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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 26.11.2007
Aktenzeichen: 1 K 766/07
Rechtsgebiete: FGO, AO


Vorschriften:

FGO § 56
AO § 80 Abs. 1 S. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

1 K 766/07

In der Streitsache

...

hat das Finanzgericht München, 1. Senat,

... als Einzelrichter

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist, ob die Klage - gegebenenfalls unter Wiedereinsetzung in die Klagefrist - rechtzeitig erhoben ist.

Die Kläger werden als Eheleute vom Beklagten - dem Finanzamt (FA) - für das Streitjahr 2003 zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt. Sie wurden im Einspruchsverfahren gegen den ESt-Bescheid für 2003 von einer Rechtsanwalts-Steuerberater-Wirtschaftsprüfer- Sozietät vertreten (vgl. Schreiben vom 30. November 2005). Die Einspruchsentscheidung (EE) erging am 26. Januar 2006 und wurde an diese Sozietät bekanntgegeben. Mit Schreiben vom 16. Februar 2006 teilte die Sozietät dem FA mit dass die Eheleute nicht mehr vertreten würden. Ausweislich eines Aktenvermerks teilte die Steuerkanzlei dem FA am 23. Februar 2006 dem FA telefonisch mit, dass Steuerberater S (das ist der bearbeitende Sozius gewesen) zum Ende des Jahres 2005 aus der Sozietät ausgeschieden sei und die Kanzlei die Kläger nicht mehr vertrete. Die EE sei an die Kläger weitergeleitet worden. Daraufhin wandte sich das FA mit Schreiben vom gleichen Tage an die Eheleute, erläuterte die ergangene EE und wies auf die Einspruchsfrist hin (auf das Schreiben - Bl. 43 der ESt-Akte - wird wegen des genauen Inhalts verwiesen). Offen geblieben ist, ob die Kläger dieses Schreiben erhalten haben.

Mit ihrer Klage beantragen die Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und tragen vor, sie hätten die EE und das Schreiben vom 23. Februar 2006 nicht erhalten. Die neuen steuerlichen Berater hätten von dem Vorgang erst Anfang Februar 2007 Kenntnis erlangt.

Darüber hinaus sei die EE unter Außerachtlassung der Einspruchsbegründung ergangen, was zur Nichtigkeit derselben führe. Das Schreiben vom 23. Februar 2007 könne diesen Mangel nicht heilen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 3. Mai 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Januar 2006 dahingehend zu ändern, dass folgende zusätzliche Beträge als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben angesetzt werden:

 Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers in Höhe von 382,50 EUR
 62,00 EUR
 7.500,00 EUR
 3.984,00 EUR
Einkünfte aus Vermietung (Mietobjekt: N straße) 4.664,34 EUR
Einkünfte aus Vermietung (Mietobjekt: L straße 11) 2.574,00 EUR

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es bezieht sich im Wesentlichen auf die Stellungnahme vom 19. Juni 2007, auf die wegen der dortigen Rechtsausführungen im Einzelnen verwiesen wird.

Das Gericht hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 16. Oktober 2007 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2007 wird verwiesen.

II. Die Klage ist unzulässig, weil die Kläger die Klage nicht innerhalb der Klagefrist erhoben haben.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist ist unbegründet.

Nach § 80 Abs. 1 Satz 4 der Abgabenordnung (AO) wird ein Widerruf der Vollmacht des Bevollmächtigten der Behörde gegenüber erst wirksam, wenn er ihr zugeht. Ein Verwaltungsakt kann nach § 122 Abs. 1 Satz 2 AO auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nach § 56 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung [FGO] zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]) Die EE wurde vom FA wirksam an den bestellten Bevollmächtigten der Kläger am 29. Januar 2006 (§ 122 Abs. 2 AO) bekanntgegeben. Der Widerruf der Vollmacht wurde dem FA erst am 17. Februar 2006 mit Zugang des Schreibens der Kanzlei vom 16. Februar 2006, also später, bekannt. Die vorgetragene Unkenntnis der Kläger von deren Ergehen ist entweder von ihnen selbst oder aber vom ehemaligen steuerlichen Berater verschuldet. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, weshalb der ehemalige Berater nicht in der Lage gewesen sein sollte, rechtzeitig Klage zu erheben oder seine Mandanten in die Lage zu versetzen, dies selbst zu unternehmen.

Die Nichtberücksichtigung eines Schriftsatzes im Einspruchsverfahren führt allenfalls zur (einfachen) Rechtswidrigkeit der EE. Eine solche ändert nichts an der Wirksamkeit und Bestandskraft der EE. Ein Nichtigkeitsgrund i.S.d. § 125 AO liegt darin nicht, wie Verfahrensund Formfehler auch sonst grundsätzlich keinen Nichtigkeitsgrund darstellen (vgl. zum unterlassenen rechtlichen Gehör: Urteil des Bundesfinanzhofsvom 28. August 1990 VII R 59/89, BFH/NV 1991, 215).

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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