Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Gerichtsbescheid verkündet am 05.05.2009
Aktenzeichen: 13 K 986/06
Rechtsgebiete: EigZulG, GenG


Vorschriften:

EigZulG § 11 Abs. 3
EigZulG § 17
EigZulG § 19 Abs. 5
GenG § 27 Abs. 1
GenG § 88
GenG § 89
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 13. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

[ ]

ohne mündliche Verhandlung

am 05. Mai 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Streitig ist, ob die Aufhebung des Bescheides über die Gewährung der Eigenheimzulage (EHZ) zu Recht erfolgte.

I. Der Kläger ist Mitglied der Baugenossenschaft N [...] e.G. i.L. (eG) mit Sitz in A-Stadt [...].

Die mit Satzung vom 23. Juli 1996 gegründete eG wurde am 12. Dezember 1996 in das Genossenschaftsregister des Amtsgerichts A-Stadt unter der Nummer GnR ... eingetragen.

Zweck der eG ist nach § 2 Abs. 1 ihrer Satzung "die Förderung ihrer Mitglieder vorrangig durch eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung". Mit Beschluss der Mitgliederversammlung vom 14. November 1998 wurde § 2 der Satzung um den folgenden Abs. 4 ergänzt: "Die Genossenschaft hat das Ziel Wohnungen für Mitglieder bereitzustellen, die eine Förderung gem. § 17 Eigenheimzulagegesetz (EigZulG) erhalten und denen die Rechte gem. § 13 Abs. 3 zustehen." Nach mehreren Änderungen der ursprünglichen Fassung durch Beschlüsse der Mitgliederversammlung am 28. Februar 1998 und am 14. November 1998 lautet § 13 Abs. 3 Sätze 1 bis 4 der Satzung wie folgt: "Die Mitglieder, die eine Förderung gem. § 17 EigZulG erhalten, haben das unwiderrufliche Recht, die von ihnen genutzte Wohnung zu erwerben. Dieser Anspruch geht auf den Erben über. Die dazu erforderliche Begründung von Wohneigentum und die Veräußerung durch die Genossenschaft erfolgt nach mehrheitlicher, schriftlicher Zustimmung der im Objekt wohnenden Mitglieder. Der Kaufpreis wird durch die Genossenschaft nach dem Verkehrwert festgesetzt." Nach § 43 Abs. 3 der Satzung erhalten die Mitglieder bei der Verteilung des Genossenschaftsvermögens im Rahmen der Abwicklung der eG nach ihrer Auflösung nicht mehr als ihr Geschäftsguthaben.

In der Folgezeit erwarb die eG ein Grundstück in A-Stadt [...], auf dem sie in Arbeitsgemeinschaft mit einer Tochtergesellschaft eine Anfang 2001 fertig gestellte Wohnanlage mit insgesamt 38 Wohnungen errichtete, von denen 37 auf die eG entfielen. Nach Verkäufen in 2000 und 2001 standen zum 31. Dezember 2005 noch 32 dieser Wohnungen im Eigentum der eG.

Im Oktober 2002 erwarb die eG ein weiteres Objekt mit 57 Wohneinheiten in M-Stadt [...].

Nachdem der eG zum 31. Dezember 2004 1.119 Mitglieder mit 3.030 Geschäftsanteilen angehörten, lagen ihr im Juli 2005 Kündigungen von Geschäftsanteilen zum Ende der Jahre 2005 bis 2008 vor, aus denen sich Auszahlungsansprüche gegenüber der eG von ca. 2,1 Mio EUR ergaben. Es war zu erwarten, dass die Erfüllung der nach dem Stand von Juli 2005 im Jahr 2006 anstehenden Auszahlungen i.H.v. ca. 1,5 Mio nach der voraussichtlichen Liquiditätslage der eG zu diesem Zeitpunkt nicht vollständig möglich sein würde. Zur Vermeidung der damit drohenden Insolvenz der eG beschloss die Mitgliederversammlung der eG am 23. Juli 2005 die Auflösung der eG. Der Auflösungsbeschluss wurde am 25. August 2005 in das Genossenschaftsregister eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom 14. Dezember 2005 wurde das Objekt in M-Stadt [...] an die R [...] -Wohnungsbaugenossenschaft verkauft. Der Nutzen- und Lastenübergang erfolgte zum 31. Dezember 2005. Mit notariellem Vertrag vom 31. Juli 2006 wurden die 32 Wohnungen der eG in der Wohnanlage in A-Stadt [ ] mit Nutzen- und Lastenübergang am 17. August 2006 an einen Rundfunksender veräußert. Die Liquidation ist noch nicht beendet.

Der Kläger war der eG durch schriftliche Beitrittserklärung vom 15. November 2002 und Zulassungsbeschluss der eG vom 19. November 2002 mit Wirkung ab diesem Tag unter Übernahme zweier Geschäftsanteile in Höhe von je 2.556,50 EUR beigetreten. Mit Bescheid des Beklagten vom 23. Januar 2003 wurde ihm EHZ in Höhe von 410 EUR jährlich für die Jahre 2002 bis einschließlich 2009 gewährt. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus dem Fördergrundbetrag von 154 EUR und zwei - da der Ehefrau des Klägers ebenfalls EHZ für die Anschaffung von Anteilen an der eG gewährt wurde - hälftigen Kinderzulagen von je 128 EUR. Mit Bescheid vom 6. Februar 2006 wurde der Bescheid vom 23. Januar 2003, gestützt auf § 11 Abs. 3 Satz 1 EigZulG, für die Jahre ab 2006 mit der Begründung aufgehoben, durch die Liquidation der eG habe der Förderzeitraum 2005 geendet.

Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 27. Februar 2006) die Klage, zu deren Begründung der Kläger im Wesentlichen geltend macht, die Genossenschaft bestehe bis zur Beendigung der Liquidation und ihrer Löschung im Genossenschaftsregister als juristische Person fort, so dass auch die Mitgliedschaft des Klägers fortbestehe. Auch sei keine der Wohnungen im Liquidationsverfahren bisher veräußert worden. Außerdem könne die beantragte Liquidation auch zurückgenommen werden, so dass noch kein definitiver Endzustand erreicht sei.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über die Aufhebung der Eigenheimzulage für 2006 bis 2009 vom 6. Februar 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Februar 2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er darauf, dass die unstreitig nach wie vor bestehende eG aufgrund des Liquidationsbeschlusses die Voraussetzungen des § 17 EigZulG nicht mehr erfülle.

Hiernach müsse es sich um eine Wohnungsbaugenossenschaft handeln, deren Zwecke ausschließlich auf die Herstellung und den Erwerb von Wohnungen ausgerichtet sei, die auch überwiegend an Genossenschaftsmitglieder überlassen werden müssen. Durch den Liquidationsbeschluss habe die aktive Tätigkeit der eG geendet mit der Folge, dass eine wohnungswirtschaftliche Betätigung i.S.d. Randziffer 79 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 21. Dezember 2004 (BStBl I 2005, 305) nicht mehr gegeben und die eG somit keine begünstigte Genossenschaft i.S.d. § 17 EigZulG mehr sei.

Mit Beschluss vom 6. April 2009 hat das Gericht einige der beim Finanzamt A-Stadt [...] unter der Steuernummer...geführten Steuerakten der eG i.L. (Bilanzakten 2003 ff., Einheitswertakte, Betriebsprüfungsakte, Rechtsbehelfsakte bezüglich Feststellungsbescheid vom 8. November 2005) beigezogen. Ferner liegen dem Gericht Kopien der beim Registergericht AStadt [...] geführten Akten der eG vor. Aus vom Gericht stichprobenweise angeforderten Grundbuchauszügen ergibt sich, dass die Eigentumsumschreibung für vier (Grundbuchbl. ..., ..., ... und ... des beim AG A-Stadt [...] geführten Grundbuchs für A-Stadt [...]) der 32 mit Vertrag vom 31. Juli 2006 verkauften Wohnungen in A-Stadt [...]am 12. Oktober 2006 stattfand.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten und die ausgetauschten Schriftsätze verwiesen.

II. Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid vom 6. Februar 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte konnte gem. § 17 Satz 8 i.V.m. § 11 Abs. 3 Satz 1 des Eigenheimzulagegesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EigZulG) die zunächst mit Bescheid vom 23. Januar 2003 festgesetzte EHZ für die Jahre ab 2006 aufheben.

1. Aus der in § 17 Satz 8 EigZulG angeordneten entsprechenden Anwendung des § 11 Abs. 3 Satz 1 EigZulG im Fall der Gewährung der EHZ für die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen folgt, dass die Festsetzung der Eigenheimzulage mit Wirkung ab dem folgenden Kalenderjahr aufzuheben ist, wenn die hierfür geltenden materiellen Fördervoraussetzungen während eines Jahres des Förderzeitraumes entfallen und der Anspruchsberechtigte die EHZ deshalb nicht mehr in Anspruch nehmen kann.

Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 EigZulG ist die Festsetzung der EHZ dann, wenn die Voraussetzungen nach den §§ 1, 2, 4 und 6 während eines Jahres des Förderzeitraums entfallen und der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage nicht mehr in Anspruch nehmen kann, mit Wirkung ab dem folgenden Kalenderjahr aufzuheben. Mit den §§ 1, 2, 4 und 6 EigZulG sind dabei die wesentlichen Vorschriften (bis auf § 9 Abs. 2 und 5 EigZulG, wofür die Sondervorschrift des § 11 Abs. 2 EigZulG gilt) in Bezug genommen, die die materiellen Fördervoraussetzungen für den "Normalfall" der Gewährung der EHZ für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung normieren, wobei die §§ 2 und 4 EigZulG auch lediglich für diesen "Normalfall" von Bedeutung sind. Aus der angeordneten entsprechenden Anwendbarkeit des § 11 Abs. 3 Satz 1 EigZulG bei der Förderung des Erwerbs von Genossenschaftsanteilen folgt daher, dass diese Vorschrift insoweit dann eingreift, wenn eine der hierfür geltenden materiellen Fördervoraussetzungen nachträglich entfällt.

2. Letzteres ist im Streitfall gegeben. Dies ergibt sich aus Folgendem:

2.1. Nach § 17 Satz 1 EigZulG kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage einmal für die Anschaffung von Geschäftsanteilen von mindestens 5.113 EUR an einer nach dem 1. Januar 1995 in das Genossenschaftsregister eingetragenen Genossenschaft (Genossenschaftsanteilen) in Anspruch nehmen. Voraussetzung ist gemäß § 17 Satz 2 EigZulG, dass die Satzung der Genossenschaft unwiderruflich den Genossenschaftsmitgliedern, die Förderung erhalten, das vererbliche Recht auf Erwerb des Eigentums an der von ihnen zu Wohnzwecken genutzten Wohnung für den Fall einräumt, dass die Mehrheit der in einem Objekt wohnenden Genossenschaftsmitglieder der Begründung von Wohnungseigentum und Veräußerung der Wohnungen schriftlich zugestimmt hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) muss es sich nach dem Wortlaut dieser Vorschrift und nach dem Zweck des Gesetzes, das "auch im Bereich des genossenschaftlichen Wohnens Anreize für die Bildung und den Erwerb von Wohneigentum" schaffen möchte (so Drucksache des Deutschen Bundestags - BT-Drucks - 13/2784 vom 26. Oktober 1995, S. 40, zu § 9 Abs. 2), um eine Genossenschaft handeln, die von ihr errichtete Wohnungen ihren Mitgliedern unbeschadet eines entsprechenden Gesellschaftszweck tatsächlich zum Wohnen überlässt (BFH-Urteile vom 29. März 2007 IX R 28/06, BFH/NV 2007, 1635; vom 19. August 2008 IX R 3/08, BFH/NV 2009, 251). Nicht vorausgesetzt wird dagegen, dass mehr als 2/3 des Geschäftsguthabens der Genossen und der aufgenommenen Kreditmittel zu wohnungswirtschaftliche Zwecken verwandt werden oder dass neu angeschaffte und errichtete Wohnungen überwiegend an Genossenschaftsmitglieder überlassen werden müssen (BFH in BFH/NV 2009, 251).

Das erst mit Wirkung ab dem Jahr 2004 normierte zusätzliche Erfordernis auf der Ebene des Anspruchsberechtigten, dass dieser spätestens im letzten Jahr des Förderzeitraums mit der Nutzung einer Genossenschaftswohnung zu eigenen Wohnzwecken beginnt (§ 17 Satz 1 Halbsatz 2 EigZulG in der Fassung des Artikels 6 Nr. 8 Haushaltsbegleitgesetz - HBeglG - 2004 vom 29. Dezember 2003, BGBl. I 2003, 3076) gilt gemäß § 19 Abs. 5 Satz 2 EigZulG nur für diejenigen Genossenschaftsmitglieder, die der Genossenschaft nach dem 31. Dezember 2003 beigetreten sind. Da der Kläger der eG bereits am 19. November 2002 beigetreten ist, ist der neu eingefügte Halbsatz für das vorliegende Klageverfahren ohne Bedeutung.

Nach der vorher geltenden Gesetzesfassung war nicht vorausgesetzt, dass der Anspruchsberechtigte irgendwann im Förderzeitraum eine Wohnung der Genossenschaft zu eigenen Wohnzwecken nutzt (BFH-Urteil vom 15. Januar 2002 IX R 55/00, BStBl II 2002, 274).

2.2. Dies zu Grunde gelegt, steht der Weitergewährung der EHZ ab dem Jahr 2006 vorliegend allerdings nicht entgegen, dass Wohnungen der Genossenschaft im Jahr 2005 nicht mehr tatsächlich Genossenschaftsmitgliedern zum Wohnen überlassen waren. Denn mindestens die erst mit notariellem Vertrag vom 31. Juli 2006 veräußerten 32 Wohnungen der eG in der Wohnanlage in A-Stadt [...] standen auch am 31. Dezember 2005 noch im Eigentum der eG. Die weit überwiegende Anzahl dieser Wohnungen war zu diesem Zeitpunkt auch an Genossen zur Nutzung überlassen. Dies ergibt sich aus den dem Senat vorliegenden Mitgliederlisten mit Stand zum 23. Juli 2005 und zum November 2005 (Rechtsbehelfsakte bezüglich Feststellungsbescheid vom 08. November 2005). Dass sich der hieraus ablesbare Umfang der Überlassung an Genossen bis zum 31. Dezember 2005 derart geändert haben könnte, dass keine Überlassung an Genossen mehr vorläge, erscheint ausgeschlossen.

2.3. Jedoch stand den Genossenschaftsmitgliedern nach Auffassung des Senats ab dem Beginn der Liquidation der eG im Jahr 2005 aufgrund des Liquidationsbeschlusses vom 23. Juli 2005 nicht mehr das unwiderrufliche Eigentumserwerbsrecht i.S.v. § 17 Satz 1 EigZulG zu.

2.3.1. Zwar enthielt die Satzung der eG zu diesem Zeitpunkt mit ihrem § 13 Abs. 3 in seit 1998 unveränderter Form ein seinem Wortlaut nach den Anforderungen des § 17 Satz 1 EigZulG entsprechendes unwiderrufliches und vererbliches Eigentumserwerbsrecht der Genossen, die Förderung nach dem EigZulG erhalten.

2.3.2. § 87 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsgesetz - GenG) bestimmt jedoch, dass die §§ 17 bis 51 GenG bis zur Beendigung der Liquidation ungeachtet der Auflösung der Genossenschaft in Bezug auf die Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder nur dann weiter anzuwenden sind, soweit sich aus dem Gesetz oder aus dem "Wesen der Liquidation" nichts anderes ergibt.

Nach § 18 Satz 1 GenG richtet sich das Rechtsverhältnis der Genossenschaft und der Genossen in erster Linie nach der Satzung. Aus dem Zusammenspiel dieser Vorschriften folgt nach Auffassung des Senats, dass die Regelungen der Satzung das Rechtsverhältnis der Genossenschaft und ihrer Mitglieder betreffend bis zur Beendigung der Liquidation nur dann weiter anzuwenden sind, wenn sich aus dem "Wesen der Liquidation" nichts anderes ergibt. Letzteres ist hier aber der Fall.

2.3.3. Nach § 88 Satz 1, 1. Halbsatz GenG haben die Liquidatoren die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Verpflichtungen der aufgelösten Genossenschaft zu erfüllen, die Forderungen derselben einzuziehen und das Vermögen der Genossenschaft in Geld umzusetzen.

§ 88 GenG legt damit (neben § 89 GenG) nicht nur die Aufgaben der Liquidatoren fest, sondern bestimmt auf diese Weise vor allem den Zweck der Liquidation. Statt ihres bisher zentralen, werbenden Zwecks, ihre Mitglieder zu fördern, verfolgt die aufgelöste Genossenschaft nunmehr den Zweck, abgewickelt zu werden (Beuthien, Genossenschaftsgesetz, 14. Aufl. 2004, § 88, Rz. 1). Dies bedeutet zwar nicht, dass die Genossenschaft im Abwicklungsstadium auf die Förderung ihrer Mitglieder überhaupt keine Rücksicht mehr zu nehmen bräuchte; vielmehr bleibt die Förderung der Genossen als genossenschaftsimmanentes Prinzip weiterhin in Geltung. Der Förderzweck tritt jedoch hinter den Abwicklungszweck zurück. Die aufgelöste Genossenschaft ist daher nur insoweit verpflichtet, die Genossen im Rahmen der statutarischen Zielsetzung noch in der Liquidation fördern, soweit dies möglich ist, ohne die Abwicklung zu stören (Beuthien, a.a.O. § 87, Rz. 1; Müller, Kom. zum Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, 2000, § 87, Rz. 1).

Zum Zweck der Liquidation haben nach § 88 Satz 1, 1. Halbsatz GenG die Liquidatoren grundsätzlich das Vermögen der Genossenschaft in Geld umzusetzen. Diese sog. Versilberung des Genossenschaftsvermögens kann nur unterbleiben, wenn die Satzung nach Maßgabe des § 91 GenG eine Bestimmung über das Reinvermögen trifft, die seine Versilberung nicht erforderlich macht, oder wenn die Generalversammlung eine anderweitige, die Versilberung des Vermögens ausschließende Bestimmung über das Reinvermögen trifft (Beuthien, a.a.O., § 88, Rz. 4; Müller, a.a.O. § 88, Rz. 4). Dies ist hier nicht der Fall; vielmehr geht die Satzung der eG in § 43 Abs. 3 von der Verteilung des Vermögens aus und setzt damit seine Versilberung voraus. Die Versilberung hat dabei grundsätzlich so zu erfolgen, dass ein optimaler Erlös erzielt wird (Beuthien, a.a.O., § 88, Rz. 4; Müller, a.a.O., § 88, Rz. 4a; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, 3. Aufl. 2007, § 88, Rz.5).

Mit diesem Zweck der Liquidation ist ein Anspruch der Genossenschaftsmitglieder auf Eigentumserwerb an der von ihnen genutzten Wohnung nicht vereinbar. Zwar kann die Versilberung eines Vermögensgegenstandes auch in der Weise erfolgen, dass einem Genossen der Gegenstand unter Verrechnung mit seinem Anteil am Liquidationserlös überlassen wird (Müller, a.a.O., § 88, Rz. 4), wenn dies der optimalen Verwertung dienlich ist. Eine über dieses Recht der Liquidatoren hinausgehende, aus dem Eigentumserwerbsanspruch der eine Wohnung nutzenden Genossenschaftsmitglieder erwachsende Verpflichtung der Liquidatoren zur Veräußerung gem. § 13 Abs. 3 der Satzung der eG bestünde jedoch unabhängig davon, ob durch diese Veräußerung ein bestmöglicher Erlös erzielt werden kann. Dass bei einem Verkauf auf der Grundlage des Eigentumserwerbsanspruchs eines Genossenschaftsmitgliedes gem. § 13 Abs. 3 Satz 4 der Satzung der Kaufpreis nach dem (zum Zeitpunkt des Verkaufs aktuellen) Verkehrswert festzusetzen ist, reicht dabei nicht aus, um die Erzielung eines optimalen Erlöses sicherzustellen. Denn bei Annahme einer entsprechenden Verpflichtung könnten die Liquidatoren nicht mehr frei über den bestmöglichen Zeitpunkt der Veräußerung der betreffenden Wohnung bestimmen. Eine zeitliche Verschiebung der Verwertung kann aber durchaus geboten sein, wenn dadurch eine wesentliche Optimierung des Verwertungsergebnisses erreicht werden kann (Müller, a.a.O., § 88, Rz. 4a). Denkbar ist auch, dass der Verkauf der übrigen zu einer Wohnanlage gehörenden Wohnungen an einen Investor, der am Kauf von Wohnungen "im Paket" interessiert ist, erschwert wird, wenn ein nicht unwesentlicher Teil der Wohnungen nicht mehr im Eigentum der Genossenschaft steht. Bei der Beurteilung des höchstmöglichen Ertrages ist aber nicht nur auf den einzelnen Vermögensgegenstand, sondern auch auf das Gesamtvermögen zu sehen (Beuthien, a.a.O.; § 88, Rz. 4).

2.3.4. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus § 89 Satz 1 i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 2 GenG, wonach die Liquidatoren die Beschränkungen zu beachten haben, die durch die Satzung festgesetzt sind. Bei der Bestimmung des § 13 Abs. 3 der Satzung der eG handelt es sich nach Auffassung des Senats nicht um eine Satzungsbestimmung, die eine Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis der Liquidatoren im Sinn des § 27 Abs. 1 Satz 2 GenG zum Gegenstand hat. Denn § 13 Abs. 3 der Satzung bezweckt nicht, den Liquidatoren Vorschriften über die Art und Weise der Vermögensverwertung zu machen, sondern betrifft die Einräumung eines den Genossenschaftsmitgliedern gegenüber der Genossenschaft zustehenden Rechts. Abgesehen davon sind "Beschränkungen" bereits ihrem Wortlaut nach stets negativer Natur; die Satzung kann dem Vorstand bzw. den Liquidatoren daher keine Verhaltensweisen positiv vorschreiben (Schaffland in Lang/Wiedmüller, Genossenschaftsgesetz, 36. Aufl. 2008, § 27, Rz. 12; Bauer, Genossenschafts-Handbuch, Kennzahl 3010, § 27, Rz. 22). Dies wäre aber die unmittelbare Konsequenz des den Genossenschaftsmitgliedern eingeräumten Rechts, da hieraus die Verpflichtung des Vorstandes/der Liquidatoren folgt, bei Einigung über den Verkehrswert der Wohnung mit dem jeweiligen Genossenschaftsmitglied einen Kaufvertrag im Namen der Genossenschaft abzuschließen. Das in § 13 Abs. 3 der Satzung der eG in Übereinstimmung mit § 17 EigZulG unzweifelhaft wirksam niedergelegte Eigentumserwerbsrecht kann daher nicht als "Beschränkung" im Sinn von § 27 Abs. 1 Satz 2 GenG angesehen werden.

2.3.5. Das Argument des Klägers, es könne trotz der Auflösung der eG durch den Liquidationsbeschluss jederzeit die Fortsetzung der Genossenschaft beschlossen werden (vgl. dazu § 79 a GenG), ist unbeachtlich. § 11 Abs. 3 S. 1 EigZulG setzt nicht voraus, dass eine oder mehrere materielle Fördervoraussetzungen endgültig entfallen sind. Dies folgt aus § 11 Abs. 3 Satz 2 EigZulG, wonach die EigZulG wieder festzusetzen ist, wenn die Voraussetzungen für ihre Inanspruchnahme nach zwischenzeitlichem Entfallen erneut vorliegen. Ob die Voraussetzungen für einen Fortsetzungsbeschluss nach § 79 a GenG tatsächlich noch vorliegen, kann daher offenbleiben.

3. Da das Finanzamt somit zur Aufhebung der Festsetzung der EHZ aufgrund des im Jahr 2005 gefassten Liquidationsbeschlusses bereits ab dem Jahr 2006 berechtigt war, braucht nicht entschieden zu werden, ob die Aufhebung mindestens für die Jahre ab 2007 ff. aus anderen Gründen rechtmäßig war. Es kann daher auch offenbleiben, ob bei der Beurteilung dieser Frage der erst nach Ergehen der Einspruchsentscheidung erfolgte Verkauf des gesamten Wohnungsbestandes der eG und dessen Vollziehung berücksichtigt werden kann.

4. Die Revision war zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Zwar kommt einer Rechtsache im Regelfall keine grundsätzliche Bedeutung zu, wenn die zu klärende Rechtsfrage ausgelaufenes oder auslaufendes Recht - wie bei § 17 EigZulG (§ 19 Abs. 9 des EigZulG i.d.F. des Gesetzes zur Abschaffung der Eigenheimzulage vom 22. Dezember 2005, BGBl. I 2005, 3680) - betrifft (st. Rspr. des BFH, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 31. Januar 2005 III B 87/04, BFH/NV 2005, 906; vom 29. Januar 2009 IX B 191/08, n.v. [...]). Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Rechtsfrage noch für eine Vielzahl anhängiger Fälle entscheidungserheblich ist (so BFH-Beschluss vom 18. September 2002 IV B 110/00, BFH/NV 2003, 186 m.w.N.; Ruban in: Gräber, FGO, 6. Aufl. 2006, § 115, Rz. 35; Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 115 FGO, Rz. 55) oder wenn die aufgeworfenen Rechtsfragen sich noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft weiterhin stellen könnten (so BFH-Beschluss IX B 191/08 m.w.N.). Dies ist hier der Fall, da nach Kenntnis des Senats bereits eine erhebliche Anzahl von dieselbe Rechtsfrage betreffenden Einspruchsverfahren bei Finanzämtern anhängig sind, und auch nicht ausgeschlossen ist, dass es auch in Zukunft zur Liquidation von Genossenschaften kommt während des Förderzeitraums für Mitglieder, die nach dem EigZulG noch EHZ erhalten.

5. Es erscheint sachgerecht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90 a Abs. 1 FGO).

Die Entscheidung durch Gerichtsbescheid liegt im Interesse der Beteiligten, da sie in Verbindung mit der Revisionszulassung zu einer Verfahrensbeschleunigung führen kann.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

Zurück