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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 21.03.2003
Aktenzeichen: 9 K 3124/00 K,G,F
Rechtsgebiete: KStG, EStG


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 3
KStG § 27 Abs. 3 a.F.
EStG § 12 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

9 K 3124/00 K,G,F

Tenor:

Unter Änderung der Körperschaftsteuerbescheide 1996 und 1997, der Feststellungsbescheide gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1996 und 31.12.1997 vom 19.04.2000, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.04.2000, und der Gewerbesteuermessbescheide 1996 und 1997 vom 31.05.2000 werden die Körperschaftsteuer 1996 und 1997, die Gewerbesteuermessbeträge 1996 und 1997 sowie die Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 KStG nach Maßgabe der Entscheidungsgründe festgesetzt bzw. festgestellt.

Die Berechnung der Beträge wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe:

I. Streitig ist, ob von der Klägerin (Kl.) in den Jahren 1996/1997 getragene Aufwendungen für die Erlangung einer Instrumentenflugberechtigung ihres Gesellschafter-Geschäftsführers als verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und als andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs. 3 KStG a.F. zu beurteilen sind.

Die im Jahre 1991 gegründete Kl. erbringt Dienstleistungen für EDV- und ADV-Anwendungen und die Entwicklung neuer Möglichkeiten des rationellen Computereinsatzes und deren Nutzung. Das Stammkapital hielten zunächst Ulrich F. X..... (X) zu 40 v.H., dessen Ehefrau Claudia X..... (CX) zu 20 v.H. und Thomas E... (E) zu 40 v.H. Anfang des Jahres 1993 übertrug CX ihren Geschäftsanteil auf X. In den Jahren 1999/2000 waren nach einer Kapitalerhöhung von 50.000 DM auf 450.000 DM X, E und Thomas H. (H) zu jeweils 1/3 am Stammkapital beteiligt. Bis einschließlich des Jahres 1998 war X alleiniger Geschäftsführer der Kl.

Die Kl. erzielte ausgehend von ihren Jahresabschlüssen in den Jahren 1992 bis 1998 Umsätze zwischen rd. 950 TDM und 1.200 TDM und im Jahr 1999 von rd. 450 TDM (rd. 350 TDM bei Berücksichtigung des Bestands unfertiger Leistungen). Die Jahresüberschüsse betrugen zwischen rd. 1.700 DM und 3.200 DM in den Jahren 1993 bis 1997 und die Jahresfehlbeträge im Jahr 1998 rd. 10.500 DM und im Jahr 1999 rd. 296.000 DM.

Mit Datum vom 20.01.1992 beschloss die Gesellschafterversammlung der Kl., X den Erwerb einer Privatpilotenlizenz (PPL) mit geschätzten Kosten von 15.000 DM zu bezahlen. Die Kosten waren mit 2/3 zurückzuerstatten, falls X binnen eines Jahres ausschied und zu 1/3, falls er in zwei Jahren ausschied. Der Beklagte (das Finanzamt - FA - ) stellte im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung im März 1995 fest, dass die Kl. Kosten i.H.v. netto 14.958,85 DM im Jahr 1992, 4.838,75 DM im Jahr 1993 und 6.447,18 DM im Jahr 1994 als Aufwand erfasst hatte. Zur Begründung trug die Kl. vor, sie entwickle u.a. spezielle Software für den Fremdenverkehr. Ein bedeutender Auftraggeber sei bereits im Jahr 1991 die Kurverwaltung in Wyk auf Föhr gewesen. Bis zum 30.06.1991 habe die GmbH einen Mitarbeiter mit einer PPL, IFR-Rating und zugleich Fluglehrer beschäftigt. Nach dessen Ausscheiden hätten verschiedene Kunden angesichts der räumlichen Entfernung nicht mehr bzw. nicht mehr adäquat betreut werden können. Deshalb habe die Kl. beschlossen, die Kosten für den Erwerb der PPL ihres Gesellschafter-Geschäftsführers zu tragen. Zur weiteren Begründung legte die Kl. u.a. eine Kopie des Flugbuchs für 1994 mit Erläuterungen und einem Kostenvergleich vor, auf die wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens verwiesen wird. Das FA erkannte die im Jahr 1994 getragenen Kosten als betrieblich veranlasst an und änderte auch die bereits zuvor ergangenen endgültigen Bescheide für 1992 und 1993 nicht.

Für die Streitjahre 1996 und 1997 führte das FA die Körperschaftsteuer(KSt)-Veranlagungen zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durch und setzte die Gewerbesteuer(GewSt)-Messbeträge endgültig fest. Bereits im Veranlagungsverfahren bat es um Erläuterung der in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Flugkosten i.H.v. 29.905,62 DM. Die Kl. teilte daraufhin mit, i.H.v. 5.565 DM handele es sich nicht um Flugkosten, sondern um Abschreibungen für Absetzungen. Des Weiteren legte die Kl. den Auszug eines Gesellschafterbeschlusses vom 01.10.1996 in Kopie vor, wonach wegen der Wetterlage mit einem Abschluss der IFR Ausbildung in Deutschland nicht zu rechnen sei, deshalb und wegen der preiswerteren Flugkosten in den USA die weitere Ausbildung dort erfolgen solle und gleichzeitig auf Grund aktueller Anfragen amerikanischer Betreiber von Einkaufzentren in Berlin Erfahrungen mit der elektronischen Ausstattung amerikanischer Malls eingeholt werden solle. Die notwendigen Kosten für Aufenthalt, Ausbildung, Flugpraxis, Prüfungskosten und Reisekosten sollten von der Kl. übernommen werden.

Im Rahmen einer nachfolgend bei der Kl. durchgeführten Betriebsprüfung ging die Prüferin davon aus, dass die Kl. für den Erwerb der Erlaubnis zum Instrumentenflug (IFR) ihres Gesellschafter-Geschäftsführers X 24.250 DM zzgl. 1.801 DM Umsatzsteuer (USt) im Jahre 1996 und 26.878 DM zzgl. 4.105 DM USt berücksichtigt hatte. Die Prüferin sah die Vorsteuer als nicht abziehbar an und setzte unter Hinweis auf die Entscheidung des FG Düsseldorf v. 23.12.1994 6 K 7785/91 (GmbHR 1995, 467) vGA und andere Ausschüttungen i.S. des § 27 Abs. 3 KStG a.F. in Höhe der Bruttobeträge an. Das FA folgte dieser Auffassung und erließ gestützt auf § 164 Abs. 2 AO entsprechend geänderte KSt-Bescheide 1996 und 1997, geänderte Feststellungsbescheide gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1996 und 31.12.1997, sowie gemäß § 35b GewStG geänderte GewSt-Messbescheide 1996 und 1997.

Die Einspruchsverfahren hatten insoweit Erfolg, als das FA laufende Flugkosten i.H.v. 5.965,85 DM (1996) und 2.368,74 DM (1997) steuerlich anerkannte und nunmehr lediglich von vGA und anderen Ausschüttungen i.S. des § 27 Abs. 3 KStG a.F. i.H.v. 20.085 DM (1996) und 28.614 DM ausging. Die entsprechend geänderten KSt-Bescheide 1996 und 1997 sowie der Feststellungsbescheide gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1996 und 31.12.1997 datieren vom 19.04. 2000. Die geänderten GewSt-Messbescheide 1996 und 1997 wurden am 31.05.2000 von der Gemeinde zur Post gegeben. Das FA ging in seiner Einspruchsentscheidung vom 19.04.2000 davon aus, dass die geänderten Bescheide Gegenstand des Einspruchsverfahren geworden seien und wies die Einsprüche nunmehr als unbegründet zurück. Die Kl. legte gegen die geänderten KSt-Bescheide 1996 und 1997 vom 19.04.2000 nochmals Einspruch ein, nahm diesen jedoch nachfolgend zurück.

Mit ihrer Klage macht die Kl. weiterhin geltend, die Übernahme der Kosten für die IFR-Ausbildung seien betrieblich veranlasst gewesen.

Im Laufe der Jahre seien weitere Kunden mit erheblicher räumlicher Entfernung hinzugekommen (Rügen, Usedom, Seebäder Heringsdof, Ahlbeck und Bansin; Kunde ECE mit Hauptsitz in Hamburg und zu betreuenden Standorten in Leipzig, Hoyerswerda, Dresden, Dessau, Halle und Saarbrücken). Da die Kl. i.d.R. keine Standard- sondern Individual-Software anbiete, erfordere dies in der Entwicklungsphase, bei der Einführung und wegen Wartungsarbeiten regelmäßig Kundenbesuche. Außerdem hätten die Kunden bei Störungen eine kurzfristige Fehlerbeseitigung erwartet und die Kl. habe dies sicherstellen müssen, um die Aufträge nicht an Konkurrenzunternehmen zu verlieren, die teilweise in räumlicher Nähe zu den Kunden ansässig seien (z.B. in Norddeutschland). Angesichts der großen Entfernungen sei die Anreise bei den genannten Kunden mit dem PKW sehr zeitaufwändig. Für einen Besuch der Kurdirektion in Wyk auf Föhr mit dem PKW müssten je nach Fahrtstrecke z.B. 6 Stunden zzgl. Fährzeit veranschlagt werden, d.h. für die Termine würden regelmäßig 2 Tage benötigt. Mit dem Flugzeug reduzierten sich die Reisezeiten auf 1/3 und die Termine könnten an einem Tag abgewickelt werden. Diese Zeitersparnis betreffe nicht nur den damaligen Geschäftsführer X, sondern auch das häufig mitgenommene Personal. I.d.R. seien 2-3 Personen geflogen. Um auch Nachtflüge und Flüge bei schlechtem Wetter zu ermöglichen hätten die Gesellschafter ausweislich des vorgelegten Gesellschafterbeschlusses vom 15.01.1996 entschieden, die Kosten für eine Zusatzausbildung des X zum Erwerb einer Erlaubnis zum Instrumentenflug (IFR-Regeln) zu übernehmen. Die Kosten für die Charterung eines Flugzeugs hätten im Streitzeitraum ca. 240 DM/Std. betragen. Durch die IFR-Berechtigung habe sich die Vorbereitungszeit für die Flüge von ca. 1 Std. auf 1/4 bis 1/2 Std. verkürzt. Zwar hätten nur größere Flughäfen mittels Instrumentenflugs erreicht werden können, doch sei es eine gängige Handhabung gewesen, zunächst einen größeren Flughafen anzusteuern, erst in unmittelbarer Nähe des kleineren Flughafens dann auf den Sichtflug zu wechseln und auf dem kleineren Platz zu landen. Die Charterung eines Flugzeugs mit Pilot sei keine vorzugswürdige Alternative gewesen, weil in diesem Fall wegen des begrenzten Fluggewichts die Mitnahme von Personal eingeschränkt und außerdem die Rückflugzeit nicht mehr flexibel gewesen wäre.

Die deutliche Überschreitung der zunächst veranschlagten Kosten beruhe darauf, dass die Schwierigkeit der Prüfungen unterschätzt worden seien, X die Ausbildung im Wesentlichen neben seiner Tätigkeit für die Klägerin habe absolvieren müssen und deshalb eine Wiederholung der Prüfungen erforderlich geworden sei. Letztlich habe X die Instrumentenflugberechtigung am 01.12.1997 erworben.

Die Flugbücher für die Jahre 1996 bis 1999 belegten, dass X mit Ausnahme von Trainingsflügen ausschließlich betrieblich veranlasste Flüge getätigt habe. Außerdem habe der Gesellschafterbeschluss vom 15.01.1996 eine anteilige Kostenerstattung bei vorzeitigem Ausscheiden des X vorgesehen. Zwar sei in den Jahren 1998/1999 nur eine geringe Anzahl von Geschäftsreisen mittels eines gecharterten Flugzeugs getätigt worden. Doch beruhe dies auf der ungünstigen Umsatzentwicklung der Kl., die im Zeitpunkt der Beschlussfassung Anfang Januar 1996 noch nicht absehbar gewesen sei. Im Übrigen sei X auch nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer weiterhin für die Kl. tätig und nutze dafür die Instrumentenflugberechtigung.

Ergänzend trägt die Kl. vor, bei den von ihr bezifferten und vom FA dem Grunde nach anerkannten laufenden Flugkosten handele es sich um die Nettobeträge. Unabhängig von der steuerlichen Beurteilung der Kostenübernahme für den Erwerb der Instrumentenflugberechtigung hätten die angesetzten vGA deshalb zumindest auch um die auf die laufenden Flugkosten entfallende Umsatzsteuer gekürzt werden müssen.

Die Kl. beantragt,

unter Änderung der KSt-Bescheide 1996 und 1997, der Feststellungsbescheide gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1996 und 31.12.1997 vom 19.04.2000 und der GewSt-Messbescheide 1996 und 1997 vom 31.05.2000, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.04.2000, die Steuern, Messbeträge und Besteuerungsgrundlagen dergestalt festzusetzen bzw. festzustellen, dass die bislang angesetzten vGA i.S. § 8 Abs. 3 KStG und anderen Ausschüttungen i.S. § 27 Abs. 3 KStG a.F. i.H.v. 20.085 DM im Jahr 1996 und i.H.v. 28.614 DM im Jahr 1997 nicht mehr berücksichtigt werden.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Ansicht des FA ist der Erwerb einer Fluglizenz immer auch durch private/gesellschaftliche Gründe mitveranlasst, es sei denn, die Flugausbildung sei für die Ausübung des Berufs bzw. die Fortführung des Betriebs unerlässlich. Daran fehle es im Streitfall. Auch könne nicht davon ausgegangen werden, dass ein Geschäftsführer ausschließlich aus dem Grund, seinem Arbeitgeber Zeit- und Kostenersparnisse zu verschaffen, die Pilotenlizenz und die Zusatzlizenz in seiner Freizeit erwerbe. Vielmehr sei dieses Verhalten nur dann nachvollziehbar, wenn eine persönliche Neigung zum Flugsport bestehe. Andernfalls sei des Weiteren nicht verständlich, warum der Geschäftsführer sich auf die Rückzahlungsklausel eingelassen haben sollte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Wortlauts der Gesellschafterbeschlüsse vom 15.01.1996 und 01.10.1996 sowie des Inhalts des Flugbuchs wird auf dieselben verwiesen.

II. 1. Die Klage ist zulässig, und zwar auch hinsichtlich der GewSt-Messbescheide 1996 und 1997 vom 31.05.2000. Die Kl. hat diese gemäß § 68 FGO a.F. wirksam zum Gegenstand des Verfahrens erklärt.

Die vorgenannten Bescheide sind nach der Einspruchsentscheidung und nach der Klageerhebung bekannt gegeben worden. Gemäß der im Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe geltenden und damit hier maßgebenden Fassung des § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO a.F.) wird ein Änderungsbescheid nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn der Kläger dies beantragt. Ein derartiger Antrag ist vorliegend jedenfalls in der mündlichen Verhandlung gestellt worden (vgl. auch den Klageantrag). Zwar ist ein Antrag nach § 68 S. 2 FGO a.F. grundsätzlich innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des neuen Verwaltungsakts zu stellen, wenn hierauf in der Rechtsbehelfsbelehrung hingewiesen worden ist. Vorliegend fehlt es jedoch an einer derartigen Rechtsbehelfsbelehrung. Vielmehr verwies die Rechtsbehelfsbelehrung nur auf die Möglichkeit des Einspruchs und - in Widerspruch dazu - hieß es in den besonders hervorgehobenen Erläuterungen: "Besonders wichtig. Dieser Bescheid tritt an die Stelle des angefochtenen Bescheides vom 31.01.2000. Der Einspruch ist hierdurch nicht erledigt; das Verfahren wird fortgesetzt. Eines weiteren Einspruchs bedarf es nicht." Auch in der Einspruchsentscheidung führte das FA nochmals aus: " Die angefochtenen Bescheide wurden zwischenzeitlich im Rahmen einer Teilabhilfe gem. § 172 AO geändert. .... sowie die geänderten Gewerbesteuermessbescheide sind nunmehr Gegenstand dieses Rechtsbehelfsverfahrens." Diese speziellen Erläuterungen und Belehrungen durch das FA durfte die Klägerin dahingehend verstehen, dass die allgemeine Rechtsbehelfsbelehrung (Einspruch) nicht maßgebend sei, sondern es zur Fortsetzung des Verfahrens keines Rechtsbehelfs bedürfe, ein weiterer Rechtsbehelf vielmehr unzulässig sei. Nach § 55 Abs. 2 Satz 1 letzte Alternative FGO gilt für die Einlegung eines Rechtsbehelfs keine Frist, wenn eine schriftliche Belehrung dahin erfolgt, ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. In analoger Anwendung dieser Norm ist vorliegend davon auszugehen, dass der Antrag nach § 68 FGO a.F. hinsichtlich der GewSt-Messbescheide 1996 und 1997 nicht fristgebunden war und somit noch in der mündlichen Verhandlung gestellt werden konnte.

2. Die Klage ist auch begründet. Das FA hat die Kosten für den Erwerb der Instrumentenflugberechtigung zu Unrecht als vGA i.S. des § 8 Abs. 3 KStG und als andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs. 3 KStG a.F. beurteilt. Unstreitig führte auch die Umsatzsteuer auf die laufenden Flugkosten weder zu vGA i.S. des § 8 Abs. 3 KStG noch zu einer anderen Ausschüttung i.S. des § 27 Abs. 3 KStG a.F.

Unter einer vGA i.S. § 8 Abs. 3 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24. April 2002 I R 18/01, BStBl II 2002, 671). Ist der begünstigte Gesellschafter ein so genannter beherrschender, kann die Vermögensminderung auch dann ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, wenn der Leistung an den Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person keine klare und von vornherein abgeschlossene und tatsächlich durchgeführte Vereinbarung zugrunde liegt (vgl. BFH, BStBl II 2002, 111). Eine vGA i.S. des § 8 Abs. 3 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft zugleich eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG a.F., wenn die der Vermögensminderung entsprechenden Mittel bei der Kapitalgesellschaft tatsächlich abfließen bzw. sich die Nichtrealisierung der Vermögensmehrung konkretisiert hat (BFH-Urteil vom 16.12.1998 I R 96/95, BFH/NV 1999, 1125).

Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen war die Kostenübernahme der Kl. für den Erwerb der Instrumentenflugberechtigung durch X nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und damit weder eine vGA noch eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs. 3 KStG a.F.

a) Die Kostentragung für den Erwerb der Instrumentenflugberechtigung beruhte auf im Voraus getroffenen hinreichend klaren und eindeutigen Vereinbarungen der Kl. mit ihrem beherrschenden Gesellschafter X. Bereits aus dem Zusammenhang der Ausführungen im Gesellschafterbeschluss vom 15.01.1996 ergibt sich, dass die Kl. die Kosten für den Erwerb der Instrumentenflugberechtigung tragen sollte. Der erkennende Senat folgt dabei den Erläuterungen des X in der mündlichen Verhandlung, wonach die Fassung "Die tatsächlichen Gesamtkosten werden daher nur zu 2/3 über 2 Jahre (je Jahr 1/3) dem bestehenden Arbeitsverhältnis angerechnet." als Vereinbarung einer teilweisen Kostenerstattung durch X an die Kl. für den Fall seines Ausscheidens binnen zwei Jahren zu verstehen ist. Bestätigt und modifiziert wurde die Kostenübernahme durch den Gesellschafterbeschluss vom 01.10.1996. Wenngleich im Beschluss vom 15.01.1996 die zu erwartenden Kosten mit 25 TDM kalkuliert wurden und der Beschluss vom 01.10.1996 sich nur auf "unwesentliche Mehrkosten" bezieht, beinhalteten die Beschlüsse keine betragsmäßige Begrenzung der Kostentragung durch die Kl. Vielmehr gingen beide Gesellschafterbeschlüsse von einem Erwerb der Instrumentenflugberechtigung im Interesse der Kl. und einer Übernahme der dafür erforderlichen Kosten durch die Kl. aus. Auch die durch die Prüfungswiederholungen entstandenen, über die vorherige Kalkulation hinausgehenden Kosten waren deshalb durch die vorgenannten Gesellschafterbeschlüsse abgedeckt.

b) Ausgehend von den Verhältnissen des Streitfalls hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter auch für einen fremden Arbeitnehmer die Aufwendungen zum Erwerb der Instrumentenflugberechtigung übernommen.

Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wird Aufwendungen nur dann tätigen, wenn er sich von ihnen einen angemessenen wirtschaftlichen Vorteil versprechen darf oder wenn er sich ihnen nicht entziehen kann. Deshalb wird er i.d.R. solche Kosten nicht oder zumindest nicht vollständig übernehmen, welche auch die Lebensführung der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft betreffen. Zwar ist die Vorschrift des § 12 Nr. 1 EStG über die Nichtabzugsfähigkeit und das Aufteilungsverbot von Aufwendungen, welche die Lebensführung berühren, im Bereich der Körperschaftsteuer nicht anwendbar. Gleichwohl dienen § 12 Nr. 1 EStG und § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vergleichbaren Zwecken und können deshalb zu vergleichbaren Ergebnissen führen (BFH-Urteil vom 28.11.1991 I R 13/90, BStBl II 1992, 359). Für die Beurteilung ist auf die Verhältnisse in dem Zeitpunkt abzustellen, in dem die Kapitalgesellschaft die Entscheidung trifft, die entsprechenden Aufwendungen zu tätigen.

Im Streitfall sollte die Instrumentenflugberechtigung des X unmittelbar den geschäftlichen Belangen der Kl. dienen. Auf Grund der detaillierten Ausführungen des X in der mündlichen Verhandlung ist der erkennende Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Kl. sich durch den Erwerb der Instrumentenflugberechtigung des X und dem dadurch möglichen erweiterten Einsatz von gecharterten Flugzeugen zu Reisezwecken berechtigterweise erhebliche wirtschaftliche Vorteile versprach. Dies betrifft nicht nur die Kostenersparnis wegen kürzerer Reisezeiten. Im Geschäftszweig der Kl. ist vielmehr auch der Notwendigkeit, beim Ausfall der betreuten EDV-Anlagen möglichst zeitnah vor Ort sein zu können, um die Störung kurzfristig zu beheben, erhebliche Bedeutung beizumessen. Kurze Anreisezeiten durch die Charterung eines Flugzeugs verbessern die Wettbewerbsposition im Vergleich zu in Kundennähe ansässigen Konkurrenten. Anders als der Erwerb einer PPL stellt der Erwerb einer Instrumentenflugberechtigung auch sicher, dass die Geschäftsreisen (weitgehend) unabhängig von den Witterungsverhältnissen mittels eines gecharterten Flugzeugs durchgeführt werden können. Zwar haben sich die Erwartungen der Kl. in den Folgejahren 1998 und 1999 nicht bestätigt. In diesen beiden Jahren wurden insgesamt nur acht Geschäftsreisen mit gecharterten Flugzeugen unternommen, davon vier Reisen mit zwei oder mehr Zielorten an einem Tag. Hierauf kommt es jedoch letztlich nicht an. Denn entscheidend sind - wie dargelegt - die Verhältnisse und die darauf berechtigterweise gestützten Erwartungen zu dem Zeitpunkt, in dem die Kl. sich entschied, die Kosten für die Ausbildung des X zu tragen. Der spätere drastische Rückgang der Umsätze der Kl. war nicht absehbar.

Ein Bezug zu privaten Interessen des X ist nicht feststellbar. In den Streitjahren und in den beiden Folgejahren hat X keine privaten Flüge (etwa zu Urlaubszwecken) mittels eines gecharterten Flugzeugs unternommen. Zwar kann bei der Privatfliegerei eine persönliche Neigung zum Flugsport im Vordergrund stehen und deshalb der entsprechende Aufwand der privaten Lebensführung des Gesellschafters zuzuordnen sein. Die Entscheidung der Frage, ob die von einer GmbH ihrem Gesellschaftergeschäftsführer erstatteten Aufwendungen für den Erwerb einer Privatpilotenlizenz oder einer Instrumentenflugberechtigung als vGA zu behandeln sind, setzt jedoch stets eine Würdigung nach den Umständen des Einzelfalls voraus (vgl. zu § 12 EStG: BFH-Urteile vom 17.11.1989 VI R 8/86, BStBl II 1990, 306;vom 14.02.1992 VI R 7/89, BFH/NV 1992, 725;vom 16.10.1992 VI R 99/90, BFH/NV 1993, 292;vom 09.08.1996 VI R 38/96, BFH/NV 1997, 107; FG Nürnberg, Urteil vom 25.03.1992 - V 30/91, EFG 1992, 508; FG München, Urteil vom 27.07.1994 13 K 1254/93, EFG 1995, 163; wohl auch BFH-Beschluss vom 23.05.1991 IV B 34/90, BFH/NV 1991, 678; a.A. unter grundsätzlicher Annahme einer vGA möglicherweise FG Düsseldorf, Urteil vom 23.12.1994 6 K 7785/91, GmbHR 1995, 467 für eine PPL). Wird eine Flugausbildung ausschließlich oder ganz überwiegend im Interesse der Kapitalgesellschaft absolviert, würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter eine Kostenübernahme zwar gegebenenfalls - wie hier - von einer Erstattungsverpflichtung des Ausgebildeten bei kurzfristigem Ausscheiden abhängig machen, diese aber nicht ohne konkrete Anhaltspunkte allein wegen der abstrakten Möglichkeit versagen, dass der Ausgebildete die Flugausbildung später auch zu anderweitigen Zwecken nutzt (wohl ebenso zu § 12 EStG: FG Nürnberg, EFG 1992, 508; EFG München, EFG 1995, 163; a.A. zu § 12 EStG: FG München, Urteil vom 08.07.1993 - 12 K 3580/91, [...]-Dokument). Der Erwerb einer Instrumentenflugberechtigung zur Durchführung von Geschäftsreisen erscheint auch eher allein bzw. überwiegend durch Interessen der Kapitalgesellschaft veranlasst als der Erwerb einer Privatpilotenlizenz. Die letztgenannte ist für dringende Geschäftsreisen wegen der Witterungsabhängigkeit kaum geeignet. Andererseits dürfte sie weitgehend ausreichen, um eventuelle private Interessen am Flugsport zu befriedigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn keine Privatflüge zu entfernteren Orten unternommen worden. Im Streitfall spricht letztlich entscheidend gegen eine Mitveranlassung der Aufwendungen für den Erwerb der Instrumentenflugberechtigung durch private Interessen des Gesellschafters X, dass sich auch in den Jahren 1998/1999 über die durch die Geschäftsinteressen der Kl. bedingten und zum Erhalt der Instrumentenflugberechtigung bzw. der Berechtigung zur Personenmitnahme (90-Tage-Regelung) erforderlichen Flüge hinaus keine anderweitigen Flüge feststellen lassen. Für eine persönliche Neigung des X zum Flugsport bestehen deshalb keine hinreichenden Anhaltspunkte. Allein die Tatsache, dass er erhebliche Zeit in die Flugausbildung investiert hat, genügt dafür nicht.

3. Die dem Klageantrag entsprechende Ermittlung der festzusetzenden bzw. festzustellenden Steuer- und Messbeträge sowie Besteuerungsgrundlagen wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 155 FGO i.V.m. §§ 708, 711 der Zivilprozessordnung.

Ende der Entscheidung

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