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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 04.07.2006
Aktenzeichen: 10 K 4121/04
Rechtsgebiete: EStG, AO 1977


Vorschriften:

EStG § 7g Abs. 1
EStG § 7g Abs. 3
EStG § 7g Abs. 6
AO 1977 § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

10 K 4121/04

Einkommensteuer 2001

In der Streitsache ...

hat das Finanzgericht München, 10. Senat, durch

... als Einzelrichter

ohne mündliche Verhandlung

am 04. Juli 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Streitig ist, ob die Kläger berechtigt waren, im Rahmen des Einspruchsverfahrens erstmalig eine Ansparabschreibung gemäß § 7g Einkommensteuergesetz (EStG) geltend zu machen.

I. Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kläger (Kl) war im Streitjahr als ... nichtselbstständig tätig und erzielte daneben u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Vermittlung von Versicherungen und Bausparverträgen). Insoweit erklärte er in der am 04. Oktober 2002 mit der ESt-Erklärung beim Beklagten (das Finanzamt --FA--) eingegangenen Einnahmenüberschussrechnung einen Verlust in Höhe von 277,92 DM. Die Auflistung der Betriebsausgaben enthielt keinen Ansatz einer Ansparabschreibung nach § 7g EStG.

Mit ESt-Bescheid vom 28. Oktober 2002 erkannte das FA die erklärten gewerblichen Einkünfte antragsgemäß an und setzte die ESt auf ... EUR fest. Der Bescheid wurde hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für vorläufig erklärt, da das FA die Gewinnerzielungsabsicht nicht abschließend beurteilen konnte. Dem hiergegen --wegen beim Kläger nicht vollständig anerkannter Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit--eingelegten Einspruch vom 30. Oktober 2002 gab das FA mit nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid vom 18. November 2002 statt und setzte die ESt auf 20.475,19 EUR herab. Hiergegen erhoben die Kläger mit Schreiben vom 25. November 2002 erneut Einspruch. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 machten die Kläger zur Begründung des Einspruchs geltend, dass weitere Betriebsausgaben wegen Berücksichtigung einer Ansparabschreibung zu berücksichtigen seien. Wörtlich wurde ausgeführt:

"Dazu sind auch neue Geräte für die Multimediapräsentation und Computer mit Zubehör, Drucker Scanner Bildschirm-Power Point) erforderlich. Diese Gerätschaften werden zu gegebener Zeit angeschafft. Wir machen deshalb als Betriebsausgaben für den VZ 2001 noch eine Ansparabschreibung geltend. Anschaffungskosten für diese Gerätschaften 23000 EUR Anspar AfA 9200,00 EUR."

Dies entspricht einer Ansparabschreibung in Höhe von 17.994 DM.

Mit nach § 165 Abs. 2 S. 1 AO ergangenem Änderungsbescheid vom 07. Januar 2003 erkannte das FA den erklärten gewerblichen Verlust nicht mehr an und erhöhte --unter gleichzeitiger Aufhebung der für die gewerblichen Einkünfte ausgesprochenen Vorläufigkeit--die ESt auf ... EUR. Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 08. März 2003 erneut Einspruch ein. Das FA verband die Einsprüche vom 25. November 2002 und 08. März 2003 zur gemeinsamer Entscheidung und wies sie durch Einspruchsentscheidung vom 09. August 2004 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Die Ausführungen im Schreiben vom 20. Dezember 2002 enthielten eine hinreichende Konkretisierung der voraussichtlichen Investitionen und stellten weder eine Sammelbezeichnung noch eine nur beispielhafte Aufzählung dar. Nach einem Beschluss der Referatsleiter Einkommensteuer der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder (DStR 2005, 784) sei eine getrennte Buchung jeder einzelnen Rücklage aus Vertrauensschutzgründen erstmals für nach dem 26. März 2004 eingereichte Jahresabschlüsse erforderlich. Die Rücklage sei zwar erst nachträglich aber in der Investitionsfrist von 2 Jahren beantragt worden.

Mit nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO geändertem Bescheid vom 20. April 2006 erkannte das FA den ursprünglich in der Gewinnermittlung geltend gemachten Verlust in Höhe von 278 DM erneut an und setzte die ESt wieder auf ... EUR herab.

Die Kläger beantragen,

den ESt-Bescheid vom 20. April 2006 dahingehend abzuändern, dass weitere negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 17.994 DM berücksichtigt werden und die ESt entsprechend herabgesetzt wird

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es darauf, dass es nach der Rechtsprechung erforderlich sei, für jedes einzelne Wirtschaftsgut eine gesonderte Rücklage zu bilden. Es seien Angaben zur Funktion sowie zu den voraussichtlichen Anschaffungskosten oder Herstellungskosten erforderlich. Die Kl hätten nur beispielhafte Angaben gemacht und die geplanten Anschaffungen nur ungenau bezeichnet. Die von den Klägern in Bezug genommene Verfügung sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Diese betreffe den Fall, dass Steuerpflichtige die gebildeten Ansparabschreibungen mittels einer Sammelbuchung in der laufenden Gewinnermittlung erfasst haben. Vorliegend handele es sich dagegen um die nachträgliche Bildung einer Ansparabschreibung. Das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH--vom 12. Dezember 2001 (XI R 13/00) sei im Zeitpunkt des Antrags (Schreiben vom 20. Dezember 2002) bereits im BStBl veröffentlicht gewesen.

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 03. Juli 2006 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

II. 1. Die Klage ist unbegründet. Das FA hat zu Recht die geltend gemachte Ansparrücklage nicht als Betriebsausgaben gemäß § 7g Abs. 6 Einkommensteuergesetz (EStG) anerkannt. Nach § 7g Abs. 1, 3 und 6 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung können Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bestandsvergleich oder durch Überschussrechnung ermitteln, für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden bzw. Betriebsausgaben in der entsprechenden Höhe berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 12. Dezember 2001 XI R 13/00, BFHE 197, 448, BStBl II 2002, 385) folgt aus der gesetzlichen Regelung auch für den Bereich der Einnahmenüberschussrechnung, dass für jedes einzelne Wirtschaftsgut, das voraussichtlich angeschafft oder hergestellt wird, eine gesonderte Rücklage zu bilden ist. Dementsprechend sind bei mehreren künftigen Investitionen die einzelnen Rücklagen in den Aufzeichnungen jeweils getrennt zu behandeln. Die voraussichtliche Investition muss deshalb bei Bildung jeder einzelnen Rücklage so genau bezeichnet werden, dass im Investitionsjahr festgestellt werden kann, ob eine vorgenommene Investition derjenigen entspricht, für deren Finanzierung die Rücklage gebildet wurde. Es sind daher Angaben insbesondere zur Funktion des Wirtschaftsgutes sowie zu den voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten erforderlich (BFH-Beschluss vom 24. Mai 2005 X B 137/04, BFH/NV 2005, 1563). Dabei setzt § 7g Abs. 6 EStG für den Bereich der Einnahmenüberschussrechnung durch die Bezugnahme auf § 7g Abs. 3 Nr. 3 EStG tatbestandsmäßig voraus, dass Bildung und Auflösung der Ansparrücklage wie in einer Buchführung verfolgt werden können (BFH-Urteile vom 13. Dezember 2005 XI R 52/04, BFH/NV 2006, 1190; und vom 6. März 2003 IV R 23/01, BFHE 202, 250, BStBl II 2004, 187). Für den Betriebsausgabenabzug nach § 7g Abs. 6 EStG ist die Willensbekundung notwendig, eine solche Ansparrücklage für ein --konkretes--Wirtschaftsgut zu bilden. Dabei genügt es, wenn die notwendigen Angaben zur Funktion des Wirtschaftsguts und zu den voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten --und im Falle eines Gesamtpostens die entsprechenden Aufschlüsselungen--in einer zeitnah erstellten Aufzeichnung festgehalten werden, die in den steuerlichen Unterlagen des Steuerpflichtigen aufbewahrt wird und die der Steuerbehörde auf Verlangen jederzeit zur Verfügung gestellt werden kann (BFH in BFH/NV 2006, 1190). Schließlich müssen die erforderlichen Angaben bereits bei Aufstellung des Jahresabschlusses oder spätestens bei Abgabe der Steuererklärung vorhanden sein (BFH in BFH/NV 2005, 1563), d.h. es dürfen auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sein, dass entsprechende Aufstellungen erst nachträglich angefertigt und auf ein Datum vor Einreichung der Steuererklärung zurückdatiert wurden (BFH in BFH/NV 2006, 1190; s. hierzu auch Anmerkung Fischer, jurisPR-SteuerR 21/2002 vom 22. Mai 2006).

2. Bei Anwendung der genannten Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass die Aufzeichnungen des Kl den Anforderungen an die korrekte Bildung einer Ansparrücklage nicht genügen. Das Schreiben vom 20. Dezember 2002 enthält keine hinreichende Konkretisierung der voraussichtlich anzuschaffenden Wirtschaftsgüter, insbesondere weder genaue Angaben zur Funktion der einzelnen Wirtschaftsgüter noch zu den voraussichtlichen Anschaffungskosten der einzelnen Wirtschaftsgüter. Unklar ist, ob die Bezeichnung "Geräte für die Multimediapräsentation" eine Sammelbezeichnung für die nachfolgend genannten Gegenstände "Computer mit Zubehör, Drucker Scanner Bildschirm-Power Point" oder eine Sammelbezeichnung für andere Geräte sein soll. Ebenso ist unklar, welche Art und Anzahl von Geräten im letzteren Fall unter den Begriff der "Geräte für die Multimediapräsentation" fallen sollen. Unklar ist hinsichtlich der Bezeichnung "Computer mit Zubehör, Drucker Scanner Bildschirm-Power Point", wie viele Computer, Drucker, Scanner, Bildschirme, Softwarelizenzen Power Point, und welches und wie viel Zubehör (Hardware, Software, etc.) angeschafft werden sollten. Ebenso fehlt jede konkretisierte Angabe zu den Anschaffungskosten einzelner Wirtschaftsgüter. Vielmehr sind nur die voraussichtlichen Gesamtanschaffungskosten angegeben, die sich selbst rechnerisch nicht auf einzelne Wirtschaftsgüter herunterrechnen lassen. Es ist aufgrund der gemachten Angaben nicht möglich, in den vorgesehenen Investitionsjahren festzustellen, ob eine vorgenommene Investition derjenigen entspricht, für deren Finanzierung die Rücklage gebildet wurde.

Zudem kann die Ansparrücklage auch deshalb nicht anerkannt werden, weil das Schreiben vom 20. Dezember 2002 erst nach Eingang der Steuererklärung (04. Oktober 2002) beim FA eingereicht wurde und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass bereits vor Einreichung der Steuererklärung hinreichende Aufzeichnungen vorhanden waren. Vielmehr hat der Kl --obwohl er steuerlich beraten war--selbst bei seinem ersten Einspruch vom 30. Oktober 2002 eine Ansparrücklage nicht geltend gemacht. Zudem ergibt sich aus der ESt-Akte, dass der Bearbeiter des FA am 22. Oktober 2002 einen Prüfhinweis bearbeitet hat, nach dem die Festsetzung der Eigenheimzulage aufzuheben und die Gewährung der Vorkostenpauschale rückgängig zu machen war, weil die Einkunftsgrenzen überschritten waren. Dies führte zu einem entsprechenden Änderungsbescheid vom 28. Oktober 2002 bei der Eigenheimzulage. Dies deutet darauf hin, dass die Ansparrücklage erst nach Abgabe der Steuererklärung ins Blaue hinein geltend gemacht wurde, um die Einkunftsgrenze des § 5 Eigenheimzulagengesetz in der im Streitjahr geltenden Fassung (Gesamtbetrag der Einkünfte bei Zusammenveranlagung: 320.000 DM) zu unterschreiten. Denn diese hätte nach dem damaligen Stand (ESt-Bescheid 2000 vom 16. August 2001 mit Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 159.724 DM und ESt-Bescheid 2001 vom 18. November 2002 mit Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 168.687 DM; zusammen 328.411 DM) durch die beantragte Ansparrücklage in Höhe von 17.994 DM eingehalten werden können. Für eine ins Blaue hinein gemachte Ansparrücklage spricht im Übrigen auch die Tatsache, dass das angegebene Investitionsvolumen von 23.000 EUR mehr als das Achtfache des Jahresumsatzes im Streitjahr (5.239,71 DM) betrug.

3. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund des Beschlusses der Referatsleiter Einkommensteuer der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder (DStR 2005, 784). Denn zum einen hat der BFH die Anforderungen an die Rücklagenbildung bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG bereits mit dem Urteil vom 12. Dezember 2001 konkretisiert. Dieses Urteil wurde bereits am 28. Juni 2002 im BStBl II veröffentlicht und war daher auch durch die Finanzverwaltung anzuwenden. Zum anderen genügte der Kl auch den Anforderungen nach dem genannten Referatsleiter-Beschluss nicht. Dieser verzichtet nur auf eine getrennte Buchung jeder einzelnen Rücklage, fordert aber selbst für Sammelbuchungen eine Aufschlüsselung in einer gesonderten Anlage (Eigenbeleg). Eine solche Aufschlüsselung hat der Kl nicht vorgenommen. 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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