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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 19.11.2007
Aktenzeichen: 8 K 2562/05 GrE
Rechtsgebiete: GrEStG, AO


Vorschriften:

GrEStG § 14 Nr. 2
GrEStG § 16
AO § 163
AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
AO § 227
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

8 K 2562/05 GrE

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt - FA -) es zu Recht abgelehnt hat, die festgesetzte Grunderwerbsteuer GrESt gemäß § 16 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) aufzuheben und ob er zu Recht eine abweichende Steuerfestsetzung gemäß § 163 Abgabenordnung (AO) bzw. einen Erlass gemäß § 227 AO abgelehnt hat.

Die Klägerin (Klin.) erwarb mit notariellem Vertrag vom 29.09.1999 (UR-Nr. 245/1999 des Notars N1, E) von der Firma L AG & Co Liegenschaftsverwaltung aus den Grundstücken C, Gemarkung X, Flur 13, Flurstücke 821 und 823, eine noch zu vermessende Teilfläche von ca. 1.227 qm.

Nach § 2 des Vertrages erfolgte die Übereignung des Kaufgrundstücks in dem Zustand, in dem es sich zur Zeit des Vertragsabschlusses befand. Der Erwerberin war der Zustand des Kaufgrundstückes bekannt. Der Kaufpreis betrug 466.260 DM und war am 28.02.2000 fällig, frühestens jedoch, wenn zu Gunsten der Käuferin eine Auflassungsvormerkung eingetragen ist und sämtliche behördlichen Genehmigungen, mit Ausnahme der Unbedenklichkeitsbescheinigung, vorlagen (§ 3 des Vertrages). Die Besitzübergabe und der Übergang von Nutzen und Lasten erfolgte zum 30.09.1999 (§ 4 des Vertrages).

In § 12 des Vertrages wurde geregelt, dass die Käuferin berechtigt ist, bis zum 28.02.2000 vom Vertrag zurückzutreten, wenn ein negativer Vorbescheid des von der Käuferin zu stellenden Bauantrags bzw. negativer Vorbescheid zum Vorhaben- und Erschließungsvorhaben erteilt wird; ebenso falls der Erschließungsvertrag mit der Stadt C nicht zustande kommt. Außerdem war geregelt, dass das Rücktrittsrecht nur bis zum 28.02.2000 ausgeübt werden konnte.

In einer notariellen Vereinbarung vom 28.02.2000 (UR-Nr. 62/2000 des Notars N1), in der die Frist zur Ausübung des Rücktrittrechts bis zum 31.12.2000 verlängert wurde, stellten die Vertragsbeteiligten ergänzend zur Kaufpreisfälligkeitsvereinbarung in § 3 a des Grundstückskaufvertrages klar, dass mit "sämtliche behördlichen Genehmigungen" im Kaufvertrag vom 29.09.1999 auch solche über die Bebaubarkeit des Kaufgrundstücks gemeint sind.

Das im Grundstückskaufvertrag vom 29.09.1999 vereinbarte Rücktrittsrecht wurde mit verschiedenen notariellen Verträgen, zuletzt mit notariellem Vertrag vom 27.09.2002 (UR-Nr. 436/2002 des Notars N2, E) bis zum 15.09.2003 verlängert, da die Frage der Bebaubarkeit vorher nicht abschließend geklärt werden konnte.

Mit Bescheid vom 17.01.2000 setzte das FA aufgrund des vorliegenden Erwerbsvorganges die GrESt ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 466.260 DM auf 16.319 DM fest. Ein gegen diesen Bescheid am 11.01.2000 eingelegter Einspruch wurde am 14.01.2000 zurückgenommen.

Mit Schreiben vom 28.01.2004 beantragte die Klin. die Erstattung der GrESt, weil ein abschließender Grunderwerb nicht habe vollzogen werden können, so dass mit Wirkung vom 01.09.2003 unter Bezug auf die UR-Nr. 103/2003 des Notars N3, S der Kaufvertrag rückabgewickelt worden sei. Als Nachweis legte die Klin. eine von ihr in dieser Urkunde erteilte Löschungsbewilligung der Eigentumsverschaffungsvormerkung vom 01.09.2003 vor. Ein Aufhebungsvertrag hinsichtlich des Grundstückskaufvertrages vom 29.09.1999 wurde nicht vorgelegt. Das FA lehnte mit Bescheid vom 30.03.2004 die Aufhebung des GrESt-Bescheides vom 07.01.2000 ab, weil die Voraussetzungen des § 16 GrEStG nicht erfüllt seien und weil die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen sei.

Zur Begründung des hiergegen eingelegten Einspruchs führte die Klin. aus, der GrESt-Bescheid vom 07.01.2000 sei ersatzlos aufzuheben. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und Abs. 4 GrEStG seien erfüllt.

Mit Erlöschen des Auflassungsanspruchs des Grundstückserwerbers (Klin.), der mit notarieller Löschungsbewilligung des Notars N3 vom 01.09.2003 UR-Nr. 103/2003 bestätigt und am 05.12.2003 in das Grundbuch eingetragen worden sei, sei auch der Erwerbsvorgang im Sinne des GreEStG rückgängig gemacht worden. Damit sei auch der Auflassungsanspruch der Klin. mit ex-tunc-Wirkung erloschen, an dessen Begründung durch den Grundstückskaufvertrag die GrEeSt als Rechtsverkehrsteuer anknüpfe. Deshalb sei der vorliegende Erwerbsvorgang auch im Sinne von § 16 Abs. 1 Nr. 2 GreEStG als rückgängig gemacht anzusehen.

Vom FA müsse auch die Ablaufhemmung gemäß § 16 Abs. 4 GrEStG beachtet werden; das Ergebnis (Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Nichterfüllung der Vertragsbedingungen) sei im September 2003 eingetreten, so dass auch die Jahresfrist gemäß § 16 Abs. 4 GrEStG nicht abgelaufen sei.

Außerdem seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 175 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO, (= rückwirkendes Ereignis durch Rücktritt vom Kaufvertrag) erfüllt, mit der Folge, das auch aus dieser Norm eine ersatzlose Aufhebung des strittigen vorläufigen GreESt-Bescheides vom 07.01.2000 zu erfolgen habe. Der Rücktritt vom Kaufvertrag habe zweifelsfrei ex-tunc-Wirkung, so dass auch die Anwendung dieser Norm zum gewünschten Ergebnis führe.

Mit Schreiben vom 17.06.2004 beantragte die Klin. zusätzlich die GrEeSt gemäß § 163 AO auf 0,- DM festzusetzen bzw. hilfsweise die GreESt gemäß § 227 AO aus sachlichen Gründen zu erlassen. Im Streitfall sei kein Rechtsträgerwechsel eingetreten. Sie, die Klin., sei zur Einspruchsrücknahme gedrängt worden ohne über die Rechte und über die Nachteile der Einspruchsrücknahme ausreichend informiert worden zu sein. Es sei der Klin. ihr zugesichert worden, dass, wenn es aus irgendwelchen Gründen zu dem geplanten Eigentumsübergang nicht kommen würde, der Bescheid aufgehoben würde.

Die Billigkeitsanträge wurden mit Bescheiden vom 22.06.2004 (§ 163 AO betreffend) und 30.06.2004 (§ 227 AO betreffend) abgelehnt.

Gegen diese Ablehnungen legte die Klin. am 23.06.2004 (§ 163 AO betreffend) und am 05.0730.06.2004 (§ 227 AO betreffend) Einsprüche ein und begründete die beantragte abweichende Steuerfestsetzung damit, dass die Besteuerung unbillig sei, weil kein Rechtsträgerwechsel stattgefunden habe. Sie habe auch keinerlei Rechte an dem Kaufgrundstück erlangt oder hierüber verfügt.

Das FA entschied über die drei Einsprüche (wegen Ablehnung der Aufhebung des GreESt-Bescheides vom 07.01.2000, wegen Ablehnung eines Antrages auf anderweitige Festsetzung der GreESt gemäß § 163 AO und wegen Ablehnung eines Antrages auf Erlass der GreESt gemäß § 227 AO in einer einheitlichen Einspruchsentscheidung - EE - vom 13.06.2005, in der es die drei Einsprüche als unbegründet zurückwies (EE vom 13.06.2005)).

Zur Begründung führte es aus, im Streitfall sei der Aufhebungsvertrag im September 2003 zustande gekommen, weil ein in § 12 des Grundstückskaufvertrages vom 29.09.1999 vereinbartes Rücktrittsrecht bestanden habe, dass danach einvernehmlich zwischen den Vertragsparteien verlängert worden sei. Ohne dieses vertraglich vereinbarte (und immer wieder verlängerte) Rücktrittsrecht hätte keine Aufhebung erfolgen können, denn die Klin. habe die Grundstücke in dem ihr bekannten Zustand am 30.09.1999 erworben (§§ 2 und 4 des Grundstückskaufvertrags), die Besitzübergabe sei deshalb auch an diesem Tage gemäß § 4 des Vertrages erfolgt und sie sollte unabhängig von dem Vorbescheid über den zu stellenden Bauantrag bzw. über den Bescheid über zu dem Vorhaben- und Erschließungsvorhaben erfolgen.

Im Streitfall komme es auf den Ablauf der Festsetzungsfrist nicht an. Eine Aufhebung des GrEeSt-Bescheides habe im Streitfall nur unter den Voraussetzung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GreEStG erfolgen können. Diese Regelung sähe jedoch nur eine Aufhebung vor, wenn das Rücktrittsrecht innerhalb von zwei Jahren nach Entstehung der Steuer ausgeübt werde.

Die Steuer sei im Streitfall mit der Wirksamkeit des Kaufvertrages vom 29.09.1999 entstanden. Die Zweijahresfrist des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GreEStG habe deshalb mit Ablauf des 29.09.2001 geendet. Der Aufhebungsvertrag (der bisher nicht vorgelegt worden sei) sei jedoch erheblich später, d. h. im September 2003 geschlossen worden. Eine Aufhebung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 GreEStG sei damit nicht mehr möglich.

Die Regelung des § 16 Abs. 4 GreEStG verlängere diese Zweijahresfrist nicht, sondern lasse innerhalb der zwei Jahre, in denen ein Aufhebungsvertrag im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GreStG geschlossen werden könne, auch eine Aufhebung des GreESt-Bescheides zu, auch wenn bei diesem inzwischen nach den Vorschriften der §§ 169 - 171 AO Festsetzungsverjährung eingetreten wäre. Hätte die Klin. den am 11.01.2000 eingelegten Einspruch nicht am 24.01.2000 zurückgenommen, hätte dies zu keinem anderen Ergebnis geführt, denn im Streitfall sei der Rückerwerb im gegenseitigen Einvernehmen der Vertragsparteien, die dies durch das eingeräumte und mehrmals verlängerte Rücktrittsrecht in § 12 des Kaufvertrages dokumentiert hätten, außerhalb der (Rückerwerbe begünstigenden) Zweijahresfrist des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEeStG erfolgt und der Rückerwerb sei nicht wegen der Nichterfüllung von Vertragsbedingungen erfolgt. Der Rückerwerb stelle somit einen neuen Erwerbsvorgang und damit einen Rechtsträgerwechsel dar. Auf die Eintragung im Grundbuch käme es aber nicht an, denn der Besteuerungsgegenstand sei das Verpflichtungsgeschäft, und die Klin. wäre - wenn sie das freiwillig eingeräumte Rücktrittsrecht nicht in Anspruch genommen hätte - aufgrund des vertragsgemäßen Verhaltens Eigentümerin geworden, ohne das dies der Veräußerer hätte verhindern können.

Ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO liege nicht vor, denn der Rückerwerb von September 2003 habe rechtsgestaltenden Charakter (Vereinbarung des Rückerwerbs) und sei auf die Zukunft gerichtet und stelle nicht Rechtsverhältnisse aus der Vergangenheit klar oder interpretierte diese neu.

Im Streitfall würden auch noch keine Billigkeitsgründe vorliegen, die eine abweichende Steuerfestsetzung bzw. den Erlass der Steuerschuld begründen könnten. Die Vereinbarung von (freiwilligen) Rücktrittsrechten entspricht der gängigen Praxis und erfordere als solche keine gesetzlichen oder im Erlasswege zu vereinbarenden Sonderregelungen.

Die Tatsache, dass im Streitfall das mehrmals verlängerte Rücktrittsrecht erst nach Ablauf der gesetzlich eingeräumten und Rückerwerbe begünstigenden Zweijahresfrist in Anspruch genommen worden sei, rechtfertige keine Billigkeitsmaßnahmen, denn der Gesetzgeber habe diese zeitlich eingeräumte Begünstigung gewollt. Ein atypischer Einzel- und Sonderfall für den über die starre gesetzliche Regelung hinaus Billigkeitsregelungen anzuwenden seien, weil sonst ein vom Gesetzgeber ungewolltes Ergebnis erzielt werde, liege im Streitfall nicht vor, auch wenn nicht verkannt werde, dass die abweisende Entscheidung mit einer finanziellen Belastung für die Klin. verbunden sei. Dies wäre nicht der Fall, wenn der Rückerwerb innerhalb der kurzfristige Rückerwerbe begünstigenden Zweijahresfrist erfolgt wäre.

Hiergegen wendet sich die Klin. mit der vorliegenden Klage, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt.

Zur Begründung trägt sie vor, die mit notariellen Kaufvertrag vom 29.09.1999 erworbene Teilfläche in Größe von ca. 1 127 qm sollte nach dem erklärten Willen beider Parteien nach bereits konkretisierten Plänen der Erwerberin bebaut werden sollen. Die Vertragsparteien hätten deshalb zur Sicherung dieses Zwecks in § 12 des notariellen Kaufvertrages ein zunächst bis zum 28.02.2000 befristetest Rücktrittsrecht vereinbart, dass aber einvernehmlich mit Ergänzungsverträgen vom 20.12.2000, 28.02.2002 und letztmalig mit Vertrag vom 27.09.2002 bis zum 15.09.2003 verlängert worden sei.

Nachdem die geplante Bebauung nicht bis zum Fristablauf am 15.09.2003 habe sicher gestellt werden können und die entsprechenden Genehmigungen und Voranfragen nicht erteilt bzw. negativ beschieden worden seien, sei am 01.09.2003, also vor Ablauf der letzten Frist, der Rücktritt vom Kaufvertrag durch die Klin. erklärt worden, nachdem sie vorher durch ein entsprechendes Schreiben angezeigt gehabt habe, dass sie eine erneuten Verlängerung der Frist nichts zu stimmten würde. Bereits mit Schreiben vom 16.08.2003 habe der Geschäftsführer der Klin. den Notar N3 in S beauftragt, alles notwendige für die Vertragsaufhebung zu veranlassen. Bereits am 01.09.2003 sei zur Erfüllung des Rücktritts die Löschungsbewilligung für die im Grundbuch unter II/23 zu Gunsten der Klin. eingetragene Auflassungsvormerkung der Verkäuferin erteilt worden. Der notarielle Kaufvertrag vom 29.09.1999, der Grundlage der Besteuerung gewesen sei, sei damit in vollem Umfang aufgehoben und rückabgewickelt worden und habe demzufolge zu keiner Eigentumsübertragung eines Grundstücks geführt. Ein grunderwerbsteuerbarer Erwerbsvorgang habe nicht stattgefunden. Die für beide Vertragsparteien essentielle Bedingung des Kaufvertrags - Bebauung des Kaufgrundstücks - habe wegen der Nichtgenehmigung durch die zuständige Aufsichtsbehörde nicht erfüllt werden können, so dass die Geschäftsgrundlage für den Kaufvertrag entfallen sei. Damit seien zweifelsfrei nicht nur die Tatbestandsvoraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 2 GreEStG erfüllt, sondern auch die des der des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO, so dass nach den Änderungsnormen der AO und des GrEeStG eine Änderung möglich und geboten sei.

Durch den vertraglich vereinbarten und von ihr, der Klin., ausgeübten Rücktritt, sei die Willenserklärung vom 29.09.1999 zum Erwerb des noch unvermessenen Grundstücks wiederrufen worden, so dass die aufgrund des vereinbarten Rücktrittsrechts fristgemäß abgegebene Willenserklärung vom 01.09.2003 mit ex-tunc-Wirkung den schuldrechtlichen Vertrag vom 29.09.1999 beseitigt und die Rückabwicklungsansprüche gemäß §§ 3461 Abs. 1, 812 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgelöst habe.

Nach der ständigen Rechtssprechung des BFH liege eine Rückgängigmachung in dem Sinne des § 16 Abs. 1 GrEeStG dann vor, wenn die Vertragspartner vollständig aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen würden, damit die Verfügungsmöglichkeit des Erwerbers über das Grundstück beseitigt werde und der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung in Bezug auf das Grundstück in vollem Umfang wieder erlange. Diese Tatbestandsvoraussetzung sei unstreitig im vorliegenden Fall erfüllt.

Würden die Wirkungen eines schuldrechtlichen Vertrages - zur dinglichen Übereignung des Kaufgegenstandes sei es vorliegend unstreitig nicht gekommen - aufgrund des Eintretens einer auflösenden Bedingung oder werde der Vertrag wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage mit ex-tunc-Wirkung beseitigt, so sei dieser Vorgang vor Eigentumsübergang unter § 16 Abs. 1 Nr. 2 GreEStG zu subsumieren. Nach Eigentumsübergang wäre er unter § 16 Abs. 2 Nr. 3 GreEStG zu subsumieren. Die Zweijahresfrist des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GreEStG sei damit gar nicht anwendbar.

Der GreESt-Bescheid vom 07.01.2000 sei antragsgemäß ersatzlos aufzuheben. Hilfsweise sei die GreESt wegen sachlicher und persönlicher Unbilligkeit gemäß §§ 163, 227 AO auf 0,- DM herabzusetzen.

Ergänzend weist die Klin. auf das BFH-Urteil vom 23.11.2006 II R 38/05 BFH/NV 2007, 498 hin. In dieser Entscheidung werde ihre Rechtsauslegung bestätigt,

dass eine Besteuerung bei nicht erfolgtem vertraglichen Leistungsaustausch bereits deshalb nicht erfolgen dürfe, weil insoweit das wirtschaftliche Ergebnis des Grundstückskaufvertrages nicht eingetreten sei und deshalb eine Rückabwicklung von vornherein ausscheide und

dass eine Rückabwicklung bei bestehender Vertragsnichtigkeit oder rechtswirksamer Vertragsaufhebung nur bezgl. der bereits teilerfüllten vertraglichen Pflichten erfolgen könne und müsse.

Im hier streitigen Verfahren habe es von ihr, seitens der Klin., lediglich der Zustimmung zur Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkung bedurft. Weitere vertragliche Pflichten seien wechselseitig unstreitig nicht zu erfüllen gewesen, so dass insoweit auch eine Rückabwicklung von vornherein ausscheide.

Die Klin. beantragt,

den gemäß § 165 AO bzgl. der Vermessungskosten vorläufigen GreESt-Bescheid vom 07.01.2000 ersatzlos aufzuheben,

und hiflsweise

die GrEeSt gemäß §§ 163, 227 AO auf 0,- DM herabzusetzen bzw. zu erlassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen,

und hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen..

Es beruft sich zur Begründung auf seine EE.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze (Schriftsätze der Klin. vom 21.06.2005, 22.05.2007 und vom 01.10.2007; Schriftsatz des FA vom 09.08.2005) sowie auf die vom FA vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

In diesem Verfahren hat der Senat am 19.11.2007 mündlich verhandelt. Auf die Niederschrift hierüber wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Das FA hat zu Recht sowohl die Aufhebung der GrESt-Festsetzung im Bescheid vom 07.01.2000 als auch den Antrag auf die Nichtfestsetzung der GrEeSt gemäß § 163 AO sowie den Antrag auf bzw. den Erlass der GrESt gemäß § 227 AO abgelehnt.

Ein Anspruch auf Aufhebung der GrESt-Festsetzung im Bescheid vom 07.11.2000 ergibt sich entgegen der Auffassung der Klin. weder aus § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG noch aus § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG.

Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht, bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, so wird nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG auf Antrag die Steuerfestsetzung u. a. dann aufgehoben, wenn die Rückgängigmachung durch Vereinbarung oder durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die GrESt entsteht im vorliegenden Fall gemäß § 14 Nr. 2 GrESt mit Erteilung der Genehmigungserklärung zum Kaufvertrag vom 29.09.1999 am 27.10.1999 durch die Geschäftsführer der Verkäuferin. Die Zweijahresfrist des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG endet deshalb mit Ablauf des 27.10.2001. Der Vertrag, mit dem die Vertragsschließenden den Kaufvertrag vom 29.09.1999 einvernehmlich von Anfang an aufgehoben haben, ist jedoch erheblich später und zwar nach den Angaben der Klin. im September 2003 geschlossen worden.

Die Klin. hat auch gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrESt keinen Anspruch auf Aufhebung der GrESt-Festsetzung im Bescheid vom 07.01.2000.

Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht, bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, so wird nach dieser Vorschrift auf Antrag die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb aufgrund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

Der Anspruch auf Aufhebung der Steuerfestsetzung erfordert eine Rückgängigmachung eines Erwerbsvorganges, der die einseitig und gegen den Willen des anderen am Grundstücksgeschäft Beteiligten erzwungen werden kann. Dabei wird vorausgesetzt, dass ein gesetzliches oder vertraglich ausbedungenes Recht zur Rückgängigmachung des Grundstücksgeschäftes besteht und als solches ausgeübt wird. Der entscheidende Unterschied zwischen den Nr. 1 und 2 des § 16 Abs. 1 besteht darin, dass sich die Nr. 1 auf die Fälle bezieht, in denen das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft aufgrund freien Entschlusses der Beteiligten oder aufgrund eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufrechtes aufgehoben wird, während die Nr. 2 einen Rechtsanspruch auf Rückgängigmachung derart verlangt, dass dieser einseitig und gegen den Willen des anderen am Grundstücksgeschäft Beteiligten durchsetzbar ist und die - jedenfalls für einen Vertragsbeteiligten unfreiwillige - Rückgängigmachung auf der Ausübung dieses Rechts beruht. Denn in den Fällen, in denen ein Erwerbsvorgang freiwillig rückgängig gemacht wird (ohne das ein Rechtsanspruch besteht) hat es jeder Beteiligte in der Hand, ob er der Rechtsänderung zustimmen will oder nicht. Der Gesetzgeber hat in diesen Fällen eine zeitliche Begrenzung der Vergünstigung für angebracht gehalten, weil die Beteiligten die steuerrechtlichen Folgen dieses Entschlusses berücksichtigen können und nach Ablauf der Frist von zwei Jahren die Steuer in Kauf nehmen müssen, während bei der unfreiwilligen Rückgängigmachung alle am Geschäft Beteiligten dieses wirtschaftliche Ergebnis hinnehmen müssen und die Zeit, die bis zur Verwirklichung des Anspruches vergeht, sehr verschieden sein kann. Einer Rückgängigmachung aufgrund eines Rechtsanspruchs steht es nicht entgegen, wenn der Erwerbsvorgang im Einvernehmen aller Beteiligten durch Vereinbarung rückgängig gemacht wird. In diesen Fällen muß jedoch das Rücktrittsrecht vor Vertragsabschluss unbestritten feststehen.

Darüber hinaus bedarf es - wie auch bei § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG - der tatsächlichen und vollständigen Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs. Dazu ist erforderlich, dass die Vertragsbeteiligten sämtliche Wirkungen aus dem Kaufvertrag aufheben und sich so stellen, wie wenn der Erwerbsvorgang nicht zustande gekommen wäre, insbesondere, dass sie die etwa empfangenen Leistungen zurückgewähren (vgl. zum Vorstehenden: BFH-Urteil vom 08.06.1988 II R 90/86, BFH/NV 1989, 728 - m. w. N.).

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Ein zeitlich unbefriststet begünstigter Fall des § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG liegt nur vor, wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang aus diesem Grunde rückgängig gemacht wird. Der Ausdruck "Vertragsbedingungen" ist nicht im eigentlichen Wortsinn auszulegen. Unter "Vertragsbedingungen" sind nicht Bedingungen im Rechtssinn (§§ 158 ff. BGB), sondern Vertragsbestimmungen zu verstehen. Eine "Nichterfüllung der Vertragsbedingungen" ist es deshalb auch dann, wenn sich (auch ohne Zutun eines Beteiligten) die Vertragsbedingungen (= Vertragsbestimmungen) nicht erfüllt haben und dadurch ein Rechtsanspruch auf Rückerwerb entstanden ist (vgl. Sack in Boruttau, GrESt-Kommentar, 16. Auflage, § 16 der RdnNr. 37).

Als Anspruchsgrundlagen für die Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages kommen neben den Tatbeständen der Leistungsstörung des allgemeinen Schuldrechts (Verzug, Unmöglichkeit, Fehlen und Wegfall der Geschäftsgrundlage) auch die des Gewährleistungsrechts des besonderen Schuldrechts in Betracht.

Entgegen der Ansicht der Klin. lagen die Voraussetzungen eines solchen zivilrechtlichen Anspruchs auf Rückabwicklung des notariellen Kaufvertrages vom 29.09.1999 im Zeitpunkt des von der Klin. behaupteten (bisher aber nicht vorgelegten) Aufhebungsvertrages vom September 2003 nicht vor, wobei zu Gunsten der Klin. das Bestehen eines Aufhebungsvertrages unterstellt wird.

Von den möglichen Anspruchsgrundlagen für die Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages kommt hier nur in Betracht, das die Klin. einen Anspruch gehabt haben könnte, unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage vom Vertrag zurückzutreten, und sie dieses Recht als solches in dem von ihr behaupteten Aufhebungsvertrag vom 07.aus September 2003 ausgeübt hat.

Entgegen der Auffassung der Klin. liegen die Voraussetzungen für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht vor.

Das Rechtsinstitut des Fehlens oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage kann bei Vorliegen seiner Voraussetzungen zu einem vertraglichen Rückabwicklungsanspruch führen, der nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG die Nichtfestsetzung der GrESt rechtfertigen kann (vgl. BFH-Urteil vom 08.06.1988 II R 90/86 BFH/NV 1989, 728).

Die Geschäftsgrundlage bilden nach ständiger Rechtsprechung die bei Abschluss des Vertrages zu Tage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut. Die Geschäftsgrundlage ist daher zum Einen von einseitig gebliebenen Motiv, zum Anderen vom Vertragsinhalt zu unterscheiden (Palandt/Heinrichs, a.a.O. BGB, 66. Aufl. 2007., § 313 RdNrn. 3, 9 und 10 m. w. N.).

Die Prinzipien der Vertragstreue und der Rechtssicherheit fordern, dass Verträge, grundsätzlich Bestand haben und von den Parteien erfüllt werden. Nur unter ganz besonderen Umständen können schwerwiegende Gründe einen Einbruch in die Vertragsordnung und in die Rechtssicherheit geboten erscheinen lassen, wenn ein Festhalten am Vertrage Treu und Glauben widersprechen und zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbaren Ergebnissen führen würde, mindestens einer Partei ein Festhalten am Vertrag nicht zumutbar ist (O. Werner in Ehrmann, a.a.O. BGB, 10. Aufl. 2000; § 242 RdNr. 173 m. w. N.).

Eine Partei kann sich nicht mit Erfolg auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen, wenn sich aus den Parteivereinbarungen oder der Art des Schuldverhältnisses ergibt, dass sie das mit unvorhergesehenen Veränderungen der Umstände verbundene Risiko zu tragen hat. Umstände, die nach dem Vertragszweck in das Risiko nur einer Partei fallen, geben grundsätzlich kein Recht, sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen. Der Erwerber trägt das Risiko einer mit dem Erwerb eines Grundstücks bezweckten Verwendung z. B. als Bau- oder Straßenland oder als Bauerwartungsland (vgl. O. Werner in Ehrmann, a. a. O., § 242 RdNr. 172 m. w. .N.).

Das aus dem Prinzip von Treu und Glauben abgeleitete Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage hat nur sekundäre Bedeutung. Es findet keine Anwendung, wenn die Veränderungen der Vertragsgrundlage durch ergänzende Vertragsauslegung sachgerecht berücksichtigt werden können. Es greift nur ein, wenn und soweit der Wegfall der Vertragsgrundlage nicht schon auf andere Weise durch Gesetz oder Vertrag geregelt ist (vgl. O. Werner in Ehrmann, a. a. O. BGB-Kommentar, 10. Auflage, 2000, § 242 RdNr. 171 unter Hinweis auf BGH-Urteile vom 27.04.19777 IV ZR 143, 76 NJW 1977, 1234 und vom 26.11.1981 IX ZR 91/80 NJW 1982, 1093).

Bei Anwendung dieser von der Zivilrechtsprechung entwickelten Rechtsgrundsätze, denen der Senat folgt, konnte sich die Klin. bei Abschluss des nach ihrer Behauptung im September 2003 geschlossenen Aufhebungsvertrages nicht mit Erfolg für einen Anspruch auf Aufhebung des Kaufvertrages vom 29.09.1999 auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen.

Zwar geht der Senat davon aus, dass für die Vertragsbeteiligten des Kaufvertrages Kaufvertrages vom 29.09.1999 gemeinsame Geschäftsgrundlage die Erwartung war, dass die angestrebten Bescheide für die Bebauung des Kaufgrundstückes nach den Plänen der Erwerberin erreichbar waren.

Für die Erwerberin war - wovon die Vertragsbeteiligten übereinstimmend ausgingen, war der hohe Kaufpreis von 466.260 DM, was einem Quadratmeterpreis von 380,00 DM entsprach, nur gerechtfertigt, wenn das Kaufgrundstück rechtlich bebaubar war. Davon gingen die Vertragsbeteiligten übereinstimmend aus. Für die Verkäuferin war bei Abschluss des Kaufvertrages erkennbar und von ihr akzeptiert, dass die Erwerberin ohne rechtlich feststehende Bebaubarkeit des Kaufgrundstücks an dem Kaufvertrag nicht gegen ihren Willen festgehalten werden wollte.

Die Klin. (= Erwerberin) hatte aber aufgrund der Regelung in § 2 des Kaufvertrages grundsätzlich das Risiko der Bebaubarkeit des Kaufgrundstücks übernommen. Danach sollte die Übereignung des Kaufobjektes in dem Zustand erfolgen, in dem es sich zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrages vom 29.09.1999 befand. Die Verkäuferin übernahm keine Gewähr für eine bestimmte Größe, Güte und Beschaffenheit des Kaufobjektes.

Die Klin. hatte sich gegen das Risiko, den Kaufpreis trotz fehlender Bebaubarkeit zahlen zu müssen, dadurch abgesichert, dass sie sich von der Verkäuferin in § 12 des Kaufvertrages vom 29.09.1999 ein bis zum 28.02.2000 auszuübendes Rücktrittsrecht hatte einräumen lassen, wenn ein negativer Vorbescheid des von der Käuferin zu stellenden Bauantrags bzw. ein negativer Vorbescheid zum Vorhaben und Erschließungsvorhaben erteilt würde.

Durch die diese Formulierung ist die Frage der Bebaubarkeit des Grundstücks von den Vertragsbeteiligten in dem Vertrag angesprochen worden. Offenbar gingen die Vertragsbeteiligten zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 29.09.1999 davon aus, dass von die der Stadt C hinsichtlich der eines zu beantragenden Vorbescheides betreffend die Baugenehmigung bzw. betreffend das Vorhaben und Erschließungsvorhaben noch vor dem Zeitpunkt des Ablaufes des Rücktrittrechts am 28.02.2000 entscheiden würde.

Falls diese Entscheidungen negativ ausgingen, sollte die Klin. ihr Rücktrittsrecht ausüben können. Falls diese Entscheidungen positiv ausfielen, entfiel die Berechtigung zur Ausübung des Rücktrittsrechts.

Nicht eindeutig war offenbar die Frage geregelt, ob der Klin. gewissermaßen ein vorbehaltloses Rücktrittsrecht zustehen sollte, falls wenn die Stadt ...C bis zum Ablauf der Frist zur Ausübung des Rücktrittsrechts am 28.02.2000 noch keine Entscheidung getroffen hatte. Nach dem Wortlaut des Vertrages hätte dann der Klin. kein Rücktrittsrecht mehr zugestanden und zudem hätte sie nach dem Vertragswortlaut den Kaufpreis ab dem 28.02.2000 wegen der vereinbarten Fälligkeit zahlen müssen, sobald die in § 3 des Vertrages aufgezählten Voraussetzungen gegeben waren. Eine dieser Voraussetzungen war, dass "sämtliche behördlichen Genehmigungen" vorliegen mußten. Hierunter wird üblicherweise nicht von den Kaufvertragsbeteiligten nicht verstanden, dass zu den "behördlichen Genehmigungen" auch die noch einzuholenden Vorbescheide betreffend Baugenehmigung und betreffend Vorhaben und Erschließungsvorhaben gehören.

In der notariellen Vereinbarung vom 28.02.2000 haben hier jedoch die Vertragsbeteiligten ergänzend zur Kaufpreisfälligkeitsvereinbarung in § 3 a des Grundstückskaufvertrages vom 29.09.1999 klargestellt, dass mit "sämtlichen behördlichen Genehmigungen" auch solche über die Bebaubarkeit des Kaufgrundstücks gemeint seien.

Der Senat läßt es dahinstehen, ob die Auffassung der Vertragsbeteiligten zutreffend ist, dass es sich dabei um eine von Anfang an bereits im Kaufvertrag vom 29.09.1999 getroffene und deshalb ab diesem Zeitpunkt wirkende Vereinbarung handelt oder ob es sich um eine erst mit Abschluss der notariellen Vereinbarung vom 28.02.2000 wirkende ergänzende Vertragsvereinbarung handelt. Es ging den Vertragsbeteiligten bei den Vereinbarungen in dem notariellen Vertrag vom 28.02.2000 erkennbar darum, das für beide Vertragsbeteiligten gesehene Risiko hinsichtlich der Bebaubarkeit - soweit dieses eventuell in dem Kaufvertrag vom 29.09.1999 nicht angemessen geregelt gewesen sein sollte - angemessen zu regeln. Die Verkäuferin konnte jedenfalls ab dem Abschluss der Vereinbarung vom 28.02.2000 den Kaufpreis solange nicht verlangen, wie die erforderlichen Genehmigungsbescheide der Stadt C zur Frage der Bebaubarkeit des Grundstücks nicht vorlagen. Zudem war in dieser Urkunde, nachdem zuvor festgestellt worden war, dass die Frage der Bebaubarkeit des Grundstücks nicht abschließend geklärt werden konnte, nunmehr ergänzend vereinbart, dass die Klin. das Rücktrittsrecht bis zum 31.12.2000 ausüben können sollte. Dabei war dieses Rücktrittsrecht nicht mehr davon abhängig gemacht worden, dass zuvor ein negativer Vorbescheid zu einem von der Klin. zu stellenden Bauantrag bzw. ein negativer Vorbescheid zum Vorhaben und Erschließungsvorhaben ergangen sein mußte.

Außerdem waren sich die Vertragsbeteiligten darüber einig, dass sie über die Modifizierung des Kaufpreises verhandeln wollten, falls sich herausstellen sollte, dass das Kaufobjekt nicht in der beabsichtigten Form bebaut werden könne. Damit haben die Vertragsbeteiligten spätestens in der notariellen Vereinbarung vom 28.02.2000 Regelungen getroffen, die für beide Vertragsbeteiligten die Risiken hinsichtlich der Bebaubarkeit angemessen regeln sollten.

Die Verkäuferin wollte danach grundsätzlich einen Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Kaufpreises haben, falls die zu beantragenden Genehmigungen zur Frage der Bebaubarkeit des Kaufobjekts durch die Stadt C erteilt werden sollten. Die Klin. hatte im Gegenzug ein voraussetzungsloses Rücktrittsrecht, wobei sie nur darauf achten mußte, dass sie das Rücktrittsrecht rechtzeitig ausübte oder dieses rechtzeitig von beiden Vertragsbeteiligten verlängert wurde.

Die Klin. hatte deshalb unstreitig im September 2003 das Recht gegenüber der Veräußerin, durch Ausübung des vereinbarten und immer wieder übereinstimmend verlängerten Rücktrittsrechts sich von dem Kaufvertrag vom 29.09.1999 zu lösen.

Das von beiden Vertragsbeteiligten beim Abschluss des Kaufvertrages gesehene Risiko, das sich bei Nichteintritt der Erwartungen der Vertragsbeteiligten hinsichtlich der Erteilung der entsprechenden Genehmigungen für das Kaufgrundstück ergab, war demnach bereits in dem Kaufvertrag selbst bzw. in der ergänzenden Vertragsvereinbarung vom 28.02.2000 sachgerecht geregelt. Bei dieser Sachlage ist es nicht gerechtfertigt, die von der Zivilrechtsprechung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB entwickelten Rechtsgrundsätze zum Wegfall der Geschäftsgrundlage bzw. das durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in § 313 BGB normierte Rechtsinstitut der Störung der Geschäftsgrundlage anzuwenden. Ein Rückgriff auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage mit dem Ziel, dem Erwerber hierdurch eine Loslösung von den Kaufvertragspflichten zu ermöglichen, ist dann nicht erforderlich. Das vertragliche Rücktrittsrecht schließt die Anwendung des nur sekundär anzuwendenden Rechtsinstituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage aus.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Gründe kommt es nicht mehr darauf an, ob hier die erforderliche tatsächliche und vollständige Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs erfolgt ist.

Die Klin. kann sich auch nicht mit Erfolg auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis) berufen.

Hinsichtlich dieser Vorschrift hat der BFH mit Urteil vom 23.11.2006 2II R 38/05 BFH/NV 2007, 498 ausgeführt, dass dann, wenn die Kl. den Kaufvertrag wirksam angefochten haben, die GrESt-Bescheide gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO aufzuheben sind und den Kl. die gezahlte GrESt zu erstatten ist. Der BFH hat inosoweit nur zur Begründung ausgeführt, dassß dann, wenn ein der GrESt unterliegender gegenseitiger Vertrag wirksam angefochten wird, er als von Anfang nichtig anzusehen ist (§ 142 Abs. 1 BGB), und er deshalb für sich allein nicht mehr die Grundlage für die Festsetzung von GrESt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrESt bilden könne. Dann liege ein zur Aufhebung von bereits ergangenen GrESt-Bescheiden führendes rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vor.

Zu dem gleichen Ergebnis ist der BFH im Urteil vom 19. Juli 1989 II R 83/85, BStBl. II 1989, 989 zu infolge unvollständiger Beurkundung von Anfang an unwirksamer Verträge gekommen. Der BFH hat dazu ausgeführt, dass ein infolge unvollständiger Beurkundung unwirksames (nichtiges) Rechtsgeschäft unterliege gemäß § 41 Abs. 1 AO der Steuer aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrESt, wenn die Beteiligten ihren Erklärungen gemäß auf die Erfüllung hinwirken würden. Der Steueranspruch würde jedoch erlöschen, wenn die Beteiligten vom Vollzug des (unwirksamen) Rechtsgeschäfts Abstand nehmen und sich gegenseitig die etwa ausgetauschten Leistungen zurückgewähren würden.

Im Urteil vom 27.01.1982 II R 119/80, BStBl. II 1982, 425 hat der BFH in diesem Zusammenhang ausgeführt, werde ein bereits erfüllter grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher gegenseitiger Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten, so erfülle das allein noch nicht die Voraussetzung des § 175 Satz 1 Nr. 2 AO. Das Ereignis im Sinne dieser Vorschrift - der Wegfall des angefochtenen Vertrages - sei regelmäßig erst dann mit steuerlicher Wirkung eingetreten, wenn die Beteiligten des angefochtenen Vertrages die gegenseitigen Leistungen einander zurückgewährt hätten. Dies gelte auch dann, wenn tatsächliche oder rechtliche Gründe diese Rückgewähr hindern würden.

In allen Fällen, in denen der BFH § 175 Satz 1 Nr. 2 AO bei der nachträglichen Aufhebung von GrESt-Festsetzungen geprüft hat, war Voraussetzung, dass das grunderwerbsteuerrechtliche Rechtsgeschäft von Anfang an unwirksam war (bei fehlender Beurkundung) oder nachträglich durch Anfechtung unwirksam wurde. Diesen Rechtsgrundsätzen folgt der erkennende Senat.

Eine derartige Sachverhaltsgestaltung liegt hier jedoch nicht vor. Die Klin. kann sich deshalb nicht mit Erfolg auf § 175 Satz 1 Nr. 2 AO berufen. Die Ausübung von vertraglichen oder gesetzlichen Gestaltungsrechten (Rücktritt bzw. Wandlung) stellt kein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit dar. Dies wäre nur dann der Fall, wenn ein Vertrag nach § 123 Abs. 1 BGB angefochten und deshalb gemäß § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen ist. Hierbei muß noch hinzukommen, dass die Beteiligten des angefochtenen Vertrages die gegenseitigen Leistungen einander zurückgewähren (vgl. BFH-Urteil vom 27.01.1982 II R 119/80, BStBl. II 1982, 425). Die Nichtfestsetzung der Steuer, Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung aufgrund von vertraglichen oder gesetzlichen Gestaltungsrechten ist in § 16 GrESt geregelt.

Die Klin. meint auch zu Unrecht, aus dem BFH-Urteil vom 23.11.2006 II R 38/05, BFH/NV 2007, 498, sei zu entnehmen, dass eine Besteuerung bei nicht erfolgtem vertraglichen Leistungsaustausch bereits deshalb nicht erfolgen dürfe, weil insoweit das wirtschaftliche Ergebnis des Grundstückskaufvertrages nicht eingetreten sei, und deshalb eine Rückabwicklung von vornherein ausscheide. Ein derartig weitgehender Rechtsgrundsatz ist diesem BFH-Urteil nicht zu entnehmen. Soweit die Klin. darauf verweist, dass sich aus diesem Urteil ergebe, dass eine Rückabwicklung bei bestehender Vertragsnichtigkeit oder rechtswirksamer Vertragsaufhebung nur bezüglich der bereits teilerfüllten Pflichten erfolgen könne und müsse, ist dieses eine Selbstverständlichkeit. Daraus ergibt sich für den hier vorliegenden Fall jedoch kein anderes Ergebnis.

Das FA hat außerdem ermessensgerecht die Anträge der Klin. auf Nichtfestsetzung der GrESt gemäß § 163 AO bzw. auf Erlassß der GrESt zutreffend abgelehnt. Ermessensfehler im Sinne des § 102 FGO liegen bei diesen Entscheidungen nicht vor. Der Senat hält die vom FA in der EE vom 13. Juli 2005 niedergelegten Gründe für zutreffend und folgt ihnen. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 105 Abs. 5 FGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen. Der Senat hatte bereits zuvor im Urteil vom 15.08.2007 8 K 1813/05 GrE in einem Verfahren mit gleicher Rechtsproblematik die Revision zugelassen. Diese ist sodann beim BFH eingelegt worden (Az des BFH: II R 40/07).



Ende der Entscheidung

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