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Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 17.07.2008
Aktenzeichen: 13 V 1130/08
Rechtsgebiete: AO, FGO, EStG, HGB


Vorschriften:

AO § 162
AO § 90 Abs. 2
AO § 158
AO § 162
FGO § 96 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz
EStG § 4 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 10
EStG § 5 Abs. 1
HGB § 247
HGB § 252 Abs. 1 Nr. 4
HGB § 266 Abs. 3 B Nr. 2
HGB § 266 Abs. 3 C Nr. 8
1. Werden Einlagen bzw. ihre Herkunft geprüft, ist der Steuerpflichtige wegen der von ihm selbst hergestellten Verbindung zwischen Privat- und Betriebsvermögen verstärkt zur Mitwirkung verpflichtet.

2. Bei Verletzung dieser Pflicht kann ein Sachverhalt dahin gewürdigt werden, dass unaufgeklärte Kapitalzuführungen auf nicht versteuerten Einnahmen beruhen.

3. Rückstellungen für betriebliche Mehrsteuern auf Grund einer Steuerfahndungsprüfung sind erst dann zu bilden, wenn der Steuerpflichtige mit seiner Inanspruchnahme aus den Mehrsteuern zu rechnen hatte. Dies ist der Fall mit dem Beginn der sog. aufdeckungsorientierten Maßnahmen der Steuerfahndung.


Finanzgericht München

13 V 1130/08

Aussetzung der Vollziehung in Sachen Einkommensteuer 1996, 1997, 1998, 1999, 2000, 2001, 2002, 2003, 2004, 2005 und 2006 nebst Solidaritätszuschlägen

Gewerbesteuermessbetrag 1996, 1997, 1998, 1999, 2000, 2001, 2002 und 2003

In der Streitsache

...

hat der 13. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

[...]

ohne mündliche Verhandlung

am 17. Juli 2008

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I.

Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob der Antragsgegner - das Finanzamt (FA) - zu Recht die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus Kapitalvermögen nach einer Steuerfahndungsprüfung erhöht hat.

Der Antragsteller (ASt) ist als freier Handelsvertreter [...] tätig und ermittelt seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den strafrechtlichen und steuerrechtlichen Ermittlungsbericht (Steufa-Bericht) vom 5. Dezember 2007 [...], die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Antragsteller beantragt,

die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide vom 11. Februar 2008 für 1996 [...], für 1997 [...], für 1998 [...], für 1999 [...], für 2000 [...], für 2001 [...], für 2002 [...], für 2003 in Höhe von [... xxx EUR] und der Einkommensteuerbescheide vom 19. Februar 2008 für 2004 [...], für 2005 [...], für 2006 in Höhe von [... xxx EUR],

die Vollziehung der Steuerbescheide über den Solidaritätszuschlag vom 11. Februar 2008 für 1996 [...], für 1997 [...], für 1998 [...], für 1999 [...], für 2000 [...], für 2001 [...], für 2002 [...], für 2003 in Höhe von [... xxx EUR] und der Steuerbescheide vom 19. Februar 2008 für 2004 [...], für 2005 [...], für 2006 in Höhe von [... xxx EUR] und

die Vollziehung der Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag vom 11. Februar 2008 für 1996 [...], für 1997 [...], für 1998 [...], für 1999 [...], für 2000 [...], für 2001 [...], für 2002 [...], für 2003 in Höhe von [... xxx EUR]

wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit für die Dauer des Einspruchsverfahrens auszusetzen.

Der Antragsgegner (Finanzamt) beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Mit Beschluss vom 17. Juli 2008 hat der Senat das Verfahren wegen der Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Umsatzsteuer für 1996 bis 2003 abgetrennt und an den zuständigen 14. Senat abgegeben.

II.

Der Antrag ist unbegründet.

An der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte bestehen keine ernstliche Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. mit Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei überschlägiger Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Der Antrag auf AdV ist bereits dann begründet, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf Erfolg haben wird (Bundesfinanzhof -BFH- Urteil vom 7. Juni 1994 IX R 141/89, BStBl II 1994, 756; BFH-Beschlüsse vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994; vom 25. August 1998 II B 25/98, BStBl II1998, 674).

2. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Der beschließende Senat hat keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1996 bis 2006.

a) Soweit sich der ASt gegen die Zurechnung der Bareinzahlungen auf die Konten bei der [...] (X-Bank) als Betriebseinnahmen in den Jahren 1996 bis 2003 wendet, ist der beschließende Senat nach summarischer Prüfung der Auffassung, dass die Schätzung des FA zutreffend ist.

Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung (AO) ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Erklärung zu geben vermag oder wenn ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt. Gleiches gilt, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnung der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden kann (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO). Buchführung und Aufzeichnungen eines Steuerpflichtigen sind der Besteuerung nur zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden (§ 158 AO). Diese Schätzungsbefugnis steht nicht nur dem FA zu, sondern auch dem Finanzgericht (FG) (§ 96 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz FGO i.V.m. § 162 AO).

Werden Einlagen bzw. ihre Herkunft geprüft, ist der Steuerpflichtige wegen der von ihm selbst hergestellten Verbindung zwischen Privat- und Betriebsvermögen verstärkt zur Mitwirkung verpflichtet. Bei Verletzung dieser Pflicht kann ein Sachverhalt dahin gewürdigt werden, dass unaufgeklärte Kapitalzuführungen auf nicht versteuerten Einnahmen beruhen. Folge ist die sachliche Unrichtigkeit der Buchführung (BFH-Beschlüsse vom 7. Mai 2004 IV B 221/02, BFH/NV 2004, 1367;vom 30. Juli 2002 X B 40/02, BFH/NV 2003, 56vom 4. Dezember 2001 III B 76/01, BFH/NV 2002, 467 sowie BFH-Urteil vom 15. Februar 1989 X R 16/96, BStBl II 1989, 462). Nach den Regeln der objektiven Beweislast (Feststellungslast) - die auch im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz gelten - geht die Unerweislichkeit entscheidungserheblicher steuerbegründender Tatsachen zu Lasten des Finanzbehörde, diejenige steuerbefreiender oder steuermindernder Tatsachen zu Lasten des Steuerpflichtigen (vgl. BFH-Urteile vom 5. November 1970 V R 71/67, BStBl II 1971, 220;vom 15. Februar 1989, X R 16/86, BStBl II 1989, 462).

Im Streitfall ist der beschließende Senat nach summarischer Prüfung der Auffassung, dass die in Rede stehenden Einlagen vom ASt nicht ausreichend aufgeklärt sind.

Die Voraussetzungen für eine Schätzung gem. § 162 AO liegen im Streitfall vor. Der ASt hat zur Begründung seines Einspruchs mit Schreiben vom 11. März 2008 selbst vortragen lassen, dass er Gelder von der Firma [...] (C-AG) aus [... Südeuropa] erhalten hat und dass es sich bei diesen Geldern um Vermittlungsprovisionen gehandelt hat. Der Zusammenhang, dass es sich um betriebliche Gelder handelt, die der ASt auf seine Konten bei der X-Bank einbezahlt hat, ist nach Auffassung des beschließenden Senats auch aus den Anlagen zum AdV-Antrag (Schreiben vom 25. März 2008), der Bestätigung vom 17. September 2007 des Unternehmensvorstands [...] (C) (Anlage A 4) und der Bestätigung vom 3. März 2008 des [...] (R) (Anlage A 5) ersichtlich. Insbesondere erklärt R, dass in den Jahren 1995 bis 1997 Beträge von 1.100.000 bis 1.200.000 DM an den ASt bezahlt wurden und dass davon ein Betrag von 900.000 bis 1.000.000 DM nicht für den ASt bestimmt gewesen ist. Die Buchführung des ASt ist in den Streitjahren auch sachlich unrichtig, denn diese Betriebseinnahmen werden nicht in der Buchführung ausgewiesen.

Aufgrund der Angabe des R ist der beschließende Senat nach summarischer Prüfung auch der Auffassung, dass die vom FA durchgeführte Schätzung in sich schlüssig und wirtschaftlich vernünftig ist. Es ist wahrscheinlich, dass der ASt zusätzliche Betriebseinnahmen aus Gewerbebetrieb in der hinzugeschätzten Höhe in den Streitjahren bezogen hat. Die Zuschätzungen des FA betragen im Jahr 1996 [... 450.000] DM und im Jahr 1997 [... 400.000] DM (Tz. 6.1.1 und Anlage 1/1 des Steufa-Berichts) und liegen damit niedriger, als die von R genannten Zahlungen an den ASt. Außerdem ist der beschließende Senat der Auffassung, dass auch die Zuschätzung der Bareinzahlungen auf die Konten bei der X-Bank in den Folgejahren vom FA zu Recht als Betriebseinnahmen behandelt wurden, denn der ASt hat die Kapitalzuführung auf diesen Konten auch nicht weiter aufgeklärt.

Die Erklärung des ASt, dass die Einzahlungen in den Jahren 2000 bis 2003 auf das Konto bei der X-Bank nur dazu gedient hätten, die Kreditkartenumsätze des ASt auszugleichen bzw. zu ermöglichen, hält der beschließende Senat nicht für ausreichend. Wieso diese Einzahlungen [...] - einmal jährlich - bar erfolgen müssen und nicht von einem betrieblichen Kontokorrentkonto in Deutschland aus getätigt werden können, ist dem Senat nach dieser Erklärung des ASt nicht ersichtlich.

b) Nach summarischer Prüfung ist der beschließende Senat auch der Auffassung, dass das FA zu Recht keine weiteren Betriebsausgaben in Form von Zahlungen an Dritte in [... Osteuropa] bei den Gewinnen des ASt berücksichtigt hat. Der ASt hat die Höhe der weiteren Betriebsausgaben in den einzelnen Streitjahren nicht beziffert und auch die Zahlungsempfänger nicht benannt. Hierzu hat er nur ausgeführt, dass er die Geldbeträge, die er von der C-AG erhalten hat, an dritte Parteien weitergegeben hat. In der Bestätigung von C ist nur ausgeführt, dass er wisse, dass der ASt nur einen sehr kleinen Teil des Geldes für sich behalten hat. An wen und auch wann der ASt die Gelder weitergereicht hat, wird nicht erklärt; mit dieser Erklärung ist kein Abfluss von Betriebsausgaben nachgewiesen. Soweit R in der Erklärung vom 7. März 2008 (Anlage A 6 zum Schreiben vom 25. März 2008) ausführt, dass die Kunden [... P-AG, Q-AG und S-GmbH] über 250.000 DM, 340.000 DM und 390.000 DM erhalten hätten, steht diese Erklärung im Widerspruch zur dessen Erklärung vom 3. März 2008, in der er ausführt, dass er sich sicher ist, dass der ASt sein Versprechen gehalten hat und die Gelder tatsächlich bezahlt hat. Angesichts des bisherigen Vorbringens hat der beschließende Senat erheblich Zweifel, dass R um die Zahlungen an diese Dritten selbst aufgrund eigener Wahrnehmung weiß. Angesichts der Unterschiede in den beiden Schreiben, die nur wenige Tage auseinander liegen, sieht der beschließende Senat deshalb auch in diesen Bestätigungen des R keinen Nachweis für die Zahlung von Betriebsausgaben. Das Vorbringen des ASt reicht demgemäß nicht aus, um die Zahlung von Betriebsausgaben nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen. Dies geht nach den Regeln der objektiven Beweislast zu Lasten des ASt. Soweit der ASt vortragen lässt, dass es sich bei diesen Zahlungen um Bestechungsgelder handelt, kann der ASt außerdem diese Aufwendungen ab dem Streitjahr 1999 wegen der Änderung des § 4 Abs. 5 Nr. 10 Einkommensteuergesetz (EStG) durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (vom 24. März 1999, BGBl. I 1999, 402) nicht mehr als Betriebsausgaben abziehen.

c) Nach summarischer Prüfung hat der beschließende Senat auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einkommensteuerbescheide im Hinblick auf die bilanzsteuerliche Behandlung der betrieblichen Mehrsteuern nach der Steuerfahndungsprüfung.

Im Steufa-Bericht vom 5. Dezember 2007 wurden keine Rückstellungen für die Mehrsteuern aufgrund der Steuerfahndungsprüfung berücksichtigt. Der Fahndungsprüfer hat in den Streitjahren 1996 bis 2003 die Gewinne aus Gewerbebetrieb jeweils um die Bareinzahlungen auf den Bankkonten erhöht und für Zwecke der Umsatzsteuer die Bareinzahlungen als Entgelt i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) behandelt (damit Nettoerlöse aus den Bareinzahlungen in Höhe von jeweils 100/115 bzw. 100/116 angenommen), ohne in den einzelnen Streitjahren die Gewinne um Rückstellungen für die Steuernachforderungen aufgrund der Fahndungsprüfung bei Umsatzsteuern und Gewerbesteuern zu vermindern.

Abziehbare Mehrsteuern sind grundsätzlich in dem Wirtschaftsjahr zu berücksichtigen, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Rückstellungen für betriebliche Mehrsteuern (vgl. Hoyos/M. Ring in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 6. Aufl. 2006, § 266 Rz. 201 und Rz. 251) auf Grund einer Steuerfahndungsprüfung - im Streitfall Umsatzsteuer und Gewerbesteuer - sind jedoch erst dann zu bilden, wenn der Steuerpflichtige mit seiner Inanspruchnahme aus den Mehrsteuern zu rechnen hatte. Dies ist der Fall mit dem Beginn der sog. aufdeckungsorientierten Maßnahmen der Steuerfahndung oder aber mit der Beanstandung einer bestimmten Sachbehandlung durch den Prüfer (BFH-Urteile vom 27. November 2001 VIII R 36/00, BStBl II 2002, 731 unter II.2.c.bb der Gründe undvom 16. Februar 1996 IV R 73/95, BStBl II 1996, 592 unter II.3. der Gründe; Tonner in Bordewin/Brandt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Loseblattsammlung, § 5 Rz. 750, Stichwort: Steuern - Stand Oktober 2007; H 4.9 (Rückstellungen für künftige Steuernachforderungen) Amtliches Einkommensteuer-Handbuch 2007 - EStH -).

Der Steufa-Bericht enthält zur Frage des Zeitpunkts der Berücksichtigung der Rückstellungen für die Umsatzsteuer und Gewerbesteuer aufgrund der Fahndungsprüfung keine Ausführungen. Auch der ASt macht keine Ausführungen dazu, wann er mit einer Inanspruchnahme aus den Mehrsteuern rechnen musste. Der beschließende Senat geht deshalb nach summarischer Prüfung - in Übereinstimmung mit der BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteile in BStBl II 2002, 731 unter II.2.c.bb der Gründe) - davon aus, dass der ASt erst mit einer Inanspruchnahme rechnen musste, nachdem die Prüfungsfeststellungen am 15. Juni 2007 vom Fahndungsprüfer dem steuerlichen Berater des ASt überlassen wurden (Steufa-Bericht Tz. 7) und berücksichtigt die Rückstellung wegen der betrieblichen Mehrsteuern im Jahr 2007 und nicht bereits zu Beginn der Fahndungsprüfung im Jahr 2003 (Einleitung des Strafverfahrens am 28. Februar 2003).

Die betrieblichen Mehrsteuern nach der Fahndungsprüfung (Tz. 3.2.3 und 3.2.4 Steufa-Bericht) sind im Streitfall so hoch, dass es dem beschließenden Senat möglich erscheint, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte im Jahr 2007 negativ sein könnte. Die Berücksichtigung eines Verlustrücktrag gemäß § 10d Abs. 1 EStG auf das Jahr 2006 nach summarischer Prüfung kommt im Streitfall jedoch nicht Betracht, da dem beschließenden Senat noch keine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 vorliegt. Das FA wird jedoch zu prüfen haben, ob es möglicherweise eine Verrechnungsstundung der Einkommensteuer 2006 gewähren kann (vgl. BFH-Urteil vom 12. November 1997 XI R 22/97, BFH/NV 1998, 418). Der Senat kann über diese Frage im vorliegenden AdV-Verfahren nicht entscheiden. Zudem ist der Senat an das Antragsbegehren des ASt gebunden und darf über dieses nicht hinausgehen, denn § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO gilt sinngemäß auch im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz (BFH-Beschluss vom 28. November 2006 X S 2/06, BFH/NV 2007, 484).

d) Auch soweit sich der ASt gegen die Schätzung zusätzlicher Einkünfte aus Kapitalvermögen in den Jahren 1996 bis 2006 wendet, hält der beschließende Senat die Schätzungen des FA für zutreffend. Gegen die vom Fahndungsprüfer aus den vorliegenden Bankunterlagen ermittelten Zinseinnahmen (Steufa-Bericht, Anlage 2/1, Zeilen: Zinseinnahmen lt. Bankunterlagen) hat der ASt zu Recht auch keine Einwendungen vorgebracht.

Der beschließende Senat teilt die vom FA für die Jahre ab 1999 angestellte Überlegung, das zuvor angelegte Kapitalvermögen sei auch später nochmals zur Einkunftserzielung genutzt worden. Die Verwendung des Geldes aus den sechs Abhebungen bei der X-Bank im Jahr 1999 über 1.881.132,47 DM (Steufa-Bericht, Anlage 2/4) wurde vom ASt nicht weiter erläutert. Die Annahme, dass der ASt diese Gelder auf dem zuvor [... im Ausland] am 4. Januar 1999 eröffneten Konto bei der [...] (Y-Bank) wieder einbezahlt hat und die Gelder anschließend von dort aus verzinslich angelegt wurden (Steufa-Bericht Tz. 4.1.2), hält der Senat für plausibel. Die Höhe der Schätzung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen für die Jahre 1999 bis 2003 hält der Senat für plausibel und wirtschaftlich sinnvoll (Steufa-Bericht, Anlage 2/1 und 2/3). Auch teilt der beschließende Senat die Auffassung des FA, dass der ASt in den Folgejahren 2004 bis 2006, die nicht von der Steuerfahndungsprüfung weiter geprüft wurden, ebenfalls weiter Einkünfte aus Kapitalvermögen bezogen hat, die in den Einkommensteuererklärungen nicht angegeben waren. Die Höhe der Schätzung der Zinsen mit jährlich 50.000 EUR für die Jahre 2004 bis 2006 erscheint dem beschließenden Senat angesichts der Zinseinnahmen von 47.669,71 EUR bzw. 42.532,63 EUR nach dem Steufa-Bericht für die Jahre 2002 und 2003 (Anlage 2/1) mit den dort ausführlich begründeten Schätzungen ebenfalls nicht zu hoch.

Soweit der ASt ausführt, dass er im Jahr 1999 nur anvertraute Gelder verwaltet habe, ist der beschließende Senat der Auffassung, dass dieser Einwand unsubstantiiert ist; welchen Dritten die Gelder zuzurechnen sein sollen, wird gar nicht ausgeführt.

3. Da der Antrag auf AdV der Einkommensteuer für 1996 bis 2006 keinen Erfolg hatte, bleibt auch der Antrag auf AdV des Solidaritätszuschlags für die entsprechenden Jahre ohne Erfolg (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 4 FGO).

4. Da der Senat die Schätzung der Gewinne aus Gewerbebetrieb in den Streitjahren 1996 bis 2003 nach summarischer Prüfung für zutreffend erachtet (vgl. oben Tz. II.2. a, b und c), ist der Senat der Auffassung, dass keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 1996 bis 2003 bestehen. Die Zulässigkeit des Antrages i.S. Gewerbesteuermessbetrag ergibt sich im Übrigen aus § 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 FGO, denn das FA hat die AdV in Sachen Einkommensteuer und Umsatzsteuer mit Verwaltungsakt vom 14. März 2008 abgelehnt und ohne weitere Begründung über den gleichzeitig gestellten Antrag in Sachen Gewerbesteuermessbetrag nicht entschieden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 128 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung).



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