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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 11.11.2004
Aktenzeichen: 2 K 373/03
Rechtsgebiete: UStG, LWaG M-V


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
UStG § 10 Abs. 1 S. 2
LWaG M-V § 40 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

In der Rechtssache

wegen:Umsatzsteuer 1993

hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 2. Senat, aufgrund der mündlichen Verhandlung am 11. November 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ... als Vorsitzenden und ... der Richterinnen am Finanzgericht ... und ... sowie der ehrenamtlichen Richter ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt 160.990,00 Euro.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, inwieweit die Klägerin Investitionskostenzuschüsse, die sie von der ... Stadt ... für den Bau einer Kläranlage erhalten hat, der Umsatzbesteuerung unterwerfen muss.

Die Klägerin ist ein regionales Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsunternehmen in der Rechtsform einer GmbH, dessen Stammkapital von der ... Stadt ... und den umliegenden Gemeinden des ehemaligen Landkreises ... gehalten wird. Die Klägerin wurde mit notarieller Urkunde vom 27. Februar 1992 gegründet und am 25. März 1993 ins Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist die Versorgung mit Wasser und die Entsorgung von Abwasser auf dem Gebiet der ... Stadt ... und der in § 4 des Gesellschaftsvertrages im einzelnen aufgeführten Städte und Gemeinden des damaligen Landkreises ....

Bis zur Gründung der Klägerin wurde die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung durch die N. GmbH vorgenommen. Die N. GmbH ist ein nach den Vorschriften der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 1. März 1990 (Gesetzblatt der DDR 1990, Teil I, Nr. 14 S. 107) und nach den Vorschriften des Gesetzes zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz vom 17. Juni 1990 - Gesetzblatt der DDR 1990, Teil II, Nr. 33 S. 300) umgewandelter ehemaliger volkseigener Betrieb, der sich im Bereich des ehemaligen Bezirks ... mit den Aufgaben der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung und - behandlung befasst hat (WAB).

Zwischen der N. GmbH i.L. und der Klägerin besteht seit dem 25. Juni 1992 ein Teil-Betriebsüberlassungsvertrag, in dem die Übertragung sämtlicher betrieblicher Anlagen zur Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung der ... Stadt ... und der umliegenden Gemeinden des ehemaligen Landkreises ... sowie der Eintritt in laufende Verträge und alle laufenden Verpflichtungen und Rechte geregelt ist. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage 3 der Klageschrift verwiesen.

Mit Schreiben vom 16. April 1992 an die N. GmbH (Anlage 16 Klageschrift) wies die Finanzministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern auf folgendes hin:

"... Es wird davon ausgegangen, daß gem. § 2 Abs. 2 der Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 die Versorgung mit Wasser und die schadlose Abwasserableitung und - behandlung eine Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinden darstellt. ... Die privatrechtlichen Abwassergesellschaften und die jeweiligen Kommunen sind demnach auf der Grundlage des BMF-Schreiben vom 27. Dezember 1990 verpflichtet, unverzüglich vertragliche Beziehungen herzustellen, d.h. es sind Leistungsbeziehungen zwischen den Abwassergesellschaften und den Kommunen aufzunehmen. Damit wird die Tätigkeit des eingeschalteten Unternehmers gegenüber dem Hoheitsträger als sonstige Leistung im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG steuerbar und steuerpflichtig..."

Am 1. Dezember 1992 trat das Landeswassergesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LWaG vom 30. November 1992, GVOBl. S. 669) in Kraft.

Am 1. Februar 199 4 schloss die Klägerin mit der ... Stadt ... einen Rahmenvertrag über die Entsorgung von Abwasser (Anl. 4 Klageschrift). Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

"Präambel

Die ... Stadt ... ist öffentlich-rechtlich verantwortlich für die Beseitigung von Abwasser. Für diesen Zweck kann sie sich eines Dritten bedienen. Die Übertragung dieser Aufgaben erfolgt auf der Grundlage dieses Vertrages, dem folgende rechtliche Vorschriften zugrundeliegen:

Landeswassergesetz vom 30.11.1992 GS M/V Gl-Nr. 753-2

Kommunalverfassung vom 17.05.1990 GBL T Nr. 28 der DDR

Kommunalabgabengesetz (KAG) vom 1.6.1993 G u. VO-Blatt M/V 1991 Nr. 13, S. 522

Bürgerliches Gesetzbuch vom 18.8.1896 (RGBl. S. 195, BGBl. III 400-2

Unter diesen Prämissen wurde unter anderem durch die ... Stadt ... am 27. 02. 1992 die REWA GmbH ... gegründet. Im § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der REWA ist als Gegenstand des Unternehmens insbesondere auch die Abwasserbeseitigung geregelt....

§ 1 (1)

Das Unternehmen verpflichtet sich, die Durchführung der öffentlich-rechtlichen Abwasserbeseitigungsaufgaben der ... Stadt ... im Rahmen der o.g. rechtlichen Grundlagen als kommunaler Erfüllungsgehilfe zu übernehmen.

(2)

Die REWA ist für die Vorhaltung (Instandhaltung, Pflege, Ersatzinvestitionen) und Erweiterung der Anlagen zur schadlosen Beseitigung von Abwasser aus den Gemeinden zuständig.

(3) ...

§ 2 (1)

Die Gesellschaft übernimmt die Finanzierung für die Instandhaltung, Erweiterung und Modernisierung der Anlagen.

(2) ...

Die Stadt schafft die rechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung von Beiträgen und Gebühren auf der Grundlage der §§ 6 und 8 des KAG vom 1.6.1993 durch Erlass von Satzungen.

(3)

Bei der Inanspruchnahme von Krediten durch die Gesellschaft im Interesse der Hansestadt ... übernimmt die Stadt notwendige Ausfallbürgschaften ...

(4)

Die Gesellschaft verpflichtet sich, die Stadt bei der Antragstellung für Zuschüsse, Fördermittel u.ä. zu unterstützen. Die hierdurch der Stadt gewährten Mittel werden im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages der REWA zur Verfügung gestellt, sobald die damit verbundenen Investitionen es erfordern. Besteht für die Gesellschaft das Recht, Fördermittel eigenverantwortlich zu beantragen, stimmt sie die Vorgehensweise mit der Stadt ab.

§ 3 (1)

Für die Leistung laut der diesem Vertrag beiliegenden Leistungsbeschreibung werden die Kosten in Form eines Entgeltes vergütet, das sich nach den tatsächlichen Leistungen ergibt, jedoch höchstens in Höhe der Grundlage der jeweils gültigen Abwassergebührensatzung eingenommenen Abwassergebühren.

(2)...

§ 4 (1)

Die Gesellschaft entsorgt das Abwasser im Auftrag der Stadt zu einem Betreiberentgelt je Mengeneinheit. Die Basis bildet der Frischwasserverbrauch...

(2)

Die Gebühren für die Abwasserentsorgung gegenüber den Abnehmern bestimmt die Stadt aufgrund der Abwassergebührensatzung und einer Satzung über dezentrale Abwasseranlagen der Stadt.

(3)

Die Gebühren werden im Namen und im Auftrag der Stadt durch die REWA den Abnehmern in Rechnung gestellt...."

Im Ergebnis entsprechende Verträge wurden seit 1993 mit den umliegenden Gemeinden geschlossen.

Gegenüber den Kunden rechnete die Klägerin teilweise in eigenem Namen ab. Die Abrechnungen enthielten teilweise eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach gegen den "Beitrags/ Gebührenbescheid ... innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden" kann. Der Widerspruch "ist bei der og. REWA GmbH/Stadtverw./Gemeindeverw. schriftlich oder zur Niederschrift zu erheben".

Mit Zuwendungsbescheid vom 7. Juli 1992 bewilligte die Umweltministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern der ... Stadt ... für die Erweiterung der Kläranlage aus dem Landesprogramm der Wasserversorgung- und Abwasserentsorgung eine "Projektförderung als Anteilsfinanzierung" bis zu 2.100.000,00 DM. Mit Bescheid vom 3. Dezember 1992 erhöhte die Umweltministerin die Förderung auf 2.853.000,00 DM.

Hiervon wurden im Jahr 1993 2.414.000 DM und im Jahr 1994 439.000,00 DM an die ... Stadt ... ausgezahlt und von dieser an die Klägerin weitergeleitet.

Die Klägerin behandelte diese Zuwendung als echten Zuschuss und führte hierauf keine Umsatzsteuer ab.

Nach einer im Jahre 1998 durchgeführten Betriebsprüfung unterwarf der Beklagte die Fördermittel der Umsatzbesteuerung. Die Abwasserbeseitigung sei eine hoheitliche Aufgabe. Soweit die tatsächliche Durchführung dieser Aufgabe einem Unternehmer übertragen sei, erbringe dieser die Leistung der Abwasserbeseitigung gegenüber dem Hoheitsträger. Die Weiterleitung der Fördermittel für den Bereich der Abwasserbeseitigung sei damit Entgelt für die Leistung des REWA GmbH an die kommunalen Gebietskörperschaften.

Der Beklagte erließ am 6. November 1998 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 1993, mit dem er die Umsatzsteuer auf ./. 2.389.874,00 DM festsetzte. In diesem Betrag sind Umsatzsteuern für die von der Umweltministerin ausgezahlten Fördermittel in Höhe von 314.869,56 DM (2.414.000,00 DM brutto = 2.099.130,40 DM netto × 15%) enthalten.

Hiergegen hat die Klägerin am 1. Dezember 1998 Einspruch eingelegt.

Die Investitionskostenzuschüsse seien eingenkapitalstärkende Hilfen zur Finanzierung wirtschaftlicher Infrastrukturmaßnahmen auch im Abwasserentsorgungsbereich und würden kein Entgelt für eine sonstige Leistung zwischen der Kapitalgesellschaft als Unternehmer und dem Hoheitsträger darstellen, zumal es sowohl an der inneren Verbundenheit zwischen Leistung und Zuschuss als Gegenleistung als auch an dem konkreten Empfänger eines konkreten Vorteils durch eine empfangene Dienstleistung fehle.

Der Beklagte wies den Einspruch mit seiner Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2003 als unbegründet zurück. Auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung wird verwiesen (Bl. 156 Rb-Akte).

Die Klägerin hat am 2. Juli 2003 Klage erhoben.

Zur Begründung führt sie im wesentlichen aus, dass es an einer Leistungsbeziehung zwischen ihr und der ... Stadt ... fehle. Die tatsächlichen Leistungsbeziehungen bestünden zwischen ihr als der Leistenden und den Abwasserverursachern.

Entgegen der Auffassung des Beklagten würden die vereinnahmten Investitionskostenzuschüsse grundsätzlich Fördermittel darstellen zur Anteilsfinanzierung von Investitionsprojekten zur Stärkung der Eigenkapitalbasis und damit um echte Zuschüsse. Aufgrund des in der Abwasserentsorgung bestehenden Wettbewerbs sei die Tätigkeit der mit der Entsorgung beauftragten Gesellschaften nicht mehr als hoheitliche, sondern als gewerbliche anzusehen. Sie habe durch die Übernahme des laufenden Geschäftsbetriebes von der N. GmbH seit dem 1. Juli 1992 als Berechtigte und Verpflichtete aus dem Gesellschaftsvertrag sowie aus dem Teilbetriebsüberlassungsvertrages als Unternehmer gem. § 2 Abs. 1 UStG steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistungen gem. § 3 Abs. 9 UStG gegenüber den Benutzern der Wasser- und Abwasseranlagen erbracht. Sie habe dies in eigenem Namen ordnungsgemäß abgerechnet und die in Rechnung gesondert ausgewiesene sowie die nicht ausgewiesene Umsatzsteuer auch an das Finanzamt abgeführt. Die öffentliche-rechtlichen Vereinbarungen zwischen den Abwasserentsorgungsgesellschaften und den kommunalen Gebietskörperschaften seien 1993 geschlossen worden. Sie habe im übrigen entgegen der Vereinbarung mit der ... Stadt ... im eigenen Namen die Rechnungen und Gebührenbescheide ohne Hinweis auf die Kommune erstellt. Auch die in einzelnen Rechnungen aufgeführten Rechtsbehelfsbelehrungen ließen nicht auf ein Handeln im Namen der Kommune schließen. Sie sei zwar gegenüber den Benutzern und Einleitern gem. Landeswassergesetz M/V nicht zur Entsorgung verpflichtet und schulde ihnen diese Leistung auch nicht, denn diese Pflicht treffe die Kommunen. Sie erbringe aber tatsächlich und wirtschaftlich diese Leistung gegenüber den Benutzern.

Zwischen ihr und der ... Stadt ... habe im Streitjahr kein Leistungsaustauschverhältnis bestanden. Sie habe mit den Benutzern selbst abgerechnet und sei insoweit von den vertraglichen Regelungen abgewichen. Im Streitjahr habe es keine vertraglichen Regelungen mit der ... Stadt ... gegeben. Diese sei erst 1994 geschlossen worden.

Die Klägerin beantragt,

abweichend von dem geänderten Umsatzsteuerbescheid 1993 vom 6. November 1998 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2003 die Umsatzsteuer 1993 um 314.869,56 DM (160.990,24 Euro) herabzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuwiesen.

Zur Begründung bezieht er sich im wesentlichen auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung.

Ergänzend führt er aus, dass es sich nur dann um einen echten, nicht steuerbaren Zuschuss handele, wenn die Zahlung der Förderung des leistenden Unternehmers und der Aufrechterhaltung seiner Tätigkeiten allgemein diene, wenn sie also zu einer Subventionierung aus bestimmten strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinen Gründen erfolge. Im Streitfall habe ein Leistungsaustauschverhältnis dahingehend bestanden, dass die Klägerin die Beseitigung der Abwässer ihrer Gesellschafter übernommen habe. Die Weiterleitung des der ... Stadt ... für den Bau ihrer Kläranlage überlassenen Zuschusses an die Klägerin sei allein im Interesse der Stadt als Gesellschafterin und Abwasserentsorgungsverpflichtete, die somit eine Verminderung ihrer Entsorgungsbeiträge erreichen konnte, erfolgt. Es habe nicht die geschäftliche Tätigkeit der Klägerin ganz allgemein gefördert werden sollen.

Dem Gericht lagen 3 Bände Betriebsprüfungsakten und je ein Band Umsatzsteuer- Rechtsbehelfs-, Bilanz-, Gewinn- und Verlustrechnungsakten des Beklagten vor.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Beklagte hat zu Recht die von der ... Stadt ... an die Klägerin weitergeleiteten Investitionskostenzuschüsse der Umsatzbesteuerung unterworfen, denn diese Zuschüsse wurden auf Grund eines Leistungsaustauschverhältnisses zwischen der Klägerin und der ... Stadt ... entrichtet und stellten insoweit Entgelt für eine von der Klägerin erbrachte sonstige Leistung an die ... Stadt ... dar (§§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 10 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei den strittigen Zuwendungen nicht um sog. echte (nicht umsatzsteuerbare) Zuschüsse.

Die sog. echten Zuschüsse sollen nicht eine Leistung des Unternehmers an den Zuschussgeber oder einen Dritten abgelten (dann jedoch sog. unechte - umsatzsteuerbare - Zuschüsse), sondern werden ohne Zusammenhang mit einer konkreten Lieferung oder sonstigen Leistung des Zuwendungsempfängers an den Zuschussgeber (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG) oder an Dritte (sog. Preisauffüllung, vgl. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG) erbracht. Kein Entgelt im umsatzsteuerrechtlichen Sinn sind daher insbesondere Zuschüsse, die lediglich der Subventionierung des Zuschussempfängers aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen dienen, ohne eine Leistung des Zuschussempfängers an den Zuwendenden oder an einen Dritten abzugelten.

Nach der Rechtsprechung (vgl. insbesondere BFH, Urteil vom 20.12.2001 - V R 81/99, BFHE 197, 352, BStBl. II 2003, 213 - Zuschuss für Kläranlage) können Zuschusszahlungen der öffentlichen Hand dann umsatzsteuerbares Entgelt für eine Lieferung und sonstige Leistung sein, wenn der Zahlungsempfänger im Auftrag der öffentlichen Hand eine Aufgabe aus deren Kompetenzbereich übernimmt und die Zuschusszahlung damit zusammenhängt.

Im Streitjahr lag zwar noch keine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung zwischen der ... Stadt ... und der Klägerin über die Abwasserbeseitigung vor. Diese wurde erst 1994 geschlossen. Durch diese Rahmenvereinbarungen wurde aber lediglich ein bereits im Streitjahr durch das Abwassergesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern begründetes Rechtsverhältnis privatrechtlich geregelt

Ein umsatzsteuerrechtlich relevanter Zusammenhang zwischen Entgelt (Zuschuss) und Leistung (Bau von Kläranlagen u. dgl.) im Sinne der §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 10 Abs. 1 Satz 2 UStG ergibt sich nämlich schon aus den bereits im Streitjahr geltenden Vorschriften des Landeswassergesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LWaG M-V).

Die Abwasserbeseitigung im Lande Mecklenburg-Vorpommern war im Streitjahr eine hoheitliche Aufgabe. Sie war den kommunalen Gebietskörperschaften eigentümlich und vorbehalten. Sie nahmen durch die Einschaltung privater Unternehmen nicht am Wettbewerb teil.

Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 LWaG M-V obliegt die Abwasserbeseitigung den Gemeinden im Rahmen der Selbstverwaltung soweit sie nicht nach Abs. 4 anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts übertragen wurde.

Die Beseitigungspflichtigen können die ihnen kraft Gesetzes zugewiesenen Aufgaben nicht an Dritte, z.B. Personen des Privatrechts übertragen. Zwar können sie sich gem. § 40 Abs. 4 Satz 2 LWaG M-V zur Erfüllung ihrer Aufgaben Dritter bedienen. Diese Regelung erfasst aber bereits nach ihrem Wortlaut lediglich den Fall der Einbeziehung privater Erfüllungsgehilfen (sog. Verwaltungshelfer) Wenn sich die Gemeinde "zur Erfüllung ihrer Aufgaben" Dritter bedienen kann, so ergibt sich daraus zugleich die Einschränkung, dass die Aufgabe nicht vollständig an einen Dritten abgegeben werden darf.

Die Gebietskörperschaften nehmen durch die Übertragung ihrer Aufgabenerfüllung auf Dritte nicht am Wettbewerb teil.

Der Senat weist insofern darauf hin, dass er an seiner ständigen Rechtsprechung festhält, wonach den Gebietskörperschaften des Landes Mecklenburg-Vorpommern spätestens mit dem Inkrafttreten des LWaG am 01.12.1992 das öffentlichrechtliche Abwasserbeseitigungsmonopol zustand.

Insoweit verweist der Senat auf seine rechtskräftig gewordenen Urteile vom 22.07.1997 - 2 K 151/96, bestätigt durch Beschluss des BFH vom 03.02.1999 - I B 122/97 (BFH/NV 1999, 974) und vom 29.05.2001 - 2 K 139/97, ebenfalls bestätigt durch Beschluss des BFH vom 10.01.2002 - V B 127/01 (BFH/NV 2002, 683).

Nach alledem konnte die Klägerin die Abwasserbeseitigung nicht als eigene Aufgabe, sondern lediglich in Erfüllung einer fremden Abwasserbeseitigungspflicht - hier der ... Stadt ... - wahrnehmen. Somit hat sie gegenüber der ... Stadt ... eine Leistung dadurch erbracht, dass sie als Dritte die der Gemeinde nach § 40 Abs. 1 Satz 1 des LWaG M-V obliegende Verpflichtung zur Abwasserbeseitigung, die auch die Errichtung der dafür benötigten Bauwerke einschließt (vgl. auch § 2 Abs. 1 der späteren Rahmenvereinbarung), übernommen hat.

Für die Annahme einer Leistungsaustauschbeziehung zwischen der Klägerin und der ... Stadt ... ist es auch unerheblich, ob die Klägerin umsatzsteuerrechtlich relevante Leistungsaustauschbeziehungen auch zu den Anschlussnehmern (Kunden) eingegangen ist. Wie das BMF-Schreiben vom 10.12.2003 - IV B 7 - S 7106 - 100/03 (BStBl. I 2003, 785) in Ergänzung des sog. Einschalterlasses vom 27.12.1990 zu Recht ausführt, entfällt alleine durch das Auftreten des leistenden Unternehmens gegenüber dem Kunden im eigenen Namen nicht das bestehende Leistungsverhältnis zwischen dem leistenden Unternehmen und dem Hoheitsträger.

Der steuerbare Umsatz wird nach dem Entgelt bemessen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG). Entgelt ist nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 1993 alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Die ... Stadt ... erhielt auf Grund des Zuwendungsbescheids der Umweltministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern einen zweckgebundenen Zuschuss zur Erfüllung ihrer Abwasserbeseitigungsaufgaben. Durch die Weiterleitung dieser Zahlungen an die Klägerin wurde diese für die übernommene Aufgabenerfüllung (Bau der Kläranlage) bezahlt. Es handelt sich insoweit um ein Entgelt der ... Stadt ... für die Klägerin.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision hat der Senat nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO (Fortbildung des Rechts) zugelassen, weil die Frage der Umsatzsteuerbarkeit von Zahlungen, die Kommunen aus ihnen gewährten Zuschüssen an Dritte leisten, nach Ansicht des Senats weiterer Durchdringung durch den BFH bedarf.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 GKG a. F.

Ende der Entscheidung

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