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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 17.10.2008
Aktenzeichen: 11 K 1401/06
Rechtsgebiete: AO, EStG


Vorschriften:

AO § 39 Abs. 2 Nr. 2
EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2
EStG § 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

11 K 1401/06

Einkommensteuer 2001

In der Streitsache

...

hat das Finanzgericht München, 11. Senat,

[...] als Einzelrichter

ohne mündliche Verhandlung

am 17. Oktober 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I. Streitig ist, ob das beklagte Finanzamt (FA) die zivilrechtlich einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) gehörenden Anteile an einer GmbH steuerrechtlich dem an der GbR beteiligten Kläger wie eigene Anteile zurechnen durfte.

Der Kläger schloss sich mit einer GmbH zu einer GbR zusammen. Im Gesellschaftsvertrag ist bestimmt, dass am Gesamthandsvermögen allein der Kläger beteiligt sein soll. Ferner soll die Haftung der GbR für die Gesellschaftsverbindlichkeiten auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt sein. Die GbR soll verpflichtet sein, vor jedem Vertragsabschluss mit dem jeweiligen Vertragspartner eine dahingehende individuelle Abrede zu treffen.

Mit notariellem Vertrag erwarb die GbR vom Kläger dessen Anteile an der A -GmbH . Die Anteile veräußerte die GbR in einem späteren Jahr ( Streitjahr ) an die S-AG.

Bei der steuerlichen Beurteilung des Streitjahres gelangte das FA zu der Auffassung, die Anteile an der A-GmbH seien nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) dem Kläger auch nach dem Erwerb durch die GbR ( weiterhin ) wie eigene Anteile zuzurechnen gewesen. Davon ausgehend sah das FA im Streitjahr den Veräußerungstatbestand des § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Person des Klägers verwirklicht und rechnete ihm den Veräußerungsgewinn unmittelbar zu. Den Erwerb der Anteile an der A-GmbH vom Kläger durch die GbR betrachtete das FA mangels Rechtsträgerwechsels nicht als Anschaffungsvorgang. Dementsprechend berücksichtigte es bei der Bemessung des Veräußerungsgewinns nicht den von der GbR für den Erwerb der Anteile des Klägers gezahlten Kaufpreis zugestimmt hat.

Der Kläger wendet sich gegen die Zurechnung der Anteile der GbR an der A-GmbH . Er ist der Auffassung, den Veräußerungsgewinn habe die GbR erzielt. Über die Höhe sei im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung zu entscheiden. Als Anschaffungskosten für die Bemessung des Veräußerungsgewinns sei dabei auch der von der GbR für den Erwerb der Anteile vom Kläger aufgewendete Kaufpreis zu berücksichtigen.

Aus den Gründen:

Die Klage ist nicht begründet.

1. Das FA ist zutreffend davon ausgegangen, dass die streitigen Einkünfte aus der Veräußerung der GmbH-Anteile gemäß § 17 EStG nicht zu den gemeinschaftlichen Einkünften der GbR gehören, sondern vielmehr unmittelbar vom Kläger erzielt wurden.

Bruchteilsbetrachtung

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Einkünfte gemäß § 17 EStG aus der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen, die sich im Gesamthandsvermögen einer (vermögensverwaltenden) Personengesellschaft befinden, deshalb nicht Gegenstand einer einheitlichen und gesonderten Feststellung, weil sowohl die Veräußerung der zum Gesamthandsvermögen gehörenden Anteile als auch die den Veräußerungsgewinn bestimmenden Umstände (Veräußerungspreis, Anschaffungs- und Veräußerungskosten) den Gesellschaftern nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 so zuzurechnen sind, als ob sie an den (Kapital-) Anteilsrechten zu Bruchteilen berechtigt wären (sogenannte Bruchteilsbetrachtung, BFH-Urteil vom 9. Mai 2000 VIII R 40/99 BFH/NV 2001, 17).

Daran hat sich auch durch die neuere Rechtsprechung des BGH nichts geändert, der zufolge die (Außen-) GbR Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie durch die Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet (grundlegend BGH-Urteil vom 29. Januar 2001 II ZR 331/00 BGHZ 146, 341; DStR 2001, 310). Bei § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 handelt es sich um eine Vorschrift, die sich gezielt vom Zivilrecht löst, indem sie anordnet, dass - sofern steuerlich erforderlich - Gesamthandsvermögen wie Bruchteilseigentum behandelt wird. Wie der BFH ausdrücklich ausgesprochen hat, kann sich die neuere Rechtsprechung des BGH zur Rechtsfähigkeit der GbR auf die Auslegung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 somit nicht auswirken (BFH-Urteil vom 10. November 2005 IV R 29/04 BFHE 211, 305, BStBl II 2006,. 173). Steuerrechtlich wird die Gesamthandsgemeinschaft nach wie vor als Bruchteilsgemeinschaft angesehen.

Einheitsbetrachtung

b) Allerdings gilt dies nicht ausnahmslos. Bei gewerblich tätigen Personengesellschaften hat die Rechtsprechung aus der Einheit der Personengesellschaft abgeleitet, dass § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 durch § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG verdrängt wird (sogenannte Einheitsbetrachtung; ständige Rechtsprechung zuletzt BFH-Urteil vom 2. April 2008 IX R 18/06 BFH/NV 2008, 1235).

Keine gewerbliche Prägung einer GmbH und Co GbR

c) Für den vorliegenden Streitfall bedeutet dies, dass die in Frage stehenden GmbH-Anteile trotz Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR dieser nur dann zugerechnet werden können, wenn sie die Merkmale einer gewerblich geprägten Personengesellschaft erfüllt. Dies ist aber nicht der Fall.

Nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist Voraussetzung einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, dass ausschließlich Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter und zur Geschäftsführung befugt sind. Danach ist § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht erfüllt, wenn (auch) andere Personen als eine Kapitalgesellschaft persönlich haftende Gesellschafter sind. Dies trifft vorliegend auf den Kläger zu.

Nach der neueren Rechtsprechung des BGH - seit der Änderung der Rechtsprechungmit Urteil vom 27. September 1999 II ZR 371/98 (DStR 1999, 1704) - kann die kraft Gesetzes bestehende persönliche Haftung der Gesellschafter einer GbR nicht durch einen Namenszusatz oder einen anderen, den Willen zu einer lediglich beschränkten Haftung verdeutlichenden Hinweis beschränkt werden; möglich ist eine Haftungsbeschränkung nur durch individualvertragliche Vereinbarungen mit den Gesellschaftsgläubigern. Der BFH ist dem bei der steuerrechtlichen Beurteilung der BGB-Außengesellschaften gefolgt (zuletzt BFH-Beschluss vom 13. September 2007 IV B 32/07).

Dazu haben die Kläger im Streitfall vorgetragen, zu den bis zur Veräußerung der GmbHAnteile von der GbR geschlossenen (zwei) Verträgen seien jeweils individuelle Abreden mit den Gläubigern zur Haftungsbeschränkung des Klägers getroffen worden. Dies reicht indes nicht aus, um die gewerbliche Prägung der GbR zu begründen.

Das Tatbestandsmerkmal "persönlich haftender Gesellschafter" knüpft an die gesellschaftsrechtliche Stellung des Gesellschafters an. Bei einer GbR kann die persönliche Haftung der Gesellschafter aber gesellschaftsrechtlich nicht ausgeschlossen werden. Ein Haftungsausschluss kann nur beim einzelnen Vertragsabschluss mit der Zustimmung des jeweiligen Vertragspartners erreicht werden und wirkt allein für den betreffenden Vertragsabschluss. Die Rechtsstellung als persönlich haftender Gesellschafter wird davon nicht berührt. Sie ist gerade der Grund dafür, warum es im Einzelfall der Vereinbarung eines Haftungsausschlusses bedarf.

Danach kann die GmbH und Co GbR keine gewerblich geprägte Personengesellschaft sein. Dabei bleibt es auch, wenn individual- bzw. formularvertraglich (ausnahmslos) Haftungsbeschränkungen vereinbart werden (vgl. Schmidt/Wacker Kommentar zum EStG § 15 Anm. 227).

Anteile waren dem Kläger auch nach dem Erwerb durch die GbR weiterhin zuzurechnen

d) Im Streitfall führt die danach anzuwendende sogenannte Bruchteilsbetrachtung dazu, dass die von der GbR an die S-AG veräußerten Anteile an der GmbH dem Kläger nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 (weiterhin) in vollem Umfang zuzurechnen waren.

Die Vorschrift nennt keinen Maßstab für die Zurechnung. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift bestimmt er sich nach den vermögensmäßigen Beziehungen der Gesellschafter untereinander, wie sie sich aus den gesetzlichen und vertraglichen Regelungen der Gesamthand ergeben. Soll - wie hier - das Vermögen (im Innenverhältnis) einem Gesellschafter allein zustehen, führt dies zur Zurechnung bei diesem in vollem Umfang. Die vorliegend maßgebliche Regelung enthält § 3 des Gesellschaftsvertrags, nach der der Kläger (vermögensmäßig) "allein am Gesamthandsvermögen der Gesellschaft" beteiligt sein soll.

Danach hat der Kläger den Veräußerungstatbestand des § 17 EStG unmittelbar allein verwirklicht.

Erwerb der Anteile durch die GbR war kein Anschaffungsvorgang

2. Den vom Kläger erzielten Veräußerungsgewinn hat das FA auch zutreffend berechnet.

Folge der Bruchteilsbetrachtung ist, dass in steuerlicher Hinsicht ein Rechtsträgerwechsel bezüglich der Anteile an der GmbH vom Kläger auf die GbR nicht stattgefunden und folglich insoweit auch ein Anschaffungsvorgang nicht vorgelegen hat. Daher gehören die Aufwendungen der GbR für den Erwerb der Anteile vom Kläger nicht zu den bei der Bemessung des Veräußerungsgewinns zu berücksichtigenden Anschaffungskosten.

3. Die Zulassung der Revision ergibt sich aus § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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