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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 27.05.2008
Aktenzeichen: 13 K 3936/04
Rechtsgebiete: LStR, EStG


Vorschriften:

LStR Abschn. 43 Abs. 5 Ziff. 2a
EStG § 4 Abs. 5
EStG § 9 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 13. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht H

des Richters am Finanzgericht und

der Richterin am Finanzgericht sowie

der ehrenamtlichen Richter

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. Mai 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Gründe:

I. Die ledige Klägerin erzielte im Streitjahr 2001 als betriebswirtschaftliche Beraterin Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. In ihrer Einnahme/Überschussrechnung machte sie Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung nach Abschn. 43 Abs. 5 Nr. 2a und 2b LStR in Höhe von 18.756,07 DM als Betriebsausgaben geltend. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Aufwendungen:

 Miete8.400,00 DM
Provision an Makler1.392,00 DM
Küche 1/5 von 1.406,00 DM281,20 DM
Sonstige Einrichtung GWG6.546,87 DM
Verpflegungsmehraufwendungen2.136,00 DM

Sie begründete das Vorliegen eines doppelten Haushalts damit, dass sich der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen weiterhin im elterlichen Haushalt in G befände. Für die Dauer der befristeten Tätigkeit in der Steuerkanzlei S in M lägen die Voraussetzungen des Abschn. 43 Abs. 5 Ziffer 2a LStR vor.

Im März 2000 habe sie ihr BWL-Studium mit dem Ziel beendet, die Steuerberaterprüfung abzulegen. Im elterlichen Haus habe sie eine abgeschlossene Wohnung mit kleinem Flur, Dusche/WC, Schlafzimmer und Wohnzimmer, das Anschlüsse für eine Küche besessen habe, genutzt. Seit 1. April 2000 sei sie zur Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung freiberuflich in der Steuerkanzlei S tätig, um die Zulassungsvoraussetzung (zwei Jahre praktische Tätigkeit nach dem Studium) zu erfüllen. Die Tätigkeit sei von Anfang an bis zur mündlichen Prüfung (spätestens Ende März 2003) befristet gewesen. Sie habe zum 1. Mai 2001 in M in unmittelbarer Nähe zur Steuerkanzlei eine kleine Wohnung angemietet. Diese Wohnung habe sie komplett möblieren müssen, da ihre Möbel in ihrer Wohnung im Elternhaus verblieben seien. Zum 30. November 2001 sei die doppelte Haushaltsführung aus privaten Gründen beendet worden.

Der Beklagte (das Finanzamt) berücksichtigte lediglich Mietaufwendungen (3.600,00 DM) und Verpflegungsmehraufwendungen (2.136,00 DM) für drei Monate (insgesamt 5.736,00 DM). Auf den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 6. März 2003 wird verwiesen. Dagegen wendet sich die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Begründung des doppelten Haushalts zweifelsfrei aus betrieblichen Gründen erfolgt sei. Nach Abschn. 43 Abs. 5 Nr. 1 LStR gelte bei Arbeitnehmern ohne eigenen Hausstand ein Wohnungswechsel an den Beschäftigungsort, wenn er den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in seiner Wohnung am bisherigen Wohnort beibehalte, für eine Übergangszeit von drei Monaten nach Bezug der Wohnung am neuen Beschäftigungsort als doppelte Haushaltsführung. Dies habe das Finanzamt im Grunde auch so gesehen. Allerdings seien die Aufwendungen für die Vermittlung der Wohnung (1.392,00 DM) und für die Wohnungseinrichtung (6.828,07 DM) zu Unrecht nicht anerkannt worden.

Denn nach Abschn. 43 Abs. 9 LStR seien als notwendige Aufwendungen für die Zweitwohnung deren tatsächliche Kosten anzusetzen. Für die Folgezeit seien gem. Abschn. 43 Abs. 5 Ziff. 2a LStR die Aufwendungen anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige für eine verhältnismäßig kurze Dauer am selben Ort beschäftigt sei. Diese Voraussetzungen lägen vor, da die weitere Zusammenarbeit vom Bestehen der Prüfung abhängig gemacht worden sei.

Deshalb habe das Finanzamt zu Unrecht die Unterkunftskosten für die Zeit vom 1. August bis 30. November 2000 in Höhe von 4.800,00 DM nicht anerkannt.

Im Übrigen lägen die Voraussetzungen auch für eine "echte doppelte Haushaltsführung" vor, denn nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 14. Oktober 2004 VI R 82/02) komme es auf eine Mietzahlung nicht an.

Die Klägerin beantragt,

weitere Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 13.020,07 DM = 6.657,06 EUR als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit zu berücksichtigen und unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids 2001 vom 6. März 2003 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 28. Juli 2004 die Einkommensteuer 2001 entsprechend festzusetzen;

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt

Klageabweisung;

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung vom 28. Juli 2004.

II. Die Klage ist nicht begründet.

Die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für ihre Wohnung in M mindern nicht als Betriebsausgaben die erzielten Einkünfte aus der selbständig ausgeübten Tätigkeit als Betriebswirtin. Die Aufwendungen stellen keine beruflich bedingten Mehraufwendungen für eine echte bzw. unechte doppelte Haushaltsführung dar.

1. echte doppelte Haushaltsführung

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung stellen Aufwendungen anlässlich einer aus betrieblichen Gründen begründeten doppelten Haushaltsführung Betriebsausgaben dar (vgl. auch R 23 Abs. 3 EStR 2001). Hierzu ist erforderlich, dass der Steuerpflichtige am Ort des Lebensmittelpunkts einen eigenen Hausstand unterhält. Der Klägerin ist zwar zuzustimmen, dass es nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 14. Oktober 2004 VI R 82/02, BStBl II 2005, 98) nicht darauf ankommt, ob die dem Steuerpflichtigen zur ausschließlichen Nutzung zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten den bewertungsrechtlichen Anforderungen an eine Wohnung gerecht werden. Erforderlich ist aber gleichwohl, dass die dem Steuerpflichtigen zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten ihm eine eigenständige Haushaltsführung ermöglichen müssen. Dies ist im Streitfall ausgeschlossen, denn der Klägerin standen lediglich Küchenanschlüsse, aber keine eigene Küche zur Verfügung.

2. unechte doppelte Haushaltsführung

Eine sogen. unechte doppelte Haushaltsführung bzw. zeitlich befristete doppelte Haushaltsführung wurde von der Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 10. Oktober 1991 VI R 44/90, BStBl II 1992, 237) und der Verwaltung (vgl. R 43 Abs. 5 LStR 2001 und R 23 Abs. 3 EStR 2001) angenommen, wenn ein lediger Steuerpflichtiger in einem Zimmer bei seinen Eltern noch den Mittelpunkt der Lebensinteressen hatte, ihm aber wegen einer nur kurzfristigen auswärtigen Beschäftigung Aufwendungen für die dort unterhaltene Wohnung entstanden und die Rückkehr in die alte Wohnung nach Aufgabe der Beschäftigung geplant war.

Demgegenüber sieht § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG in der Fassung des StÄndG 2003 (BGBl. I 2003, 2645) eine Berücksichtigung einer doppelten Haushaltsführung nur noch dann vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Damit ist die steuerliche Anerkennung der sogen. unechten doppelten Haushaltsführung für Steuerpflichtige ohne eigenen Hausstand ausgeschlossen und führt nicht mehr zu betrieblich oder beruflich abzugsfähigen Aufwendungen.

Diese neue Gesetzeslage ist nach der Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 12 Satz 4 EStG in allen materiell und formell noch offenen Veranlagungen auch für Veranlagungszeiträume vor 2003 anzuwenden (vgl. auch BFH-Urteil vom 16. Dezember 2004 IV R 8/04, BStBl II 2005, 475). Im Streitfall hat der Senat keine Bedenken, den in § 52 Abs. 12 EStG in Bezug genommenen § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG i.d.F. von Art. 1 Nr. 7 StÄndG 2003 für das Streitjahr 2001 rückwirkend anzuwenden.

Zwar hat der BFH in einer späteren Entscheidung (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 2006 VI R 20/04, BFH/NV 2006, 2068) entschieden, dass, wenn ein lediger Arbeitnehmer die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG nicht erfüllt, gleichwohl die notwendigen Aufwendungen, die durch die Tätigkeit am auswärtigen Beschäftigungsort entstehen, nach den Grundsätzen der sogen. zeitlich beschränkten doppelten Haushaltsführung gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten berücksichtigungsfähig sind. Im Hinblick darauf, dass die Finanzverwaltung die bisherige Rechtsprechung zur zeitlich beschränkten doppelten Haushaltsführung weiterhin anwende (vgl. zuletzt R 43 Abs. 5 LStR 2004) sei im Interesse der Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen die Beachtung der Richtlinienregelung in den Veranlagungszeiträumen bis 2003 geboten. Zu Recht weist in diesem Zusammenhang die Klägerin darauf hin, dass nach R 23 Abs. 3 Satz 3 EStR 2001 R 43 LStR 2001 entsprechend anzuwenden sei.

Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob die Rechtsprechung des BFH zur zeitlich beschränkten doppelten Haushaltsführung differiert (vgl. dazu BFH-Urteil vom 16. Dezember 2004 IV R 8/04 a.a.O. zu Betriebsausgaben und BFH-Urteil vom 20. Juli 2006 VI R 20/04 a.a.O. zu Werbungskosten), denn die Voraussetzungen für die Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen nach den Grundsätzen der sog. zeitlich beschränkten doppelten Haushaltsführung liegen im Streitfall nicht vor.

Bei einem ledigen Arbeitnehmer ohne eigenen Hausstand können notwendige Aufwendungen, die durch die vorübergehende Tätigkeit am auswärtigen Beschäftigungsort entstehen, als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn er einer auswärtigen Beschäftigung von verhältnismäßig kurzer Dauer nachgeht, den Mittelpunkt seiner Lebensführung am bisherigen Wohnort beibehält, dort seine Wohnung aufrechterhält, nach Beendigung der auswärtigen Beschäftigung voraussichtlich wieder an diesen Wohnort zurückkehrt und ihm deshalb die Aufgabe seiner bisherigen Wohnung nicht zumutbar ist.

Im Streitfall liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin beabsichtigte, in die Wohnung ihrer Eltern zurückzukehren. Zu Unrecht beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die Vereinbarung vom 23. März 2000, die sie mit Herrn S, ihrem jetzigen Prozessbevollmächtigten, geschlossen hat. Zwar geht aus dieser Vereinbarung hervor, dass die Zusammenarbeit im Hinblick auf die von der Klägerin zu absolvierende Steuerberaterprüfung im Herbst 2002 befristet war. Gleichwohl wird aber auch deutlich, dass die Vereinbarung nicht nur zum Zwecke der Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung 2002, sondern auch im Hinblick auf die freiberufliche Mitarbeit in der Steuerkanzlei mit der Option auf spätere Übernahme der Kanzlei geschlossen wurde. Nach Angabe der Klägerin erfolgte der Wohnungswechsel nach M, um in einer Steuerkanzlei mitarbeiten und sich so gezielt auf die Steuerberaterprüfung vorbereiten zu können. Wer aber eine eigene Wohnung in M nimmt, um sich auf die Steuerberaterprüfung vorzubereiten, der wird nicht bei Ausübung des Berufs in München in die elterliche Wohnung nach G zurückkehren. Tatsächlich ist die Klägerin auch nicht in die elterliche Wohnung zurückgekehrt.

Der Senat hat erwogen, ob der Klägerin berücksichtigungsfähige Aufwendungen im Zusammenhang mit einem beruflich veranlassten Umzug von G nach M zustehen. Er hat jedoch davon abgesehen, nachdem das Finanzamt der Klägerin ohne Rechtsgrundlagen Verpflegungsmehraufwendungen und Mietaufwendungen für die ersten drei Monate in Höhe von insgesamt 5.736,00 DM zum Betriebsausgabenabzug zugelassen hat. Da nach Auffassung des Senats nur die Maklerprovision in Höhe von 1.392,00 und die Aufwendungen für die Küche in Höhe von 281,00 DM (1/5 von 1.406,00 DM) Umzugskosten darstellen, würde sich der Ansatz dieser Aufwendungen als Betriebsausgaben bei gleichzeitiger Gegenrechnung der Verpflegungsmehraufwendungen und Mietaufwendungen nicht auswirken. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die "sonstige Einrichtung GWG" in Höhe von 6.546,87 DM verweist, ist dem entgegenzuhalten, dass der Kauf dieser Einrichtungsgegenstände nicht beruflich veranlasst war.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO

Ende der Entscheidung

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