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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 26.08.2008
Aktenzeichen: 9 K 5397/04 K
Rechtsgebiete: UmwStG, InvZulG 1999/2005


Vorschriften:

UmwStG § 12 Abs. 2 S. 4
UmwStG § 12 Abs. 3 S. 2
InvZulG 1999/2005 § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

9 K 5397/04 K

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob dem Eintritt der Klägerin in den verbleibenden Verlustabzug einer auf sie verschmolzenen Gesellschaft entgegen steht, dass die Klägerin den übernommenen Betrieb innerhalb der Fünf-Jahres-Frist des § 12 Abs. 3 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes 1995 in der Fassung des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (UntStRefFortG) vom 29. Oktober 1997 (BGBl. I 1997, 2590) - UmwStG 1995 n.F. - veräußert hat.

Die Klägerin, eine GmbH, firmierte zunächst unter dem Namen "X.... Y.... GmbH" und befasste sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Kunststoffteilen.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 1. Dezember 1998 erwarb sie sämtliche Anteile an der Fa. Z....Beteiligungs-GmbH, die in derselben Urkunde in "X.... Fenster-Systeme GmbH" (X-GmbH) umbenannt wurde.

Am 23. Dezember 1998 wurde in notarieller Urkunde bei der X-GmbH eine Erhöhung des Stammkapitals von bisher 50.000 DM auf 10 Mio. DM vorgenommen. Die Klägerin erbrachte die neue Stammeinlage zum 31. Dezember 1998 durch Einbringung von Maschinen und Einrichtungen im Wert von 15 Mio. DM.

Mit notarieller Urkunde vom 9. Dezember 1999 wurde die X-GmbH zum 31. Dezember 1999 auf die Klägerin verschmolzen. Die Verschmelzung wurde am 3. April 2000 in das Handelsregister der X-GmbH und am 7. April 2000 in das Handelsregister der Klägerin eingetragen. Die Klägerin übernahm den Namen der auf sie verschmolzenen X-GmbH. Durch die Verschmelzung erlitt die Klägerin einen Verschmelzungsverlust in Höhe des im Jahr 1999 erwirtschafteten Jahresfehlbetrags der X-GmbH (1.034.669 DM), der gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 n.F. außer Ansatz blieb.

Am 1. Januar 2002 übertrug die Klägerin ihr gesamtes operatives Geschäft - einschließlich des auf sie übergegangenen früheren Betriebs der X-GmbH - auf die Fa. S............... GmbH (S-GmbH). Gegenstand der Klägerin ist seitdem nur noch die Verwaltung eigener Immobilien und Beteiligungen. Die Klägerin wurde nochmals umbenannt und firmiert seither unter "X.... Immobilien GmbH". Die S-GmbH führte den übertragenen Geschäftsbetrieb bis über den 31. Dezember 2004 hinaus fort.

Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) stellte für die X-GmbH mit Bescheid vom 27. Februar 2001 zum 31. Dezember 1999 einen verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer (KSt) i.H.v. 1.034.669 DM fest. In ihrer KSt-Erklärung für das Streitjahr 1999 verrechnete die Klägerin diesen Betrag mit ihren eigenen positiven Einkünften. Das FA folgte dem in den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden ursprünglichen KSt-Festsetzungen für 1999 zunächst.

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat das FA die Auffassung, der Verlustabzug sei infolge der späteren Veräußerung des operativen Geschäfts rückwirkend im Streitjahr zu versagen. Am 15. Januar 2003 erließ es einen entsprechenden, auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützten Änderungsbescheid zur KSt 1999. Während des Einspruchsverfahrens erging am 23. Juli 2003 ein weiterer Änderungsbescheid, mit dem neben sonstigen - hier nicht streitigen - Änderungen auch der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde.

Im Einspruchsverfahren trug die Klägerin vor, der Eintritt in den verbleibenden Verlustabzug kompensiere lediglich die steuerrechtliche Unbeachtlichkeit des Verschmelzungsverlusts. Das Gesetz fordere nur die Fortführung des Betriebs und schließe dabei eine Fortführung durch dritte Personen nicht aus. Weil § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. bereits eine Durchbrechung des Grundsatzes der Personenidentität enthalte, seien weitere Veränderungen des personellen Substrats hier unbeachtlich; diese könnten nur im Rahmen des § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) berücksichtigt werden. Die Verschmelzung sei allein aus - im Schriftsatz vom 14. Februar 2003 näher dargelegten - wirtschaftlichen Gründen vorgenommen worden; steuerliche Überlegungen hätten keine Rolle gespielt. Im Ergebnis sei die zum Ende des Jahres 1998 vorgenommene Ausgliederung des Geschäftsbetriebs auf die X-GmbH mit der Verschmelzung zum Ende des Jahres 1999 wieder rückgängig gemacht worden. Hätte die Verschmelzung rechtlich noch auf den 1. Januar 1999 zurückbezogen werden können, wäre der Verlust von vornherein nicht bei der X-GmbH, sondern bei der Klägerin selbst angefallen.

Das FA wies den Einspruch am 16. September 2004 zurück. Es führte aus, Normadressat des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. sei allein die übernehmende Körperschaft. Für die Anwendung dieser Norm komme es auf die Gründe für die Verschmelzung nicht an.

Im Klageverfahren hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, der Wortlaut des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. knüpfe nur hinsichtlich des Eintritts in den Verlustabzug, nicht aber hinsichtlich der Betriebsfortführung an die übernehmende Körperschaft an. Da die Norm auch nach der Beurteilung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in formell verfassungswidriger Weise zustande gekommen sei, müsse sie so einschränkend wie nur möglich ausgelegt werden. Es sei inkonsequent, wenn die Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 16. April 1999, BStBl. I 1999, 455, Tz. 43 f.) die Fortführung des verlustverursachenden Betriebs in den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge und der Begründung einer Betriebsaufspaltung bejahen wolle, in allen anderen Fällen eines Betriebsübergangs auf eine dritte Person aber nicht.

Eine vergleichbare Regelung habe hinsichtlich der Verbleibensvoraussetzungen in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Investitionszulagengesetze 1999 bzw. 2005 (InvZulG 1999 / 2005) bestanden. Dort habe es - auch nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 20. Januar 2006, BStBl. I 2006, 119, Tz. 43) - genügt, wenn die begünstigten Wirtschaftsgüter während des Begünstigungszeitraums in irgendeiner Betriebsstätte des Fördergebiets verblieben seien. Hingegen habe es sich nicht unbedingt um eine Betriebsstätte gerade derjenigen Person handeln müssen, die die Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt habe. Erst mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 2007 sei diese Rechtslage dahingehend geändert worden, dass die Wirtschaftsgüter mindestens fünf Jahre in einer Betriebsstätte "des Anspruchsberechtigten" verbleiben müssten. Auch im Umkehrschluss aus § 2 Nr. 2 des Fördergebietsgesetzes (FördG) - wonach die begünstigten Wirtschaftsgüter mindestens drei Jahre lang zu einer Betriebsstätte "des Steuerpflichtigen" gehören müssten - folge, dass die Rechtslage in den Fällen des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F., der eine solche ausdrückliche Einschränkung gerade nicht enthalte, eine andere sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 16. September 2004 den KSt-Bescheid 1999 vom 23. Juli 2003 dahingehend zu ändern, dass ein zusätzlicher Verlustabzug von 1.034.669 DM berücksichtigt wird,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Die für die Entscheidung des Streitfalls maßgebende Vorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 ist in der durch das UntStRefFortG geänderten - verschärften - Fassung anzuwenden.

Zu der durch dasselbe Gesetz aufgehobenen Vorschrift des § 12 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 1995 a.F. hat das BVerfG entschieden, dass das Änderungsgesetz zwar wegen der Überschreitung der Mitwirkungsbefugnisse des Vermittlungsausschusses in formell verfassungswidriger Weise zustande gekommen ist, aber dennoch gültig bleibt, weil die verfassungsrechtlichen Maßstäbe zum damaligen Zeitpunkt noch nicht hinreichend herausgearbeitet waren (BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008 2 BvL 12/01, DStR 2008, 556).

Diese verfassungsrechtliche Beurteilung ist auf die Vorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. zu übertragen. Entscheidungserhebliche Unterschiede zum Gesetzgebungsverfahren, das zur Aufhebung des § 12 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 1995 a.F. geführt hat, bestehen nicht.

2. Nach § 12 Abs. 3 Satz 2 i.V.m Satz 1 UmwStG 1995 n.F. tritt die übernehmende Körperschaft bezüglich eines verbleibenden Verlustabzugs in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft unter der Voraussetzung ein, dass der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat, über den Verschmelzungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortgeführt wird.

Diese Regelung ist nach Auffassung des Senats dahingehend auszulegen, dass die übernehmende Körperschaft den Betrieb selbst fortführen muss (ebenso BMF-Schreiben vom 16. April 1999, BStBl. I 1999, 455, Tz. 43; Frotscher, KStG, UmwStG, Kommentar, Loseblatt, § 12 UmwStG Rn. 69, Stand August 2004; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 12 UmwStG Rn. 682, Stand März 2003; a.A. Klingberg in Blümich, EStG, KStG, GewStG, Kommentar, Loseblatt, § 12 UmwStG Rn. 40e, Stand März 2002; Breuninger/Frey, GmbHR 1998, 866, 874; ausführlich Hörger/Endres, DB 1998, 388, 389 ff.). Eine Übertragung des verlustverursachenden Betriebs auf einen Dritten innerhalb der Fünf-Jahres-Frist erfüllt die Voraussetzungen der Fortführungsklausel auch dann nicht, wenn der Dritte seinerseits den Betrieb bis zum Ablauf der Fünf-Jahres-Frist fortführt.

a) Der Klägerin ist allerdings zuzugeben, dass der Wortlaut des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. insoweit nicht eindeutig ist. Zwar bezieht sich der Wortlaut der Grundnorm des § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 n.F. ausschließlich auf "die übernehmende Körperschaft". Hieran knüpft auch die für den Verlustabzug geltende Sonderregelung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. sprachlich an. Ein weiterer Normadressat ist nicht ersichtlich. Gleichwohl würde sich das von der Klägerin vertretene Verständnis der Norm infolge des passivischen Satzbaus ("in den folgenden fünf Jahren fortgeführt wird") noch in dem durch die Bandbreite der Auslegungsmöglichkeiten des Wortlauts eröffneten Rahmen bewegen.

b) Der Zweck der Norm des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. schließt jedoch die von der Klägerin vertretene Auslegung aus (ebenso Prinz, FR 1997, 881, 885).

Allerdings lässt sich der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck der Norm den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. Dies beruht darauf, dass die Änderungen des UmwStG durch das UntStRefFortG erst vom Vermittlungsausschuss in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden sind (Beschlussempfehlung vom 4. August 1997, Bundestags-Drucksache 13/8325), und derartige Vermittlungsergebnisse nicht mehr begründet zu werden pflegen. Jedoch geht sowohl aus dem Tatbestand dieser Regelung als auch aus dem systematischen Zusammenhang mit der gleichzeitig verschärften Vorschrift des § 8 Abs. 4 KStG mit hinreichender Eindeutigkeit hervor, dass es dem Gesetzgeber darauf ankam, eine Verlustnutzung in solchen Fällen zu verhindern, in denen die übernehmende Gesellschaft lediglich ein Interesse an dem bestehenden Verlustvortrag, hingegen kein Interesse an dem Geschäftsbetrieb der übertragenden Gesellschaft hatte.

Vor diesem Hintergrund würde eine Auslegung der Vorschrift dahingehend, dass ein Verkauf des von der übertragenden Gesellschaft übernommenen Betriebs innerhalb der Fünf-Jahres-Frist dem Eintritt in den Verlustabzug nicht entgegen steht, die einschränkenden Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. leer laufen lassen. Denn die übernehmende Körperschaft könnte sich ihrer Obliegenheit zur Betriebsfortführung ansonsten durch einen sofortigen Verkauf des Geschäftsbetriebs vollständig entledigen. Es kann ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber ein derartiges Ergebnis gewollt hat.

Entgegen der Auffassung der Klägerin bietet der Tatbestand des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. keine Möglichkeit, statt dessen auf die Fortführung des Betriebs durch diejenige Person abzustellen, der die übernehmende Körperschaft den Betrieb übertragen hat. Steuerliche Rechtsfolgen knüpfen grundsätzlich an Handlungen des Steuerpflichtigen selbst an, nicht aber an Handlungen Dritter, die vom Steuerpflichtigen nicht zu beeinflussen sind (ebenso Widmann in Widmann/Mayer, § 12 UmwStG Rn. 682). Jedenfalls der Rechtsprechung wäre eine derartige Normauslegung durch den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes verwehrt (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Mai 2006 II R 71/04, BFHE 213, 118, BStBl II 2006, 602, unter II.1.b, zur einer vergleichbaren Problematik bei der Nachversteuerungsregelung des § 13a Abs. 5 Nr. 4 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes), soweit sich nicht aus dem erkennbaren Gesetzeszweck etwas anderes ergibt, was hier indes nicht der Fall ist.

c) Für dieses Auslegungsergebnis kommt es nicht darauf an, dass der beabsichtigten Verlustnutzung im vorliegenden Fall - folgt man den Darlegungen der Klägerin - keine steuerlich motivierten Gestaltungsüberlegungen, sondern allein Reaktionen auf wirtschaftliche Sachverhalte zugrunde gelegen haben. Denn der Tatbestand des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. ist - unbeschadet des mit der Regelung im Allgemeinen verfolgten Zwecks - schon aus Gründen der erforderlichen Rechtssicherheit unabhängig von subjektiven Erwägungen des Steuerpflichtigen anzuwenden.

Ebenso ist es unerheblich, dass die Vertragsparteien einen früheren steuerlichen Übertragungsstichtag hätten wählen können, wenn sie den Verschmelzungsvertrag zu einem früheren Zeitpunkt abgeschlossen hätten. Denn für die Besteuerung kommt es allein auf die tatsächlich verwirklichte Gestaltung, nicht aber auf hypothetische Gestaltungsmöglichkeiten an.

Auch im Hinblick auf das in formeller Hinsicht verfassungswidrige - wenn auch nach der Rechtsprechung des BVerfG hinzunehmende - Zustandekommen der Vorschrift ist keine einschränkende Auslegung geboten. Denn die verfassungsrechtliche Problematik beschränkt sich auf den formalen Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens. Verfassungsrechtliche Bedenken materiell-rechtlicher Art sind hingegen weder von der Klägerin vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

d) Die von der Klägerin angeführten systematischen Erwägungen führen zu keinem anderen Ergebnis.

Dies gilt zum einen für den Verweis auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 / 2005. Zwar lässt im Anwendungsbereich dieser Normen ein Verkauf der begünstigten Wirtschaftsgüter den Anspruch auf Investitionszulage unberührt, sofern die Wirtschaftsgüter beim Erwerber in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verblieben. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass den Regelungen des InvZulG ein ganz anderer Zweck zugrunde liegt als der Vorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. Der Zweck des InvZulG - die Förderung von Investitionen in den neuen Bundesländern - ist auch dann erfüllt, wenn die geförderten angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zwar nicht vom ursprünglichen Investor, wohl aber von einem Dritten in den neuen Bundesländern eingesetzt werden. Hingegen indiziert in den Fällen des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. die Weiterübertragung des verlustverursachenden Betriebs unter gleichzeitiger Nutzung der übernommenen Verlustvorträge, dass es der übernehmenden Gesellschaft typischerweise auf die Verlustvorträge, nicht aber auf den Geschäftsbetrieb der übertragenden Gesellschaft ankam. Auf der Grundlage des verfolgten Gesetzeszwecks (oben b) konnte der Gesetzgeber an die Weiterübertragung daher in folgerichtiger Weise die Rechtsfolge der Versagung des Eintritts in den verbleibenden Verlustabzug der übertragenden Gesellschaft knüpfen.

Die Regelungen des InvZulG enthalten materiell-rechtlich Subventionstatbestände. Bei der Ausgestaltung derartiger Subventionsnormen verfügt der Gesetzgeber über eine weitreichende Gestaltungsfreiheit. Daher ist es für die Auslegung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. - bei dem es sich nicht um einen Subventionstatbestand handelt - ohne Bedeutung, dass der Gesetzgeber sich in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 / 2005 für den Fall der späteren Übertragung des begünstigten Wirtschaftsguts auf einen Dritten für eine andere Rechtsfolge entschieden hat.

Entgegen der Auffassung der Klägerin - die sich hierfür wiederum auf Teile der Literatur (Hörger/Endres, FR 1998, 1017, 1021 sowie GmbHR 1999, 569, 581) stützt - sind die von der Finanzverwaltung vertretenen Positionen zu späteren Übertragungen des verlustverursachenden Betriebs nicht widersprüchlich. Die unterschiedliche Behandlung von Fällen der Einzelrechtsnachfolge einerseits und der Gesamtrechtsnachfolge andererseits ist sachgerecht; sie beruht darauf, dass der Gesamtrechtsnachfolger - jedenfalls nach der bis zum Ergehen des BFH-Beschlusses vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04 (BStBl II 2008, 608) ganz überwiegend vertretenen Auffassung - umfassend in die steuerrechtliche Position des Rechtsvorgängers eintritt. Soweit die Finanzverwaltung aus einer Übertragung im Rahmen der Begründung einer Betriebsaufspaltung keine nachteiligen Rechtsfolgen ziehen will, dürfte es sich nicht um eine Auslegung des Gesetzes handeln, sondern um eine - sachgerechte - Billigkeitsregelung auf der Grundlage des § 163 AO 1977.

Im Übrigen erfasst der ebenfalls durch das UntStRefFortG angefügte § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG eindeutig nur Betriebsfortführungen durch die Körperschaft selbst. Da die Regelungen des § 8 Abs. 4 KStG einerseits und des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. andererseits aber denselben Zweck verfolgen und nur unterschiedliche Fallgestaltungen der Möglichkeiten der Verlustnutzung regeln, deutet nichts darauf hin, dass der Gesetzgeber für den Regelungsbereich des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. eine andere Rechtsfolge hat vorsehen wollen als in der Parallelvorschrift des § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG. Vielmehr ist der gewisse Unterschied im Wortlaut lediglich der - möglicherweise nicht vollkommen gelungenen - passivischen Formulierung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. geschuldet.

e) Ob bei späteren Übertragungen des verlustverursachenden Betriebs innerhalb von Konzernstrukturen eine andere Betrachtung geboten ist (so Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, Loseblatt, § 12 UmwStG (vor SEStEG) Rn. 98, Stand November 2007; Dötsch in Dötsch/Patt/Pung/Jost, Umwandlungssteuerrecht, 5. Auflage 2003, § 12 UmwStG Rn. 94a), kann im Streitfall offen bleiben, da die S-GmbH nicht zum Konzern der Klägerin gehört.

3. Auf die von Rechtsprechung und Finanzverwaltung vertretenen unterschiedlichen Auffassungen zu der Frage, ob ein laufender Verlust der übertragenden Gesellschaft aus dem Verschmelzungsjahr bereits mit den eigenen laufenden Einkünften der übernehmenden Gesellschaft verrechnet werden kann (bejahend BFH-Urteil vom 31. Mai 2005 I R 68/03, BFHE 209, 535, BStBl II 2006, 380, unter C.2.b; verneinend BMF-Schreiben vom 7. April 2006, BStBl. I 2006, 344), kommt es danach für die Entscheidung des Streitfalls nicht mehr an.

4. Die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung beruht auf § 90 Abs. 2 FGO, die Kostenentscheidung auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung, weil bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der einschlägigen Auslegungsfrage vorliegt, der Wortlaut der maßgebenden Norm nicht eindeutig ist und in der Literatur auch Gegenansichten zur Auffassung des Senats vertreten werden. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. um auslaufendes Recht handelt. Denn allein beim erkennenden Senat sind noch zahlreiche Verfahren anhängig, die diese Vorschrift betreffen. Im Übrigen ist nach der Entscheidung des BVerfG zur formellen Verfassungsmäßigkeit zu erwarten, dass die Finanzverwaltung zahlreiche ruhende Einspruchsverfahren, die die genannte Vorschrift betreffen, wieder aufnehmen wird.

Ende der Entscheidung

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