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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 25.10.2006
Aktenzeichen: 10 K 483/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 32 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 32 Abs. 3
EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 63 Abs. 1
EStG § 64 Abs. 1
EStG § 64 Abs. 2
EStG § 64 Abs. 2 S. 2
EStG § 64 Abs. 2 S. 3
EStG § 64 Abs. 2 S. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

10 K 483/05

Kindergeld für ... von September 2001 bis Juni 2003

In der Streitsache

hat der 10. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung ... sowie

der ehrenamtlichen Richter ... und ...

ohne mündliche Verhandlung

am 25. Oktober 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Der Bescheid vom 27. Januar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Dezember 2004 wird insoweit aufgehoben, als darin die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum September 2001 bis Juni 2003 aufgehoben und das ausbezahlte Kindergeld in Höhe von 6.648,40 EUR zurückgefordert wird.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe:

Streitig ist, ob die Kinder des Klägers (Kl) nach Trennung der Ehegatten noch zum Haushalt des Kl gehörten.

I.

Der Kl ist der Vater der am 18. Mai 1988 geborenen N und der am 23. Juni 1991 geborenen A. Die Beigeladene ist die Mutter der beiden Kinder.

Mit Beschluss vom 11. November 2002 wies das Amtsgericht ... den Antrag der Beigeladenen, ihr die bisherige Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen, ab. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass der Kl und die Beigeladene seit August oder September 2001 in dem dem Kl zu Alleineigentum gehörenden geräumigen Einfamilienhaus getrennt lebten. Es sei der Beigeladenen weiterhin zuzumuten, dass sie die ihr vom Kl zur alleinigen Nutzung überlassenen Räume im Untergeschoss des Hauses benutze, während der Kl weiterhin im Obergeschoss wohne, wo sich auch die Kinderzimmer von N und A befänden. Mit Beschluss vom 03. Januar 2003 hat das Amtsgericht ... auch einen Antrag auf Abänderung der Entscheidung vom 11. November 2002 abgelehnt. Insbesondere wurde dem Antrag der Beigeladenen, ihr das Schlafzimmer im Obergeschoss zur Nutzung zuzuweisen, auch unter Berücksichtigung des Wohls der jüngeren Tochter nicht entsprochen. Das Oberlandesgericht ... wies die hiergegen von der Beigeladenen erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 31. März 2003 als unbegründet zurück. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, dass die Beigeladene die Möglichkeit habe, in den ihr zugewiesenen drei Räumen des Souterrains Küche und Bad einbauen zu lassen oder Küche und Bad, was sie auch bisher getan habe, weiter mit dem Kl zu benutzen. Die Ehegatten gingen sich nach eigenem Vortrag und dem der Kinder aus dem Weg. Zudem sei der Kl häufiger auf Geschäftsreise. Weiter wird ausgeführt, die Kinder hätten übereinstimmend geschildert, dass die Eltern schon längere Zeit nicht mehr miteinander redeten, sie sich aber durch die Situation im Haus und das Verhältnis der Eltern nicht beeinträchtigt fühlten.

Im Scheidungsverfahren vor dem Amtsgericht ... erklärte der Kl laut Protokoll über die Sitzung vom 04. August 2004, er halte sich ein- bis zweimal pro Woche mit Übernachtung in der Ehewohnung auf. Weiter erklärte er, dass er nicht in X wohne, sondern nur dort arbeite. Wenn er sich nicht in seinem Haus in R befinde, sei er beruflich auf Reisen oder bei seiner Lebensgefährtin. Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 11. August 2004 wurde die Ehe geschieden und die Ehewohnung dem Kl zur alleinigen Nutzung zugewiesen. Im Tatbestand des Scheidungsurteils ging das Amtsgericht davon aus, dass der Kl und die Beigeladene seit September 2001 innerhalb der Ehewohnung getrennt lebten.

Nach eigenen Angaben zog der Kl am 01. Juli 2003 aus der Ehewohnung aus. Im Schreiben der anwaltlichen Vertreter des Kl vom 08. Juni 2006 wird ausgeführt, dass der Kl schon seit September oder Oktober 2001 Unterhalt für die beiden Töchter zahle und zwar pro Monat 250 EUR für die eine und 248,50 EUR für die andere Tochter. Mit Urkunde vom 21. August 2002 verpflichtete sich der Kl ab 01. August 2002 zur Zahlung von monatlichem Kindesunterhalt in Höhe von 269 EUR bzw. 228 EUR --jeweils ohne Anrechnung eines Kindergeldanteils--.

Mit bei der Beklagten (Familienkasse --FK--) am 11. September 2003 eingegangenem Schreiben beantragte die Beigeladene, ihr das Kindergeld für beide Kinder auszuzahlen.

Mit Bescheid vom 27. Januar 2004 hob die FK die zugunsten des Kl erfolgte Kindergeldfestsetzung für beide Kinder ab September 2001 auf und forderte für den Zeitraum September 2001 bis November 2003 bereits ausgezahltes Kindergeld in Höhe von 8.188,40 EUR vom Kl zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kl seit August 2001 von seiner Frau getrennt lebe und die Kinder seit dieser Zeit im Haushalt der Mutter lebten. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die FK mit Einspruchsentscheidung vom 29. Dezember 2004 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage, die der Kl im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens auf den Zeitraum September 2001 bis Juni 2003 beschränkte. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Der Kl habe innerhalb der Ehewohnung von der Beigeladenen getrennt gelebt und nach wie vor sämtliche Nebenkosten und Reparaturen des in seinem Eigentum stehenden Hauses getragen. Die Kinder seien nicht in den Haushalt der Mutter aufgenommen gewesen, sondern hätten weiterhin mit beiden Elternteilen dort gelebt. Der Kl habe die Kinder zumindest in gleichem Umfang erzogen, wie dies deren Mutter getan habe. Die ursprüngliche Bestimmung des Kl zum Kindergeldberechtigten sei nicht gegenstandslos geworden, da weder die Kinder den Haushalt des Kl auf Dauer verlassen hätten noch sich der Kl seiner Verantwortung gegenüber den Kindern entzogen habe. Vielmehr habe der Kl weiterhin auch alle Fixkosten für die Kinder bezahlt, wie etwa die Krankenversicherung, und habe der Beigeladenen ab September oder Oktober 2001 monatlich 1.000 DM für Zwecke der Versorgung der Kinder gezahlt. Zudem habe er sich unverändert um die Erziehung und Versorgung der Kinder gekümmert, sei mindestens einmal pro Jahr mit ihnen in den Urlaub gefahren, habe sich in seiner Freizeit mit den Kindern beschäftigt und sie an den Arbeitstagen der Mutter (Montag und Mittwoch) verköstigt. Sowohl hinsichtlich Anwesenheitszeiten des Kl als auch hinsichtlich des Umfangs seiner Beteiligung an Betreuung, Erziehung und Ausbildung der Kinder habe es keine Unterschiede zwischen der Zeit vor und nach der Trennung der Ehegatten gegeben.

Der Kl beantragt,

den Bescheid vom 27. Januar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Dezember 2004 insoweit aufzuheben, als darin die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum September 2001 bis Juni 2003 aufgehoben und das ausbezahlte Kindergeld in Höhe von 6.648,40 EUR zurückgefordert wird.

Die FK beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung weist sie darauf hin, dass die Frage, welchem Haushalt die Kinder ab September 2001 angehört hätten, noch nicht aufgeklärt sei. Zu klären sei insbesondere, ob sich bezüglich der Übernahme der Lebenshaltungskosten für die Kinder ab September 2001 Änderungen ergeben hätten, wer die Wohnkosten getragen habe, ob sich Änderungen bei der materiellen und immateriellen Unterhaltsgewährung ergeben hätten, und ob besondere Umstände den Schluss zuließen, dass sich der Kl seiner Verantwortung gegenüber den Kindern entzogen habe. Es falle auf, dass der Kl Unterhalt für die Kinder geleistet habe, was nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht zu einer Haushaltsaufnahme passe.

Mit Beschluss vom 11. Mai 2006 wurde die Mutter der Kinder gemäß § 174 Abs. 5 Abgabenordnung zum Verfahren beigeladen.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladene trägt vor, der Kl habe formal zunächst weiter in der Ehewohnung gelebt, bis er im Juli 2003 zusammen mit seiner Lebensgefährtin und deren Kindern eine eigene Wohnung bezogen habe. Tatsächlich habe sich der Kl aber allenfalls an jedem 2. Tag und davon häufig nur für ein bis zwei Stunden am Nachmittag in der Ehewohnung aufgehalten, insbesondere während der berufsbedingten Abwesenheit der Beigeladenen am Montag und Mittwoch. Der Kl habe den Kindern dann etwas zu Essen mitgebracht. Wenn er anwesend gewesen sei, habe es keine Berührungspunkte gegeben, da die Ehegatten eine völlig getrennte Haushaltsführung gehabt hätten. Betreuung, Erziehung und Ausbildung der Kinder hätten ausschließlich bei der Beigeladenen gelegen. Dass der Kl Zins, Tilgung, Versicherungen, Kabelanschluss, Grundsteuer und Reparaturkosten für das Haus gezahlt habe, sei eine selbstverständliche Folge seiner Alleineigentümerstellung. Seine Zahlungen für Zeitung, Telefon, Strom, Müll, Wasser und Kanal seien ebenso wie der Wohnwert bei der außergerichtlichen Erörterung der Höhe des Ehegattenunterhalts berücksichtigt worden. Einen betragsmäßig festgelegten Ehegattenunterhalt habe der Kl aber nicht gezahlt.

Mit nach § 79b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ergangener Aufklärungsanordnung vom 11. Mai 2006 wurden u.a. weitere Unterlagen und Nachweise über die vom Kl geltend gemachten Unterhaltsleistungen angefordert. Auf die Anordnung, die hierzu erfolgten Darlegungen und die vorgelegten Beweismittel wird Bezug genommen.

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

II.

1.

Die Klage ist begründet.

Der Kl und die Beigeladene sind Berechtigte im Sinne von § 62 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) hinsichtlich des Kindergelds für ihre beiden gemeinsamen Kinder. Denn diese werden bei beiden Elternteilen nach § 63 Abs. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 EStG berücksichtigt.

Gemäß § 64 Abs. 1 EStG wird für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. Nach § 64 Abs. 2 EStG wird bei mehreren Berechtigten Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten. Eine Haushaltsaufnahme im Sinne des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG liegt vor, wenn das Kind in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis aufgenommen worden ist. Neben dem örtlich gebundenen Zusammenleben müssen die Voraussetzungen materieller Art (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und immaterieller Art (Fürsorge, Betreuung) erfüllt sein. Die Betreuung des Kindes im Haushalt eines Berechtigten muss einen zeitlich bedeutsamen Umfang haben und die Aufenthalte des Kindes dürfen nicht nur Besuchs- oder Feriencharakter haben (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. Dezember 2004 VIII R 106/03, BFH/NV 2005, 616). Wie der BFH in dem genannten Beschluss weiter ausgeführt hat, ist bei Aufenthalten eines Kindes sowohl in dem Haushalt des einen wie auch des anderen Berechtigten, da eine Aufteilung des Kindergelds nach § 64 Abs. 1 EStG ausgeschlossen ist, darauf abzustellen, wo sich das Kind überwiegend aufhält und wo es seinen Lebensmittelpunkt hat. Für den Fall der gleichwertigen Aufnahme in mehreren Haushalten ist nach der Rechtsprechung des BFH § 64 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 EStG analog anzuwenden (Urteil vom 23. März 2005 III R 91/03, BFH/NV 2005, 1186). D.h. auch bei gleichwertiger Haushaltsaufnahme bei zwei Berechtigten ist typischerweise --unabhängig davon, ob dies im konkreten Fall tatsächlich so gegeben ist-- davon auszugehen, dass beide Berechtigten in gleicher Höhe mit den Leistungen für das Kind belastet sind. Somit ist es auch gerechtfertigt, beiden Berechtigten die Bestimmung des vorrangig Berechtigten zu überlassen.

Im vorliegenden Fall ist nach den Gesamtumständen des Falles davon auszugehen, dass die Kinder gleichwertig in den Haushalt beider Elternteile aufgenommen waren:

Die Kinder lebten nach den Ausführungen im Beschluss des Amtsgerichts vom 11. November 2002 nach wie vor im Haushalt beider Elternteile. Sie behielten ihre bisherigen Kinderzimmer. Lediglich die Eltern bezogen getrennte Räume im Obergeschoss (Kl) bzw. Untergeschoss (Beigeladene). Nach den auf die Aussagen der Eltern und der Kinder gestützten Ausführungen im Beschluss des OLG ... vom 31. März 2003 zu einem im September 2002 um einen Stuhl ausgetragenen Streit der Eheleute, fanden jedenfalls zum Teil auch gemeinsame Mahlzeiten statt. Ebenso nahmen die Kinder unstreitig Mahlzeiten sowohl allein mit dem Kl (an den 2 Arbeitstagen/Woche der Mutter) als auch mit der Beigeladenen (während der Abwesenheiten des Kl) ein. Nach den Ausführungen im Beschluss des Amtsgerichts vom 03. Januar 2003 fand im Streitzeitraum jedenfalls zum Teil auch eine gemeinsame Benutzung von Bad und Küche durch den Kl und die Beigeladene statt. Somit ist davon auszugehen, dass auch insoweit die Kinder mit beiden Elternteilen zusammenlebten. Auch räumt die Beigeladene ein, dass sich der Kl jedenfalls jeden zweiten Tag in der Ehewohnung aufhielt. Auch wenn dieser Aufenthalt nur einige Stunden gedauert haben sollte und der Kl nicht dauernd in der Ehewohnung übernachtet haben sollte, misst der Senat diesen Aufenthalten zeitlich bedeutsamen Umfang bei, weil sie sowohl von der Häufigkeit als auch vom zeitlichen Umfang über einen Besuchs- oder Feriencharakter hinausgehen. Überdies deuten auch die intensiven Bemühungen, mit denen die Beigeladene versuchte, die gesamte Wohnung allein oder jedenfalls Obergeschossräume zugewiesen zu bekommen, darauf hin, dass der Kl --entgegen der Darlegung der Beigeladenen-- noch in wesentlichem Umfang weiter in der Wohnung anwesend war. Es ist daher von einem örtlich gebundenen Zusammenleben der Kinder sowohl mit dem Kl als auch mit der Beigeladenen auszugehen.

Nach den Gesamtumständen ist der Senat der Überzeugung, dass der Kl und die Beigeladene auch in gleichwertigem Umfang die materiellen und immateriellen Voraussetzungen der beiderseitigen Haushaltsaufnahme geschaffen haben, wobei der Kl in stärkerem Umfang die finanziellen Bedürfnisse abdeckte und die Beigeladene in stärkerem Umfang die persönliche Betreuung und Erziehung leistete. Der Kl hat nach den vorliegenden Unterlagen den weit überwiegenden Teil des materiellen Unterhalts der Kinder bestritten. Er trug nach seinem insoweit unbestrittenen Vortrag und den vorgelegten Belegen sowohl die Aufwendungen für das von den Kindern bewohnte Haus (Zins, Tilgung, Versicherungen, Strom, Heizöl, Müll, Wasser, Kanal, Kabelanschluss, Grundsteuer, Kaminkehrer und Reparaturkosten) als auch weitere Aufwendungen wie Kranken- und Pflegeversicherung der Kinder, Eigenbehalte bei Arztaufwendungen, Zeitungen, Telefon, Rundfunk und gemeinsame Urlaube mit dem Vater. Ferner zahlte der Kl nach den vorgelegten Überweisungsbelegen im Zeitraum September 2001 bis Juni 2003 an die Beigeladene für den Unterhalt der Kinder monatlich ca. 500 EUR. Die Beigeladene deckte dagegen nach eigenem Vortrag mit ihrer zweitägigen Berufstätigkeit in einer Schule im Wesentlichen ihren eigenen Unterhalt ab. Aufgrund der vom Kl nicht bestrittenen häufigeren Abwesenheitszeiten ist davon auszugehen, dass der Großteil der Betreuungs- und Erziehungsleistungen von der Beigeladenen erbracht wurde, wenngleich nach den vorliegenden Unterlagen auch zum Kl diverse Beziehungen bestanden (Kinderzimmer auf einer Etage mit Schlafzimmer des Kl, gemeinsame Mahlzeiten, gemeinsame Benutzung von Küche und Bad, gemeinsame Urlaube). Unter Berücksichtigung dieser Aufgabenteilung steht nach Überzeugung des Senats auch die Zahlung von Barunterhalt der Annahme einer Haushaltsaufnahme der Kinder beim Kl nicht entgegen. Denn da die persönliche Betreuung hauptsächlich von der Mutter geleistet wurde und die Ehegatten getrennte Kassen/Konten führten, konnte der Kl nur durch Zahlung von Barunterhalt die notwendigen Aufwendungen für Essen, Kleidung etc. abdecken. Nach den Gesamtumständen ist der Senat der Überzeugung, dass sich die Haushaltssituation der Kinder insgesamt nicht wesentlich von der während der intakten Ehe unterschied. Lediglich die Eltern hatten getrennte Räume/Etagen im Haus bezogen und die Kommunikation untereinander weitgehend eingestellt. Die Kinder fühlten sich dagegen --wie sich aus den Entscheidungsgründen des OLG ergibt-- weder durch die Situation im Haus noch durch die Tatsache, dass die Eltern nicht mehr miteinander redeten, beeinträchtigt.

Der Senat kann danach auch dahingestellt sein lassen, ob es sich --trotz Trennung der Eheleute im familienrechtlichen Sinne-- steuerrechtlich noch um einen gemeinsamen Haushalt der Eheleute handelte oder ob es sich um zwei getrennte Haushalte in einer gemeinsamen Wohnung handelte. Denn nach den o.g. Grundsätzen ist sowohl bei Aufnahme in den gemeinsamen Haushalt als auch bei gleichwertiger Aufnahme in zwei verschiedene Haushalte primär auf die Berechtigtenbestimmung durch die beiden Berechtigten abzustellen. Insofern haben der Kl und die Beigeladene im Kindergeldantrag vom 18. Dezember 1991 übereinstimmend den Kl zum Kindergeldberechtigten für beide Kinder bestimmt. Diese Bestimmung wurde auch nach Überführung des Kindergeldrechts in das EStG nicht geändert und entsprechend von der FK beachtet. Die Trennung der Eheleute berührt die Wirksamkeit der Bestimmung nicht. Eine Berechtigtenbestimmung im Sinne des § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG bleibt grundsätzlich wirksam, solange sie nicht von einem Berechtigten widerrufen wird (BFH-Beschluss vom 11. Dezember 2001 VI B 214/00, BFH/NV 2002, 484). Ein Widerruf wurde im Streitfall nicht erklärt. Dahingestellt bleiben kann ebenso, ob der Kindergeldantrag der Beigeladenen als Widerruf zu werten ist, da dieser erst am 11. September 2003 einging. Die Berechtigtenbestimmung kann grundsätzlich nicht rückwirkend widerrufen werden, es sei denn, das Kindergeld war für den zurückliegenden Zeitraum an den zuvor Berechtigten noch nicht ausgezahlt worden (vgl. Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 31. März 1999 III 1493/98, EFG 1999, 786 m.w.N.; ebenso Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 25. Aufl. 2006, § 64 Rz. 4). Auch wenn der Kindergeldantrag einen Widerruf der Berechtigtenbestimmung enthalten würde, wäre dieser erst nach Ablauf des hier streitigen Zeitraums zu berücksichtigen, da das Kindergeld für den streitigen Zeitraum an den Kl ausgezahlt worden war. Somit ist der Kl im streitigen Zeitraum aufgrund der trotz Trennung fortwirkenden Berechtigtenbestimmung nach § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG vorrangig berechtigt.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Es war weder geboten, der Beigeladenen Kosten aufzuerlegen (§ 135 Abs. 3 FGO), noch die Erstattung außergerichtlicher Aufwendungen anzuordnen (§ 139 Abs. 4 FGO).

3.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).



Ende der Entscheidung

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