforschungen habe sie deshalb nicht anstellen müssen. Eine Prüfungspflicht dahingehend, ob die Vorlieferer zu Recht die Differenzbesteuerung in Anspruch genommen hätten, sei weder praktikabel noch tatsächlich und rechtlich möglich. Andernfalls würde der letzte Wiederverkäufer in der Kette für ein steuerrechtswidriges Verhalten eines beliebigen Vorlieferanten verantwortlich gemacht. Müsste sie ihre Ausgangsumsätze aus dem Weiterverkauf in voller Höhe der USt unterwerfen, würde gegen das Neutralitätsgebot verstoßen. Darüber hinaus führe dies zu einer Doppelbesteuerung der Lieferung in Spanien und in Deutschland.

Die Differenzbesteuerung sei auch nicht durch § 25a Abs. 7 Nr. 1a UStG ausgeschlossen, da für die Lieferung der Fahrzeuge an sie die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen gerade nicht angewendet worden sei. Vielmehr habe sowohl die Fa. TD als auch die Fa. S die Differenzbesteuerung vorgenommen.

Die Anwendung der Differenzbesteuerung sei schließlich auch nicht durch § 25a Abs. 7 Nr. 1 b UStG ausgeschlossen, da es sich bei den 90 Gebrauchtfahrzeugen nicht um Neuwagen i.S. des § 1b Abs. 3 Nr. 1 UStG gehandelt habe und somit keine innergemeinschaftliche Lieferung von Neufahrzeugen vorliege. Der Begriff der "Inbetriebnahme" sei richtlinienkonform auszulegen. Ob die Fahrzeuge neu gewesen seien i.S. des § 1b Abs. 3 UStG, könne nach dem bisherigen Vortrag des Beklagten nicht abschließend geklärt werden. Dies gehe zu Lasten des Beklagten, da dieser insoweit nachweispflichtig sei, als er sich auf die Neuheit der Fahrzeuge als steuerbegründende Tatsache berufe. Auch komme die Ausschlussregelung des § 25a Abs. 7 Nr. 1b UStG nur bei innergemeinschaftlichen Verkäufen in Betracht. Die hier strittigen Fahrzeuge seien aber allesamt innerhalb Deutschlands verkauft worden, so dass sich die Frage nach der Neuheit der Fahrzeuge überhaupt nicht stelle.

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 1997 vom 27. April 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Juni 2004 dahingehend zu ändern, dass die zu 15 v.H. steuerpflichtigen Lieferungen und sonstigen Leistungen um 1.099.100,- DM gemindert werden,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass als Inbetriebnahme der erstmalige bestimmungsgemäße Gebrauch anzunehmen sei. Da es sich bei einem Pkw um ein zulassungspflichtiges Fahrzeug handele, könne ein bestimmungsgemäßer Gebrauch frühestens mit Vergabe eines amtlichen Kennzeichens/Erteilung der Zulassung erfolgen. Ob die Fahrzeuge bereits mit Zulassung bzw. erst später in Betrieb genommen worden seien, könne nicht festgestellt werden. Zugunsten der Klägerin sei der frühestens mögliche Termin (hier: Zulassung) unterstellt worden. Auch wenn man dem Sachvortrag der Klägerin dahingehend folge, dass der Transportunternehmer von der Fa. S beauftragt worden sei, führe dies dazu, dass es sich bei der Lieferung der Fa. S an die Klägerin um die bewegte Lieferung handele. Ort der Lieferung sei danach in Spanien (Beginn der Versendung). Zeitpunkt der Lieferung sei der Beginn der Versendung an den Erwerber. Auch wenn man den Zeitpunkt des Erwerbs i.S. des § 1b Abs. 3 Nr. 1 UStG erst bei Ablieferung der Fahrzeuge in Deutschland sehen würde, würde dieser Zeitpunkt noch weiterhin innerhalb der 6-Monatsfrist liegen, so dass es sich bei den Pkw um Neufahrzeuge handele.

Über die Vertragsverhandlungen mit der Fa. S seien bislang - mit Ausnahme der Rechnungen - keinerlei Nachweise erbracht worden. Letztlich stammten die gelieferten Fahrzeuge von der Fa. TD. Hierdurch werde auch deutlich, dass eine Ablehnung des Angebots der Fa. TD tatsächlich nicht erfolgt sei, sondern die Fa. S nur als "Rechnungsschreiber" bewusst zwischengeschaltet worden sei. Durch eine Lieferung der Fahrzeuge über einen "Zwischenhändler" könnten diese im Regelfall nicht preiswerter, sondern aufgrund der Zwischenhändlermarge nur teurer werden. Im vorliegenden Fall sollte über die Zwischenschaltung eines "Rechnungsschreibers" die Versteuerung als innergemeinschaftlicher Erwerb verhindert werden. Auffällig bei den Rechnungen der Fa. S sei auch, dass die üblichen Angaben wie Telefonnummer, Faxnummer, Gerichtsstand etc. fehlten. Die Beauftragung des Speditionsunternehmens durch Herrn S sei als Nachweis untauglich, da diese der Verschleierung gedient habe. Für die Bezahlung sei die Beauftragung unbeachtlich, da die Transportrechnung vereinbarungsgemäß von der Klägerin beglichen worden sei.

In der Sache hat am 31. Mai 2006 ein Erörterungstermin stattgefunden und ist am 25. April 2007 mündlich verhandelt worden. In der mündlichen Verhandlung ist Frau B als Zeugin vernommen worden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht die Anwendung der Differenzbesteuerung auf den Verkauf der hier strittigen Pkw durch die Klägerin abgelehnt und den Verkaufserlös (unter Herausrechnung der darin enthaltenen USt) der Besteuerung unterworfen.

I. Gemäß § 25a Abs. 1 UStG gilt für Lieferungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 von beweglichen körperlichen Gegenständen eine Differenzbesteuerung, wenn u.a. folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

"1. Der Unternehmer ist ein Wiederverkäufer. Als Wiederverkäufer gilt, wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigert.

2. Die Gegenstände wurden an den Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert. Für diese Lieferung wurde

a) Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach § 19 Abs. 1 nicht erhoben oder

b) die Differenzbesteuerung vorgenommen."

1. Die Lieferungen Pkw durch die Klägerin sind steuerbar und steuerpflichtig, da die Pkw nach dem unbestrittenen Vortrag allesamt an Kunden im Inland veräußert worden sind.

2. Die Klägerin ist auch Wiederverkäuferin, denn sie handelt gewerbsmäßig mit gebrauchten Kfz.

3. Die Kfz sind an sie auch im Gemeinschaftsgebiet geliefert worden. Nach der Zeugenaussage von Frau B sowie der Aussage des Geschäftsführers der Klägerin, Herr GI, in der mündlichen Verhandlung geht der erkennende Senat davon aus, dass die 90 Kfz von der Fa. S an die Klägerin geliefert worden sind.

Regelmäßig ergibt sich aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen, wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem Anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem Anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines Anderen bei Ausführungen entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist.

Eine Lieferung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne besteht in der Verschaffung der Verfügungsmacht zugunsten des Leistungsempfängers (§ 3 Abs. 1 UStG); das bedeutet, dass ihm Substanz, Wert und Ertrag an dem betreffenden Gegenstand übertragen werden. Dabei kann der Lieferer dem Abnehmer die Verfügungsmacht an dem Gegenstand auch dadurch verschaffen, dass er einen Dritten, der die Verfügungsmacht bislang innehat, mit dem Vollzug dieser Maßnahme beauftragt, mit der Folge, dass mit der Übergabe des Gegenstandes zugleich eine Lieferung des Dritten an den Lieferer und eine des Lieferers an seinen Abnehmer stattfindet. Ein solcher Sachverhalt liegt jedoch nur vor, wenn sich die Verschaffung der Verfügungsmacht an den Empfänger des Gegenstandes tatsächlich als Vollzug einer fremden - vertraglich vereinbarten - Leistungsbeziehung erweist. Es kommt deshalb eine von den "vertraglichen Vereinbarungen" abweichende Bestimmung des Leistenden in Betracht, wenn nach den konkreten Umständen erkennbar eine eigene Lieferung des Handelnden vorliegt, weil dieser lediglich unter dem Namen eines Anderen tätig wurde und der Empfänger der Lieferung aber erkennbar keinen geschäftlichen Kontakt mit dem angeblichen Lieferanten hat, bzw. wenn nach den Umständen des Falles erkennbar ein Eigengeschäft des Handelnden und nicht des "Vertragspartners" vorliegt, der die Leistung auch nicht als eigene Leistung der Umsatzsteuer unterwirft, und bei denen der Leistungsempfänger typischerweise mit der Nichtbesteuerung durch den "Rechnungsaussteller" rechnet oder rechnen muss (vgl. BFH-Urteil vom 4. September 2003, V R 9, 10/02, BFHE 203, 389, BStBl II 2004, 627 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des BFH kann nach den Umständen des Einzelfalls auch ein "Briefkasten-Sitz" mit postalischer Erreichbarkeit der Gesellschaft ausreichen; es bedarf deshalb besonderer, detaillierter Feststellungen, um die Annahme eines "Scheinsitzes" zu rechtfertigen (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Februar 2003 V B 81/02, BFH/NV 2003, 670). Anhaltspunkte dafür könnten sich etwa dann ergeben, wenn am eingetragenen Firmensitz keinerlei Geschäftsleitungs- und Arbeitgeberfunktion, Behördenkontakt und Zahlungsverkehr stattfindet.

Zwar sind vorliegend die Kfz der Klägerin zunächst per Fax von der Fa. TD, Spanien, angeboten worden, wobei das Fax-Angebot von Frau B unterschrieben war. Bei Interesse sollte die in dem Fax angegebene Telefon/Faxnummer in Spanien angewählt werden. Herr GI hat hierzu auf Befragen erklärt, dass er daraufhin telefonischen Kontakt mit Frau B aufgenommen habe und sie ihn in den Geschäftsräumen der Klägerin aufgesucht habe. Sie sei dabei für die Fa. S aufgetreten. Frau B hat in ihrer Zeugenaussage bestätigt, dass Herr S zahlreiche Unternehmen in verschiedenen Ländern, u.a. auch ein Unternehmen in C betrieben habe und dass die Geschäfte mit deutschen Abnehmern ihres Wissens von der Fa. S in C abgewickelt worden seien. Des Weiteren hat in 1997 eine USt-Sonderprüfung des FA C bei der Fa. S stattgefunden, in deren Verlauf der Prüfer das Büro der Fa. S in C aufgesucht und Unterlagen von dort mitgenommen hat.

Die Gesamtumstände sprechen dafür, dass zivilrechtlich Kaufverträge zwischen der Fa. S und der Klägerin geschlossen worden sind und die Fa. S nicht lediglich als "Rechnungsschreiber" für die Fa. TD fungiert hat. Zudem war die Fa. S am angegebenen Firmensitz in C beim FA C als Steuerpflichtiger gemeldet und hatte dort - wie die durchgeführte USt-Sonderprüfung zeigt - Behördenkontakt. Des Weiteren ist die Zahlung für die zuletzt gelieferten 20 Pkw auf das in den Rechnungen angegebene Konto der Fa. S bei der Bank Y erfolgt.

Da das Gericht im Streitfall von Leistungsbeziehungen zwischen der Fa. S und der Klägerin ausgegangen ist, bedurfte es auch keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung durch die Vernehmung des von der Klägerin als Zeugen benannten Herrn FI.

4. Die Klägerin macht zwar geltend, dass die Fa. S als ihr Vertragspartner und Lieferant der Pkw ausweislich der von ihr erteilten Rechnungen (vgl. exemplarisch Bl. 115 GA) die Differenzbesteuerung angewendet hat. Nach Auffassung des Gerichts kommt die Anwendung der Differenzbesteuerung bei der Klägerin aber nur dann in Betracht, wenn auch der bzw. die Vorlieferant(en) die Differenzbesteuerung zu Recht vorgenommen haben.

a) Dies ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 25 a Abs. 1 Nr. 2b UStG, der nur darauf abstellt, dass die Differenzbesteuerung vorgenommen wurde, wohl aber aus dem Wortlaut des Art. 26a Teil B Abs. 2 4. Unterabs. der 6. EG-Richtlinie, wonach Lieferungen eines steuerpflichtigen Wiederverkäufers nur dann der Differenzbesteuerung unterfallen, sofern die Lieferung des Gegenstands durch diesen anderen steuerpflichtigen Wiederverkäufer gemäß dieser Sonderregelung mehrwertsteuerpflichtig ist.

Der erkennende Senat legt die nationale Regelung des § 25a Abs. 1 Nr. 2b UStG richtlinienkonform restriktiv dahingehend aus, dass der Vorlieferant die Differenzbesteuerung zu Recht angewandt hat und damit nach dieser Sonderregelung mehrwertsteuerpflichtig ist.

b) Die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts, durch das Richtlinien der EG umgesetzt worden sind, ergibt sich bereits daraus, dass der nationale Gesetzgeber mit dem Erlass der nationalen Normen die Vorgaben der Richtlinie umsetzen wollte. Sie folgt aber auch aus der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung der Gerichte und der sonstigen Träger öffentlicher Gewalt in den Mitgliedsstaaten, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alle zur Erreichung der durch die Richtlinie vorgeschriebenen Ziele erforderlichen Maßnahmen zu treffen (st. Rspr. des EuGH, vgl. z.B Urteil vom 18. Dezember 1997 Rs. C-129/96, Inter-Environnement Wallonie, Slg. 1997, I-7411 Randnr. 40; vgl. auch BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 27/03, BFHE 206, 471, BStBl II 2004, 862). Ihre Grenze findet die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung allerdings in den allgemeinen Grundssätzen und Regeln der Auslegung, insbesondere verbietet sich eine Auslegung, die den Wortlaut der betreffenden nationalen Umsatzsteuerregelung bei weitem überschreitet (vgl. hierzu nur Klenk in Sölch/Ringleb, vor § 1 UStG Rdn. 16).

Der Rat der EU hat am 14. Februar 1994 eine Differenzbesteuerung u.a. für Gebrauchtwagen verabschiedet und den Mitgliedstaaten eine Frist zur Umsetzung bis zum 1.1.1995 belassen (vgl. Richtlinie 94/5/EG des Rates zur Änderung der 6. EG-RL, AblEG 1994 Nr. L 60, 16). Der nationale Gesetzgeber hat die Richtlinie mit dem Gesetz zur Änderung des UStG und anderer Gesetze vom 9. August 1994 (BGBl I 1994, 2058; BStBl I 1994, 655) mit Wirkung ab dem 1.1.1995 in nationales Recht umgesetzt.

c) Die vorliegend vom erkennenden Senat vorgenommene richtlinienkonforme Auslegung des § 25 a Abs. 1 Nr. 2b UStG ist mit dem Wortlaut dieser Vorschrift vereinbar und entspricht zudem den Zielen, die die Sonderregelung des Art. 26a der 6. EG-RL verfolgt.

Nach Art. 26a der 6. EG-RL wird bei den Lieferungen der dort genannten Gegenstände durch einen steuerpflichtigen Wiederverkäufer nur die Gewinnmarge besteuert, d.h. die Differenz zwischen dem vom steuerpflichtigen Wiederverkäufer geforderten Verkaufspreis und dem Einkaufspreis des veräußerten Gegenstandes.

Wie sich aus den Begründungserwägungen 3 und 5 der Richtlinie 94/5/EG ergibt, zielt diese Sonderregelung auf die Verhinderung von Doppelbesteuerungen und Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Steuerpflichtigen ab. Da die Regelung über die Differenzbesteuerung des steuerpflichtigen Wiederverkäufers eine von der allgemeinen Regelung der 6. EG-RL abweichende Mehrwertsteuersonderregelung darstellt, ist sie nur in dem für die Erreichung ihres Ziels notwendigem Maß und unter Beachtung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität, der dem Gemeinsamen Mehrwertsteuersystem innewohnt, anzuwenden (EuGH-Urteil vom 8. Dezember 2005 - Rs. C-280/04 - Jyske Finans A/S, EuGHE I 2005, 10683, UR 2006, 360 ).

Zweck der Vorschrift des Art. 26a der 6. EG-RL ist es, die Wettbewerbsnachteile und -verzerrungen zu beseitigen, die insbesondere Gebrauchtwarenhändlern im Verhältnis zu privaten (nichtunternehmerischen) Anbietern beim Verkauf an Verbraucher erwachsen können. Nach Art. 26a der 6. EG-RL kann die Differenzbesteuerung auch bei Geschäften zwischen Wiederverkäufern vorgenommen werden. Für diese Regelung besteht nach dem Sinn und Zweck der Differenzbesteuerung dann ein Bedürfnis, wenn der erste Händler den Gegenstand von einem Verkäufer erwirbt, der (bzw. dessen Vorgänger) beim erstmaligen Erwerb nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen ist. Nur in diesem Fall wird die anteilige Umsatzsteuer aus dem Ersterwerb des Gegenstandes auf den Händler im Preis abgewälzt, so dass der Händler auf der Einkaufsseite wie der private Anbieter dasteht. Unterfällt die Lieferung des Veräußerers hingegen der normalen Besteuerung, so ist der Lieferer zum Vorsteuerabzug berechtigt und der Einkaufspreis des Händlers nicht mit USt belastet. In diesem Fall besteht regelmäßig keine Benachteiligung im Wettbewerb mit privaten Anbietern auf dem Gebrauchtgegenständemarkt, denn die in deren Verkaufspreis enthaltene nichtabziehbare USt aus dem vormaligen Neukauf entspricht bei gleichem Steuersatz der USt, die im Verkaufspreis des Händlers enthalten ist (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, § 25a UStG Anm. 13).

Aufgrund der gesamten Lieferkette Autohersteller - Autoverleiher - Fa. TD - Fa. S - Klägerin ergibt sich im Streitfall jedoch, dass die Voraussetzungen für die Differenzbesteuerung bei keinem der Vorlieferer gegeben waren und damit keiner der Vorlieferer, insbesondere auch nicht die Fa. S als Lieferant der Klägerin, die Differenzbesteuerung anwenden konnten, weil jeweils nur Lieferungen von vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern an andere vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer erfolgt sind. Es lag nicht - wie für die Differenzbesteuerung erforderlich - ein Glied in der Kette vor, dass nicht vorsteuerabzugsberechtigt war und keine USt schuldete.

Eine Wettbewerbsbenachteilung oder -verzerrung gegenüber privaten Anbietern oder gegenüber Händlern, die den Gegenstand von einem nicht vorsteuerabzugsberechtigten Verkäufer erworben haben und daher zu Recht bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen die Differenzbesteuerung angewendet haben, konnte daher vorliegend nicht eintreten, da alle Lieferer in der Kette vorsteuerabzugsberechtigt waren und die anteilige Umsatzsteuer aus dem Ersterwerb nicht auf den Preis abgewälzt werden musste.

Allein der Umstand, dass die Fa. S zu Unrecht die Differenzbesteuerung auf ihre Lieferungen an die Klägerin angewendet hat, kann nach alledem nicht dazu führen, dass die Klägerin ihrerseits die Differenzbesteuerung anwenden kann.

Zwar führt dieses Ergebnis dazu, dass die Klägerin bei den Weiterlieferungen den gesamten Verkaufspreis (abzüglich der darin enthaltenen USt) versteuern muss. Das hierin liegende Risiko einer Doppelbesteuerung ist aber dennoch nicht gegeben, da aufgrund der Vorsteuerabzugsberechtigung der Vorlieferer die Vorsteuer aus dem Ersterwerb nicht im Preis auf sie abgewälzt worden ist und die Klägerin die Pkw somit zu einem günstigeren Preis erwerben konnte, als bei einer Lieferkette, bei der einer der Vorlieferer nicht vorsteuerabzugsberechtigt gewesen wäre.

Der EuGH hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Bekämpfung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen ein Ziel ist, das von der 6. EG-RL anerkannt und gefördert wird. Das grundsätzliche Verbot missbräuchlicher Praktiken gilt auch auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer; eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht ist nicht erlaubt (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 21. Februar 2006 - Rs. C-255/02 - Halifax, UR 2006, 232 m.w.N.).

Die vorliegend vom erkennenden Senat vorgenommene richtlinienkonforme Auslegung trägt diesem Ziel Rechnung. In Anbetracht der Tatsache, dass der Klägerin im Streitfall die Lieferkette und damit der Umstand bekannt war, dass alle daran Beteiligten vorsteuerabzugsberechtigt waren und damit die Voraussetzungen für die Anwendung der Differenzbesteuerung bei keinem der Vorlieferer vorlagen, kann die Klägerin nicht allein deshalb die Anwendung der Differenzbesteuerung für sich beanspruchen, weil ihr Vorlieferer seinerseits zu Unrecht hiervon Gebrauch gemacht hat.

II. Auch der Einwand der Klägerin, dass sie keine Prüfungspflicht hinsichtlich der Zulässigkeit der Differenzbesteuerung beim Vorlieferer habe, führt nicht zum Erfolg.

Mößlang in Sölch/Ringleb (§ 25a UStG Rz 11 und 13) vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass (bei § 25a Abs. 1 Nr. 2 a) UStG) der Unternehmer zu prüfen hat, ob sein Lieferant USt schuldet und demgemäß die Anwendung der Differenzbesteuerung beim Verkauf ausscheidet. Im Übrigen hat nach seiner Auffassung der (inländische) Wiederverkäufer zu prüfen, ob die Voraussetzungen vom Lieferer im übrigen Gemeinschaftsgebiet erfüllt worden sind.

Der erkennende Senat kann es im Streitfall ausdrücklich dahingestellt sein lassen, ob eine solche umfassende Prüfungspflicht im Einzelfall besteht.

Vorliegend war jedenfalls aufgrund der Gesamtumstände der Klägerin die gesamte Lieferkette und damit der Umstand bekannt, dass es sich bei allen Vorlieferern jeweils um vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer handelte. Dieser Umstand ergab sich insbesondere aus der Tatsache, dass die Erstzulassung für alle Pkw nur 6 bis 7 Monate vor dem Verkauf erfolgt war und dass es sich bei den Pkw um Mietwagen handelte, die von dem Mietwagenunternehmen neu erworben worden waren und nach ca. 6 Monaten Nutzung über die Fa. TD und die Fa. S an sie weiterveräußert worden sind. Dieser Umstand ergab sich für die Klägerin erkennbar zum einen aus den ausgehändigten Fahrzeugpapieren, zum anderen aber auch daraus, dass die ersten Zahlungen (Überweisungen) von der Klägerin direkt an das Mietwagenunternehmen FSD in Spanien angewiesen worden ist.

Zudem hat Frau B in ihrer Zeugenaussage bestätigt, dass die hier strittigen Fahrzeuge von Unternehmen erworben worden sind.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Ende der Entscheidung

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