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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 17.03.2009
Aktenzeichen: 13 K 4093/06
Rechtsgebiete: AO, EStG


Vorschriften:

AO § 42
EStG § 20 Abs. 1
EStG § 23 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 13. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

[...]

auf Grund mündlicher Verhandlung vom 17. März 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 1990 vom 7. Oktober 1994 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 22. September 2006 wird die Einkommensteuer auf 0 EUR festgesetzt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in der selben Höhe leistet.

4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig zu erklärt.

Gründe:

Streitig ist, ob dem Kläger im Streitjahr 1990 Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzurechnen sind.

I. Der Kläger gründete zusammen mit fünf weiteren Gesellschaftern (seiner Mutter [... MU], den Ehegatten [... ZC und IC] und den Ehegatten [... PQ und KQ) aufgrund notarieller Urkunde vom 1. Dezember 1988 die [...] (ABC-GmbH) mit einem Stammkapital von [... 120.000 DM]. Die ABC-GmbH wurde am 6. Dezember 1988 ins Handelsregister eingetragen. Der Kläger war ebenso wie jeder weitere der fünf Gesellschafter am Stammkapital der ABC-GmbH mit [... 20.000 DM] beteiligt. Gegenstand des Unternehmens ist die Verwaltung und Vermietung von Hallen und Bürogebäuden sowie die Errichtung und der Erwerb solcher Gewerbeobjekte für eigene Nutzung.

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 7. Dezember 1988 erwarb die ABC-GmbH das Grundstück [... Parkstraße] in [...N-Stadt] zu einem Kaufpreis von [... 21,9 Millionen DM]. Dieses Grundstück wurde durch notariell beurkundeten Vertrag vom 16. Februar 1989 für 28 Millionen DM an die [...] (Y-Bank) weiterveräußert. Diese Grundstückstransaktionen war unstreitig die einzige wirtschaftliche Betätigung der ABC-GmbH.

Mit notariellen Vertrag vom [11.] Juli 1989 veräußerten der Kläger und die fünf weiteren Gesellschafter ihre Gesellschaftsanteile zu einem Kaufpreis von insgesamt 4.050.000 DM an die [...] (DEF-GmbH); auf den Kläger entfiel ein Kaufpreisanteil von 675.000 DM. Am Stammkapital der DEF-GmbH von [... 120.000 DM] sind zu je einem Drittel der Vater des Klägers [...] VA, sowie Herr [...] PQ und Herr [...] ZC beteiligt. Die DEF-GmbH finanzierte die Kaufpreiszahlung mithilfe eines von der ABC-GmbH gewährten Darlehens in Höhe von 3.948.000 DM. Das Darlehen sollte in Höhe von 1.895.040 DM durch Verrechnung mit einem Gewinnausschüttungsanspruch der DEF-GmbH gegenüber der ABC-GmbH getilgt werden, sowie in Höhe von 2.052.960 DM durch Abtretung von Steuererstattungsansprüchen. Am [11.] November 1990 wurde die Ausschüttung des gesamten Jahresgewinns der ABC-GmbH an die DEF-GmbH beschlossen. Die ABC-GmbH stellte der DEF-GmbH eine Steuerbescheinigung mit folgendem Inhalt aus:

 DM
Nettodividende1.978.877,81
Anrechenbare Körperschaftsteuer1.484.158,25
Anrechenbare Kapitalertragsteuer659.625,75
Summe4.122.661,81

Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - wich von der am 8. Mai 1992 abgegebenen Einkommensteuererklärung für 1990 des Klägers ab und rechnete dem Kläger Einnahmen in Höhe von 686.836 DM als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu (Einkommensteuerbescheid für 1990 vom [...]). Dies begründete das FA mit einer Gewinnausschüttung für das Jahr 1989 von der ABC-GmbH.

Den dagegen gerichteten Einspruch begründete der Kläger damit, dass ihm aus der Gewinnausschüttung durch die ABC-GmbH keine Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzurechnen seien. Die ABC-GmbH habe aufgrund eines in gesellschaftsrechtlich einwandfreier Weise gefassten Gesellschafterbeschlusses eine Gewinnausschüttung an die DEF-GmbH beschlossen.

Das FA hat wegen nichtstreitiger Punkte die Einkommensteuerfestsetzung von 1990 wiederholt geändert [...].

Mit Einspruchsentscheidung [...] hat das FA den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen und dies damit begründet, dass ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts vorliege. Die von den Beteiligten gewählte Gestaltung sei gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen. Erstrebtes Ziel sei es gewesen, durch den An- und Verkauf eines Grundstücks Gewinn zu erzielen. Im Winter 1988 habe sich den Personen, die hinter der ABC-GmbH und der DEF-GmbH ständen, den Herrn [...] ZC, [...] PQ und dem Vater des Klägers, die Gelegenheit dazu ergeben, das Grundstück in [...] N-Stadt günstig zu erwerben. Der Erwerb sollte nicht der Kapitalanlage dienen, sondern das Grundstück habe alsbald mit Gewinn wieder verkauft werden sollen. Statt den einfachen und geraden Weg zu wählen, das Grundstück gemeinsam als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder über eine bereits bestehende Kapitalgesellschaft, wie etwa die DEF-GmbH, zu erwerben, habe man einen indirekten und gekünstelten Weg gewählt. Man habe die ABC-GmbH mit passenden Beteiligungen unter jeweils 25% gegründet und das Grundstücksgeschäft über diese GmbH abgewickelt. Anstatt den Gewinn aus der ABC-GmbH an die Anteilseigner auszuschütten, habe man die GmbH-Anteile an die bereits bestehende DEF-GmbH veräußert. Da die DEF-GmbH nicht über die erforderlichen Mittel zur Kaufpreisfinanzierung verfügt habe, habe sie bei der ABC-GmbH - also dem Kaufgegenstand - einen Kredit aufgenommen, der durch die Gewinnausschüttung getilgt werden sollte. Durch den Verkauf der Gesellschaftsanteile sei der Gewinn der ABC-GmbH steuerfrei an die früheren Gesellschafter gelangt. Für die DEF-GmbH sei die Ausschüttung durch die ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung gewinnneutral gewesen. Die gewählte Gestaltung habe der Steuerminderung dienen sollen, denn bei einer Abwicklung auf dem geraden Weg im Privatbereich wäre aus dem Grundstückskauf und - verkauf ein Spekulationsgewinn zu versteuern gewesen. Bei einer Abwicklung über eine bereits bestehende GmbH hätte eine Ausschüttung des Gewinns bei den Gesellschaftern zu Einkünften aus Kapitalvermögen geführt.

Dagegen richtet sich die Klage. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten würde nicht vorliegen. In der Einspruchsentscheidung sei nicht ausgeführt, welches Geschäft das angemessene Geschäft sei. Das FA begründe einen Steueranspruch damit, dass der Vater des Klägers und dessen Geschäftspartner diejenigen seien, die das Geschäft angehe. Dem Kläger könne nicht die Bauträgertätigkeit von Dritten, nämlich seinem Vaters und dessen Geschäftspartnern, zugerechnet werden. Der Kläger sei zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs gerade 18 Jahre alt gewesen und könne nicht im Rahmen des § 42 Abgabenordnung (AO) für dieses Geschäft in Anspruch genommen werden. Es sei eine GmbH gegründet worden, um Familienangehörige an diesem langfristigen Objekt zu beteiligen, aber andererseits zu verhindern, dass das Privatvermögen von Ehefrauen und Kindern bei einem Misserfolg des Projekts dem Zugriff der Gläubiger dienen könne. Das Grundstück sei von den Gesellschaftern der ABC-GmbH zur privaten Vermögensverwaltung vorgesehen gewesen. Ein Architekt habe auch drei Bebauungsvorschläge für das Grundstück erstellt. Der Entschluss das Objekt zu erwerben, fiel aufgrund des dritten Bebauungsvorschlages des Architekten vom [11.] November 1988, der bei einer Bebauung des Grundstücks mit ca. 14.000 m² Bürofläche, 3.200 m² Lagerfläche und 250 Tiefgaragenplätzen und einem Investitionsvolumen von ca. 50 Millionen DM eine Rendite von 8,43% pro Jahr habe erwarten lassen. Dass sich in der Folge die Y-Bank ebenfalls für dieses Grundstück interessiert habe und bereit gewesen sei, einen deutlich höheren Kaufpreis zu bezahlen, sei für die Gesellschafter der ABC-GmbH ein glücklicher Umstand gewesen, der beim Grundstückserwerb nicht absehbar gewesen sei. Der Grundstückserwerb sei durch ein Darlehen der [...] (A-Bank) finanziert worden. Wäre bereits zu diesem Zeitpunkt der Verkauf an die Y-Bank im Raum gestanden, wäre diese Finanzierung wirtschaftlich unsinnig gewesen. Das Angebot mit einem derart lukrativen Kaufpreis sei insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Voreigentümer jahrelang versucht habe das Objekt zu veräußern, völlig überraschend gewesen. Das Festhalten an der ursprünglichen Intention, das Gebäude langfristig zu halten, wäre nun wirtschaftlich unsinnig geworden. Für die Vermittlungsleistungen habe Frau [... NN] eine Rechnung vom 22. Februar 1989 über brutto 228.000 DM gestellt. Soweit das FA davon ausgehe, dass das Grundstück von den Beteiligten als natürliche Personen hätte erworben werden müssen und ein Spekulationsgeschäft mit dem Grundstück durch die gewählte Gestaltung hätte umgangen werden sollen, müsste der Gewinn im Jahr 1989 berücksichtigt werden, denn zu diesem Zeitpunkt habe die ABC-GmbH das Grundstück an die Y-Bank verkauft. Soweit das FA davon ausgehe, dass es rechtsmissbräuchlich gewesen sei, die Anteile an der ABC-GmbH verkauft zu haben, bevor eine Gewinnausschüttung bei der ABC-GmbH beschlossen worden sei, greife der Vorwurf einer rechtsmissbräuchlichen Anteilsrotation nicht durch. Der Kläger sei Minderheitsgesellschafter gewesen, weshalb er nicht allein einen Beschluss über eine Gewinnausschüttung hätte fassen können. Der Verkauf von Gesellschaftsanteilen mit thesaurierten Gewinnen sei nicht unüblich; es gebe keine Pflicht, vor dem Verkauf eine Gewinnausschüttung zu beschließen. Die ABC-GmbH habe für die Anteilseigner keinen Sinn mehr gehabt, nachdem das Grundstück verkauft war. Für die Erwerberin war aber eine Vorrats- GmbH sinnvoll. Soweit der Gestaltungsmissbrauch in der Übertragung der Anteile ohne vorherige Gewinnausschüttung zu sehen sei, müssten die sich daraus ergebenden steuerlichen Folgen im Veranlagungszeitraum 1989 und nicht im Streitjahr gezogen werden, denn die Gesellschaftsanteile seien bereits 1989 verkauft worden. Dem Kläger sei im Jahr 1990 nichts zugeflossen. Er habe auch 1990 überhaupt keinen Einfluss auf die Beschlussfassung der neuen Gesellschafterinnen, der DEF-GmbH, gehabt; er war an dieser nicht einmal mittelbar beteiligt. Im Übrigen würde § 20 Abs. 2a Einkommensteuergesetz (EStG) klarstellend zum Ausdruck bringen, dass die steuerliche Zurechnung der Einnahmen an denjenigen erfolgt, der wirtschaftlicher Inhaber im Moment der Vollendung des Einnahmeerzielungstatbestandes sei. Dies sei zum Zeitpunkt des Gewinnausschüttungsbeschlusses aber nicht der Kläger gewesen. Die Veräußerung von nicht wesentlichen Beteiligungen durch den Kläger und seine Mitgesellschafter sei kein Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten, sondern Folge einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, dass die Veräußerung von Beteiligungen mit einem Anteil von weniger als 25% im Streitjahr steuerfrei gewesen sei. Im Übrigen sei bereits die Höhe des zugerechneten Betrages von 686.836,00 DM unklar.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 1990 [...] in Gestalt der Einspruchsentscheidung [...] die Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen um 686.836 DM zu vermindern und die Einkommensteuer entsprechend festzusetzen, hilfsweise die Revisionszulassung und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Das Finanzamt beantragt,

die Klageabweisung.

Das FA verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung. Die angemessene Gestaltung, die gemäß § 42 AO der Besteuerung zugrunde zulegen sei, sei daraus ersichtlich, dass die Einkünfte beim Kläger im Streitjahr 1990 als Einkünfte aus Kapitalvermögen erfasst worden seien. Die am [11.] Dezember 1990 beschlossene Gewinnausschüttung der ABC-GmbH sei in Höhe von einem Sechstel dem Kläger zuzurechnen und bei diesem als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu erfassen. Der Wechsel im Gesellschafterbestand der ABC-GmbH sei steuerlich nicht zu beachten; deshalb sei die Gewinnausschüttung im Jahr 1990 nicht der formalen Anteilseignerin DEF-GmbH, sondern den ehemaligen Gesellschaftern der ABC-GmbH - damit auch dem Kläger - zuzurechnen. Soweit im Einkommensteuerbescheid die Begründung angegeben worden sei, "die Gewinnausschüttung 1989 wurde den Einkünften aus Kapitalvermögen hinzugerechnet", würde sich diese Formulierung darauf beziehen, dass der im Jahr 1990 ausgeschüttete Gewinn aus dem Jahr 1989 stammen würde. Die Anteilsrotation sei missbräuchlich gewesen. Deshalb sei die Ausschüttung der ABC-GmbH als eine Gewinnausschüttung an die früheren Gesellschafter zu behandeln.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift verwiesen.

II. Die Klage ist begründet.

1. Die Einnahmen - sofern bei dem Kläger Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG überhaupt vorliegen - sind dem Kläger jedenfalls nicht im Streitjahr zuzurechnen. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. des § 42 AO im Streitfall vorliegt.

a) Ein Gestaltungsmissbrauch i.S. von § 42 AO ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die - gemessen an dem erstrebten Ziel - unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (BFH-Urteile vom 29. August 2007 IX R 17/07, BFH/NV 2008, 426 , vom 29. Mai 2008 IX R 77/06, BStBl II 2008, 789 m.w.N.; vom 31. Mai 2005 I R 74/04, BStBl II 2006, 118; sowie zur sog. Anteilsrotation - aus Sicht der Gesellschaft - vom 23. Oktober 1996 I R 55/95, BStBl II 1998, 90; vom 18. Juli 2001 I R 48/97, BFH/NV 2001, 1636; und - aus Sicht des Gesellschafters - vom 7. Juli 1998 VIII R 10/96, BStBl II 1999, 729; vom 19. August 2003 VIII R 44/01, BFH/NV 2004, 925; Gosch, Die steuerliche Betriebsprüfung - StBp - 2004, 211). Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Es steht nämlich grundsätzlich jedermann frei, die von ihm beeinflussbaren Sachverhalte so zu gestalten, dass sich keine oder eine möglichst geringe Steuerbelastung ergibt (BFH-Urteil vom 12. September 1995 IX R 54/93, BStBl II 1996, 158). Liegt ein Missbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entstanden wäre (§ 42 Satz 2 AO). Die Rechtsfolge des § 42 Satz 2 AO i.d.F. des Streitjahres kann nur dem gegenüber eintreten, der aus der missbräuchlichen Gestaltung einen Vorteil zieht (BFH-Urteile in BStBl II 1999, 729; vom 19. August 1999 I R 77/96, BStBl II 2001, 43; vom 30. Januar 2002 I R 13/01, BFH/NV 2002, 1172; vom 8. Mai 2003 IV R 54/01, BStBl II 2003, 854; BFH-Beschluss vom 10. August 2004 I B 2/04, BFH/NV 2005, 239).

b) Die Anteilsrotation stellt sich im Streitfall dann als unangemessene rechtliche Gestaltung dar, wenn nicht eine Veräußerung der Anteile, sondern eine Ausschüttung des Gewinns der ABC-GmbH oder eine Verteilung des Liquidationsgewinns aus der ABC-GmbH gewollt war. Die mit der Ausschüttung des Gewinns verbundenen Rechtsfolgen treten dann zunächst bei den veräußernden Gesellschaftern ein.

2. Der erkennende Senat braucht jedoch im Streitfall nicht zu entscheiden, ob die Anteilsrotation rechtsmissbräuchlich war.

a) Liegt ein Missbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entstanden wäre (§ 42 Satz 2 AO). Ist die angemessen Gestaltung, dass der Veräußerer selbst die Gewinnausschüttung beschlossen hätte oder die Liquidation der GmbH durchgeführt hätte, so sind die Einnahmen aus Kapitalvermögen im Zeitpunkt der Veräußerung zu besteuern (BFH-Urteile in BFH/NV 2004, 925 unter II.2.b.aa der Entscheidungsgründe und in BStBl II 1999, 729 unter II.2. der Entscheidungsgründe; ebenso Gosch, StBp 2004, 211, 212 r.Sp.u.). Die Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, die beim Kläger vorliegen würden (ein Gestaltungsmissbrauch unterstellt), sind dann - worauf der Kläger zu Recht hinweist - im Vorjahr zu versteuern, denn der Geschäftsanteil an der ABC-GmbH wurde vom Kläger am [11.] Juli 1989 veräußert. Allein schon aus diesem Grund hat die Klage Erfolg, denn das FA hat die Einnahmen dem Kläger zu Unrecht im Jahr 1990 als dem Jahr der Gewinnausschüttung zugerechnet und verkennt die in § 42 Satz 2 AO angeordnete Rechtsfolge.

b) Die Auffassung des FA, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen im Streitjahr 1990 beim Kläger zu versteuern seien, weil die Gesellschafterstellung der DEF-GmbH als Erwerberin nicht beachtet werden dürfe und deshalb die Zurechnung beim Kläger zum Zeitpunkt des Gewinnausschüttungsbeschlusses zu erfolgen habe, ist unzutreffend. Nach Auffassung des Senats kann nur dann so verfahren werden, als ob der Kläger zum Zeitpunkt der Gewinnausschüttung noch Gesellschafter der ABC-GmbH gewesen ist, wenn eine Nicht- Veräußerung der Geschäftsanteile an der ABC-GmbH im Streitfall das angemessene Geschäft wäre. Dies lässt sich aber - allein schon wegen der Existenz der steuerrechtlichen Normen § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG i.d.F. des Streitjahres und § 17 Abs. 1 EStG - nicht begründen.

c) Die Frage, ob der Erwerb und die Veräußerung des Grundstücks durch die ABC-GmbH und nicht durch den Kläger und die Mitgesellschafter an der ABC-GmbH als natürliche Personen eine unangemessene rechtliche Gestaltung darstellt, um einen Spekulationsgewinn gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG i.d.F. des Streitjahres aus dem Grundstücksgeschäft zu vermeiden, muss im Streitfall ebenfalls nicht entschieden werden. Denn wenn ein Spekulationsgeschäft mit dem Grundstück durch natürliche Personen - verbunden in einer Personengesellschaft - das verdeckte Geschäft wäre, wäre auch dieser Spekulationsgewinn im Jahr 1989 zu erfassen. In diesem Fall hätte die spätere Veräußerung des Anteils an die ABC-GmbH nach Ablauf der Sechs-Monats-Frist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG i.d.F. des Streitjahres zu einer Umgehung der Spekulationsbesteuerung geführt. Im Übrigen stellt es aber grundsätzlich keinen Missbrauch dar, wenn ein Steuerpflichtiger zwischen sich und eine Einkunftsquelle eine inländische Kapitalgesellschaft schaltet und alle sich daraus ergebenden Konsequenzen zieht (Klein/Brockmeyer, AO, 9. Aufl. 2006, § 42 Rz. 45; BFH in BStBl II 1998, 90).

3. Die Einkommensteuer 1990 ist auf 0 EUR festzusetzen. Aufgrund dieses Urteils vermindern sich Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen um 686.836 DM; das zu versteuernde Einkommen im Streitjahr beträgt demgemäß weniger als 0 DM.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 und Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Der Kläger konnte es auf Grund der Schwierigkeit der Streitsache für notwendig halten, schon im Vorverfahren einen fachkundigen Berater mit der Interessenvertretung zu beauftragen (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Ende der Entscheidung

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