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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 10.03.2008
Aktenzeichen: 13 K 3694/05
Rechtsgebiete: GewStG, EStG


Vorschriften:

GewStG § 2 Abs. 1 Satz 2
GewStG § 9 Nr. 1 Satz 1
GewStG § 9 Nr. 1 Satz 2
EStG § 15 Abs. 2
EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2
1. Die Kürzung des Gewerbeertrags gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verlangt die Ausschließlichkeit der Grundstücksnutzung und -verwaltung und lässt nur bestimmte und abschließend aufgezählte anderweitige Tätigkeiten zu.

2. Eine Ausnahme besteht für solche Nebentätigkeiten, die der Grundstücksnutzung und -verwaltung im eigenen Sinn dienen und als "zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden" können.

3. Eine gewerbliche Betätigung, die nicht zu den in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten unschädlichen Nebentätigkeiten gehört, schließt grundsätzlich selbst dann die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags aus, wenn sie von untergeordneter Bedeutung ist.

4. Demgemäß sind die Voraussetzungen der erweiterten Kürzungsvorschrift für Grundstücksunternehmen nicht mehr erfüllt, wenn durch den Verkauf von Grundstücken die Grenzen des gewerblichen Grundstückshandels überschritten sind.


Finanzgericht München

13 K 3694/05

Gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2000 und den 31.12.2001

In der Streitsache

...

hat der 13. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

[...]

ohne mündliche Verhandlung

am 10. März 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Streitig ist, ob ein normaler Kürzungsbetrag gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 oder ein erweiterter Kürzungsbetrag gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) zu gewähren ist.

I. Die Klägerin ist seit 31. Dezember 2001 die Gesamtrechtsnachfolgerin der [...] (in der Folge: Q-KG), einer im Jahr 1992 gegründeten gewerblich geprägten Personengesellschaft i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG). Gegenstand der Q-KG war nach dem Gesellschaftsvertrag der Erwerb von unbebauten oder bebauten Grundstücken, die Errichtung, Modernisierung und Instandhaltung von Gebäuden, die Vermietung und Verpachtung von Wohn- und Geschäftsbauten sowie die Verwaltung ihres Immobilienbestandes. Die Tätigkeit der Q-KG war die Verwaltung des bei Gründung der Gesellschaft eingebrachten Grundbesitzes, der sich seit Jahrzehnten im Eigentum der Familie [...] Q befand, und konzentrierte sich auf die Steigerung der Erträge durch Errichtung von Gewerbegebäuden zur Vermietung.

Die Herstellungskosten der von der Q-KG in den Jahren nach ihrer Gründung errichteten und anschließend vermieteten Gebäude waren größtenteils fremdfinanziert worden. Aufgrund der dadurch bedingten Belastungen für Zins und Tilgung ergab sich bei der Q-KG in den folgenden Jahren jeweils eine erhebliche Unterdeckung.

Zum Anlagevermögen der Q-KG gehörte das Grundstück in der Gemarkung [...] M-Dorf, FlNr. [... 9999] mit einer Gesamtfläche von 8.856 qm und einem Buchwert von 301.104 DM. Eine Teilfläche daraus in der Größe von 5.969 qm mit einem Buchwert von 223.839 DM überführte die Q-KG im Jahr 1998 in ihr Umlaufvermögen. Diese Teilfläche war in einem bereits 1965 genehmigten Bebauungsplan der Gemeinde M-Dorf [...] als Bauland ausgewiesen. Die Q-KG versuchte zunächst, die Fläche im Ganzen zu veräußern und beauftragte dazu einen Makler. Der Makler konnte jedoch trotz Inseraten in der überregionalen Tagespresse (Die Welt, Welt am Sonntag, FAZ) keine Kaufinteressenten bei einem Kaufpreis von 1,3 Millionen DM als Verhandlungsbasis gewinnen. Am 2. Oktober 1998 schloss die Q-KG mit der Gemeinde M-Dorf einen Vertrag [...] ab, in dem sich die Q-KG zur Erstellung eines geänderten Bebauungsplans und zur Herstellung von Erschließungsanlagen verpflichtete. Als Umfang der Erschließung war im Vertrag (§ 4) festgelegt: Freilegung der öffentlichen Erschließungsfläche, Herstellung der öffentlichen Abwasseranlagen im Mischsystem einschließlich der Anschlüsse des Kanals an die bereits bestehende Kanalisation, Herstellung der Kanalhausanschlüsse bis zum Revisionsschacht, Herstellung der öffentlichen Wasserversorgung im Baugebiet, die Herstellung der Wasseranschlüsse bis zur Grundstücksgrenze, Herstellung der öffentlichen Straßen und Wege und Plätze einschließlich der Fahrbahnen, Parkflächen, der Geh- und Fußwege, Straßenentwässerung, Straßenbeleuchtung und Straßenbegleitgrün (wegen der weiteren vertraglichen Einzelheiten wird auf die Vertragsurkunde verwiesen). Die Q-KG ließ wie vertraglich vereinbart auf ihre Kosten durch ein Architekturbüro einen geänderten Bebauungsplan entwerfen und die Erschließung durchführen. Die Q-KG verkaufte in der Folge aus dieser ins Umlaufvermögen überführten Fläche mehrere als Bauplätze erschlossene Parzellen. Den Verkaufserlösen, die die Klägerin mit 1.693.530,00 DM beziffert, standen Planungs- und Erschließungskosten der Q-KG in Höhe von 353.522,50 DM gegenüber.

Im Einzelnen handelte es sich um die folgenden Verkäufe:

 Vertrag vomParzelle/ FlNr.Fläche in qmKaufpreis in DM
05.06.19989400150.000
22.10.19987670234.500
23.10.19988590206.500
18.03.19994438159.870
14.10.19999999/6379135.000
29.10.19999999/4417150.000
04.02.20009999/8360129.600
28.02.20009999/8360129.960
02.03.20009999/223585.775
06.03.20009999/228097.225
07.12.20019999/3445142.400
Summen 4.5741.620.830

Außerdem veräußerte die Klägerin als Rechtsnachfolgerin nach der Q-KG im Dezember 2002 eine weitere Teilfläche in der Größe von 432 qm aus dem Grundstück FlNr. 9999 für 69.120 EUR.

In ihren Jahresabschlüssen für die Jahre 1998 bis 2001 erklärte die Q-KG die folgenden Buchgewinne aus dem Abgang von Grundstücken des Umlaufvermögens:

 JahrDM
19980,00
1999590.177,00
2000295.918,53
2001134.170,00
Summe1.020.265,53

In ihren Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 2000 und 2001 machte die Q-KG, ebenso wie in den Vorjahren, die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG für den Gewerbeertrag - aus der Summe ihres Gewinns und der Hinzurechnungen für Dauerschuldzinsen - geltend. Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - folgte den Angaben in der Steuererklärung und setzte den Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 2000 und 2001 jeweils mit 0 DM fest. Bei den gesonderten Feststellungen des vortragsfähigen Gewerbeverlustes berücksichtigte das Finanzamt demgemäß den Verlustabzug in beiden Jahren mit 0 DM und stellte den vortragsfähigen Gewerbeverlust ebenso wie bereits zum 31. Dezember 1999 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung mit Bescheiden vom 20. Juni 2002 zum 31. Dezember 2000 und 31. Dezember 2001 jeweils in Höhe von 851.536 DM fest.

Bei der im Jahr 2003 bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung vertrat der Betriebsprüfer die Auffassung, dass bei der Q-KG in den Streitjahren die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung beim Gewerbeertrag nicht mehr gegeben seien. Die Q-KG habe durch ihre Tätigkeit im Rahmen der Erschließung und des Verkaufs der Bauparzellen aus der FlNr. 9999 den Bereich der privaten Vermögensverwaltung überschritten und könne deshalb die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nicht mehr in Anspruch nehmen.

Das FA schloss sich der Auffassung des Betriebsprüfers an und änderte unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung mit Bescheiden vom 28. Januar 2004 die gesonderten Feststellungen des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2000 und den 31.12.2001 und kürzte den Gewerbeertrag nur mehr um den normalen Kürzungsbetrag gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG. Außerdem hob das FA bei den weiterhin auf 0 DM lautenden Gewerbesteuermessbetragsbescheiden für 2000 und 2001 den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Zusätzlich änderte das FA u.a. die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1999 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) und gewährte für 1999 ebenfalls nur mehr den normalen Kürzungsbetrag. Dadurch dass das FA statt des erweiterten Kürzungsbetrages für Grundstücksunternehmen gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nur mehr den normalen Kürzungsbetrag gewährte, verminderte sich der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31.12.2000 auf 513.800 DM und auf den 31.12.2001 auf 204.000 DM.

Im dagegen von der Klägerin geführten Einspruchsverfahren hat das FA - da es die Auffassung vertrat, dass für die Änderung der gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31.12.1999 keine Korrekturvorschrift anwendbar sei, und deshalb wieder den ursprünglichen Betrag vor der Außenprüfung feststellte - die Bescheide vom 28. Januar 2004 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2000 und den 31.12.2001 geändert. Mit Bescheiden vom 12. April 2005 hat es den vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2000 in Höhe von 698.773 DM und den 31.12.2001 in Höhe von 388.973 DM festgestellt. Mit Einspruchsentscheidung vom 8. September 2005 wurde der Einspruch im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen. Die Q-KG habe durch die Erschließung der Teilfläche aus dem Grundstück FlNr. 9999 und den anschließenden Verkauf der Parzellen den Tatbestand des gewerblichen Grundstückshandels verwirklicht. Die Q-KG habe sich ähnlich wie ein Grundstückshändler oder ein Baulanderschließungsunternehmen verhalten, denn sie habe ihren Grundbesitz nach einem bestimmten Bebauungsplan in einzelne Parzellen aufgeteilt und diese dann an Interessenten veräußert. Die konkreten Anlässe und Beweggründe für diese Veräußerungen (z.B. Finanzierungsschwierigkeiten) seien im Regelfall unerheblich. Die Q-KG habe ein eigenes Interesse an der Aufstellung des Bebauungsplanes gehabt. Aus diesem Grund habe sie sich verpflichtet, den Bebauungsplan auf eigene Kosten durch ein qualifiziertes Planungsbüro erstellen zu lassen. Darüber hinaus habe die Q-KG auch die Herstellung der Erschließungsanlage auf eigene Rechnung übernommen. Innerhalb von nicht einmal vier Jahren habe die KG dann insgesamt elf erschlossene, unbebaute Grundstücke veräußert. Da die Q-KG damit eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt habe, sei dies keine unschädliche Nebentätigkeit mehr i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

Dagegen richtet sich die Klage. Die Klägerin begehrt, dass bei der Ermittlung des Gewerbeertrags ein erweiterter Kürzungsbetrag gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG für 2000 in Höhe von 168.799 DM und für 2001 in Höhe von 322.785 DM berücksichtigt wird und demgemäß der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31.12.2000 und 31.12.2001 jeweils in Höhe von 851.536 DM festgestellt wird.

Die Klägerin begründet ihre Klage im Wesentlichen damit, dass die Q-KG als Grundstücksunternehmen die Voraussetzungen für den erweiterten Kürzungsbetrag gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfülle. Die Q-KG habe in den Streitjahren aus der Vermietung von Gewerbebauten und der Verpachtung von Feldern Einnahmen bezogen; 622.379 DM im Jahr 2000 und 1.012.580 DM im Jahr 2001. Dass sie außerdem aus dem Verkauf von Bauparzellen aus der Teilfläche FlNr. 9999 Erlöse erzielt habe, würde der Gewährung des erweiterten Kürzungsbetrages nicht entgegenstehen. Denn das in dieser Norm enthaltene Gebot der Ausschließlichkeit bezüglich der vermögensverwaltenden Tätigkeit des Unternehmens würde nicht für Nebengeschäfte oder Nebentätigkeiten gelten. Nebengeschäfte seien Geschäfte, die regelmäßig nicht mehr zu den begünstigten Tätigkeiten gehören würden, aber im Einzelfall zwingend notwendiger Teil einer sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung seien. Soweit Verwaltung und Nutzung von Grundbesitz als Haupttätigkeit vorliege, sei deshalb die Veräußerung von Grundbesitz für die erweiterte Kürzung unschädlich, wenn sich die Grundstücksveräußerung wie ein Nebengeschäft lediglich günstig auswirke. Für die Beurteilung, ob es sich im Einzelfall bei einem Grundstücksgeschäft um ein Nebengeschäft in diesem Sinne handele, würde sich ein Rückgriff auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Frage, wann Grundstücksveräußerungen im Rahmen einer Landwirtschaft gewerblicher Natur seien, anbieten. Zwischen Grundstücksverwaltungsunternehmen und Landwirten würde nämlich die Parallele bestehen, dass sich beide betrieblich betätigen und bei der steuerlichen Beurteilung ihrer Grundstücksgeschäfte die Frage eine Rolle spiele, ob und inwieweit es sich hierbei um bloße betriebsbedingte Nebengeschäfte handele.

Die Abgrenzungskriterien würden sich aus der Grundsatzentscheidung des BFH vom 17. Dezember 1970 (IV R 286/66, BStBl II 1971, 456) gewinnen lassen. Die in diesem Fall von der Landwirtin entfalteten Tätigkeiten seien weit über die bloße Parzellierung und Veräußerung von Baugrundstücken hinausgegangen und dennoch habe der BFH aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalles das Vorliegen einer gewerblichen Tätigkeit abgelehnt. Ausschlaggebend seien für den BFH bei seiner Entscheidung folgende Aspekte gewesen: (1.) Ein Verkauf des Grundstücks im Ganzen sei mangels Käuferinteresses nicht möglich gewesen. (2.) Die Veräußerung von Parzellen sei von der Behörde von der Aufstellung eines Bebauungsplans und der Sicherstellung der Wasserversorgung abhängig gemacht worden. (3.) Die Gemeinde sei nicht bereit gewesen, selbst einen Bebauungsplan zu entwickeln und aufzustellen. (4.) Der Steuerpflichtige habe die geforderten Erschließungsmaßnahmen nur auf sich genommen, um überhaupt verkaufen zu können und nicht um höhere Erlöse zu erzielen. (5.) Es sei dem Steuerpflichtigen nicht zuzumuten gewesen, das Grundstück als Ackerland zu verkaufen, da es sich um zur Bebauung geeignetes Land gehandelt habe. (6.) Der Verkaufspreis habe den ursprünglichen Verkehrswert zuzüglich der vom Steuerpflichtigen aufgewendeten Kosten nicht erheblich überstiegen. (7.) Der Steuerpflichtige habe nur verkauft, weil er geradezu diesem Zeitpunkt das Geld für die Änderungen in seinem Betrieb benötigt habe.

Diese Aspekte seien auch im Streitfall erfüllt. Insbesondere habe die Klägerin sich in einer vergleichbaren Notlage befunden. Die Ergebnisse aus ihrer Vermittlungstätigkeit hätten bedingt durch die Annuitätsbelastungen alljährlich eine erhebliche Unterdeckung aufgewiesen, weshalb dringend Liquidität geschaffen werden musste. Nur so sei es möglich gewesen die Fortführung des Unternehmens mittelfristig überhaupt sicherzustellen. Der Saldo aus Mieteinnahmen gegenüber Zinslast und geschuldeter Tilgung sowie sonstigem Aufwand (ohne Zinsen und AfA) habe bei der Q-KG -615.244 DM im Jahr 1997, -695.528 DM im Jahr 1998, -643.357 DM im Jahr 1999, -485.925 DM im Jahr 2000 und immer noch -60.321 DM im Jahr 2001 betragen. Aus diesen Zahlen sei ersichtlich, dass die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens mittelfristig sogar gefährdet gewesen sei. Die Grundstücksverkäufe seien daher im Streitfall noch Bestandteil der eigenen Grundstücksverwaltungstätigkeit. Zwar dürfte ein Neben- oder Hilfsgeschäft für sich gesehen nicht gewerblicher Art sein. Die gewerbliche Tätigkeit sei aber im Streitfall insbesondere wegen der Notlage, in der sich die Q-KG befand, im Hinblick auf die Entscheidung des BFH in BStBl II 1971, 456 bei den Grundstücksverkäufen zu verneinen. Auch hätten die erzielten Verkaufspreise für die Parzellen die Teilwerte des Grundstücks mit 5.969 qm zum 31. Dezember 2000 nebst Erschließungskosten nicht erheblich überschritten. Es habe sich um Bauland ohne Erschließungsgewissheit gehandelt, das mit 60% des Wertes von erschließungsbeitragsfreiem Bauland anzusetzen sei. Einem Teilwert von 1.146.048,00 DM (320 DM/qm * 0,6 * 5.969 qm) und Erschließungskosten von 353.522,50 DM stünden nur Veräußerungserlöse von 1.693.530,00 DM gegenüber. Der Ertrag von 193.959,50 DM betrage deshalb nur 12,93% des Teilwerts nebst Erschließungskosten und sei demgemäß nicht wesentlich. In dem in Bezug genommenem Fall des BFH in BStBl II 1971, 456 habe die Wertsteigerung 11,23% betragen und sei vom BFH als nicht wesentlich betrachtet worden.

Die Klägerin beantragt

die Bescheide vom 28. Januar 2004 in Gestalt der Bescheide vom 12. April 2005 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2000 und den 31.12.2001 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 8. September 2005 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt

die Klageabweisung

und verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend weist das FA daraufhin, dass es sich bei der von der Klägerin zitierten Entscheidung des BFH nicht um eine Grundsatzentscheidung sondern um eine Sonderfallentscheidung handeln würde. Dies sei aus dem BFH-Urteil vom 7. Februar 1973 I R 210/71 in BStBl II 1973, 642 unter Tz. 2 a.E. der Entscheidungsgründe ersichtlich. Im Übrigen habe die Q-KG - anders als im Fall in BStBl II 1971, 456 - die Erlöse aus dem Grundstückshandel nicht für eine bestimmte Investition benötigt, sondern allgemein zur Verbesserung der Liquidität. Auch hätten die Erlöse aus dem Grundstückshandel im Vergleich zu den üblichen Miet- und Pachterlösen der Q-KG ein erhebliches wirtschaftliches Gewicht. Zudem sei die KG anders als der Landwirt auch in Gewinnerzielungsabsicht tätig geworden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze verwiesen.

Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

II. Die Klage ist unbegründet.

1. Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 1999 (in der für die Streitjahre 2000 und 2001 geltenden Fassung) können Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Kaufeigenheime, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen errichten und veräußern, auf Antrag den Gewerbeertrag statt um einen bestimmten Hundertsatz (1,2 v.H. in den Streitjahren) des Einheitswerts des Grundbesitzes um den Teil des Gewerbeertrags kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

Zwischen den Beteiligten steht - zu Recht - außer Streit, dass es sich bei der Klägerin um ein grundstücksverwaltendes Unternehmen handelt, welches diese tatbestandlichen Voraussetzungen insoweit erfüllt, als sie eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt. Die Beteiligten streiten jedoch darüber, ob die daneben ausgeübte Veräußerung von unbebauten Grundstücken als zwar nicht von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 1999 begünstigte, aber dennoch unschädliche Nebentätigkeit anzusehen ist. Die Klägerin bejaht dies.

2. Das FA hat zu Recht in den Jahren 2000 und 2001 nur den normalen Kürzungsbetrag gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG in Höhe von 1,2 v.H. des Einheitswerts gewährt und die Veräußerung der unbebauten Grundstücke als schädliche Nebentätigkeit betrachtet.

Die Rechtsprechung des BFH betrachtet als den Grundgedanken des erweiterten Kürzungsvorschrift gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, dass die Erträge von Grundstücksunternehmen, die kraft ihrer Rechtsform gewerbliche Einkünfte aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes erzielen, von der Gewerbesteuer zum Zwecke der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben, freigestellt werden (vgl. BFH-Urteile vom 31. Juli 1990 I R 13/88, BStBl II 1990, 1075; vom 18. April 2000 VIII R 68/98, BStBl II 2001, 359 m.w.N.). Nach verschiedenen Gesetzesänderungen steht die Kürzungsvorschrift auch gewerblich geprägten Personengesellschaften (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG) - wie im Streitfall - zu (vgl. Roser in Lenski/Steinberg, GewStG-Kommentar, Loseblatt 1957/2007, § 9 Nr. 1 Rz. 100 und 139 m.w.N.).

b) Aus dieser Zwecksetzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ergeben sich nach der Rechtsprechung des BFH verschiedene Folgerungen. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verlangt unzweideutig die Ausschließlichkeit der Grundstücksnutzung und -verwaltung und lässt nur bestimmte und abschließend aufgezählte anderweitige Tätigkeiten zu. Die Rechtsprechung hat von diesem Tätigkeitskatalog Ausnahmen zugelassen, dies aber nur für solche Nebentätigkeiten, die der Grundstücksnutzung und -verwaltung im eigenen Sinn dienen und als "zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden" können (BFH-Urteile vom 27. April 1977 I R 214/75, BStBl II 1977, 776; vom 17. Oktober 2002 I R 24/01, BStBl II 2003, 355 m.w.N.; Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl. 2006, § 9 Nr. 1 Rz. 24). Eine gewerbliche Betätigung, die nicht zu den in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten unschädlichen Nebentätigkeiten gehört, schließt grundsätzlich selbst dann die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags aus, wenn sie von untergeordneter Bedeutung ist (BFH-Urteil in BStBl II 1990, 1075, betrifft die Veräußerung von Eigentumswohnungen und unbebauten Grundstücken). Nichts anderes gilt, wenn die Verwaltung des eigenen Grundbesitzes oder die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Kapitalvermögens die Grenze zur Gewerblichkeit überschreitet (BFH-Urteile vom 3. August 1972 IV R 235/67, BStBl II 1972, 799;vom 22. Juni 1977 I R 50/75, BStBl II 1977, 778;vom 13. August 1997 I R 61/96, BStBl II 1998, 270; vgl. Roser in Lenski/Steinberg, GewStG-Kommentar, Loseblatt 1957/2007, § 9 Nr. 1 Rz. 138 m.w.N.; Blümich/Gosch, GewStG, § 9 GewStG Rz. 47 und 57 f.). Demgemäß sind die Voraussetzungen der erweiterten Kürzungsvorschrift für Grundstücksunternehmen nicht mehr erfüllt, wenn durch den Verkauf von Grundstücken die Grenzen des gewerblichen Grundstückshandels überschritten sind (vgl. Roser in Lenski/Steinberg, GewStG-Kommentar, Loseblatt 1957/2007, § 9 Nr. 1 Rz. 144 m.w.N.; Blümich/Gosch, GewStG, § 9 GewStG Rz. 59 Beispiel letzter Spiegelstrich).

3. Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen folgt daraus für den Streitfall, dass das FA zu Recht den erweiterten Kürzungsbetrag gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht gewährt hat. Denn die Q-KG hat Tätigkeiten ausgeübt, die als solche gewerbesteuerpflichtig sind und damit nicht zu den unschädlichen Nebentätigkeiten gehören.

a) Der Klägerin ist zuzugeben, dass die Frage, ob die Aktivitäten im Zusammenhang mit Grundstücksveräußerungen zu einer gewerblichen Tätigkeit führen, zur Abgrenzung von der privaten Vermögensverwaltung und von den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nach gleichen Grundsätzen entschieden werden muss (BFH-Urteile vom 8. September 2005 IV R 38/03, BStBl II 2006, 166;vom 5. Oktober 1989 IV R 35/88, BFH/NV 1991, 317;vom 28. September 1987 VIII R 306/84, BFH/NV 1988, 301, jeweils m.w.N.). Aber nach der neueren Rechtsprechung des BFH werden die Grundstücksveräußerungen Gegenstand eines selbständigen gewerblichen Grundstückshandels, wenn der Landwirt Aktivitäten entfaltet, die über die Parzellierung und Veräußerung hinausgehen und die darauf gerichtet sind, den Grundbesitz zu einem Objekt anderer Marktgängigkeit zu machen (BFH-Urteile in BStBl II 2006, 166;vom 8. November 2007 IV R 35/06, BFH/NV 2008, 450). Der erkennende Senat ist demgemäß der Auffassung, dass die Klägerin mit ihrer Bezugnahme auf die alte Rechtsprechung des BFH in BStBl II 1971, 456 keinen Erfolg haben kann. Im Übrigen hat der BFH in dieser Entscheidung das Vorliegen einer Notlage nur als ein Beweisanzeichen dafür angesehen, dass die Tätigkeit nicht gewerblicher Natur ist (BStBl II 1971, 456 [459 linke Spalte Ende 2. Absatz]). Anschließend wird vom BFH ausgeführt, dass gegen eine gewerbliche Tätigkeit auch spräche, dass die Steuerpflichtige nur deshalb verkauft habe, weil sie das Geld gerade zu diesem Zeitpunkt für die Änderungen in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb benötigte (BStBl II 1971, 456 [459 rechte Spalte am Ende]). Dadurch unterscheidet sich der vom BFH entschiedene Fall vom Streitfall. Die Klägerin hat die Erlöse im Streitfall nämlich nicht für betriebliche Investitionen benötigt. Im Übrigen spielt nach der neuen Rechtsprechung des BFH das Motiv oder der Beweggrund, der den Veräußerungen zu Grunde liegt, keine Rolle mehr (vgl. in den Entscheidungsgründen unten unter II.4.b.).

b) Der erkennende Senat ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse der Auffassung, dass die Q-KG in den Jahren ab 1998 einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hat. Die Q-KG hat die Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels durch die Erschließung und den anschließenden Verkauf der Parzellen erfüllt. Zwar kommt es für die Frage, ob eine Nebentätigkeit von untergeordneter Bedeutung im Sinne des § 9 Nr.1 Satz 2 GewStG vorliegt, auf den jeweiligen Erhebungszeitraum an (BFH-Urteile vom 13. September 1972 I R 185/70, BStBl II 1972, 887; in BStBl II 1990, 1075). Die Frage dagegen, ob der Sache nach eine gewerbliche Tätigkeit gegeben ist, beurteilt sich nicht nach den Verhältnissen eines einzigen Erhebungszeitraums, sondern nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eines mehrjährigen Zeitraums (BFH-Urteil in BStBl II 1990, 1075).

4. "Gewerblicher Grundstückshandel" ist die schlagwortartige Sammelbezeichnung für Betätigungen im Grundstücksbereich, welche die positiv normierten Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG erfüllen und nicht der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen sind.

a) Nach der Rechtsprechung des BFH - der sich der erkennende Senat anschließt - kommt ein gewerblicher Grundstückshandel u.a. durch händlertypisches Verhalten zustande, wenn der Steuerpflichtige eine Anzahl bestimmter Objekte (insb. Ein- und Zweifamilien-Häuser, Eigentumswohnungen oder unbebaute Grundstücke) kauft oder errichtet und sie in engem zeitlichen Zusammenhang anschließend veräußert (BFH-Urteil vom 5. Mai 2004 XI R 25/03, BFH/NV 2004, 1399 m.w.N.). Gewerblicher Grundstückshandel kann auch vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger den Wert zu veräußernder Grundstücke aktiv steigert, dadurch Objekte anderer Marktgängigkeit schafft und sich damit wie ein Bauträger oder Erschließungsunternehmer verhält. Erschließungsmaßnahmen in diesem Sinne sind der Ankauf oder die Abtretung von Straßenland sowie die Förderung der Bebauungsplanung, wenn diese sich auf eine Bebauung mit typischen Verkaufsobjekten (insb. Reihenhäuser, Eigentumswohnungen) richtet (BFH-Urteile vom 15. April 2004 IV R 54/02, BStBl II 2004, 868; vom 15. März 2005 X R 39/03, BStBl II 2005, 817, unter B.II.1.h).

b) Die bloße Veräußerung von Grundstücken, die durch Erbschaft oder unentgeltlich erworben wurden, bleibt grundsätzlich unberücksichtigt. Denn in dieser Art des Erwerbs ist keine Anschaffung zu sehen, so dass die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels unter dem Aspekt händlertypischen Verhaltens ausscheidet (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2005, 817, unter B.II.2.b). Die Veräußerung ererbter oder geschenkter Grundstücke ist jedoch gewerblich, wenn über die Veräußerung hinaus erhebliche weitere Aktivitäten zur Verbesserung der Verwertungsmöglichkeiten - ähnlich denen eines Bauträgers oder Erschließungsunternehmers - entfaltet wurden, etwa durch umfangreiche Modernisierung bebauten Grundbesitzes oder durch die Erschließung und Baureifmachung unbebauter Grundstücke. Die Veräußerung von mehr als drei vom Steuerpflichtigen erschlossener unbebauter Grundstücke stellt sich nicht mehr als Vermögensverwaltung dar, auch wenn diese ererbt oder geschenkt wurden. Für den zeitlichen Zusammenhang ist dann nicht auf den Zeitraum zwischen dem Eigentumserwerb und Veräußerung abzustellen; vielmehr kommt es darauf an, ob nicht mehr als etwa fünf Jahre zwischen der wertsteigernden Maßnahme und der Verwertung liegen (BFH-Urteil vom 20. April 2006 III R 1/05, BStBl II 2007, 375). Die konkreten Anlässe und Beweggründe für die Veräußerungen (z.B. Finanzierungsschwierigkeiten oder unvorhergesehene Notlagen) sind im Regelfall nicht geeignet, die aufgrund der Zahl der veräußerten Objekte und dem zeitlichen Abstand der maßgebenden Tätigkeiten vermutete gewerbliche Betätigung auszuschließen (BFH-Urteil vom 20. Februar 2003 III R 10/01, BStBl II 2003, 510 m.w.N.; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 26. Aufl. 2007, § 15 Rz. 53 m.w.N.).

5. Nach diesen Grundsätzen hat die Q-KG bereits seit 1998 einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben. Die Q-KG hat fünf Objekte verwertet, bei denen zwischen dem Abschluss des Vertrages mit der Gemeinde, in dem sich die Q-KG zur Erstellung des Bebauungsplanes verpflichtete (2. Oktober 1998), und dem Verkauf nur knapp ein Jahr lag; im Zeitraum von eineinhalb Jahren waren es sogar neun Parzellen. Nach ihrer Teilung sind die aus dem Grundstück FlNr. 9999 gebildeten Parzellen als getrennte Objekte zu behandeln, denn Objekt ist bei unbebauten Grundstücken die jeweilige Parzelle (BFH-Urteile vom 27. September 2006 IV R 39, 40/05, BFH/NV 2007, 221;vom 7. März 1996 IV R 2/92, BStBl II 1996, 369; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 26. Aufl. 2007, § 15 Rz. 55). Die Q-KG hat sich auch nicht auf die bloße - noch der Vermögensverwaltung zuzurechnende (BFH-Urteil vom XI R 47, 48/03, BStBl II 2005, 41 ) - Parzellierung der Teilfläche aus FlNr. 9999 beschränkt, sondern durch die Beauftragung des Planungsbüros und die Herstellung der Erschließungsanlagen aktiv die Aufbereitung der Flächen zu marktgängigem Bauland betrieben. Die Q-KG hat auch nicht eine - als Nebentätigkeit i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG unschädliche (Glanegger/Gürof, GewStG, 6. Aufl. 2006, § 9 Nr. 1 Rz. 24) - Erschließung von Bauland zu Vermietungszwecken betrieben, sondern vielmehr die Erschließungsmaßnahmen mit dem Ziel der späteren Veräußerung der baureifen Parzellen unternommen.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.



Ende der Entscheidung

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