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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 10.04.2008
Aktenzeichen: 14 K 1020/04
Rechtsgebiete: ZK, BefreiungsVO


Vorschriften:

ZK Art. 204 Abs. 1 Buchst. a
ZK Art. 206 Abs. 2
BefreiungsVO Art. 2
BefreiungsVO Art. 14 Buchst. A
BefreiungsVO Art. 14 Buchst. b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

14 K 1020/04

Antidumpingzoll

In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ......,

des Richters am Finanzgericht ...... und

der Richterin am Finanzgericht ...... sowie

der ehrenamtlichen Richter ...... und ......

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. April 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Unter Änderung der Bescheide vom 17. Mai 2001, 03. Januar und 06. November 2002 (letzterer in Gestalt des Änderungsbescheids vom 26. Februar 2004) jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Dezember 2004 sowie des Änderungsbescheids vom 07. Mai 2007 wird die Antidumpingzollschuld für 1998 um 92,03 EUR, für 1999 um 242,60 EUR und für 2000 um 440,49 EUR herabgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen bis zum 07. Mai 2007 der Beklagte zu 38 v. H., die Klägerin zu 62 v. H. Im Übrigen trägt die Kosten des Verfahrens die Klägerin.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I. Streitig ist, ob der Beklagte (das Hauptzollamt -HZA-) von der Klägerin Antidumpingzoll nachfordern durfte, der für die Einfuhr von Fahrradteilen mit Ursprung in der Volksrepublik (VR) China eingeführt worden war.

Die Klägerin wurde durch Verschmelzung Gesamtrechtsnachfolgerin der T-GmbH.

Dieser war mit Erlaubnisschein vom 14. Mai 1997 bzw. mit Bewilligung vom 2. Juli 1999 und Ergänzung vom 20. September 1999 vom damals zuständigen HZA B die zollbegünstigte Verwendung von Fahrradteilen mit Ursprung in China oder aus China versandt - in Mengen unter 300 Stück pro Monat oder zur Lieferung an eine Partei in Mengen unter 300 Stück pro Monat bestimmt oder - zur Lieferung an einen anderen Inhaber einer Bewilligung "Besondere Verwendung" oder an befreite Parteien bestimmt, bewilligt worden. Als Verwendungsfrist, innerhalb derer die Fahrradteile nach Annahme der Zollanmeldung der besonderen Verwendung zugeführt werden mussten, wurde ein Jahr bestimmt. Die Wiederausfuhr wurde weder beantragt noch bewilligt.

Bis zum 1. Januar 2004 gehörte die T-GmbH, neben der R-GmbH, zur Firmengruppe RM.

Die Fa. RM war eine Einzelfirma. Inhaber war RM. Dieser war gleichzeitig Geschäftsführer der T- und der R-GmbH und hielt jeweils auch 100% der Gesellschaftsanteile. Alle drei Firmen handelten mit Fahrradteilen.

Der R-GmbH und der Fa. RM war keine Bewilligung zur besonderen Verwendung erteilt. Bei Auftragseingängen wurde intern festgelegt, über welche der drei Firmen die Auslieferung erfolgen sollte (vgl. Anlage 40 zum Prüfungsbericht vom 16. August 2001). Der Verkauf an die einzelnen Kunden erfolgte dann im Namen und auf Rechnung der jeweiligen Firma. Zum Monatsende stellte die T-GmbH die abgerufenen Fahrradteile der Fa. RM bzw. der R-GmbH als umsatzsteuerfreie Lieferung innerhalb der Organschaft in Rechnung.

Im Rahmen einer bei der T-GmbH für den Zeitraum vom 1. Februar 1998 bis 13. November 2000 durchgeführten Außenprüfung der Einfuhrgeschäfte (Prüfungsbericht vom 16. August 2001) wurde festgestellt, dass sie Fahrradteile mit Ursprung in der VR China, die sie unter Bezugnahme auf o.g. Bewilligung zu besonderen Zwecken abgabenbegünstigt in den freien Verkehr unter zollamtlicher Überwachung überführt hatte, zum Teil als Muster bzw. zu Montagezwecken verwendet hat oder wieder ausgeführt hatte. Außerdem wurde festgestellt, dass in mehreren Fällen der Einzelverwendungsnachweis nicht geführt werden konnte und die Verwendungsfrist nicht eingehalten worden war.

Des Weiteren ergab die Prüfung, dass die Mengenbegrenzung von 300 Stück für Lieferungen an eine Partei pro Monat überschritten worden sei, wenn mehr als 299 Fahrradteile an RM oder die R-GmbH geliefert worden seien, weil bei der Art der Geschäftsabwicklung bei der Firmengruppe RM die einzelnen Vertriebsgesellschaften jedem anderen Kunden gleichgestanden hätten.

Das HZA B forderte deshalb mit Steueränderungsbescheid vom 17. Mai 2001 für Einfuhrvorgänge des Jahres 1998 von der T-GmbH Antidumpingzoll i.H.v. 98.464,45 DM (= 50.344,07 EUR) nach.

Der ab 1. Januar 2002 zuständige Beklagte forderte mit Steueränderungsbescheid vom 3. Januar 2002 für Einfuhrvorgänge des Jahres 1999 Antidumpingzoll i.H.v. 75.512,20 EUR nach.

Für weitere Einfuhrvorgänge wurde mit Einfuhrabgabenbescheid vom 6. November 2002 Antidumpingzoll i.H.v. 132.639,11 EUR nachgefordert. Hierzu erging am 26. Februar 2004 ein Änderungsbescheid, mit dem 439,89 EUR erlassen wurden.

Die dagegen eingelegten Einsprüche wies das HZA mit Einspruchsentscheidung vom 17. Dezember 2004 als unbegründet zurück.

Nach Klageerhebung erließ das HZA zu den Bescheiden vom 3. Januar und 6. November 2002 am 7. Mai 2007 einen Änderungsbescheid, mit dem 97.729,09 EUR Antidumpingzoll erlassen wurde, weil weitere Verwendungsnachweise anerkannt wurden. Gleichzeitig wurde jedoch für einen Teil der Einfuhrvorgänge, für den bisher eine Abgabenerhebung wegen fehlender Verwendungsnachweise erfolgt war, eine Abgabenfestsetzung wegen Stückzahlüberschreitung vorgenommen. Eine Abgabenerhebung wegen fehlender Verwendungsnachweise erfolgte demnach nicht mehr.

Mit ihrer Klage bringt die Klägerin im Wesentlichen Folgendes vor:

Die Verwendung von Fahrradteilen als Muster bzw. zu Montagezwecken stelle keine zweckwidrige Verwendung dar. Hinsichtlich der wieder ausgeführten Fahrradteile gelte die Zollschuld jedenfalls gem. Art. 206 Abs. 2 Zollkodex (ZK) als nicht entstanden, weil die Wiederausfuhr vom HZA B gebilligt worden sei.

Ebenso wenig sei die Mengenbegrenzung von 300 Stück für Lieferungen an eine Partei pro Monat überschritten worden. Dies sei zum einen schon deshalb nicht der Fall, weil keine Lieferungen der T-GmbH an die Fa. RM und die R-GmbH vorlägen. Diese seien keine Zwischenhändler, sondern nur Verkaufskommissionäre der T-GmbH gewesen. Zum anderen sei nach Sinn und Zweck der hier maßgeblichen EG-Verordnungen nicht entscheidend, welche Mengen Fahrradteile zwischengeschaltete Unternehmen (Verteiler) beziehen, sondern welche monatlichen Mengen letztendlich an die Endverwender (Montagebetriebe) geliefert würden. Bei der aus den Firmen RM, R- und T-GmbH bestehenden Organschaft habe es sich um eine "Partei" i.S. der hier betroffenen Antidumpingzollregelung gehandelt.

Die Klägerin beantragt,

die Steuerbescheide vom 17. Mai 2001, 3. Januar und 6. November 2002 (letzterer in Gestalt des Änderungsbescheids vom 26. Februar 2004) jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Dezember 2004 sowie des Änderungsbescheids vom 7. Mai 2007 aufzuheben.

Das HZA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es bringt im Wesentlichen Folgendes vor:

Fahrradteile, die ausgestellt und montiert worden sind, seien zu einem anderen als dem bewilligten Zweck und daher zweckwidrig verwendet worden. Hinsichtlich der festgestellten Fristüberschreitungen komme es nicht darauf an, wie lange die Frist überschritten worden sei. Eine Heilung dieser Pflichtverletzung sei nicht möglich. Im Übrigen sei eine Zollschuld wegen Überschreitung der Höchstmengen und wegen nicht bewilligter Ausfuhr entstanden. Soweit Ausfuhren 299 Stück pro Monat überschritten hätten, seien diese zollschuldrechtlich als Stückzahlüberschreitung berücksichtigt worden. Die Mengenbeschränkung von 299 Stück für Lieferungen an eine Partei pro Monat hätte auch gegenüber RM und der R-GmbH gegolten, da diese Verteiler i.S. der Antidumpingverordnung gewesen seien, an die Fahrradteile geliefert und von diesen im eigenen Namen unverändert weitergegeben worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschriften über die Erörterung vom 25. Mai 2007 und die mündliche Verhandlung vom 10. April 2008 hingewiesen.

II. Die Klage ist im Wesentlichen unbegründet.

Das HZA hat von der Klägerin, mit Ausnahme für die Muster und der bei der T-GmbH montierten Teile, zu Recht Antidumpingzoll nachgefordert.

Für die streitgegenständlichen Fahrradteile ist jeweils eine Antidumpingzollschuld entstanden, weil sie einer anderen als der in der der T-GmbH erteilten Bewilligung vorgeschriebenen besonderen Verwendung zugeführt worden sind bzw. die Verwendungsfrist nicht eingehalten worden ist.

1. Nach Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK entsteht eine Einfuhrabgabenschuld, wenn eine der Pflichten nicht erfüllt wird, die sich bei einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus der Inanspruchnahme des Zollverfahrens, in das sie übergeführt worden ist, ergeben, es sei denn, dass sich diese Verfehlungen nachweislich auf die ordnungsgemäße Abwicklung des betreffenden Zollverfahrens nicht wirklich ausgewirkt haben.

a) Durch Verordnung (EWG) Nr. 2474/93 des Rates (ABl. Nr. 1 228 vom 9. September 1993, S. 1) ist auf die Einfuhren von Fahrrädern mit Ursprung in der VR China ein Antidumpingzoll eingeführt worden (GrundVO).

Mit der Verordnung (EG) Nr. 71/97 vom 10. Januar 1997 (ABl. Nr. 1 16 vom 18. Januar 1997, S. 55) hat der Rat den Antidumpingzoll auf die Einfuhren bestimmter Fahrradteile aus diesem Land ausgeweitet (AusweitungsVO).

Entsprechend der in Art. 3 der AusweitungsVO enthaltenen Ermächtigung, hat die Kommission hierzu die Verordnung (EG) Nr. 88/97 vom 20. Januar 1997 (ABl. Nr. 1 17 vom 21. Januar 1997, S. 17) erlassen, die Regelungen enthält, unter welchen Umständen bestimmte Einfuhren wesentlicher Fahrradteile durch Zwischenhändler vom ausgeweiteten Antidumpingzoll befreit werden können (BefreiungsVO).

Gem. Art. 2 der BefreiungsVO werden die Einfuhren wesentlicher Fahrradteile vom ausgeweiteten Zoll befreit, sofern sie von einer befreiten bzw. untersuchten Partei oder in deren Namen oder gem. Art. 14 dieser VO zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldet werden.

Nach Art. 14 der BefreiungsVO werden Einfuhren wesentlicher Fahrradteile, die von einer anderen Person als einer befreiten Partei zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldet werden, vom ausgeweiteten Zoll befreit, sofern sie im Einklang mit der Taric-Struktur in Anhang III und vorbehaltlich der sinngemäß geltenden Bedingungen gem. Art. 82 ZK und den Art. 291 bis 304 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 (ZKDVO) angemeldet werden und sofern

(a) die wesentlichen Fahrradteile an eine gem. Art. 7 oder 12 befreite Partei geliefert werden oder

(b) die wesentlichen Fahrradteile an einen anderen Inhaber einer Bewilligung im Sinne des Art. 291 ZKDVO geliefert werden oder

(c) monatlich weniger als 300 Stück eines bestimmten wesentlichen Fahrradteils von einer Partei zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldet oder an sie geliefert werden. Die Anzahl der von einer Partei angemeldeten oder an sie gelieferten Teile wird anhand der Anzahl der Teile errechnet, die von allen Parteien angemeldet oder an sie geliefert werden, die mit dieser Partei geschäftlich verbunden sind oder Ausgleichsvereinbarungen getroffen haben.

b) Vorliegend hat die T-GmbH die streitgegenständlichen Fahrradteile mit Ursprung in der VR China unter Bezugnahme auf die ihr erteilte Bewilligung gem. Art. 14 Buchst. c der BefreiungsVO i.V.m. Art. 82 ZK und Art. 291 bis 304 der Durchführungsverordnung zum ZK in der im maßgeblichen Zeitraum geltenden Fassung (ZKDVO) zu besonderen Zwecken abgabenbegünstigt in den freien Verkehr unter zollamtlicher Überwachung überführt.

Eine Befreiung nach Art. 2 oder Art. 14 Buchst. a und b der BefreiungsVO kommt im Streitfall nicht in Betracht, weil es sich bei der T-GmbH weder um eine befreite oder untersuchte Partei i.S.v. Art. 1 Anstrich 6 und 7 der BefreiungsVO gehandelt hat noch Fahrradteile von der T-GmbH an eine gem. Art. 7 oder Art. 12 der BefreiungsVO befreite Partei oder an einen anderen Inhaber einer Bewilligung im Sinne des Art. 291 ZKDVO geliefert worden sind.

Nach Art. 14 Buchst. c der BefreiungsVO i.V.m. Art. 293 Buchst. a und Art. 294 Abs. 1 ZKDVO ist die T-GmbH als Bewilligungsinhaber verpflichtet gewesen, die Fahrradteile innerhalb eines Jahres der in der Bewilligung vorgeschriebenen besonderen Verwendung zuzuführen (vgl. jeweils Nr. 3 der Bewilligung). Bei Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen kann keine Befreiung vom ausgeweiteten Zoll gewährt werden.

c) Die T-GmbH ist nach der ihr erteilten Bewilligung zum einen berechtigt gewesen, entweder Fahrradteile an eine befreite Partei oder an einen anderen Inhaber einer Bewilligung in unbegrenzter Anzahl zu liefern und zum anderen Fahrradteile in Mengen unter 300 Stück pro Monat selbst zu beziehen oder an eine andere Partei (Kunde) als Verteiler auszuliefern.

Letzteres ergibt sich aus Sinn und Zweck der aufgrund der AusweitungsVO erlassenen BefreiungsVO, wonach einerseits eine Umgehung des eingeführten Antidumpingzolls verhindert werden, aber zugleich den Zwischenhändlern erlaubt sein soll, von dem ausgeweiteten Zoll befreit zu werden, wenn sie eine besondere Verwendung der von ihnen eingeführten Fahrradteile nachweisen. Durch den Mechanismus für die Kontrolle der besonderen Verwendung nach Art. 82 ZK i.V.m. Art. 291 ff. ZKDVO soll festgestellt werden können, ob die Tätigkeit der Zwischenhändler eine Umgehung des Antidumpingzolls darstellt (vgl. Urteil des Gerichts Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaftenvom 26. September 2000 verb. Rs. T-74/97 und T-75/97, Slg. 2000, II-3067, Randnr. 16).

Lt. dem 4. Erwägungsgrund der BefreiungsVO ("Zweitens ...") sollen die Einfuhren wesentlicher Fahrradteile u.a. auch dann vom ausgeweiteten Zoll befreit werden, sofern nur geringfügige Mengen zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldet bzw. an eine Partei geliefert werden. Werden pro Monat weniger als 300 Stück eines bestimmten wesentlichen Fahrradteils zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldet oder an eine Partei geliefert, so sind derartige Einfuhren wesentlicher Fahrradteile wirtschaftlich kaum von Bedeutung und dürften die Auswirkungen des mit der GrundVO eingeführten Zolls nicht untergraben. Daher sollte bei diesen Einfuhren davon ausgegangen werden, dass sie keine Umgehung darstellen.

Nach dem 8. Erwägungsgrund der BefreiungsVO sollten andere Parteien, die nicht vom Zoll befreit werden können, weil sie keine Montagevorgänge durchführen, dennoch das Befreiungssystem in Anspruch nehmen können, sofern sie die wesentlichen Fahrradteile im Rahmen der Kontrolle der besonderen Verwendung anmelden und an vom Zoll befreite Parteien oder an Inhaber einer Bewilligung oder in geringfügigen Mengen liefern.

2. Selbst wenn man Art. 14 Buchst. c der BefreiungsVO entgegen seinem scheinbar klaren Wortlaut in Hinblick auf die Erwägungsgründe wie das HZA dahin auslegt, dass grundsätzlich Fahrradteile in Mengen unter 300 Stück im Monat an beliebig viele andere Parteien (Kunden) als Verteiler ausgeliefert werden durften (vgl. Bl. 14 - 21 der HZA-Akte II), ist die Abgabenerhebung zu Recht erfolgt, weil die T-GmbH insoweit ihre Pflicht verletzt hat, als sie mehr als 299 Stück pro Monat an RM oder die R-GmbH geliefert hat.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die aus den Firmen RM, R- und T-GmbH bestehenden Organschaft nicht als "eine Partei" i.S. des Art. 14 Buchst. c Satz 1 der BefreiungsVO angesehen werden.

Die Bewilligung für die zollbegünstigte Verwendung der streitgegenständlichen Fahrradteile (hier die Verteilung von unter 300 Stück pro Monat an einen Kunden) ist der TGmbH erteilt worden. Nur diese unterlag der zollamtlichen Überwachung. Für die hier streitgegenständlichen Fahrradteile sind jedoch die Firmen R- und T-GmbH als Verteiler als selbstständige Parteien und als Kunden der T-GmbH am Markt aufgetreten (vgl. jeweils § 2 des Organschafts- und Ergebnisabführungsvertrags). RM und die R-GmbH haben die ursprünglich an die T-GmbH gelieferten Fahrradteile im eigenen Namen verkauft, nachdem sie ihnen zuvor im Rahmen der Organschaft (umsatzsteuerfrei) durch Verschaffung der Verfügungsmacht geliefert worden sind (vgl. Schilderung der Auftragsbearbeitung und Warenabwicklung der Firmengruppe RM in Anlage 40 zum Prüfungsbericht vom 16. August 2001). Die Lieferungen innerhalb der Organschaft sind deshalb wie Lieferungen an andere Parteien (Kunden) zu behandeln.

Es handelt sich außerdem um Übertragungen der Fahrradteile innerhalb der Gemeinschaft, für die die Übernehmer RM und R-GmbH gemäß Art. 82 Abs. 2 i.V.m. Art. 90 ZK und Art. 297 Abs. 1 ZKDVO im Besitz einer Bewilligung nach Art. 291 ZKDVO hätten sein müssen. Überdies hätten die Übertragungen gemäß Art. 300 Unterabs. 1 ZKDVO den Zollbehörden angezeigt werden müssen. Nur bei Einhaltung dieses Verfahrens wären die Verpflichtungen aus der Bewilligung der zollbegünstigten Verwendung der streitgegenständlichen Fahrradteile auf RM und die R-GmbH übergegangen.

Wie sich aus Art. 14 Buchst. c Satz 2 der BefreiungsVO ergibt, hätten bei der Ermittlung der Anzahl der monatlich von der T-GmbH gelieferten Fahrradteile außerdem nicht nur jeweils die an RM oder die R-GmbH, sondern an diese beiden Firmen insgesamt pro Monat gelieferten Teile berücksichtigt werden müssen, da diese jeweils geschäftlich miteinander verbunden gewesen sind. Dies ergibt sich eindeutig aus o.g. Sinn und Zweck der BefreiungsVO, wonach Handelsunternehmen das Befreiungssystem nur dann in Anspruch nehmen können sollen, wenn sie Fahrradteile in geringfügigen Mengen liefern.

Dies ist bei der T-GmbH jedoch nicht der Fall gewesen. Sie hat weit mehr als 300 Stück der streitgegenständlichen Fahrradteile pro Monat an die mit ihr geschäftlich verbundenen Firmen RM und R-GmbH geliefert.

Hinzu kommt, dass nach o.g. Sinn und Zweck der BefreiungsVO nur die Verteilung an Montagebetriebe erlaubt ist (vgl. Schreiben der Oberfinanzdirektion vom 30. Januar 2001), es sich bei RM und der R-GmbH aber um Handelsbetriebe gehandelt hat.

Diese Pflichtverletzung ist nicht nach Art. 859 ZKDVO unbeachtlich.

3. Da nach der Aufstellung des HZA zum Schriftsatz vom 15. November 2007 (Bl. 239 der FG-Akte) die so genannten Ausfuhrfälle bereits von der Abgabenerhebung wegen Stückzahlüberschreitung erfasst und die Ausfuhren in Drittländer immer durch RM erfolgt sind, kommt es nicht mehr darauf an, ob insoweit auch eine nicht bewilligte Ausfuhr vorliegt und dadurch eine Antidumpingzollschuld entstanden ist. Da die Antidumpingzollschuld bereits wegen Stückzahlüberschreitung entstanden ist, kann sie nicht mehr gemäß Art. 206 Abs. 2 ZK mit der Wiederausfuhr als nicht entstanden gelten.

4. Eine Pflichtverletzung i.S.v. Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK liegt auch insoweit vor, als die T-GmbH weitere zu besonderen Zwecken abgabenbegünstigt in den freien Verkehr unter zollamtlicher Überwachung überführte Fahrradteile nicht innerhalb eines Jahres an eine andere Partei (Kunde) als Verteiler ausgeliefert hat.

Die T-GmbH ist nach Art. 14 der BefreiungsVO i.V.m. Art. 294 Abs. 1 ZKDVO sowie dem Erlaubnisschein vom 14. Mai 1997 und der Bewilligung vom 2. Juli 1999 (vgl. jeweils Nr. 3) verpflichtet gewesen, die Fahrradteile innerhalb eines Jahres nach der Anmeldung zum freien Verkehr der vorgeschriebenen besonderen Verwendung zuzuführen.

Dies ist in den in den Anlagen 43, 44, 46 und 52 zum Prüfungsbericht vom 16. August 2001 unter der Spalte "Zollschuld" mit "F" gekennzeichneten Einfuhren nicht der Fall gewesen, weil sie entweder erst nach Ablauf eines Jahres an Kunden verkauft worden sind oder sich noch im Lager befunden haben.

Diese Fristüberschreitungen sind auch nicht gem. Art. 859 Nr. 1 ZKDVO unbeachtlich. Danach hat sich die Überschreitung der Frist nicht auf die ordnungsgemäße Abwicklung des Zollverfahrens der besonderen Verwendung ausgewirkt, wenn eine Fristverlängerung gewährt worden wäre, sofern sie rechtzeitig beantragt worden wäre.

Eine Fristverlängerung wäre im Streitfall jedoch selbst bei einem rechtzeitigen Antrag nicht möglich gewesen, weil nach Art. 294 Abs. 3 ZKDVO eine Fristverlängerung nur dann bewilligt hätte werden können, wenn die Fahrradteile aufgrund eines Zufalls oder höherer Gewalt oder infolge von Erfordernissen, die sich aus dem technischen Vorgang der Be- oder Verarbeitung ergeben, der besonderen Verwendung nicht zugeführt worden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der ab dem Jahre 2001 geltenden Fassung des Art. 294 ZKDVO. Danach können Bewilligungen einer besonderen Verwendung auch rückwirkend erteilt werden. Unabhängig davon, ob diese Vorschrift im Streitfall anwendbar ist, kann sich die Klägerin schon deshalb nicht darauf berufen, weil sich die Rückwirkung einer Bewilligung, und die damit verbundene Festlegung der Verwendungsfrist (Art. 293 Abs. 3 Satz 1 Buchst. d ZKDVO n.F.), auf längstens ein Jahr vor dem Zeitpunkt der Antragstellung erstrecken kann (Art. 294 Abs. 3 ZK). Die Klägerin hat erstmalig mit Schreiben vom 13. Dezember 2001 die Verlängerung der einjährigen Verwendungsfrist beantragt. Im Streitfall wurden die Fristüberschreitungen jedoch für Waren festgestellt, die zwischen Mai 1998 und November 1999 zum zollrechtlich freien Verkehr zur besonderen Verwendung abgefertigt wurden. Eine Verlängerung der Verwendungsfrist hätte deshalb bis spätestens November 2000 beantragt werden müssen.

5. Die T-GmbH ist gemäß Art. 204 Abs. 3 ZK Schuldner des Antidumpingzolls geworden, weil sie die Verpflichtungen aus der Inanspruchnahme der Bewilligung der besonderen Verwendung zu erfüllen hatte.

6. Hinsichtlich der bei der Klägerin montierten Ausstellungsstücke und Muster kann der Senat keine abgabebegründende Pflichtverletzung i.S.v. Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK erkennen.

Die Klägerin ist zwar kein Montagebetrieb und die Bewilligung für die zollbegünstigte Verwendung wurde ihr grundsätzlich zur Verteilung der Fahrradteile an andere Händler bzw. Montagebetriebe erteilt.

Es würde aber Sinn und Zweck der BefreiungsVO widersprechen, für Ausstellungsstücke, die der bewilligten Verteilung der Fahrradteile dienen, Antidumpingzoll festzusetzen.

Denn durch den über die BefreiungsVO anwendbaren Mechanismus für die Kontrolle der besonderen Verwendung nach Art. 82 ZK i.V.m. Art. 291 ff. ZKDVO soll festgestellt werden können, ob die Tätigkeit der Zwischenhändler eine Umgehung des Antidumpingzolls darstellt. Dies ist aber bei der Verwendung von zur besonderen Verwendung abgefertigten Fahrradteilen als Ausstellungsstücke und Muster offensichtlich nicht der Fall.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

8. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Ende der Entscheidung

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