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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 10.12.2008
Aktenzeichen: 14 K 1873/06
Rechtsgebiete: FGO, MinöStG


Vorschriften:

FGO § 101
MinöStG § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

[....]

aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 10. Dezember 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Februar 2006 und der Einspruchsentscheidung vom 12. April 2006 wird das HZA verpflichtet, der Klägerin für das Jahr 2004 Mineralölsteuer i.H.v. 1.206,75 EUR zu vergüten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 30%, der Beklagte zu 70%.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe:

I. Streitig ist, ob der Klägerin für das Jahr 2004 eine Vergütung von Mineralölsteuer zusteht.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen zur Entwicklung und zum Vertrieb von elektronischen Komponenten und Software für die Industrieelektronik.

Seit 6. August 2003 ist die Klägerin Eigentümerin des Flugzeugs Socata TB 20 mit dem deutschen Zulassungszeichen D-EPZY (Lfz). Sie ist jedoch kein Luftfahrtunternehmen und verfügt nicht über eine luftverkehrsrechtliche Betriebsgenehmigung. Der Geschäftsführer und Gesellschafter der Klägerin, Herr M. H., nutzte das Lfz für Flüge zu anderen Firmen oder zu Messen. Außerdem nutzte er das Flugzeug auch privat. Lediglich einmal, am 27. Juni 2004, vercharterte die Klägerin das Flugzeug und stellte dafür eine Rechnung aus. Die Klägerin führte über die Nutzung des Lfz monatliche Aufzeichnungen, in denen das Datum, die Flugstrecke, die Flugdauer und der Zweck des Fluges angegeben waren.

Die Klägerin nutzte das Lfz im Jahr 2004 insgesamt 79 Stunden 15 Minuten. Davon entfielen 55 Stunden 14 Minuten auf Flugzeiten im Inland, wobei das Lfz davon wiederum 44 Stunden 29 Minuten für betriebliche Zwecke und 10 Stunden 45 Minuten zu rein privaten Zwecken genutzt wurde. Zu den betrieblichen Flügen rechnete die Klägerin auch Flüge zu Wartungszwecken bzw. in die Werkstatt und zurück von insgesamt 6 Stunden 11 Minuten und Schulungsflüge von insgesamt 6 Stunden 49 Minuten.

Im Jahr 2004 erwarb die Klägerin im Ausland 974 Liter und in Deutschland 2.911,97 Liter Flugbenzin (AVGAS 100 LL). Für betriebliche Flugzeiten im Inland verwandte die Klägerin 2.358,70 Liter. Für die Menge von 2.358 Litern Flugbenzin beantragte die Klägerin mit Antrag vom 16. Dezember 2005 die Vergütung von Mineralölsteuer i.H.v. 1.700,12 EUR für das Jahr 2004. Diesen Antrag lehnte das Hauptzollamt Nürnberg (HZA) mit Bescheid vom 9. Februar 2006 ab.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (vgl. Einspruchsentscheidung vom 12. April 2006) erhob die Klägerin Klage, mit der sie im Wesentlichen vorbringt, dass sie die Menge Flugbenzin, für die die Vergütung beantragt wurde, ausschließlich für ihre betrieblichen Zwecke, und zwar für die gewerbliche Beförderung von Personen und Sachen, verwandt habe. Begünstigt sei jede Form von Luftfahrt, wenn sie zu kommerziellen Zwecken erfolge, wobei die Beförderungsleistung nicht der Hauptzweck sein müsse. Die Auslegung des EG-Rechts durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) sei auch für deutsche Gerichte bindend. Eine Ablehnung der Steuerbefreiung verletze zudem den Gleichbehandlungsgrundsatz. § 4 des Mineralölsteuergesetzes verstoße gegen die EG-Verbrauchssteuerstrukturrichtlinie, weil diese nur zwischen gewerblicher und kommerzieller Luftfahrt unterscheide, während das deutsche Recht die Steuerbefreiung vom Betrieb gewerblicher Luftfahrt als Hauptzweck eines Unternehmens abhängig machen wolle. Auch anhand der englischen und der französischen Fassung der Richtlinie werde deutlich, dass lediglich die private touristische Luftfahrt bzw. die Spaßfliegerei von der Vergütung ausgeschlossen sei. Der am wenigsten belastenden Auslegung der Richtlinie müsse der Vorzug gegeben werden. Unterschiedliche Verbrauchsabgaben in den einzelnen Mitgliedstaaten seien ein Hindernis für einen funktionierenden Binnenmarkt. Auch im Gesetzesentwurf zur Neuregelung der Besteuerung von Energieerzeugnissen werde auf den Begriff Luftfahrtunternehmen verzichtet.

Die Klägerin beantragt,

das HZA unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Februar 2006 und der Einspruchsentscheidung vom 12. April 2006 zu verpflichten, ihr für das Jahr 2004 Mineralölsteuer i.H.v. 1.700,12 EUR zu vergüten. Hilfsweise regt sie eine Vorlage an den EuGH bzw. die Zulassung der Revision an.

Das HZA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Eine Steuerbefreiung komme nur für Luftfahrtunternehmen in Betracht. Unternehmen, die Werkarbeit oder Dienstleistungen durchführen, seien daher von der Vergütung der Mineralölsteuer ausgeschlossen. Auch nach einem Erlass des Bundesministeriums der Finanzen, der die Möglichkeiten für eine Steuerbefreiung ausgeweitet habe, sei der Einsatz von Lfz im Rahmen und zum Zweck eines Gewerbebetriebes, der auf eine andersartige Betätigung gerichtet sei, nicht begünstigt. Die Rechtsprechung zur Steuerbegünstigung in der Schifffahrt sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Unabhängig davon diene das Lfz der Klägerin nicht der ursächlichen Ausübung ihres Unternehmensgegenstandes, weshalb es am grundsätzlichen Erfordernis der kommerziellen Verwendung fehle. Darüber hinaus seien Richtlinien nicht unmittelbar in den Mitgliedstaaten anwendbares Recht. Die geplante Neuregelung zur Besteuerung von Energieerzeugnissen sei auf den hier verfahrensgegenständlichen Sachverhalt nicht anzuwenden, außerdem erfordere auch künftig eine Steuerbegünstigung die Zulassung als Luftfahrtunternehmen. Da die Mitgliedstaaten die nach der Energiesteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen auf internationale oder innergemeinschaftliche Transporte beschränken könnten, mache die Richtlinie hinsichtlich der Ausgestaltung einer Steuerbefreiung oder Besteuerung der ausschließlich in Deutschland durchgeführten Luftfahrt keine rechtlichen Vorgaben. Die Steuerbegünstigung sei allein davon abhängig zu machen, ob das betreffende Lfz selbst kommerziell genutzt wird, und nicht, ob es lediglich im Rahmen eines kommerziell geführten Unternehmens eingesetzt wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akte, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung hingewiesen.

II. Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.

1. Der Bescheid vom 9. Februar 2006 und die Einspruchsentscheidung vom 12. April 2006 sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO), als ihr eine Vergütung der Mineralölsteuer im Hinblick auf die betrieblich veranlassten Flüge mit Ausnahme der Schulungs- und Werkstattflüge verwehrt worden ist. Denn die Klägerin hat insofern einen Vergütungsanspruch unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom - Restrukturierungs-RL (ABl. (EG) Nr. 1 283/51 vom 31. Oktober 2003).

a) Das deutsche Mineralölsteuerrecht gewährt zu Unrecht keine Steuerbefreiung für betrieblich veranlasste Flüge von Unternehmen, die - wie die Klägerin - keine Luftfahrtunternehmen sind. Gem. § 50 Abs. 1 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung in der hier maßgeblichen Fassung (MinöStV) i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a des Mineralölsteuergesetzes in der hier maßgeblichen Fassung (MinöStG) wird die Steuer für Luftfahrtbetriebsstoffe auf Antrag nur Luftfahrtunternehmen erstattet oder vergütet, die den Luftfahrtbetriebsstoff im Steuergebiet versteuert bezogen und für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen, Sachen oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen verwendet haben. Unter einem Luftfahrtunternehmen ist ein Unternehmen zu verstehen, das Personen oder Sachen gewerbsmäßig, d.h. gegen Entgelt und nicht nur gegen Ersatz der Selbstkosten befördert (Urteil des Bundesfinanzhofes - BFH vom 6. Februar 1996 VII R 101/94, BFHE 179, 511). Demnach ist eine Steuerbefreiung nach dem MinöStG nur dann möglich, wenn der Antragsteller ein Luftfahrtunternehmen ist und die Beförderung von Personen oder Sachen bzw. die Erbringung von Dienstleistungen der Hauptzweck des Unternehmens ist. Der sog. Werksverkehr, der Flüge von Mitarbeitern oder Geschäftsführern zu Kunden, Lieferanten oder Messen umfasst, um etwa den Abschluss eines Geschäftes vorzubereiten, wird von der Steuerfreiheit i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a MinöStG dagegen nicht umfasst.

Aus anderen nationalen Rechtsvorschriften ergibt sich für das Jahr 2004 ebenfalls keine Steuerbefreiung für den Werksverkehr. Dieser fällt auch nicht unter die lediglich per Erlass vom 3. Dezember 2002 (Az. III A 1 - V 0353 - 1/02) durch das Bundesministerium der Finanzen geregelte Ausnahme, wonach die Steuerbefreiung für Luftfahrtbetriebsstoffe nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 MinöStG auf gewerbliche Flugschulen, die eine Ausbildungserlaubnis nach § 5 des Luftverkehrsgesetzes besitzen, und auf Unternehmen, die gewerbsmäßig Luftfahrzeuge für Flüge zur entgeltlichen Erbringung von Dienstleistungen einsetzen, erweitert wird, ohne dass es auf eine Genehmigung als Luftfahrtunternehmen ankommt.

Abgesehen davon, dass es sich hierbei lediglich um eine verwaltungsinterne Anweisung handelt, betreibt die Klägerin weder eine Flugschule noch setzt sie ihr Luftfahrzeug zur Erbringung von Dienstleistungen ein, da sie nicht für Dritte Flüge gegen Entgelt durchführt, sondern ihr Flugzeug nur intern im Werksverkehr als Fortbewegungsmittel für ihren Geschäftsführer oder für Mitarbeiter nutzt. Außerdem ist die Klägerin unstreitig kein Luftfahrtunternehmen, weil ihr Unternehmenszweck auf die Entwicklung und den Vertrieb von elektronischen Komponenten und Software für die Industrieelektronik gerichtet ist.

b) Eine Auslegung von § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a MinöStG im Sinne der Restrukturierungs- RL, durch die der Widerspruch zwischen nationalem Recht und Gemeinschaftsrecht aufgelöst werden könnte, ist nicht möglich, da sich diese Vorschrift aufgrund ihres klaren Wortlauts eindeutig nur auf Luftfahrtunternehmen bezieht.

Gem. Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 der für das Streitjahr 2004 anwendbaren (vgl. Art. 28 Abs. 1 und 2) Restrukturierungs-RL, der der Vorgängervorschrift in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 der Richtlinie 92/81/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle - Struktur-RL (ABl. (EG) Nr. 1 316/12 vom 31. Oktober 1992) entspricht, haben die Mitgliedstaaten jedoch Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt von der Steuer zu befreien. Unter privater nichtgewerblicher Luftfahrt ist gem. Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 2 Restrukurierungs-RL zu verstehen, dass das Lfz von seinem Eigentümer oder der durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen nutzungsberechtigten natürlichen oder juristischen Person für andere als kommerzielle Zwecke und insbesondere nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen oder für behördliche Zwecke genutzt wird. Eine entsprechende Regelung - allerdings beschränkt auf die Schifffahrt in Meeresgewässern - ist in Art. 14 Abs. 1 Buchst. c Restrukturierungs-RL für die Schifffahrt enthalten.

Der Werksverkehr wird - mit Ausnahme der Schulungs- und Werkstattflüge - von Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Restrukturierungs-RL erfasst.

Der Wortlaut von Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Restrukturierung-RL setzt für eine Steuerbefreiung - im Gegensatz zu § 4 Abs. 1 Nr. 3 MinöStG - zunächst nicht voraus, dass das Mineralöl von einem Luftfahrtunternehmen verwendet wird, dessen Geschäftszweck allein in der Beförderung von Passagieren oder Waren liegt. Ebenso wenig kommt es auf das Vorliegen einer luftfahrtrechtlichen Genehmigung an. Dementsprechend darf es auch für eine Vergütung von Mineralölsteuer nach § 50 Abs. 1 MinöStV nicht Voraussetzung sein, dass der Antragsteller ein Luftfahrtunternehmen betreibt (vgl. auch Urteil des FG Düsseldorf vom 31. Oktober 2007 4 K 3864/06 VM, ZfZ 2008, Beilage 2008 zu Nr. 4, 15-16).

Nach dem Wortlaut von Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Restrukturierungs-RL - auch in der englischen und französischen Fassung - ist Kraftstoff für die Luftfahrt grundsätzlich steuerbefreit, es sei denn, er wird für die private nichtgewerbliche Luftfahrt verwendet. Eine nicht steuerbegünstigte private Luftfahrt ist nur dann gegeben, wenn eine Nutzung für kommerzielle Zwecke nicht vorliegt. Weder dieser Begriff noch der Begriff der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt wird abschließend definiert oder auf bestimmte Verwendungszwecke beschränkt, vielmehr werden nur einzelne Beispiele für kommerzielle Zwecke aufgezählt ("insbesondere"). Insbesondere kann nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Erbringung der Dienstleistung Hauptzweck des Geschäftsbetriebes sein muss.

Aus der Aufzählung wird allerdings deutlich, dass es sich um Verwendungszwecke handeln muss, die unmittelbar mit dem Unternehmenszweck in Zusammenhang stehen, weil durch das Kriterium der Entgeltlichkeit ein enger Bezug zur unternehmerischen Tätigkeit hergestellt wird. Aus Erwägungsgrund 23 ergibt sich zudem, dass die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen durch die Steuerbefreiung von Energieprodukten für die Luftfahrt erhalten werden soll. Jedoch darf der Kreis der kommerziellen Zwecke nicht zu eng gezogen werden, da nach Erwägungsgrund 23 der Restrukturierungs-RL lediglich die Luftfahrt, die privaten Vergnügungszwecken dient, von der Steuerbefreiung ausgenommen bleiben soll.

Zur vergleichbaren Vorschrift des Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Satz 1 Struktur-RL betreffend die Schifffahrt hat der EuGH dementsprechend entschieden, dass jede Schifffahrt zu kommerziellen Zwecken in den Anwendungsbereich dieser Regelung fällt und die Bestimmung nicht nach dem jeweiligen Zweck der Schifffahrt unterscheidet, weil die Wettbewerbsverzerrungen, die durch die Richtlinie verhindert werden sollten, unabhängig von der Art der betreffenden kommerziellen Schifffahrt auftreten könnten (EuGH-Urteil vom 1. April 2004 Rs. C-389/02, Slg. 2004, I-3537; EuGH-Urteil vom 1. März 2007 Rs. C-391/05, ZfZ 2007, 81; vgl. auch BFH-Urteil vom 27. Juni 2006 VII R 62/05, ZfZ 2006, 377).

Es ist nicht erforderlich, dass sich die einzelne Fahrt unmittelbar als Dienstleistung darstellt, die gegenüber Kunden erbracht wird. Es reicht vielmehr aus, wenn der Einsatz des Flugzeuges der Vorbereitung und Anbahnung weiterer Vertragsabschlüsse dient, so dass sich ebenfalls ein unmittelbarer Zusammenhang zur gewerblichen Tätigkeit der Klägerin ergeben kann (vgl. BFH-Urteil vom 27. Juni 2006 VII R 62/05, a.a.O.). Daher hätte der Gemeinschaftsgesetzgeber, wenn er über die private nichtgewerbliche Luftfahrt hinaus bestimmte Arten kommerzieller Luftfahrt von der obligatorischen Steuerbefreiung hätte ausnehmen wollen, eine solche Beschränkung der Befreiung ausdrücklich regeln müssen (EuGH-Urteil vom 1. April 2004 Rs. C-389/02, a.a.O. zu Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Satz 1 Struktur-RL).

c) Allerdings hat die Klägerin einen Vergütungsanspruch unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 der Restrukturierungs-RL.

Eine Richtlinie bedarf gem. Art. 249 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EG - zu ihrer Anwendbarkeit grundsätzlich erst der Umsetzung in nationales Recht. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH kann sich der Einzelne jedoch in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat (vgl. zu Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Restrukturierungs-RL: EuGH-Urteil vom 17. Juli 2008 Rs. C-227/07, BFH/NV 2008, 270, ZfZ 2008, 270).

Deutschland hat Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Restrukturierungs-RL bisher nur für Luftfahrtunternehmen und damit unvollständig umgesetzt, obwohl Art. 14 der Restrukturierungs-RL bis zum 31. Dezember 2003 in innerstaatliches Recht hätte umgesetzt werden müssen. Daher besteht für die hier zu beurteilenden Flüge zu Kunden, Lieferanten oder Messen (Werksverkehr), im deutschen Mineralölsteuerrecht bisher keine Regelung zur Steuerbefreiung.

Bei Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Restrukurierungs-RL handelt es sich um eine inhaltlich unbedingte und hinreichend genaue Bestimmung, weil sie den Mitgliedstaaten die klare Verpflichtung aufgibt, Energieerzeugnisse, die für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt verwendet werden, von der Energiesteuer zu befreien (vgl. EuGH-Urteil zu Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Struktur-RL vom 10. Juni 1999 Rs. C-346/97, a.a.O.). Die Einschränkungen in Art. 14 Abs. 1 zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung der Befreiungen und zur Missbrauchsverhinderung betreffen nicht die Steuerfreiheit an sich, sondern nur die Bedingungen der Durchführung der Steuerbefreiung und stellen nicht die Unbedingtheit der in dieser Bestimmung vorgesehenen Befreiungsverpflichtung in Frage (vgl. EuGH-Urteil Rs. T-351/02 vom 5. April 2006, Slg. 2006, II-1047; vgl. auch EuGH-Urteil zu Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Struktur-RL vom 10. Juni 1999 Rs. C-346/97, a.a.O.).

Die von der Klägerin durchgeführten Flüge werden von Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Restrukturierungs- RL auch erfasst. Die Klägerin hat das Lfz zwar nicht zur Beförderung von Passagieren oder Waren gegen Entgelt eingesetzt oder - eine Ausnahme bildet die Beförderung am 27. Juni 2004, denn an diesem Tag hat sie das Flugzeug verchartert und dafür eine Rechnung ausgestellt, - entgeltliche Dienstleistungen erbracht. Dennoch stellt die Nutzung des Lfz im Werkverkehr der Klägerin eine Nutzung zu kommerziellen Zwecken i.S.d. Restrukturierung- RL dar. Denn die Klägerin hat das Lfz verwendet, um ihren Geschäftsführer sowie teilweise auch andere Mitarbeiter zu geschäftlichen Terminen und Messen zu befördern. Diese Termine haben u.a. der Anbahnung von Geschäften und damit unmittelbar dem Unternehmenszweck und nicht rein privaten Vergnügungszwecken gedient. Damit werden die Flüge von der Steuerbefreiung i.S.d. Art. 14 Restrukturierungs-RL umfasst, da es in Anlehnung an die zur Schifffahrt ergangene Rechtsprechung des EuGH auf den jeweiligen Zweck der Luftfahrt nicht ankommt, weshalb jede Luftfahrt zu kommerziellen Zwecken steuerbegünstigt ist.

Art. 14 Restrukturierungs-RL eröffnet auch nicht, wie das HZA meint, für Inlandsflüge einen Umsetzungsspielraum. Zunächst ist die Steuerfreiheit in Art. 14 Abs. 1 Restrukturierungs-RL zwingend ("befreien die Mitgliedstaaten"). Im Unterschied zur vergleichbaren Regelung in Art. 14 Abs. 1 Buchst. c Restrukturierungs-RL, der Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Schifffahrt in Meeresgewässern der Gemeinschaft regelt, gilt die Steuerfreiheit für die Luftfahrt nicht nur für den nichtdeutschen Luftraum. Deutschland hat die für den Flugverkehr vorgesehene Steuerbefreiung auch nicht entsprechend der Ermächtigung in Art. 14 Abs. 2 Restrukturierungs-RL auf internationale oder innergemeinschaftliche Transporte beschränkt, sondern lediglich das zusätzliche Kriterium des Luftfahrtunternehmens unabhängig vom Reiseziel eingeführt.

d) Der fristgerecht gestellte Antrag der Klägerin enthält auch alle gem. § 50 MinöStV erforderlichen Angaben.

e) Durch die Versagung der Vergütung ist die Klägerin in ihren Rechten verletzt worden, weil ihr ein Anspruch auf die Vergütung zugestanden hat und sie aufgrund der Versagung der Vergütung im Vergleich zu anderen Antragstellern steuerlich benachteiligt worden ist.

2. Die Schulungsflüge und die Flüge zur Werkstatt und wieder zurück sowie die zur Wartung und Überprüfung der Funktionstauglichkeit des Lfz durchgeführten Flüge sind jedoch von der Steuerfreiheit gem. Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Restrukturierungs-RL nicht erfasst.

Dies ergibt sich für Wartungsflüge schon aus Art. 15 Abs. 1 Buchst. j Restrukturierungs-RL. Diese Vorschrift räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein ("können"), Kraftstoffe, die bei der Wartung von Lfz verwendet werden, von der Steuer zu befreien oder zumindest steuerlich zu begünstigen. Im Umkehrschluss ergibt sich daraus jedoch, dass Flüge zu Wartungszwecken grundsätzlich nicht steuerfrei sind. Sie können also von der zwingenden Regelung in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Restrukturierungs-RL nicht erfasst sein, weil Art. 15 Abs. 1 Buchst. j Restrukturierungs-RL sonst bedeutungslos wäre. Dies widerspräche jedoch dem Grundsatz des "effet utile". Dass es sich bei Art. 15 Abs. 1 Buchst. j Restrukturierungs-RL - wie die Klägerin meint - allein um eine Vergünstigung für Luftwerften und Motorenhersteller entsprechend § 27 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes handelt, ist aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen, weil hier allgemein die Wartung von Luftfahrzeugen angesprochen ist. Zudem kann aus einer Regelung im nationalen Recht, die aufgrund einer Ermächtigung in einer EG-Richtlinie erlassen worden ist, nicht auf die Reichweite der höherrangigen EG-Richtlinie geschlossen werden.

Bei Werkstatt- bzw. Wartungs- und Schulungsflügen handelt es sich ferner deshalb nicht um Flüge zu kommerziellen Zwecken i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Restrukturierungs-RL, weil diese sowohl aus privaten als auch aus betrieblichen Gründen veranlasst sind und dadurch eine eindeutige Zuordnung zum unternehmerischen Bereich nicht möglich ist. Denn die Instandhaltung des Lfz und die Schulungen des Piloten müssen sowohl im Hinblick auf die privaten als auch die betrieblichen Flüge durchgeführt werden. Dass die Wartungsflüge im Hinblick auf die Erhaltung der Lufttüchtigkeit gesetzlich vorgegeben sind, ändert daran nichts.

Die Besonderheit dieser Flüge besteht zudem darin, dass diese dem Unternehmenszweck nicht unmittelbar, sondern lediglich mittelbar dienen, weil sie zur Vorbereitung der Flüge zu Kunden, Messen usw. stattfinden. Die Wartungs- und Schulungsflüge stehen damit nicht auf einer Ebene mit den in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Restrukturierungs-RL genannten Regelbeispielen, die einen unmittelbaren Bezug zur unternehmerischen Tätigkeit haben.

Gegen eine Zurechnung dieser gemischt veranlassten Flüge zum unternehmerischen Bereich in vollem Umfang spricht auch der bereits erwähnte Erwägungsgrund 23 der Restrukturierungs- RL, wonach Flüge zu privaten Vergnügungszwecken nach dem Willen des Richtliniengebers von der Steuerbegünstigung ausgenommen sein sollen. Bei einer vollen Zurechnung der Wartungs- und Schulungsflüge zum unternehmerischen Bereich würde jedoch auch der private Anlass von der Steuerbefreiung profitieren.

Eine zumindest anteilige Zurechnung zur kommerziellen Tätigkeit des Unternehmens kommt ebenfalls nicht in Betracht, da Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Restrukturierungs-RL gerade keine Regelung für gemischt veranlasste Flüge enthält, während beispielsweise Art. 11 Abs. 3 Restrukturierungs-RL für Heizstoffe und elektrischen Strom Mindeststeuerbeträge bei betrieblicher bzw. nichtbetrieblicher Verwendung und 15 Abs. 1 Buchst. h Restrukturierungs-RL für die Verwendung von Energieerzeugnissen durch gemeinnützige Organisationen ausdrücklich solche Regelungen enthalten. Daraus lässt sich entnehmen, dass der Richtliniengeber bei gemischt-veranlassten Flügen der hier streitgegenständlichen Art auf eine Befreiung bewusst verzichtet hat. Die genannten Befreiungen für andere Verwendungen können daher nicht auf Art. 14 Restrukturierungs-RL übertragen werden, da sie jeweils besondere Fallgestaltungen betreffen und es sich außerdem bei Art. 14 Restrukturierungs-RL um eine Ausnahmevorschrift handelt, die daher eher restriktiv auszulegen ist.

3. Eine Vorlage an den EuGH ist nicht erforderlich, da der Senat keine Zweifel an der Auslegung von Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Restrukturierungs-RL hat. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist jedoch die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

4. Die Kostenfolge beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 1 2. Alt FGO. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.

Ende der Entscheidung

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